Religiöse Kulturen im Europa der Neuzeit
Von David Schick, Raphael Rauch, Julia Bloemer und
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Über diese Serie
Titel in dieser Serie (14)
- Empirie im Mönchsgewand: Naturforschung in süddeutschen Klöstern des 18. Jahrhunderts
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Die Arbeit untersucht das Zusammenwirken von naturwissenschaftlichen Praktiken und religiöser Lebensweise am Beispiel süddeutscher Klöster in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Monastische Naturforschung bildete eine nach innen gerichtete Wissenschaftskultur, deren spezifische Eigenschaften wesentlich aus der pragmatischen Verknüpfung von Klosterleben und Forschungspraxis resultierten. Die Wirkung monastischer Naturforschung ging jedoch deutlich über die Grenzen des Klosters hinaus. Ordensgelehrte gestalteten die süddeutsche Wissenschaftslandschaft entscheidend mit, besonders hinsichtlich kollektiver Arbeitsweisen und Standardisierung. Die Studie schließt eine wichtige Lücke im Verständnis der frühneuzeitlichen Gelehrsamkeit, indem sie die neben Universitäten und Akademien bisher kaum beachteten Klöster als Orte der Wissensproduktion mit einbezieht. Dabei legt sie nicht nur einen Schwerpunkt auf handschriftliches Quellenmaterial von astronomischen Beobachtungen und physikalischen Experimenten, sondern berücksichtigt auch die materielle Kultur der Messapparate und Demonstrationsexperimente.
- Grenzen überschreitende Derwische: Kulturbeziehungen des Bektaschi-Ordens 1826–1925
Das Osmanische Reich war über sein gesamtes Bestehen hinweg von kultureller Vielfalt geprägt, in der die verschiedenen Kulturen in wechselseitigem Austausch standen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde die kulturelle Diversität im Osmanischen Reich um eine weitere Facette ergänzt, als Verflechtungen mit ›westlichen‹ Staaten zunahmen und in weitere Kulturbeziehungen mündeten. Die vorliegende Studie beleuchtet anhand der Derwische des Bektaschi-Ordens zwischenkulturelle Beziehungen innerhalb wie außerhalb der Grenzen des Osmanischen Reiches. Der ›mystische‹ Derwischorden der Bektaschis zählte zu den einflussreichen religiösen Kulturen im Osmanischen Reich, hob sich aber zugleich durch abweichende Religionsansichten vom staatlich gestützten Mehrheitsislam ab. Diese Sonderrolle zeigte sich auch in den Kulturbeziehungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. In der Arbeit werden verschiedene Formen des Kulturkontakts, Kulturtransfers und der gegenseitigen Wahrnehmung sowie deren jeweilige Transformationen im Laufe der Zeit diskutiert. Hierbei stellt sich auch stets die Frage, wie sich die religiöse Sinnstiftung und das Selbstverständnis der Bektaschis durch die Verflechtungen veränderten.
- Gefährlicher Gott, riskanter Teufel, normalisierter Mensch: Katholische Kontingenzdispositive im 19. Jahrhundert
Für Katholiken erweiterte sich der menschliche Handlungsspielraum im 19. Jahrhundert gegenüber dem göttlichen beträchtlich. Zunächst herrschte ein göttliches Gnadendispositiv vor, das entsprechend eines geringen Handlungsdrucks und geringer Partizipationsmöglichkeiten geringe Handlungsmöglichkeiten bot. Steigender sozialer Handlungsdruck und steigende Partizipationsmöglichkeiten führten zu einem dämonomanischen Exorzismusdispositiv, das von einer agonalen Zuwendung zur Welt geprägt war. Deshalb zielten die katholischen sozialethischen Entwürfe nicht auf soziale Sicherheit, sondern auf die Transformation einer Art von Unsicherheit in eine andere, und zwar von unberechenbarer Gefahr in berechenbares Risiko. Die religionsgeschichtliche Studie analysiert die zeitgenössischen katholischen Diskurse und zeigt, wie sich noch während der Vorherrschaft des Ultramontanismus ein normalisierendes Regeldispositiv entwickelte, in dem sich der den Naturgesetzen unterworfene Mensch gegenüber transzendenten Mächten emanzipierte.
- »Menschheitsreligionen«: T. G. Masaryk, A. V. Lunačarskij und die religiöse Herausforderung revolutionärer Staaten
Zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war das Vertrauen in den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt erschüttert. Europaweit fragten sich Intellektuelle mit ungekannter Intensität, welche Rolle die Religion in der modernen Welt denn nun spiele: Überbleibsel der Vergangenheit oder doch Schlüssel zur neuen Gesellschaft?Anatolij Vasil?evic? Lunačarskij, erster russischer Marxist und enger Bekannter Lenins, und Tomáš Garrigue Masaryk, Vordenker ebenso wie schlechtes Gewissen der tschechischen Nationalbewegung, vereinte allen Unterschieden zum Trotz der Wille, diese religiöse Frage zu beantworten. Nach dem Ende der alten Imperien stiegen sie zu Repräsentanten neuer, revolutionärer Staaten auf. Gleichzeitig jedoch folgten ihnen die alten religiösen Debatten. Die neuen Staatswesen der Tschechoslowakei und Sowjetrusslands weckten bei allen Unterschieden religiöse Erwartungen in ihren Bevölkerungen, denen sie mit zunehmender Dauer immer weniger entsprechen konnten. Lunačarskij wie Masaryk wurden zur unfreiwilligen Verkörperung einer politischen Religiosität. Beide stehen beispielhaft für das Unvermögen moderner Staaten, eine eindeutige Position zu Relgion zu beziehen. Demokratie und Sowjetkommunismus sahen sich vor dasselbe Problem gestellt.
- Stoff für Konflikt: Fortschrittsdenken und Religionskritik im naturwissenschaftlichen Materialismus des 19. Jahrhunderts, 1847–1881
Für viele Menschen im deutschsprachigen Raum schienen nach der Revolution von 1848/49 gerade die Naturwissenschaften gesellschaftlichen Fortschritt zu versprechen. Als radikalste Vertreter dieser Deutung galten die sogenannten naturwissenschaftlichen Materialisten Carl Vogt (1817–1895), Jacob Moleschott (1822–1893) und Ludwig Büchner (1824–1899). In einer Mischung aus Wissenschaftspopularisierung, Antiklerikalismus und Fortschrittsdenken wandten sich die Materialisten gegen religiöse Deutungen des Lebens und feierten die Naturwissenschaften als zentrale Ordnungsinstanz der Moderne. Diese Positionen riefen eine Jahrzehnte andauernde Debatte hervor. Die Studie fragt, welche Auffassungen vom Verhältnis von Wissenschaft, Religion und Gesellschaft sich in der Diskussion über den Materialismus manifestierten.
- Glaubenstoleranz und Schisma im Russländischen Imperium: Die staatliche Politik gegenüber den Altgläubigen in Livland, 1850–1906
Die Studie untersucht das Verhältnis der Regierung des Russländischen Reiches und der orthodoxen Staatskirche zu den russischen Altgläubigen in Livland. Das Altgläubigentum entstand Mitte des 17. Jahrhunderts in Folge der Ablehnung liturgischer und ritueller Reformen durch einige Priester und einen beachtlichen Teil der Gläubigen. Die Arbeit behandelt den Wandel der Politik gegenüber den Altgläubigen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie fängt die Stimmen jener Beamten, Vertreter der Staatskirche und Intellektuellen der Zeit ein, deren Ideen und Handlungen für den Kurswandel der Regierung gegenüber den Altgläubigen maßgeblich waren.Ausgangspunkt der Untersuchung ist die diskriminierende Politik Nikolajs I. Die Altgläubigen wurden in bisher ungekanntem Ausmaß in allen Bereichen ihres religiösen, familiären und sozio-ökonomischen Lebens entrechtet. Seit den 1860er Jahren vollzog sich schrittweise eine Kursänderung in Richtung größerer Toleranz gegenüber den Altgläubigen. Dieser Wandel fand im Spannungsfeld der aufgeklärt-absolutistischen Interessen der Regierung, die Altgläubigen für staatliche Zwecke nutzbar zu machen, und dem Versuch der orthodoxen Kirche, die Altgläubigen weiterhin als Schismatiker bekämpfen zu lassen, statt. Sämtliche Versuche der Regierung, den Altgläubigen größere Rechte zu gewähren, trugen aufgrund des Widerstands der orthodoxen Kirche Kompromisscharakter. Über die Bedenken der Staatskirche setzte sich die Regierung erst 1905 in Zeiten der Revolution hinweg und legalisierte das Altgläubigentum uneingeschränkt.
- Wissenschaft, Religion und moderne Geisteskultur: Die deutschsprachige Religionspsychologie um 1900
Gegenstand der Arbeit ist die frühe deutschsprachige Religionspsychologie zwischen ca. 1890 und 1914. Deren Vertretern ging es um die Nutzung der modernen, sich seit dem späten 19. Jahrhundert herausbildenden wissenschaftlichen Psychologie zur Erforschung und zur neuen Praxisgestaltung von Religion. Dazu wurden um 1900 ganz verschiedene, teils diametral entgegengesetzte Herangehensweisen entwickelt und mit hohem Einsatz diskutiert. Allein im Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg entstand so eine Auseinandersetzung mit mehreren hundert Beiträgen, von kurzen Zeitschriftenartikeln bis hin zu viele hundert Seiten umfassenden Monografien. Die Arbeit unternimmt eine umfassende Rekonstruktion und Strukturierung dieser Vorgänge und behebt damit ein Desiderat der bisherigen Forschung. Insbesondere werden die – zumeist impliziten – Hintergrundannahmen herausgestellt, durch die sich die Protagonisten der Auseinandersetzung um Religion und moderne Psychologie leiten ließen. Das hohe Aufsehen, das die neuen religionspsychologischen Ansätze um 1900 erregten, zeigt sich dabei als begründet durch ihre Eigenschaft als Kreuzungspunkt dreier, zu dieser Zeit besonders virulenter Diskurse: denjenigen über die Voraussetzungen und die jeweilige Bedeutung von Wissenschaft, Religion und subjektiver Geisteskultur in der modernen Welt.
- Vertrauen, Religion, Ethnizität: Die Wirtschaftsnetzwerke jüdischer Unternehmer im späten Zarenreich
Welche Rolle spielen ethnische Zugehörigkeiten oder religiöse überzeugungen für das Entstehen von Wirtschaftsbeziehungen? Diesem komplexen Zusammenhang geht die vorliegende Studie am Beispiel jüdischer Unternehmer im Zarenreich des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, also in einem Moment der wirtschaftlichen und sozialen Transformation, nach. Im Zentrum der Analyse steht dabei die Frage, wie das für ökonomische Transaktionen notwendige Vertrauen zwischen den Beteiligten generiert wurde. Ausgehend von jüdischen Industrieunternehmen in Lodz, Wilna und Odessa gelingt es der Studie detailreich, die Verflechtungen von Wirtschaft und Religion in der Lebenswelt der Juden Osteuropas zu rekonstruieren.Für die Untersuchung wurde eine große Bandbreite an Quellenmaterialien herangezogen: Neben Geschäftsbüchern, publizistischen Texten, sozialistischen Flugschriften und Geschäftskorrespondenz wurde auch eine bisher unbekannte Autobiographie eines jüdischen Unternehmers ausgewertet. Diesen unterschiedlichen Quellengattungen entsprechend fand mit linguistischen, soziologischen und literaturwissenschaftlichen Ansätzen eine Vielzahl von methodischen Zugängen Anwendung. Die mit Jiddisch, Russisch, Polnisch, Deutsch und Hebräisch große Bandbreite der Quellensprachen spiegelt dabei die kommunikative Vielfalt der jüdischen Bevölkerung Osteuropas umfassend wider.
- Tod in der Stadt: Religion, Alltag und Festkultur in Krakau 1869–1914
Das 19. Jahrhundert bedeutete einen Wendepunkt im Umgang mit dem Tod. Während der Tod der Vielen aus dem öffentlichen Raum verschwand, gewann das Gedenken an den Tod von Nationalhelden eine wachsende Bedeutung. Die dabei wirksamen Dynamiken zwischen religiösen und politischen Institutionen sind bisher kaum erforscht. Dies leistet die Studie am Beispiel Krakaus, indem sie eine transkonfessionelle Perspektive einnimmt. Zentrale Aspekte sind der Wandel der Begräbniskultur, die Rationalisierung und Professionalisierung des Umgangs mit dem Tod und die Rolle der Religionsgemeinschaften in diesen Prozessen.
- Vom politischen Anreiz zur liberalen Überzeugung: Die Kooperation von Staat und Kirchen in der Bildungs- und der Verteidigungspolitik der frühen Bundesrepublik Deutschland
Während Religionsgemeinschaften häufig zugeschrieben wird, inhärent demokratieaffin oder demokratiefeindlich zu sein, stehen sie tatsächlich in einer komplexen wechselseitigen Beziehung zu ihrer Gesellschaft. Ob eine religiöse Gemeinschaft ein liberaldemokratisches politisches System bejaht, wird entscheidend von der Erfahrung religiöser Freiheit in diesem System abhängen. Religionspolitik kann hier ansetzen und durch die kooperative Einbindung der Religionsgemeinschaften Anreizstrukturen schaffen, innerhalb derer ein demokratie- und liberalismusfreundliches religiöses Ethos gefördert wird. Theologische Vorbehalte gegenüber dem demokratischen Staat können so durch positive praktische Erfahrungen mit Politik und Rechtsordnung überwunden werden. Am Beispiel der Kooperation von Staat und Kirchen in der westdeutschen Bildungs- und Verteidigungspolitik nach 1945 zeichnet Fabian Poetke eine erfolgreiche Integrationsentwicklung dieser Art nach.
- Projektionen auf den Zionismus: Nichtjüdische Wahrnehmungen des Zionismus im Deutschen Reich 1897–1933
Der Zionismus ging nicht nur Juden an, sondern stieß auch bei verschiedenen nichtjüdischen Gruppen auf großes Interesse. Die zionistische Bewegung und ihr Ziel der Errichtung einer nationalen Heimstätte für die Juden in Palästina fanden Unterstützung und Befürwortung ebenso wie Ablehnung und Feindschaft. Die Wahrnehmung des Zionismus rührte dabei häufig an tradierte Bilder des Jüdischen. Die Untersuchung dieser Denkmuster in den verschiedenen öffentlichen Debatten fördert neue Einblicke in das Denken von Nichtjuden über Juden zutage. Das Buch fokussiert erstmals auf die Wahrnehmung des Zionismus unter Nichtjuden im Deutschen Reich. Die zionistische Bewegung und die deutschen Zionisten werden dabei nicht nur als Teil der jüdischen Geschichte, sondern vor allem aus der Außenperspektive nichtjüdischer Akteure untersucht, die an den Zionismus politische und wirtschaftliche Interessen knüpften sowie spirituelle Sehnsüchte und stereotype Bilder auf diesen projizierten.
- Terrorismus und das moderne Selbst: Religiöse Semantiken revolutionärer Gewalt im späten Zarenreich (1860–1917)
Die kulturgeschichtlich angelegte Studie untersucht anhand der Selbstzeugnisse russländischer Revolutionäre die Geschichte des Terrorismus im Russländischen Reich. Die Arbeit geht von aktuellen Fachdiskussionen zur Genese des Terrorismus und zur Subjektivität im langen 19. Jahrhundert aus. Sie zeigt, wie das moderne Ideal der Selbstbestimmung im Kontext systematischer staatlicher Bevormundung ein terroristisches Gewaltpotenzial generieren konnte. Vor allem aber verdeutlicht sie, wie die spezifischen Selbstverwirklichungspostulate der Revolutionäre in einer hochselektiven Verbindung mit religiösen Konzepten zum Selbsterhalt der terroristischen Bewegung beigetragen haben. Ferner beleuchtet die Arbeit das Nachwirken der revolutionären Ideale von Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung im Stalinismus.
- Arbeit am Welträtsel: Religion und Säkularität in der Monismusbewegung um 1900
Der Prozess der Modernisierung galt lange als eine Niedergangsgeschichte der Religion. Blickt man jedoch auf das wilhelminische Kaiserreich, so gerät diese Vorstellung schnell ins Wanken. Bürgerliche Emanzipation, Industrialisierung und Verstädterung setzten dem Bedürfnis nach Religion um 1900 kein Ende – im Gegenteil: Die Jahrhundertwende erlebte eine Renaissance religiöser Sinnsuche jenseits der Kirchen. Dasselbe gilt auch für den 1906 gegründeten Deutschen Monistenbund, der unter dem Chemiker Wilhelm Ostwald (1853–1932) zur viel beachteten Freidenkerorganisation aufstieg. Obwohl Monisten eine naturwissenschaftliche Weltanschauung verkündeten und den christlichen Schöpfungsglauben attackierten, blieben sie religiöse Sucher. Ihre Geschichte war geprägt von der kontinuierlichen Arbeit an einem neuen Verständnis von Religion und Säkularität. Ob Naturwissenschaftler, Künstler, Schriftsteller oder liberale Pastoren – sie alle fanden im Monismus eine neue geistige Heimat. Christoffer Leber zeigt anhand der Monismusbewegung auf, dass sich schon im Wilhelminismus eine Reformgesellschaft anbahnte, die wichtige Impulse für spätere Generationen setzte.
- »Visuelle Integration«?: Juden in westdeutschen Fernsehserien nach »Holocaust«
Die amerikanische Serie TV-Serie Holocaust wurde im Januar 1979 in Deutschland ausgestrahlt und hatte eine damals nicht vorstellbare Wirkung. Über 20 Millionen Menschen sahen das Medienereignis und wurden so intensiv und emotional enorm berührend mit dem nationalsozialistischen Massenmord konfrontiert. Die Ausstrahlung von Holocaust gilt als erinnerungsgeschichtliche Zäsur und Meilenstein in der Aufarbeitung der NS-Gräuel. Der Begriff Holocaust wurde 1979 »Wort des Jahres« und gab jenem Verbrechen, das Winston Churchill noch »crime without a name« bezeichnete, einen Namen. Lange Zeit hatten die Deutschen noch unreflektiert in der nationalsozialistischen Terminologie von der »Endlösung« gesprochen. Der Erfolg der amerikanischen Holocaust-Produktion ermutigte deutsche Rundfunkanstalten, eigene Serien zum Dritten Reich in Auftrag zu geben. Sie hatten eine »visuelle Integration« jüdischer Figuren zum Ziel. Darunter verstand der Schriftsteller Wolfdietrich Schnurre ein gesellschaftspolitisches Anliegen: Durch das Sichtbarmachen jüdischer Kultur im Fernsehen sollte diese nicht nur ins Fernsehen, sondern auch in das Bewusstsein der bundesrepublikanischen Gesellschaft gerückt werden. Ausgehend vom gesellschaftspädagogischen Auftrag und Selbstverständnis des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zeigt diese Studie, wie das normative Anliegen der »visuellen Integration« in den erinnerungspolitisch aufgeladenen 1980er-Jahren im Spannungsfeld von Aufklärungswillen und Geschichtsvergessenheit nur bedingt erreicht wurde. Als Fallbeispiele dienen Soll und Haben, Holocaust, Ein Stück Himmel, Heimat, Levin und Gutman sowie Kir Royal.
David Schick
David Schick lives in the Pacific Northwest with his wife, two children, and many pets. He enjoys studying Astronomy and Physics, as well as reading, travelling, knitting, and listening to music.
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