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Der Blick des Sohnes
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eBook216 Seiten

Der Blick des Sohnes

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Über dieses E-Book

Paula ist eine Kindergärtnerin, die keine Kinder bekommen kann und zusammen mit ihrem Mann ein rothaariges Baby, Daniel, adoptiert. Nach einigen Jahren bricht die biologische Mutter in diese idyllische Umgebung ein und reißt die bis dahin herrschende Ruhe auseinander. In verschiedenen Lebensphasen, von der Ankunft des Kindes im Haus bis zu seiner Volljährigkeit, führt uns Der Blick des Sohnes durch verschiedene Persönlichkeiten und deren Beziehungen. Ein Beispiel dafür ist die Persönlichkeit der Großmutter – eine Frau von Charakter mit einer besonderen Vorliebe für diesen Enkel – und deren problematische Beziehung mit der eigenen Tochter, Paula, die die Verkörperung schwieriger Beziehungen zwischen Müttern und Töchtern darstellt. Dann ist da auch Sophie, eine junge Frau, die plötzlich mit dem Erwachen der Jugend erscheint…
Mit dem klassischen Tanz als Hintergrund nehmen wir an einer Liebesgeschichte teil, die das Vor- und Nachher kennzeichnet und in der alle viel mehr gemeinsam haben als es scheint.

 

"Diese interessante Geschichte lässt uns nicht gleichgültig, denn sie ist eine Einladung zur Besinnung in einer Welt, in der die Banalität ihr Reich ausübt." –L'Ull crític, Sprach- und Literaturzeitschrift Nr. 17 und 18.

 

"Der Leser findet eine anregende Erzählung, die sich den Gefühlen verschiedener Charaktere öffnet und Sensibilität erfordert, um das Leben jedes Einzelnen in der Erzählung zu verstehen."—Resonancias Literarias

 

"Scheinbar selbstverständliche Fakten, die der Roman zum richtigen Zeitpunkt enthüllt, vermitteln den Eindruck, eine Geschichte in Schuppen zu lesen, in der sich die Ereignisse überlagern, um ein Gesamtbild zu formen. Eine vollständige, runde Arbeit, deren Lektüre wir zweifellos empfehlen."—Letralia

SpracheDeutsch
HerausgeberNúria Añó
Erscheinungsdatum15. Juli 2023
ISBN9798223732310
Der Blick des Sohnes
Autor

Núria Añó

Núria Añó (1973) is a Catalan/Spanish novelist and biographer. Her first novel "Els nens de l’Elisa" was third among the finalists for the 24th Ramon Llull Prize and was published in 2006. "L’escriptora morta" [The Dead Writer, 2020], in 2008; "Núvols baixos" [Lowering Clouds, 2020], in 2009, and "La mirada del fill", in 2012. Her most recent work "El salón de los artistas exiliados en California" [The Salon of Exiled Artists in California] (2020) is a biography of screenwriter Salka Viertel, a Jewish salonnière and well-known in Hollywood in the thirties as a specialist on Greta Garbo scripts.Some of her novels, short stories and articles are translated into Spanish, French, English, Italian, German, Polish, Chinese, Latvian, Portuguese, Dutch, Greek and Arabic.Añó’s writing focus on the characters’ psychology, most of them antiheroes. The characters in her books are the most important due to an introspection, a reflection, not sentimental, but feminine. Her novels cover a multitude of topics, treat actual and socially relevant problems such as injustices or poor communication between people. Frequently, the core of her stories remains unexplained. Añó asks the reader to discover the deeper meaning and to become involved in the events presented.Literary Prizes/ Awards:2023. Awarded at International Writers’ and Translators’ House in Latvia.2020. Awarded at International Writing Program in China.2019. Awarded at International Writers’ and Translators’ House in Latvia.2018. Fourth prize of the 5th Shanghai Get-together Writing Contest.2018. Selected for a literary residence in Krakow UNESCO City of Literature, Poland.2017. Awarded at the International Writers’ and Translators’ Center of Rhodes in Greece.2017. Awarded at the Baltic Centre for Writers and Translators in Sweden.2016. Awarded at the Shanghai Writing Program, hosted by the Shanghai Writer’s Association.2016. Awarded by the Culture Association Nuoren Voiman Liitto to be a resident at Villa Sarkia in Finland.2004. Third among the finalists for the 24th Ramon Llull Prize for Catalan Literature.1997. Finalist for the 8th Mercè Rodoreda Prize for Short Stories.1996. Awarded the 18th Joan Fuster Prize for Fiction.

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    Buchvorschau

    Der Blick des Sohnes - Núria Añó

    Núria Añó

    Der Blick des Sohnes

    übersetzt von Marie-Claire Cruz Schwarz

    „Der Blick des Sohnes"

    von Núria Añó

    Copyright © 2019 und 2023 Núria Añó

    Die Originalausgabe erscheint unter dem Titel „La mirada del fill" © 2012

    www.nuriaanyo.com

    Alle Rechte vorbehalten

    Übersetzt von Marie-Claire Cruz Schwarz

    Einband Design © 2023 Núria Añó. Foto Anna Jurkovska. Zeichnung von Gordon Johnson

    Independently published

    ISBN: 9798223732310

    Alle Rechte vorbehalten. Die Vervielfältigung dieses Werks oder von Auszügen ist ohne die schriftliche Genehmigung des Copyright-Inhabers unter Androhung der durch das Gesetz festgelegten Strafen verboten, egal durch welches Verfahren, eingeschlossen des Nachdrucks und der Datenverarbeitung. Wenn Sie dieses Buch anderen Personen zugänglich machen möchten, erwerben Sie bitte weitere Exemplare, um auf diese Weise die Arbeit der Autorin wertzuschätzen.

    Inhaltsverzeichnis

    Title page

    Copyright

    Der Blick des Sohnes

    Erster Teil

    Zweiter Teil

    Dritter Teil

    Über die Autorin

    Weitere Titel der Autorin

    Die tote Schriftstellerin

    Tiefe Wolken

    Der Salon der Exilkünstler in Kalifornien

    Núria Añó

    Der Blick des Sohnes

    ERSTER TEIL

    Die Frau mit dem roten Haar hinterließ eine Reihe von Fußspuren im Schnee. Selbst aus dem Fenster im ersten Stock, in das das Kind eilig hochgeklettert war, waren diese Spuren nicht mehr vom Rest zu unterscheiden. Paula stand immer noch unten mit verschränkten Armen, ihre dicke Jacke halb zugeknöpft, am wahrscheinlich schwierigsten Tag ihres Lebens. Schon spät und aufblickend, sah sie Daniel, winkte ihm sogar mit energischer Hand zu, als wäre nichts geschehen. Und dann verlor sich der Blick des Sohnes, seine Gestalt entfernte sich vom Fenster…, als stände geschrieben, dass er an einem nicht allzu fernen Tag am Tisch, an dem er normalerweise seine Hausaufgaben machte, sitzen würde. Er würde mit Bleistift eine Figur zeichnen, die Konturen der Stirn leicht gewölbt. Er würde den Haaren dieses Rot geben, das er auf der anderen Seite der Tür gesehen hatte… Währenddessen spielte Daniel mit einem Gummiball der, sobald er aus seiner Hosentasche herausguckte, aus seiner Hand entrann, auf und ab hüpfte und ihn viele Male die Treppen hinunterzusteigen zwang. Doch an diesem Nachmittag machte er sich fast verrückt wegen einer Haarfarbe… Oder sie, die sich hinkniete, um einen Umschlag unter die Tür zu schieben, statt die Türklingel zu benutzen. Eine Ecke des Umschlags wies einen Punkt auf, der plötzlich nicht vor- noch rückwärts lief. Ein nicht adressierter, dicker Umschlag, der kaum durch den Türschlitz passte. Und plötzlich standen sich die Hände des einen und der anderen sehr nahe, wie zwei unterschiedlich große Teile, die durch einen unsichtbaren Faden perfekt zusammenpassten und sie als Absender und Empfänger aktivierten. Logischerweise, als Daniel aufstand und die Tür öffnete, blickte auch die Rothaarige auf. Sie nickte mit sehr ausdrucksstarken Augen, erstaunt über diese Chance, die sich ihr hier bot. Noch passte sie sich an das Dämmerlicht an. Sie machte eine Geste mit jener unerwarteten Klarheit, in der ihr Mund sich mit seiner Wange vereinte und nicht losgelassen hätte. Niemals losgelassen hätte.

    Daniel wiederum hatte davon geträumt sie so nah zu haben, dass er manchmal aufwachte und lange Zeit nur an sie dachte. Nicht so sehr an die Person, sondern an kleine Fragmente, die aus diesem meditativen Zustand entstanden, in den er eingetaucht war. Wie eine Haarlocke die ihr auf die Stirn fiel und die sie mit ihrer blassen Hand beiseite schob, wobei man sogar auf ihren Ohren Sommersprossen sehen konnte. Sie ahnte nicht, dass sie beobachtet wurde, auch wenn ihre Jugend und Unerfahrenheit sich beim Drehen des Umschlags einigten und sie jede Ecke wiederholt darauf prüfte, ob sie durch den Schlitz passte. Die Zeit schien stehenzubleiben und nur der Winternebel, der aus ihrem Mund auftauchte und auf das Glas prallte, zeigte den einzigen Fortschritt. Es konnte jeden Moment aus dem Gewicht der Bäume geboren werden. Das kleinste Wackeln eines Zweiges und schon fiel Schnee von irgendwo her. Kurz wie eine Sekunde, aber gleichzeitig transparent und hell wie ein bereits begonnener Blick. Es begann auf dem Boden, aus dem kreisförmigen Tanz der Papiere und Hände, in dem der Schwindel erlaubt war, oder es konnte passieren, dass einer von beiden es provozierte. Während Daniel die Tür öffnete und ihr Gesicht aufblickte, zeigte sich alles mit der spontanen Schönheit der Dinge. Gerade in diesem Augenblick rutschte der Ball vorzeitig ab, fiel von Stufe zu Stufe. Logischerweise spielte dies keine Rolle, sondern wies eher darauf hin, wie nah es dem Ende dieses Momentes zuging.

    „Mama hätte er verwirrt mitten in der Nacht geweint und da erschien schon die seine. Ja, Daniel war ein Glückskind. Er musste nur nach seiner Mutter rufen und schon stand sie dort. Paula knipste das Nachttischlämpchen an und hauchte somit den Spielzeugen und der pastellfarbenen Bordüre an der Wand, die das Leben erträglicher machen sollten, Leben ein. Es war eine Bordüre aus vielen Holzeisenbahnen, die sie eines Tages selbst gemalt hatte… Was sage ich eines Tages! Viele Tage, eine zu lange Wartezeit. So lange, dass der Verkehr bereits sehr dicht war; einige gingen, andere kamen und der Frontalaufprall war offensichtlich. Aber nicht hier, nicht zwischen diesen Wänden. Und noch viel weniger in diesem Zimmer, wo es eine hellblaue, sehr weiche und angenehme Decke gab, die Paula hochzog, während Daniel seine Augen schloss und erneut einschlief. Also, was soll man über diesen Moment sagen? Man konnte nur noch hinzufügen, was für eine Ruhe und Stille herrschte. Die Nacht brachte diese Dinge und irgendein Buch auf dem Nachttisch, welches sie oft zu sich nahm. Wenn tatsächlich die wahre Bedeutung dessen was sie erzählte in ihrer Stimme lag, die sich ähnlich einer rosaroten Rose öffnete und modular angetrieben wurde, wenn sie sie auf ihren Empfänger richtete. Dani war schuld, dass sich ihre Augenlider vor Freude öffneten und schlossen. Er war derjenige, der ihre Augen immer wieder aufleuchten ließ. Der Verantwortliche solch großen Glücks! Selbst wenn es Tage gab, an denen das Glück kurz vor der Abreise an die Tür klopfte und nicht vorauszuahnen war, ob es zurückkehren würde oder nicht, ob es bald sein würde oder gar nicht mehr… Vielleicht durfte das Glück nicht so schnell ausgequetscht werden, wie Paula es getan hatte. Es so schnell aufbrauchen, dass sie es sogar überall zeichnete, wenn sie einen Pinsel fand. Und schaut mal, die Menge Licht in diesem Zimmer war nicht zu übersehen! Und hier habt ihr den Schuldigen, den wahren Schuldigen, der gerade die Tür öffnete und es gehen ließ. Das Glück gehen ließ! Zuerst den Knoten, dann die Reihen lösend, es fliegen ließ wie ein wehendes Taschentuch das mit der Luft spielte, bis es in der Ferne verblich. Ja, nur schon vom darüber Nachdenken bekam Paula einen Kloß im Hals, vor oder nachdem sie zum Ausdruck brachte: „Und ab jetzt werden wir richtig Spaß haben! In diesem Schlafzimmer in dem es, wenn sie ihren Geruchssinn schärfte, nach Holz roch, öffneten und schlossen sich Daniels Augen instinktiv, als gäbe es keinen Funken Hoffnung. Hier, wo vor noch nicht allzu langer Zeit Geschichten vorgelesen wurden, die beim Zuhören und der Aufnahme der Information vor Daniels aufmerksamen Augen und gerunzelter Stirn vorbeigingen, als ob er alles bezweifelte und von einem Moment zum anderen „Das kann nicht sein sagen würde. Beim Umblättern der Seite ließ dann Paula ihre Wachsamkeit fallen und Daniel öffnete seine Augen, als wolle er „Ach so! sagen. Gleichzeitig produzierte sein Blick einen Überschuss an unbedeutender Flüssigkeit und er meinte blinzelnd „Und weiter?" Auf diese Weise stahl oder schlich man sich durch diesen kindlichen Verstand und erahnte, was er gerade dachte. Dies war ihr Preis, das fast absolute Wissen dieses kleinen Stücks, nicht größer als jede der Porzellanvasen, die den Eingang schmückten. Und was geschah stattdessen in dieser Nacht? Daniels Schweigen tat ihr weh. Nicht einmal das Streicheln ihrer Hand über seinen Kopf konnte ihn von da wo er sich befand, zurückholen. Man wusste nicht genau wo, aber sicher von einer roten Haarsträhne eingewickelt, auf der er immer wieder rücklings abrutschte, mehr oder weniger wie er es manchmal bei seinen Cousins gesehen hatte, wenn diese mit halb offenen Beinen am Treppengeländer hinunterrutschten. Ja, während er seinen eigenen Dingen nachhing, wenn nötig sich selbst da verlor, wo der Ball je nach Aufprall anzeigte. Da konnte man ihn so lange rufen wie man wollte…, ja, er wollte nicht zuhören. An diesem Nachmittag aber…, hätte die rothaarige Frau ihn vielleicht nicht losgelassen? Was wäre passiert, wenn Paula nicht anwesend gewesen wäre? Hätte sie ihn mitgenommen? Wie auch immer, da war dieser Eindruck wie das Taschentuch zu spielen das zurückkam, nur dass es nicht dasselbe zu sein schien. Abgesehen von einem Schaudern, das kam und ging, wenn sie es am wenigsten erwartete und das ihr das Rückgrat gefrieren ließ.

    Offensichtlich hatte sie es erwartet… Wenn Paula das Haus verließ, schaute sie mit einer schwanenartigen Halsbewegung in beide Richtungen, zuerst nach links, dann nach rechts. Schließlich war der Ballettunterricht zu etwas nützlich gewesen. Das war schon lange her und trotzdem, durch ihren Blick als Frühaufsteherin konnte man immer noch erahnen, dass sie dem hohen Maßstab dessen was von ihr (oder von ihrer Mutter) verlangt wurde, nicht näher kam. Es spielte keine Rolle welche der beiden! Der Schaden heilte nie richtig. Und manchmal kam es vor, dass Daniel dies nachahmte. Die Mutter bewegte sich nach links, rechts, atmete etwas von der angesammelten Spannung aus und eines Tages konnte Daniel es, nach vielen Beobachtungen und Zuhören, gleichtun. Er tat es wann immer er es brauchte. Bei einem der Besuche seiner Großmutter in der Stadt, nachdem sie ihm zwei Küsse gegeben, sie ihn mit Geschenken überhäuft hatte und ihn eine Weile in ihrem Schoß hielt, bevor sie seiner überdrüssig wurde. Wenn Daniel sie mit diesem Gummiball nervte, der wiederholt gegen den Boden krachte, als ob es nichts anderes auf der Welt gäbe als dieses Geräusch, das sich im Kopf einnistete. Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie den Ball weggeworfen. Obwohl es offensichtlich nicht das Schlimmste gewesen wäre auf dieses Spiel zu verzichten, sondern sich isoliert und wieder zurückgewiesen zu fühlen.

    Dann, aus dem Nichts, schien Daniel die Luft auszugehen. Es schien als würden sich seine Lungen schließen, als hätte er in all dieser Zeit nichts gelernt, abgesehen von der Kopfbewegung mit der seine Mama links und rechts, links und rechts, eins und zwei machte. Der Vorgang war immer der gleiche: gestreckter Rücken wie eine Marionettenkönigin, danach in sich fallend während sie nach oben schaute, als hätte jemand von oben die Fäden abgeschnitten und nichts mehr zum Festhalten oder Festklammern da wäre. So fühlte es manchmal der Sohn, wenn er sich auf den Teppich legte und feststellte, wie der Ball aus seiner Tasche sprang, wenn er hustete. Dieses fortwährende Ballwerfen beim Besuch der Großmutter diente dazu sie mit dieser sich wiederholenden nach aufwärts gehender Bewegung zu ärgern. Er hatte es auch mehrmals erfolglos bei Papa, der nicht weit vom Wohnzimmer entfernt war versucht. Und wie plötzlich dieser Mann die Bürotür anlehnte und den Telefondraht straffte, durch ein durchsichtiges Glas abstieg, so gerecht wie er immer gewesen war, so verloren er in diesem Augenblick schien, während er einer anderen zuflüsterte. „Mit wem spricht er?, fragte die Großmutter ohne eine Antwort zu erwarten. Und so dieser Mann, bevor er seine Entscheidung reifte, bevor sich ein verheerender Wirbelsturm bildete, der nur Chaos hinterlassen würde. Lange zuvor, als alles noch schön anzuhören war und die Worte mit Leichtigkeit ausgesprochen wurden: „Dani, mein Dani, es gibt nichts auf dieser Welt, was ich mehr lieben würde! Und hoch das Kind, wie eine Trophäe. Bis leider eines Tages aus dem Nichts etwas auftauchte. Ein weicher und enthaltender Gang der jedem den Atem und die Geduld raubte. Warum nicht auch Papa? Der schien schon bedrückt bevor er sie erobert hatte, vielleicht wegen des „wer was verfolgt, erreicht es! Selbst wenn es nicht das Wort ‚erreichen‘ war, auch nicht ‚haben‘ oder ‚besitzen‘. Es war alles so ungenau! Man wusste nicht einmal, was es war. Was machte sie stehend mitten im Gang? Auch er, obwohl er die Schultern leicht gebeugt hielt, als traue er ihr einen Moment lang nicht. Zu viele Kurven und außerdem zu gut platziert, ihr müsst mir schon sagen, wie man so etwas trägt. Überhaupt nicht. „Ich bin nicht allein, erklärte der Vater plötzlich, während er ohne Rücksicht die Tür schloss und beide in die feuchte Garage hinunterstiegen. Er drückte auf den Lichtschalter und seine Männlichkeit gewann wieder an Kraft. Die Kraft eines wütenden Meeres, als müsse er sich die Frau zu eigen machen indem er ihre Kleidung zerdrückte, an ihrer Haut saugte, einen Streifen ihres BHs zerriss, in ihre Brüste biss, die Innenseite ihres Oberschenkels suchte, sie dann auf die Höhe seines Gliedes reduzierte und erst dann… ja, immer wieder in sie ein- und austrat, es von allen Seiten probierte, ihre Hüfte mit einer Hand markierte, wie man es bei einem Vieh tun würde, dem man das Siegel des Hauses setzte. Danach würde er sie an den Haaren ziehen, sie stöhnen lassen, sie schütteln bis nichts mehr hinzuzufügen wäre…, außer dem Samenerguss.

    Plötzlich diese gespenstische Stille. Es dauerte nicht lange bis man ihr Auto anspringen hörte. Worte waren nicht mehr wichtig, nur die Blicke. Die Großmutter hatte den ihren tief gesenkt. Zur gleichen Zeit kam Papa aus der Garage zurück und für eine Sekunde schien es, als würde er die Treppe energischer hinaufsteigen, denn diese Frau war das genaue Gegenteil von Paula und er war ein Mann der Gegensätze. Nicht mit Mamas Spieluhr zu vergleichen, die eine Melodie wiederholte, während sich die Tänzerin drehte. Nur der Rhythmus beschleunigte sich je nachdem, wie man sie aufzog. Es war angenehm die Haltung der Tänzerin zu beobachten. Wie schaffte sie es nur ihr Gleichgewicht auf nur einem Bein beizubehalten? Sie wurde nie müde. Diese ovale Figur ließ nicht einmal ihre Arme fallen, drehte und drehte sich und nichts konnte sie aufregen. C’est magnifique! Das war die Einstellung. Die gleiche, die dieser Familie fehlte. Es war ganz einfach, man brauchte nur Übung, Übung, Übung. Man konnte es sogar an der Haltung der Großmutter sehen, jedes Mal, wenn sie zurückkehrte. Oft schien sie sich bei ihrer Ankunft nicht an Daniel zu erinnern, der sich, wenn er zu Hause war, immer hinter der Treppe versteckte. Nur das es ihn manchmal ermüdete. Auch die Großmutter ermüdete vom Halten der Tasche in der sie ein Geschenk trug, während sie am Eingang mit dem Schwiegersohn plauderte und auf ihren Koffer wartete, der von demselben hereingebracht und in das Gästezimmer getragen werden musste. Dann machte sie den ersten Schritt, nicht bevor sie zwischen diesen beiden Stufen die aufmerksamen Augen des Enkels entdeckt hatte, als wäre es gleichzeitig an der Zeit das Versteck zu verlassen. Auf die gleiche Weise und um sie zu amüsieren, setzte sich Daniel auf das Sofa, etwas was er von den Erwachsenen, wie zum Beispiel von seinem Vater, gelernt hatte. Sein Vater, der auf der Suche nach irgendeinem Fachbuch war, lief an diesem Tag verstohlen vor den beiden auf und ab. Und dort, Kopf und Kragen riskierend, grüßte er als wäre nichts passiert. Auch die Großmutter und der Enkel grüßten einstimmig, was jedoch nicht bedeutete, dass die Großmütter der anderen wie die von Daniel waren. Nein, eine Großmutter wie diese hatte keiner! Das war unmöglich! Daniel klebte an ihren Röcken. Er tat dies, als liebte er sie innig. Auf jeden Fall war es mehr als er empfing. Natürlich hatte die Großmutter mehr Enkelkinder, andere enger anliegende als Daniel, obwohl in ihm ein umständlicher Mechanismus geschätzt wurde, der ihn von den anderen unterschied. Man konnte ihn beobachten und kein Kind in ihm sehen. Sogar Paula konnte nicht über dieses Kind hinwegsehen. Das ihre. Ihr Kind. Und egal wie sehr sich der Vater ihm näherte um ihn aus reiner Freude zu beobachten, er war in der Tat sein Daniel, ein unersetzlicher Grund des Stolzes.

    Paula, die Frau mit kleinem Mund und einer etwas spitzen Nase, die gelernt hatte, mit ihrem Mann zu leben. Manchmal sah man sie den Vorhang ziehen oder die Jalousie herunterlassen, man würde sonst nicht schlafen, wenn man immer aufmerksam sein müsste… Jeder wusste es und alle schwiegen. In jener Nacht kam Paula zurück und ließ ihre Lehrertasche auf einer Seite des Sofas liegen. Dann schaute sie sich um, es könnte ja gut möglich sein, dass sogar der Tisch gedeckt wäre. Manchmal werden die Menschen gewaltsam gruppiert. Auf der einen Seite sie und er, Ehefrau und Ehemann, obwohl sie keinen Hunger haben, ihre Körper nicht allzu weit entfernt, sich den Wein und das Salz reichend. Danach Mutter und Tochter. Nähte finden sich. Oberflächlich. Man nähte und nähte und es kam vor, dass man nicht wusste, wo genau die eine aufhörte und wo die andere begann. Und siehe da, eine und die andere an eine Extremität angenäht, erneut durch die Katastrophe vereint. Aber gleichzeitig Paulas Stimme die meckerte: „Mama, was sagst du? Du redest immer so leise…" Man könnte so viel sagen, so viele Dinge und stattdessen gab es nicht viel zu reden. Nicht jenseits der Geste der Großmutter und des Schwiegersohnes, wenn erstere ihn beobachtete, während sie Brot zerkrümelte das sie zu Munde führte und in ihm nur den von ihr prognostizierten Verlierer sah.

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