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Tabu Thema Demenz: Das Leben mit einem Demenzerkrankten zu Hause hinter den Kulissen
Tabu Thema Demenz: Das Leben mit einem Demenzerkrankten zu Hause hinter den Kulissen
Tabu Thema Demenz: Das Leben mit einem Demenzerkrankten zu Hause hinter den Kulissen
eBook139 Seiten2 Stunden

Tabu Thema Demenz: Das Leben mit einem Demenzerkrankten zu Hause hinter den Kulissen

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Über dieses E-Book

Heute leben ca. 1.6 Mio. an Demenz erkrankte Menschen in Deutschland,
ca. 300 000 Neuerkrankungen kommen jährlich hinzu.
Vor neun Jahren erkrankte mein Mann an Demenz und Parkinson, jeder Tag ist eine neue Herausforderung. Wir pflegende Angehörige kommen oft an unsere Grenzen. Wenn wir uns dann wegen unserer Erkrankten noch mit Behörden oder Krankenhäusern auseinander setzen müssen - stellen wir fest - daß man dort oft überfordert ist.
Obwohl sich in vielen Projekten immer mehr engagierte Menschen zusammen finden, die den Angehörigen Demenzerkrankter Hilfestellung und Beratung anbieten, sind wir doch im Ernstfall mit unseren Erkrankten allein.
Ich möchte die Betroffenen ermutigen, sich zu wehren und dafür zu sorgen, daß die Krankheit Demenz kein Tabu - Thema mehr bleibt.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum11. Dez. 2014
ISBN9783735732217
Tabu Thema Demenz: Das Leben mit einem Demenzerkrankten zu Hause hinter den Kulissen

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    Buchvorschau

    Tabu Thema Demenz - Erika Marquardt

    Was die Angehörigen von Demenzerkrankten in den Behörden und Krankenhäusern erlebten

    Vor über 9 Jahren schlich sich diese Krankheit ganz langsam, still und heimlich in das Leben meines Mannes – in unser Leben – und veränderte alles. Jürgen und ich waren in zweiter Ehe jetzt 18 Jahre verheiratet und hatten noch so viele Pläne, wenn ich dann erst mal in Rente war. Bis dahin war Jürgen nie ernsthaft krank, nahm keine Medikamente und brauchte nie zu einem Arzt. Ich war 60 Jahre und Jürgen 77 Jahre alt, uns ging es gut und ich wollte in drei Jahren in Rente gehen. Am Anfang der Krankheit merkt man nichts, doch dann passierten seltsame Dinge. Wie immer hatte ich vorgekocht, weil ich ja zur Arbeit mußte und wenn ich nach Hause kam, stand noch alles unangerührt da. Jürgen hatte es vergessen und wohl auch keinen Hunger verspürt – über Tage ging das so. Zunächst wunderte ich mich, er hatte ganz banale Erklärungen und Ausreden. Wenn ich Feierabend machte, rief ich zu Hause an und sagte, daß ich gleich losfahre – Jürgen freute sich und hatte meistens Kaffee fertig. Doch eines Tages stand er im Bademantel und Schlafanzug mitten auf der Straße und winkte freudestrahlend mit beiden Armen, als er mich kommen sah. Auch dafür hatte er eine Erklärung – er wollte gerade ins Bett, als ich anrief …Da roch ich seine Alkoholfahne, er war wie schon an den Tagen zuvor in seiner Stammkneipe gewesen und hatte sinnlos in sich »reingeschüttet«. Klar – er merkte doch selber, daß da in seinem Kopf irgend etwas nicht in Ordnung war und das versuchte er mit Alkohol zu betäuben, so konnte er diese Veränderungen wohl besser ertragen. Ich kam da aber nicht mit klar und sprach mit unserem Arzt , er hörte sich alles in Ruhe an. Zum ersten Mal fiel das Wort Demenz, um das abzuklären, mußten wir jetzt zum Neurologen. Jürgen wollte nicht, es ging ihm doch gut – was sollte er beim Arzt, doch ich setzte mich durch. Mit furchbar schlechtem Gewissen mußte ich zur Arbeit, noch waren Jürgens Ausfälle nicht ständig. Durch seine häufigen Besuche im Lokal wurde unsere Ehe auf eine harte Probe gestellt. Ich glaube, das kann jeder nachvollziehen – man kommt geschafft von der Arbeit und der Ehemann schaut dich mit glasigen Augen an. So wollte ich nicht leben, besorgte mir erst mal sämtliche Lektüre über diese Krankheit, ging zu Vorträgen, um das besser zu verstehen und dann hatten wir unseren Termin beim Neurologen. Erst die üblichen Test’s – dann bestätigte sich in der Kernspin der Verdacht – beginnende Demenz. Der Neurologe erklärte mir ganz genau die Bilder , auf denen man sehen konnte, welche und wie viele Gehirnzellen schon betroffen waren. Mit Jürgen mußte ich offen reden und suchte in einem ruhigen Moment – ich stellte ihm ein Ultimatum wegen seines Alkoholkonsums und sprach sogar von Trennung. Gleichzeitig versicherte ich Jürgen aber, daß ich ihn nie wegen seiner Krankheit verlassen würde und mein Appell kam an , es wurde ab sofort weniger mit seinen Trinkgewohnheiten. Es ging ihm auch noch relativ gut, unser Urlaub stand an und wir freuten uns darauf und wie immer hatten wir wieder die Türkei gebucht. Das achtzehnte Mal, immer waren wir am gleichen Ort, hatten inzwischen über die Jahre Freundschaften mit einigen Einheimischen geschlossen und freuten uns, sie wiederzusehen. Doch dieses Mal war alles anders, der Streß mit dem Flug, – der lange Transfer – die fremde Umgebung – das war für Jürgen alles zu viel. Er fand sich überhaupt nicht mehr zurecht, ständig verlor er die Orientierung und ich war nur dabei, ihn zu suchen. Wie ein hilfloses Kind irrte er umher, selbst den Weg vom Strand zum Hotel fand er nicht.

    Endlich waren wir wieder zu Hause und Jürgen erleichtert, seine alte Umgebung wieder zu haben. Mein Urlaub war vorbei und ich ging wieder zur Arbeit, doch es ging mir gesundheitlich nicht so gut. Der Blutdruck war viel zu hoch, oftmals drehte sich alles oder ich sah die Dinge doppelt, ganz plötzlich kam das immer. Wir waren beim Früh stück, nichts war los und das Zimmer fing an sich zu drehen, immer schneller, immer schneller. Dann rutschte ich auch schon vom Stuhl, Jürgen saß hilflos dabei, mit letzter Kraft konnte ich noch 112 wählen und die Adresse durchsagen. Mit Verdacht auf Schlaganfall kam ich auf die Intensivstation – doch Gott sei Dank – es war kein Schlaganfall. Eine Psychologin kam zu mir ans Bett, ließ sich die häuslichen Verhältnisse schildern und riet mir dringend, in meinem Leben etwas zu ändern, aber wie? Erst Mal sorgte sie dafür, daß ein Pflegedienst und unsere Freunde sich um Jürgen kümmerten – während ich im Krankenhaus war, da war ich schon etwas beruhigter. Nach ein paar Tagen wurde ich mit guten Ratschlägen wieder entlassen , Jürgen strahlte und war glücklich. Mir hatte die Ärztin ans Herz gelegt, schriftlich vorzusorgen – am besten bei einem Notar – mit Jürgen gemeinsam. Doch wie brachte ich es ihm bei? Dann hatte ich eine Idee, ich sagte Jürgen, da es mir gesundheitlich nicht so gut ging, würde ich gerne eine Vorsorgevollmacht beim Notar beurkunden lassen, damit Jürgen im Fall der Fälle für mich Entscheidungen treffen konnte. Sein Beschützerinstinkt war geweckt und er war einverstanden. Am Telefon erzählte ich der Dame bei Notar die Wahrheit und wir bekamen zeitnah einen Termin.

    Ganz wichtig ist, daß so eine Beurkundung rechtzeitig wahrgenommen wird, denn der Notar wird sich von der vollen Geschäftsfähigkeit seiner Klienten überzeugen, bevor er tätig wird. Also – beide Parteien oder beide Eheleute dürfen noch nicht gesundheitlich in ihrer Geschäftsfähigkeit eingeschränkt sein. In einer längeren Unterhaltung wird der Notar sich mit gezielten Fragen schnell überzeugen, ob alle Verfügungen in vollem geistigen Zustand und mit klarem Verstand getroffen werden. Der Notar wird dann die Wünsche und Anliegen der Erschienenen in einer General – und Vorsorgevollmacht festhalten und beurkunden. Immer wieder höre ich, ach ja, das müssen wir bald mal machen. Allen lege ich hier ans Herz, macht es noch heute – morgen kann es schon zu spät sein – ein Sturz oder ein Unfall kann schon zur Folge haben, daß man handlungsunfähig ist. So eine Notariatsurkunde ist gar nicht teuer, wenn man allerdings Vermögen, Häuser oder Wertgegenstände hat, werden die Kosten dementsprechend sein. Ich rede aber hier von ganz normalen Menschen, die von ihrem Einkommen oder ihrer Rente leben und denen es ausschließlich um die gesundheitliche Sorge geht. Von dieser Urkunde kann man dann eine Untervollmacht auf die Kinder erteilen – hat dann die Gewißheit, daß in akuten Situationen so verfahren und gehandelt wird, wie man es gerne möchte und wie man verfügt hat. Dann ist man auf der sicheren Seite und wenn diese Verfügung nie gebraucht wird, um so besser.

    Nur eine selbst aufgesetzte Betreuungsverfügung mit seiner Willenserklärung – wenn man nicht mehr selbst entscheiden kann – wird nicht immer im Krankenhaus anerkannt. Religiöse oder finanzielle Gründe lassen die Ärzte ganz unterschiedlich handeln, wie mir die Angehörigen berichten. Dann muß man mit dieser Verfügung und den ärztlichen Diagnosen zum Amtsgericht, um einen Beschluß zu erwirken – im Wege der einstweiligen Anordnung als ehrenamtlicher Betreuer bestellt zu werden. Das sind alles zusätzliche Belastungen und Wege, im akuten Ernstfall hat man da gar keine Zeit mehr für und auch nicht den Kopf dafür frei. Hat man aber im Vorwege beim Notar alles geregelt, ist man auf der sicheren Seite. So eine Gerichtsentscheidung nimmt auch noch unter Umständen viel Zeit in Anspruch, die man gar nicht mehr hat. Das Gericht will sich eventuell erst mal persönlich vom Gesundheitszustand des Erkrankten überzeugen, bevor es eine Entscheidung trifft. Weiterhin wird das Gericht prüfen, ob die Verantwortung von dem/der Antragsteller/in die Gesundheitssorge und des Aufenthaltsbestimmungsrechts übernommen werden kann. Mit diesem Beschluß – wenn man ihn denn hat – wird man aber vom Gericht als Betreuer kontrolliert, andernfalls wird vom Amtsgericht eine Betreuung als Rechtsfürsorge für den Erkrankten bestellt.

    Der Notar wird beurkunden:

    Daß man im Falle einer Krankheit den Benannten in allen Angelegenheiten gerichtlich und außergerichtlich vertreten darf – das gilt ohne jede Ausnahme in allen Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen, soweit eine Vertretung gesetzlich zulässig ist.

    Der Bevollmächtigte zur Vertretung des Benannten in allen persönlichen Angelegenheiten befugt ist, insbesondere berechtigt ist, im Rahmen der Gesundheitsfürsorge, des Aufenthaltsbestimmungsrechts und der Altersvorsorge Entscheidungen zu treffen.

    Entscheidungen über Untersuchungen, ärztliche Eingriffe, Heilbehandlungen. Entscheidungen über neue Medikamente und Behandlungsmethoden. Entscheidungen über die sogenannte passive Sterbehilfe. Änderungen des Behandlungsziels, den Behandlungsabbruch oder die Einstellung lebenserhaltender oder lebensverlängernder Maßnahmen der Intensivmedizin.

    Bestimmung des Aufenthalts, Unterbringung in einem Heim. Einwilligung in länger dauernde Maßnahmen, umfassende Wahrnehmung der Rechte gegenüber Ärzten, Krankenhäuser, Pflegeheime, sonstige Anstalten, Behörden und Gerichten.

    Einsicht der Krankenunterlagen, Einholung aller Auskünfte und Informationen von den behandelnden Ärzten und dem Krankenhaus, die mit dieser Urkunde ausdrücklich von ihrer Schweigepflicht entbunden sind.

    Mit der vorstehenden Vollmachtserteilung soll die Bestellung eines Betreuers im Falle einer Krankheit oder Gebrechlichkeit vermieden werden. Falls dennoch die Bestellung eines Betreuers notwendig werden sollte, soll diese Vollmacht im übrigen uneingeschränkt wirksam bleiben und der mit dieser Urkunde Bevollmächtigte zum Betreuer des Erkrankten bestellt werden. Wie wünschen ausdrücklich keine Kontrollpersonen oder Kontrollinstanzen zur Überwachung der ordnungsgemäßen Ausübung der Vollmacht. Vormundschaftsgerichtliche Zustimmungen sind nur in zwingend gesetzlich vorgeschriebenen Fällen einzuholen.

    Diese Vollmacht wird mit Abschluß dieser Urkunde wirksam. Sie gilt zeitlich uneingeschränkt über den Tod des jeweiligen Vollmachtsgebers hinaus. Die Vertretungsmacht des Bevollmächtigten soll in weitmöglichstem Umfang Bestand haben und zwar ohne Rücksicht auf mögliche Veränderungen der bestehenden Rechtsgrundlagen oder der tatsächlichen Verhältnisse. Sollte eine der vorbezeichneten Bestimmungen unwirksam sein, so bleiben die übrigen Bestimmungen wirksam.

    Es beruhigt ungemein, im Besitz so einer Urkunde zu sein, denn man hört die unmöglichsten Geschichten, die die Angehörigen von Demenzerkrankten mit ihrem Partner in einigen Krankenhäusern und Behörden erlebten.

    Jede Lektüre, die ich in den letzten Jahren über die Krankheit Demenz gelesen habe, verunsicherte mich eigentlich noch mehr, denn die Krankheit verläuft bei jedem unterschiedlich schnell und ich hatte Angst – vor dem, was uns noch erwartete. Ich suchte eine Selbsthilfegruppe – besser gesagt, eine Angehörigengruppe von Demenzerkrankten und fand sogar in der Nachbarschaft eine solche Einrichtung beim DRK. Eigentlich merkte ich da erst, wie gut es Jürgen – wie gut es uns eigentlich noch ging. Als ich von den Schicksalen und Verzweiflungen der anderen Betroffenen hörte, war ich erschüttert – vor allem deshalb, weil sie, wenn sie Hilfe brauchten, in den zuständigen Behörden diese lange suchen mußten. Das verunsichert zusätzlich, die Schamgrenze und Hemmschwelle ist sehr hoch, doch in der Selbsthilfegruppe hat jeder ein ähnliches Problem und jeder weiß, wovon der andere redet. Da kommt dann von hier oder da ein Rat oder Lösungsvorschlag, unsere Gruppenleiterin ist selbst betroffen und wirkt beruhigend auf uns ein. Ganz oft sind die Betreuungspersonen – meistens die Ehefrauen – durch die Krankheit ihres Partners ans Haus gefesselt, ebenso gibt es aber auch viele betreuende

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