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Bewegungen der Liebe: Wege der Heilung in unserem privaten und beruflichen Leben
Bewegungen der Liebe: Wege der Heilung in unserem privaten und beruflichen Leben
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eBook851 Seiten11 Stunden

Bewegungen der Liebe: Wege der Heilung in unserem privaten und beruflichen Leben

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Über dieses E-Book

In diesem Buch werden Einsichten und Erkenntnisse aus einer langjährigen Praxis in der therapeutischen Begleitung von Menschen vermittelt, die den Leser, die Leserin auf eine Reise ins Innere der eigenen Seele mitnehmen möchte.
Dabei werden die wichtigsten Landschaften unseres privaten und auch beruflichen Lebens durchwandert, die uns zeigen können, was, bzw. wer uns fehlt. Es sind reale Personen aus unserem Familiensystem, die ausgegrenzt bzw. vergessen wurden und mit denen wir auf sonderbare Weise verstrickt sind, so dass wir nicht frei sind, unser eigenes Leben zu leben. Es handelt sich dabei auch um innere Seelenanteile, die wir abgespalten haben und von denen wir getrennt sind.
So möchte dieses Buch auch anhand von Beispielen aus der Praxis verschiedene Situationen der Trennung und Abspaltung, in denen wir uns alle befinden, aufgreifen und Wege zeigen, wie wir diese fehlenden Personen bzw. inneren Anteile wieder zu uns zurück holen können. Dies ist ein Weg unserer Genesung auf dem wir durch jeden Anteil, den wir zu uns zurück holen ein Stück heiler werden können.
Ein weiterer Schwerpunkt dieses Buches umschreibt konkrete Wege, wie dieses Rückholungswerk geschehen kann.
Dies geschieht in erster Linie auf dem Hintergrund der systemischen Aufstellungsarbeit bei der wir von den Bewegungen des Geistes erfasst werden, die uns unserem Werdeziel entgegenführen. Wir kommen dabei auch in direkten Kontakt mit unserer Seele, die alles für uns bereit hält, was wir für unsere Erlösung brauchen.
So möchte dieses Buch dazu einladen, den eigenen Blick mehr und mehr nach innnen zu richten und so wieder mit der Liebe in Kontakt zu kommen, die auf alles wohlwollend schaut, so wie es ist.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum13. Sept. 2019
ISBN9783748261018
Bewegungen der Liebe: Wege der Heilung in unserem privaten und beruflichen Leben

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    Buchvorschau

    Bewegungen der Liebe - Hans-Peter Regele

    Einleitende Gedanken

    Der Hintergrund

    Wir alle leben heute in einer Zeit, die geprägt ist von unglaublichen Entwicklungen in allen Bereichen des menschlichen Lebens. Viele dieser Entwicklungen erscheinen uns allerdings eher als Rückschritte, da sie auf Kosten der uns anvertrauten Natur, der zunehmenden Verabschiedung von sozialer Verantwortung und Entfremdung, der Ausbeutung von Menschen und natürlichen Ressourcen, der Gewinnmaximierung auf Kosten menschlicher Wertschätzung usw. geschehen. Dies alles erscheint vielen von uns auf den ersten Blick abstoßend und bringt manche von uns dazu, sich dagegen aufzulehnen. Bei Licht betrachtet können wir uns fragen, ob wir diese „lebensverachtenden" Strömungen noch aufhalten können und sollen, oder ob es nicht schon zu spät ist für eine Kurskorrektur.

    All das, was wir täglich durch die Medien in unsere Wohnzimmer geliefert bekommen, völlig unabhängig davon, ob dies immer der Wirklichkeit entspricht, sind Geschehnisse, die folgerichtig sind und die wir alle selbst erschaffen haben, um bestimmte Erfahrungen damit zu machen. Diese Entwicklungen haben uns immer mehr in eine Sackgasse geführt, aus der es für uns kein Entkommen zu geben scheint.

    Wenn wir den Erkenntnissen der neuen Astrophysik, auf die ich im Kapitel „Wahrnehmung – das Tor zur Ganzheit" noch näher eingehen werde, Aufmerksamkeit schenken, dann können wir sehen, dass die Erde, und damit jeder von uns, derzeit gewaltigen Veränderungen unterworfen ist, die unser bisheriges Weltbild, das uns die Wissenschaften und institutionalisierten Religionen geliefert haben, auf den Kopf stellen. Wir sind herausgefordert, uns mit all dem zu beschäftigen, was uns an diese Stelle der menschlichen Entwicklung geführt hat, um uns mit ihm zu versöhnen, so dass es sich verwandeln kann. Dies geschieht sowohl im persönlichen, wie auch im kollektiven Bereich unseres Lebens.

    Diese Entwicklungen, die wir als Menschheit erlebten und immer wieder erleben, waren und sind immer folgerichtig, selbst wenn es mitunter Millionen von Menschen das Leben kostet. Erst wenn wir bereit sind, nach innen zu schauen und uns selbst zu erkennen, können wir den Bildern der Täuschungen und der Illusionen, die wir vor unser Leben gestellt haben, entkommen. Die Zeit dafür ist längst reif.

    Möchten wir uns dem Anliegen dieses Buches nähern, so ist es notwendig, einen Blick zurückzuwerfen, auf den Anfang unserer Geschichte.

    Die Geschichte von uns Menschen ist seit Anbeginn in erster Linie eine Geschichte der Abspaltung und der Trennung. Alle Schwierigkeiten des menschlichen Lebens, unabhängig davon, in welcher Art und in welchen Lebensbereichen sie sich auch immer zeigen mögen, sind in erster Linie auf die Abspaltung und die Trennung zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen zurück zu führen. Dies sind Erkenntnisse, die ich in all den Jahren, in denen ich Menschen begleiten darf, machen durfte.

    Um dies deutlicher ins Bewusstsein zu bringen ist es notwendig, den Fokus auf jenen Ort zu richten, an dem unsere Geschichte begonnen hat, wie es uns der Mythos erzählt. Ich bin mir dabei bewusst, dass solche Geschichten, gerade in der heutigen Zeit, gerne mit einem Lächeln quittiert werden, so wie wir die Geschichte vom Osterhasen oder von der Jungfrauengeburt der heiligen Maria in der Weihnachtsgeschichte ebenfalls mit einem Schmunzeln betrachten. Auf eines möchte ich an dieser Stelle allerdings aufmerksam machen: Alle diese Geschichten, ob wir nun an sie glauben oder nicht, sind Geschichten unserer Seele. Wären sie es nicht, so würden wir sie nicht erzählen. Da es Geschichten unserer Seele sind, lohnt es sich durchaus, den einen oder anderen Blick darauf zu werfen.

    Ich möchte nun den Fokus auf die Geschichte von der Vertreibung aus dem Paradies richten, da uns diese Geschichte unsere Ausgangssituation gut beschreibt.

    Im Paradies, so berichtet der Mythos, waren Adam, der Mensch und Eva, seine Frau noch im Zustand der Unschuld. Der Talmud, die heilige Schrift des Judentums, lehrt uns, dass Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf. Zuerst schuf er Adam und als er sah, dass es nicht gut ist, dass der Mensch allein ist, schuf er ihm eine Frau aus Erde und er nannte sie Lilith. Da sie ebenfalls aus Lehm erschaffen wurde, war sie Adam ebenbürtig. Adam war nicht damit einverstanden, dass sie auf Augenhöhe mit ihm war. Er wollte über Lilith stehen, was ihr verständlicherweise missfiel und so verließ sie das Paradies. Hier hat wohl die folgenschwerste Trennung im Inneren unserer Seele stattgefunden. Das Männliche (Adam) wollte sich über das Weibliche (Lilith) erheben. Das Weibliche entzog sich dem Männlichen und somit war Adam allein. Da er diesen Zustand nicht ertragen konnte, bat er Gott um eine Lösung. Daraufhin formte Gott, wie allseits bekannt, Eva, die er aus einer linken Rippe von Adam erschuf. Sie war Adam untertan, denn sie war ja ein Teil von ihm. Über sie konnte er herrschen, was er bis heute immer noch tut. Sie war nicht auf Augenhöhe mit ihm, sondern ein rudimentäres Anhängsel. So hat Adam, symbolisch gesehen, seine ursprüngliche weibliche Seite verloren, die ihm fortan als seine rudimentäre Weiblichkeit in Form der Eva von außen entgegenkam. Lilith, die Schwester von Eva hatte das Paradies verlassen und war nicht mehr bereit, zurückzukommen. Zur Strafe wurde sie verbannt, verkehrte täglich mit eintausend Dämonen und brachte täglich eintausend Quälgeister zur Welt. Sie blieb unsterblich, da sie nie von der verbotenen Frucht im Paradies aß. Ihre Kinder wurden „Lilim" genannt. Diese verführten, wie ihre Mutter, schlafende Männer. Wer einmal von ihnen verführt wurde, konnte nie wieder eine andere Frau lieben.

    Der Weggang Lilith´s aus dem Paradies erinnert uns natürlich auch an den Sturz Luzifers, des höchsten Engels in der Schar der Engel Gottes. So können wir Lilith getrost als dessen Schwester bezeichnen. Auch Luzifer (der Lichtbringer) wollte sich nicht erniedrigen lassen und wurde deshalb gestürzt. Er wurde zusammen mit Adam und Eva, dem Urgeschlecht von uns Menschen auf die Erde gestürzt und so ist er seither der Herrscher dieser Erde.

    Er ist der gestürzte Engel auch in unserer Seele und er hat den Auftrag, uns, die wir in der Welt der Trennung leben, jeden Tag aufs Neue zu verführen, so dass wir immer mehr in jenes Leiden kommen, das Ausdruck dieser Trennung ist. Auch er möchte erlöst werden und er kann nicht dadurch erlöst werden, indem wir ihn verteufeln, sondern nur durch unsere Liebe zu ihm. Dies ist uns aber erst möglich, wenn wir all das, was wir verloren haben und von dem wir getrennt sind, wieder in unser Herz zurück holen.

    Unter diesem Weggang von Lilith aus dem Paradies leiden wir alle, unabhängig davon, ob wir eine Frau oder ein Mann sind, bis heute. Es ist durchaus bemerkenswert, dass die Person von Lilith über viele Jahrhunderte auch aus unserem Bewusstsein verbannt wurde. Dass wir uns inzwischen wieder an sie erinnern, ist auch der besondere Verdienst der Astrologie.

    Lilith möchte in unser Seele wieder ihren Platz bekommen. Das setzt aber voraus, dass wir uns mit der dunklen Seite unserer Weiblichkeit – sie wird auch als „schwarze Mondin" bezeichnet – , beschäftigen. Diese Seite umfasst den Bereich unserer animalischen Seelenanteile und in diesem Zusammenhang besonders den Bereich unserer eigenen Sexualität. Wenn wir uns die Geschichte der Menschheit und hier insbesondere die Geschichte der institutionalisierten Religionen vor Augen führen, so können wir sehen, dass die Sexualität immer verteufelt wurde. Dies steckt so tief in unserer Seele, dass wir auch in der heutigen Zeit noch weit von einem wirklich natürlichen Umgang mit ihr entfernt sind, auch wenn wir heute so tun, als hätten wir damit kein Problem.

    Wenn etwas in uns verleugnet wird, kommt es als Dämon durch die Hintertür wieder herein. Das ist bei der Sexualität nicht anders. Dieser Dämon trägt dann die Namen „Sexueller Missbrauch, „Vergewaltigung, „Sexsucht, „Pornographie, „Prostitution, „Sado – Masochismus, usw. Dieser Dämon wird auch in unserer Zeit noch sehr erfolgreich gemästet, einfach dadurch, dass wir diese Seite unserer Weiblichkeit, unabhängig ob wir Mann oder Frau sind, nach wie vor abspalten.

    Wenn wir Lilith ablehnen, fordert sie immer ein Opfer von uns. So sagt sie z. B. innerlich zu einer Frau: „Wenn Du nicht bereit bist, mich als deine Schwester anzuerkennen, mit allem was zu mir gehört, und wenn Du weiterhin deine Sexualität ablehnst, dann fordere ich ein Opfer von dir. Das Opfer trägt dann weibliche Namen wie z. B. „Totaloperation, „Gebärmutterhalskrebs, „Abtreibung, „Sterilisation", usw. Natürlich betrifft dieses Opfer auch die Männer. Auch Männer opfern in Form von Sterilisation, Prostataleiden, Impotenz usw. und bei Licht betrachtet ist jeder Mann, der mit einer Frau zusammen ist, die, in welcher Form auch immer, Lilith ihr Opfer vor die Füße legt, ebenfalls in dieses Thema eingebunden. Es ist auch ein Thema seiner eigenen Seele.

    Adam und Eva waren im Paradies wie Kinder, unschuldig und nackt. Damit sich Kinder weiterentwickeln können, brauchen sie Verbote, die sie dann überschreiten. Das kennen wir alle auch aus unserem Leben. Mit den Konsequenzen müssen wir dann selbst umgehen. Doch diese Konsequenzen formen uns und schicken uns auf den Weg, auf dem es unsere Aufgabe ist, das, was wir abgespalten haben, wieder zu uns zurückzuholen.

    Es war Adam und Eva verboten, vom Baum der Erkenntnis zu essen und dieses Verbot war notwendig, damit sie in ihre Entwicklung kamen. An dieser Stelle kam Lilith in Form der Schlange in den Garten Eden zurück. Sie verführte Eva mit einem Apfel vom Baum der Erkenntnis. Eva sprach mit der Schlange und dieses süße Geheimnis bewahrt sie bis heute. Wegen dieses Geheimnisses wurden die Frauen auf Scheiterhaufen verbrannt und von den Männern (der männlichen Seite der Seele) unterdrückt. Adam hat nicht mit der Schlange gesprochen und dieser Schritt liegt noch vor ihm. Erst wenn er, und damit sind wir alle gemeint, denn „Adam bedeutet „Mensch, bereit ist, sich seiner dunklen Seite der Weiblichkeit auszusetzen, mit all ihren seelischen Abgründen, mit all den verdrängten und verstoßenen Seiten, die wir in uns nicht haben wollen, wird die weibliche Seite wieder in unser Bewusstsein zurückkehren.

    Diese dunklen Seiten unserer Weiblichkeit umfassen unsere Gier, unser Machtstreben und unser korruptes und selbstzerstörerisches Verhalten, unseren eigenen und gegenseitigen Missbrauch, unsere Gefühlskälte, unsere Angst, unsere Depression, unsere verdrängte Sexualität usw. Dieser Weg ist immer ein Weg durch die eigene Hölle.

    An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ich, wenn ich von „männlich und von „weiblich spreche, nicht in erster Linie die Männer und Frauen im Außen meine. Diese sind nur Abbilder von uns selbst. Jeder von uns, gleichgültig ob Mann oder Frau, trägt sowohl einen männlichen, als auch einen weiblichen Anteil in sich. Erst wenn sich unser innerer Adam seiner Schwester Lilith wieder zuwendet und sie in sein Herz zurückholt, ist er wieder ganz und damit frei.

    Nachdem Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten, gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren, und sie schämten sich. Sie traten ein in die Welt der Polarität, der Welt des Guten und des Bösen. Als Gott Adam fragte, was er getan habe, so antwortete Adam: „Nicht ich bin schuld, Eva hat mich dazu verführt. Hier ist der Ort der Ur – Sünde. Hier ist der Ort der Schuld. Schuldig wurde Adam nicht an dem was er getan hat, – das war bezogen auf seinen Entwicklungsweg absolut notwendig –, schuldig wurde er allein dadurch, dass er nicht bereit war, für sein Verhalten Verantwortung zu übernehmen. So hat er versucht die „Schuld abzuspalten und sie Eva zuzuschieben. Und als Gott Eva fragte, was sie getan habe, antwortete sie: „Nicht ich bin schuld, die Schlange hat mich verführt." Eva hat sich ebenfalls schuldig gemacht, indem sie die Verantwortung über ihr Verhalten ebenfalls abgespalten hat.

    So können wir uns fragen, wer denn die Schuld bis zum heutigen Tag noch für uns trägt. Es ist die Schlange. Sie hat die Schuld nicht abgespalten und deshalb wurde sie nicht aus dem Paradies vertrieben. Das ist der tiefe Grund, warum die Schlange in allen Kulturen und zu allen Zeiten immer das Symbol der Heilung ist und war.

    Wir finden die Schlange an jedem Äskulapstab, dessen Symbol wir z. B. an vielen Apotheken sehen können. Auch die Äskulapnatter, die vor allem in der altgriechischen und und auch in der altrömischen Heilertradition eine große Rolle spielte, weist auf diesen Zusammenhang hin. Nicht zu vergessen, die vielen Schlangengifte, die in der Homöopathie zu unseren wichtigsten Heilmitteln zählen. Die Schlange trägt symbolisch bis heute unser aller Schuld und solange wir nicht bereit sind, unseren Teil der Schuld, unseren Teil der Abspaltung von ihr zurückzuholen, sind wir in der Sünde, in der Ab – sonderung.

    Das Wort Sünde beinhaltet den Wortstamm „sund und das Wort Absonderung entstammt ebenfalls diesem Wortstamm, genauso wie das Wort „Ge – sund – heit. Dieses Wort bedeutet also, wenn wir uns in dieses Wort wirklich hinein fühlen, „Einssein mit der Sünde", „Einssein mit der Absonderung." Wir sind also nicht in der Sünde, weil wir gegen bestimmte Gebote verstoßen haben, sondern weil wir etwas, was zu uns gehörte, abgesondert haben.

    Bei Licht betrachtet, werden Gebote nur deshalb aufgestellt, damit wir dagegen verstoßen. Das war schon im Paradies nicht anders, als in unserem Leben. Wir müssen dagegen verstoßen, damit wir überhaupt die Möglichkeit haben, mit dem, was uns fehlt, was aber zu uns gehört, wieder in Kontakt zu kommen. Erst dadurch werden wir heil. Das Verbot an sich spiegelt uns ja bereits das, was uns fehlt, was wir aus unserem Inneren verbannt haben.

    Wenn wir z. B. das sechste Gebot der Hebräischen Bibel nehmen, das da lautet: „Du sollst nicht die Ehe brechen", so können wir das als Verbot auffassen, das von Gott erlassen wurde, und versuchen, uns daran zu halten. Wenn wir dagegen verstoßen, dann haben wir ein schlechtes Gewissen, weil wir gesündigt haben. Wir können es aber auch von einer ganz anderen Seite aus betrachten: Solange wir mit unserem inneren Ehebrecher noch nicht versöhnt sind, wird er früher oder später versuchen, auf sich aufmerksam zu machen, indem er das Heft in die Hand nimmt und uns dazu verführt. Wenn wir bereit sind, ihn als Teil von uns selbst anzuerkennen und zu uns zurück zu holen, dann brauchen wir auch keine Ehen mehr zu brechen, da er dann in unserer Seele Erlösung erfährt. Dann brauchen wir aber auch dieses Gebot nicht mehr.

    Wir alle haben einen inneren Ehebrecher, Kinderschänder, Mörder, Betrüger, Nazi usw., da alle diese Anteile zum Menschsein gehören. Wenn wir unserem inneren Ehebrecher noch keinen guten Platz in unserer Seele geben können, so wird er sich auf seine Weise Gehör verschaffen. Bei Licht betrachtet steht er natürlich immer in Verbindung mit einer anderen inneren Person, die ebenfalls noch nicht gesehen wurde, die sich im Mangel erlebt und die sehr leidet. Dies ist in der Regel ein kindlicher Seelenanteil. Solange diese leidende Person in unserem Inneren noch nicht erlöst ist, wird auch unser innerer Ehebrecher seinen Status behalten. Erst wenn die leidende Person wieder einen Platz in unserem Herzen hat, kann sich auch der Ehebrecher verwandeln.

    Heilung bedeutet also: „Suche die Schlange und frage sie, was (wer) Dir fehlt, was oder wen sie noch für Dich trägt." Das ist die wichtigste Frage, die wir uns auf unserem Heilungsweg stellen können. Die Schlange zeigt sich uns natürlich nicht nur dadurch, dass wir ihr ganz real in der Natur begegnen, was aus eigener Erfahrung auch in unseren Breiten vorkommen kann. Sie hat auch andere Namen. Wir nennen sie z. B. Masernvirus, Ehefrau oder Ehemann, die Achse des Bösen, der tyrannische Hauswirt, der korrupte Politiker, der Kinderschänder, IS, Neonazi – ihrer Namen sind viele!

    Die Konsequenzen, die Adam und Eva tragen mussten, sind hinlänglich bekannt. Sie wurden aus dem Paradies vertrieben und in die Welt der Polarität und der Absonderung gestellt, um die Erfahrung machen zu können, das sogenannte Gute und Böse kennenzulernen. Und diesen Weg gehen wir alle seit Anbeginn. Wir versuchen, das Gute zu leben und das Böse zu lassen bzw. zu verteufeln und anzuklagen. Die Schlange blieb als unsere Verbündete im Paradies zurück. Sie trägt alles, was wir in uns nicht haben wollen, was aber zu uns gehört. Vor allem trägt sie das sogenannte „Böse", das wir in uns verteufeln.

    So sprechen wir andere auch heute noch schuldig, in der Hoffnung, der Schlange auch weiterhin erfolgreich entkommen zu können. Doch wir können ihr nicht entkommen. Die Schlinge (Schlange) schließt sich immer enger um unseren Hals. Alles, was wir in uns nicht haben wollen, spalten wir ab und stellen es in unseren Schatten. Wir benötigen unglaublich viel Lebensenergie um diese Tür des Schattens unter Verschluss zu halten. Alles, was wir in den Schatten gestellt haben, nährt sich von unserer Lebensenergie und verwandelt sich dann in dämonische Kräfte, die uns unser Leben mitunter zur Hölle machen. Diese Kräfte nennen wir Sucht und Abhängigkeit in jeder bekannten Form, Depression, Angst, Krebs, Autoimmunerkrankungen, Aids, Gier, Schizophrenie, Selbstmord, Todessehnsucht, selbstzerstörerisches Verhalten, Betrug, usw.

    Die Welt, in der wir leben, und jeder lebt in seiner eigenen Welt, ist nur Spiegel für uns. Wir und die Welt sind eins und so wie wir nicht sonderlich erfolgreich sind, wenn wir versuchen, das Gesicht, das uns morgens aus dem Spiegel anschaut zu bekämpfen, indem wir den Spiegel zerschlagen, so macht es auch keinen Sinn, an der äußeren Welt auch nur das kleinste Detail verändern zu wollen.

    Natürlich können wir den Spiegel zerschlagen, doch uns selbst entkommen wir dadurch nicht. Die Welt, so wie sie ist, zeigt uns nur uns selbst. Von daher leben wir in der besten aller Welten. Sie erinnert uns jeden Moment daran, was uns fehlt und was wir abgespalten haben.

    Bei Licht betrachtet besteht unser größtes Bemühen darin, die Welt und damit uns selbst verändern zu wollen. Wir geben Unsummen von Geldern aus und verschwenden unglaublich viel Energie, die wir in diesen Veränderungswahn stecken. Ganze Industriezweige stoßen sich seit vielen Jahrzehnten daran gesund. Ganze Berufsgruppen wurden installiert, um dem Schatten, um uns selbst, entkommen zu können. Da nehme ich natürlich meine eigene Zunft keinesfalls aus.

    Wir wollen immer noch wie Kinder sein, so wie damals im Paradies, und so brauchen wir auch heute noch jemanden, den wir für unsere Misere verantwortlich machen können: Die Eltern, den Partner, den Chef, die korrupten Politiker, die geldgierigen Manager, die Viren, die Industriemafia, die Migranten, Vater Staat und Mutter Erde und am Ende der Fahnenstange thront dann immer jener Gott, den wir nach unserem Bilde erschaffen haben. Jenem Bild, das unseren subjektiven Wünschen entspricht. Eingetaucht in die Welt der Polarität gehen wir einen Weg, der uns das Gute suchen, das Böse aber meiden lässt, ohne zu ahnen, dass das Böse die andere Seite des Guten ist, weil sich beide bedingen. Wir suchen das Licht und fliehen die Schatten, wir haben Mitleid mit dem Opfer und verabscheuen den Täter. Das ist unsere Welt, die wir kreiert haben und die uns in die Sackgasse geführt hat.

    Immer nur gut sein zu wollen bedeutet, das sogenannte Böse zu nähren. Je mehr wir nach dem Licht streben, umso dunkler wird es in uns und um uns herum. Erst wenn wir bereit sind, beide Seiten in unser Herz zu nehmen, können sie heilen und wir haben die Möglichkeit, diese Ebene der Dualität zu verlassen und auf eine höhere Ebene zu gelangen, auf der die Liebe zu allem, so wie es ist, auf uns wartet.

    Das was wir nicht wollen und bekämpfen, das nähren wir!

    Das ist seelisches und geistiges Gesetz!

    Die systemische Aufstellungsarbeit bietet ein Feld, auf dem diese grundlegenden Trennungen erkannt, gewürdigt und dadurch aufgelöst werden können. Wir sind meist noch nicht bereit, für all unser Erleben die alleinige Verantwortung zu übernehmen, denn das hieße, erwachsen zu werden. Auch wir machen uns jeden Tag schuldig, indem wir absondern und den Feind nach außen projizieren, wo wir ihn dann versuchen zu bekämpfen – und siehe, wir scheitern. Wir nähren den Dämon Tag für Tag aufs Neue und dann wundern wir uns, dass wir in einer so „bösen" Welt leben. Die Welt ist nicht böse, wir haben sie lediglich mit unseren Schatten, mit all dem, was wir in uns nicht haben möchten, überzogen, so dass sie uns von Außen entgegenkommen müssen.

    Die anderen sind es nie, es sind immer wir selbst, die unser Leiden erschaffen und nähren!

    Diesem Schatten ist es gleichgültig, in welcher Form er zu uns zurückkehrt, und wenn es das Leben von Millionen von Menschen fordert (siehe Drittes Reich). Pluto, der astronomische und vor allem der geistige Vertreter des Schattens, wurde im Jahre 1930 entdeckt, also kurz vor Beginn der nationalsozialistischen Ära. Was in diesem sogenannten „Dritten Reich" mit all seinen Tätern und Opfern geschah, ist Abbild unseres kollektiven Schattens. Pluto (Luzifer) vertritt seit jeher die Schattenseiten der Seele, also das sogenannte Böse schlechthin.

    Zur Zeit seiner Entdeckung durchlief er das Tierkreiszeichen Krebs, was in der Astrologie seit jeher dem Prinzip der Weiblichkeit zugeordnet wird. Pluto steht immer für die Opferaspekte im Inneren unserer Seele und so verwaltet er all jene Seelenanteile, die wir in uns nicht haben wollen. So wird sein Reich zur Schmiede der inneren und auch äußeren Dämonen. Dies zeigt uns, dass wir ihm unsere Weiblichkeit geopfert haben und damit wurde uns auch wieder unsere „Ur – trennung" vom Paradies deutlich vor Augen geführt, indem das Ereignis der kollektiven Zerstörung ganze Generationen in einen Schockzustand versetzte.

    Die Frage ist, ob wir aus diesem Ereignis für uns etwas gelernt haben. Wenn ich mir unsere Welt heute anschaue, dann wage ich das zu bezweifeln. Wir machen uns heute immer noch schuldig, indem wir jene bekämpfen, die auf der Täterseite des Geschehens standen und dort immer noch stehen. Sie werden immer noch abgeurteilt und gejagt, auch wenn sich deren Reihen langsam lichten. Sie wurden und werden immer noch als die „Schuldigen gebrandmarkt. „So etwas darf nie wieder geschehen, wie wir gerne verlauten lassen – welche Anmaßung.

    Wir maßen uns an, darüber zu urteilen, was im Grunde folgerichtig und not – wendig ist und was wir alle aus unserer Unbewusstheit heraus selbst erschaffen haben. Wir machen uns zum Richter über andere und wähnen uns in dem Glauben, besser zu sein, als sie. Wir spielen den lieben Gott, erheben uns über andere und haben nicht den Mut, uns einzugestehen, dass wir keinen Deut besser sind, als jene, die wir bekämpfen.

    Alles und alle, die wir bekämpfen, die wir verurteilen, die wir beschuldigen, sind wir selbst, ob wir uns das zugestehen wollen oder nicht. Pluto will uns daran erinnern und da wir nicht bereit sind, uns dies einzugestehen, fordert er Opfer von uns, die wir ihm offensichtlich bereitwillig erbringen. So verharren wir im Leiden und verlieren unsere Lebenskraft. Auf den Archetypen von Pluto möchte ich weiter unten noch näher eingehen.

    All das ist Abspaltung, all das ist Trennung. Solange wir in der Trennung sind, sind wir in der Schuld und im Leiden. Daran hat sich seit der Zeit, als wir in Höhlen hausten, nichts geändert. Die Formen sind subtiler geworden, doch im Inneren sind wir die gleichen Barbaren wie damals. Ich weiß, dass ich mich an dieser Stelle weit aus dem Fenster lehne, doch die Gedanken, die ich hier zum Ausdruck bringe, sind Beobachtungen aus vielen Jahren meiner Begleitung von Menschen und insbesondere des Familienstellens.

    Es sind auch Beobachtungen, die mich mein eigenes Leben zutiefst gelehrt haben. Wenn mir das Familienstellen, das mich seit vielen Jahren begleitet und das ich vor allem im zweiten Band näher vorstellen möchte, etwas gezeigt hat, dann ist es dies:

    Die Täter und die Opfer gehören immer zusammen, sie sind eine sogenannte „Schicksalsgemeinschaft". Solange die Täter nicht geachtet werden, geht es den Opfern nicht gut. Dies widerspricht zunächst möglicherweise jeglicher menschlichen Vernunft. Wir haben gelernt, die Täter zu verurteilen und zu bestrafen und die Opfer zu bedauern. In dieser Haltung bleiben wir nur halb. Die Seele lässt es nicht zu, dass jemand ausgeklammert wird. Wenn dies geschieht, dann tritt immer ein Späterer in die Nachfolge derer, die ausgegrenzt werden. Er lebt dann mehr das Leben des Ausgestoßenen, als sein eigenes Leben.

    So werden wir auch weiterhin keinen Erfolg haben, wenn wir versuchen, sogenannte „Neonazis" zu bekämpfen und auszurotten. Wenn wir der Schlange den Kopf abschlagen, wachsen gleich mehrere Köpfe nach. In meinen Augen haben diese Menschen einen Auftrag. Sie sollen uns an die Täter erinnern, die wir immer noch aburteilen und die nicht zu uns gehören dürfen. Wir ertragen es nicht, in diesen Spiegel zu schauen und uns einzugestehen, dass wir auch so sind wie sie, genau so. Warum? Weil wir Menschen sind und weil alles was geschieht, zum Menschsein dazu gehört. Wer das leugnet bleibt in der Absonderung und damit in der Sünde.

    Bert Hellinger, derjenige, der das Familienstellen in seiner jetzigen Form zum Leben erweckt hat, erzählte vor vielen Jahren auf einem seiner Seminare folgende Geschichte: Er berichtete, dass er einst nach Israel eingeladen wurde, um mit Überlebenden des Holocaust zu „arbeiten", d. h. die seelischen Verstrickungen dieser Menschen in die Sichtbarkeit zu holen, so dass sie gelöst werden können.

    Allein schon die Tatsache, dass ein Deutscher, der als Soldat im zweiten Weltkrieg „gedient" hatte, mit Überlebenden des Holocaust arbeitet, ist für sich genommen ein schon kaum vorstellbares Unternehmen. Während dieser Arbeit wurde er von den anwesenden Israelis gefragt, warum es denn keinen Frieden zwischen den Juden und den Palästinensern geben könne. Bert Hellinger meinte darauf hin, dass es diesen Frieden erst geben könne, wenn auch der letzte Jude bereit wäre, Adolf Hitler einen guten Platz in seinem Herzen zu gewähren. Daraufhin wären die Anwesenden sehr betroffen gewesen und einige hätten sogar zustimmend genickt. Einer der Anwesenden soll sogar gesagt haben, dass die Israelis mit den Palästinensern genau das gleiche machen würden, wenn auch in abgeschwächter Form, was die Deutschen damals mit den Juden gemacht hätten. So finden wir heute in fast jeder jüdischen Familie einen Täter.

    Wir brauchen aber gar nicht so weit reisen. Wir selbst sind es, die die Täter immer noch ausklammern und uns als die „Guten" über sie stellen. Solange kann es auch in unserer Volksseele keinen Frieden geben und der Schlange, die wir so vehement bekämpfen, geben wir dadurch ununterbrochen Nahrung. Dann wundern wir uns, dass die sogenannte rechte Szene, nicht nur in Deutschland, immer mehr in den Vordergrund drängt. Wir wehren uns mit Händen und Füßen dagegen, anzuerkennen, dass alles, was in der Welt und in unserem Inneren geschieht, immer folgerichtig ist. Es folgt immer der Tatsache, dass wir etwas oder jemanden abspalten, der ebenfalls zu uns gehört und von daher auch eine Berechtigung hat, auf unserer Seelenbühne mitspielen zu dürfen.

    Natürlich hat jeder sogenannte Neonazi seine eigene Geschichte, die ihn zu seinen Handlungen veranlasst, doch auch dieses Verhalten folgt gesetzmäßig immer einer Folgerichtigkeit. Erst wenn wir mit der gleichen Liebe auf die Täter und auf die Opfer schauen, sind alle in Frieden miteinander. Dadurch werden sie einander gleich und gleichzeitig sind sie frei. Wir können uns in Liebe vor ihrem gemeinsamen Schicksal verneigen und es anerkennen. Erst dann sind wir in der Lage, das, was uns fehlt, zu erkennen und zu uns zurück zu holen. Dann können wir einen neuen Schritt nach vorne gehen. Diese tiefe Erfahrung durften wir in zahlreichen Familienaufstellungen immer wieder machen.

    All das, was Menschen jemals getan haben, ist auch in uns und verlangt, von uns geachtet zu werden. Erst dann kann es sich er – lösen. Über jemanden zu urteilen oder sie oder ihn schuldig zu sprechen bedeutet nichts anderes, als dass wir meinen, besser zu sein als sie oder er. Das ist ein großer Irrtum. Der andere, den wir verurteilen, zeigt uns nur eine Seite von uns selbst, die wir in uns nicht haben wollen und die wir deshalb beim anderen, über den wir richten, bekämpfen müssen. Doch seinem Schatten ist noch niemand entkommen.

    „Das sogenannte „Böse ist das nicht geachtete „Gute in uns!" (1)

    Böse wird etwas erst dann, wenn wir es in uns nicht haben wollen. Holen wir es zu uns zurück, so kann es in uns erlöst und zu einem „höheren Guten werden, in dem das „Böse und das „Gute" eins sind. Wenn wir diejenigen, die fehlen, wieder zurückholen, dann können wir erkennen, welche Wirkung das auf uns selbst und auf unser ganzes Familiensystem hat, und darüber hinaus.

    Das Höhlengleichnis

    An dieser Stelle möchte ich das Höhlengleichnis von Platon, jenes alten griechischen Philosophen (428 – 348 v. Chr.) und Schülers von Sokrates wiedergeben, das für uns alle, die wir in der heutigen Zeit leben, immer noch ein tiefes Sinnbild ist.

    „Sokrates beschreibt eine unterirdische, höhlenartige Behausung, von der aus ein breiter Gang zur Erdoberfläche führt. In der Höhle leben Menschen, die dort seit ihrer Kindheit ein Leben als Gefangene verbracht haben. Sie sind sitzend an Schenkeln und Nacken so festgebunden, dass sie immer nur nach vorn auf die Höhlenwand blicken und ihre Köpfe nicht drehen können. Daher können sie den Ausgang, der sich hinter ihren Rücken befindet, nie erblicken und von seiner Existenz nichts wissen. Auch sich selbst und die anderen Gefangenen können sie nicht sehen; das einzige, was sie je zu Gesicht bekommen, ist die Wand. Erhellt wird die Höhle von einem großen, fernen Feuer, das oben auf der Erde brennt und dessen Licht durch den Gang hineinscheint. Die Gefangenen sehen nur das Licht, das die Wand beleuchtet, nicht aber dessen Quelle. Auf der Wand sehen sie ihre Schatten. Aufder Erdoberfläche befindet sich zwischen dem Höhleneingang und dem Feuer eine kleine Mauer, die nicht so hoch ist, dass sie das Licht des Feuers abschirmt. Längs der Mauer tragen Menschen unterschiedliche Gegenstände hin und her, Nachbildungen menschlicher Gestalten und anderer Lebewesen aus Stein und aus Holz. Diese Gegenstände ragen über die Mauer hinaus, ihre Träger aber nicht. Manche Träger unterhalten sich miteinander, andere schweigen. Da die bewegten Gegenstände auf die Höhlenwand, der die Gefangenen zugewendet sind, Schatten werfen, können die Höhlenbewohner die bewegten Formen schattenhaft wahrnehmen. Von den Trägern ahnen sie aber nichts. Wenn jemand spricht, hallt das Echo von der Höhlenwand so zurück, als ob die Schatten sprächen. Daher meinen die Gefangenen, die Schatten könnten reden. Sie betrachten die Schatten als Lebewesen und deuten alles, was geschieht, als deren Handlungen. Das, was sich auf der Wand abspielt, ist für sie die gesamte Wirklichkeit und schlechthin wahr. Sie entwickeln eine Wissenschaft von den Schatten und versuchen in deren Auftreten und Bewegungen Gesetzmäßigkeiten festzustellen und daraus Prognosen abzuleiten.

    Lob und Ehre spenden sie dem, der die besten Voraussagen macht. Nun bittet Sokrates Glaukon sich vorzustellen, was geschähe, wenn einer der Gefangenen losgebunden und genötigt würde, aufzustehen, sich umzudrehen, zum Ausgang zu schauen und sich den Gegenständen selbst, deren Schatten er bisher beobachtet hat, zuzuwenden. Diese Person wäre schmerzhaft vom Licht geblendet und verwirrt. Sie hielte die nun in ihr Blickfeld gekommenen Dinge für weniger real als die ihr vertrauten Schatten. Daher hätte sie das Bedürfnis, wieder ihre gewohnte Position einzunehmen, denn sie wäre überzeugt, nur an der Höhlenwand sei die Wirklichkeit zu finden. Gegenteiligen Belehrungen eines wohlgesinnten Befreiers würde sie keinen Glauben schenken.

    Wenn man den Befreiten nun mit Gewalt aus der Höhte schleppte und durch den unwegsamen und steilen Aufgang an die Oberfläche brächte, würde er sich dagegen sträuben und wäre noch verwirrter, denn er wäre vom Glanz des Sonnenlichts geblendet und könnte daher zunächst gar nichts sehen. Langsam müsste er sich an den Anblick des Neuen gewöhnen, wobei er erst Schatten, dann Spiegelbilder im Wasser und schließlich die Menschen und Dinge selbst erkennen könnte. Nach oben blickend würde er sich erst mit dem Nachthimmel vertraut machen wollen, später mit dem Tageslicht, und zuletzt würde er es wagen, die Sonne unmittelbar anzusehen und ihre Beschaffenheit wahrzunehmen. Dann könnte er auch begreifen, dass es die Sonne ist, deren Licht Schatten erzeugt.

    Nach diesen Erlebnissen und Einsichten hätte er keinerlei Bedürfnis mehr, in die Höhle zurückzukehren, sich mit der dortigen Schattenwissenschaft zu befassen und dafür von den Gefangenen belobigt zu werden. Sollte er dennoch an seinen alten Platz zurückkehren, so müsste er sich erst wieder langsam an die Finsternis der Höhle gewöhnen. Daher würde er einige Zeit bei der dort üblichen Begutachtung der Schatten schlecht abschneiden. Daraus würden die Höhlenbewohner folgern, er habe sich oben die Augen verdorben. Sie würden ihn auslachen und meinen, es könne sich offenbar nicht lohnen, die Höhle auch nur versuchsweise zu verlassen. Wenn jemand versuchte, sie zu befreien und nach oben zu führen, würden sie ihn umbringen, wenn sie könnten." (Wikipedia/Höhlengleichnis)

    Wir alle sitzen seit Anbeginn der Zeit in dieser Höhle. Angekettet an Armen, Händen und Hals starren wir auf die Schattenbilder, die wir vor unseren Augen auf der Höhlenwand wahrnehmen können. Diese Schattenbilder halten wir für die Realität und die Wissenschaften, Religionen, Regierungen usw. sind seit jeher bestrebt, alles dafür zu tun, diese „Scheinrealität" als Wirklichkeit zu verkaufen. So sitzen wir alle wie hypnotisiert davor und bekämpfen jeden, der es auch nur wagt, an dieser, von uns selbst erschaffenen Wirklichkeit, zu zweifeln. So wurden in früheren Zeiten Männer wie Giordano Bruno (1548 – 1600) oder Sokrates (469 – 399 v. Chr.), die diese Realität bezweifelten auf dem Scheiterhaufen verbrannt bzw. durch den Schierlingsbecher vergiftet. Die Scheiterhaufen brennen immer noch und die Gifte, die uns heute gereicht werden, sind viel subtiler, so dass wir die schleichende Vergiftung meist gar nicht bemerken.

    So wird uns auch heute noch eine Realität verkauft, die uns in der Knechtschaft halten und einige Wenige, die die Macht und die finanziellen Mittel haben, privilegieren soll. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer und wir werden mit allerhand „Futter" zufriedengestellt und eingeschläfert, so dass wir davon nichts mitbekommen sollen. Bei Licht besehen, wollen wir es ja auch gar nicht wissen, denn dieser süße Schlaf ist allzu verlockend. Jedenfalls verlockender, als uns der Wirklichkeit auszusetzen, der wir nur im Licht, in der Sonne unseres Bewusstseins, gewahr werden können, nachdem wir die Höhle der Illusionen und Täuschungen entrinnen konnten. Doch all das ist folgerichtig, gehört es doch offensichtlich zu unserem Entwicklungsweg als Menschheit dazu.

    Heute sind wir aufgerufen, uns ein umfassendes Wissen über jene Dimensionen des Lebens anzueignen, die uns über unsere bisherigen Meinungen, Vorstellungen, Glaubenssätze, Traditionen, Religionen, Beziehungen usw. hinausführen. Wohin werden wir dabei geführt? Wir werden nach innen, in ein Bewusstsein geführt, das uns hilft, uns unserer tiefsitzenden Fesseln bestehend aus Illusionen, Scheinrealitäten, Verblendungen, Ängsten und Hypnosen bewusst zu werden und uns dadurch von ihnen zu befreien. Es sind auch die Fesseln vieler Unterscheidungen z. B. von Richtig und Falsch, von Gut und Böse, von Schuld und Unschuld, vor allem aber von der größten Fessel: Der Unterscheidung von Ich und Du, bei dem der Eine oder die Andere sich über den jeweils anderen stellt, in der Annahme besser zu sein, als der andere. Dies ist eine der größten Illusionen innerhalb des menschlichen Lebens und Ausdruck unserer tiefsten Abspaltungen.

    Wir dürfen uns bewusst machen, dass wir immer noch in einer Höhle von Vorstellungen, Bildern, Meinungen, Traditionen, Glaubenssätzen usw. sitzen. Der Weg in die Freiheit führt uns über die bedingungslose Annahme all dieser Schimären auf der Höhlenwand, die wir für unsere Wirklichkeit gehalten haben und immer noch halten. Erst wenn wir bereit sind, durch unsere Angst hindurch zu gehen, werden wir von einer Bewegung erfasst, die uns den Weg nach oben ins Licht unseres Bewusstseins führen kann, wo wir endlich erwachsen werden können.

    Der Hintergrund der systemischen Aufstellungspraxis

    Ich hatte bereits erwähnt, dass ich im zweiten Band „Die systemische Aufstellungspraxis" näher auf diese besondere Art der Seelenarbeit und des Erinnerns eingehen werde. Da sich diese Praxis als Herzstück durch unser aller Leben zieht, möchte ich an dieser Stelle bereits einen kleinen Einblick in diese Praxis gewähren.

    Wir alle leben in verschiedenen Systemen, die alle miteinander verbunden sind. Das größte unserer sicht – und messbaren Systeme ist unser Sonnensystem. Alle anderen Systeme stehen damit in Verbindung bis hinunter zu jeder einzelnen Körperzelle. Diese Körperzelle beinhaltet alles, wenn auch in verkleinerter Form, an stofflichen und nichtstofflichen Elementen, die wir entsprechend auch in unserem Sonnensystem vorfinden. Wie im Kleinen, so im Großen, wie im Himmel, so auf Erden.

    Jedes dieser Systeme unterliegt einer bestimmten Ordnung. Wird diese Ordnung eingehalten, dann ist das System „gesund". Wird gegen diese Ordnung verstoßen, so reagiert das System, indem es z. B. zusammenbricht oder indem es versucht, etwas Störendes auszugleichen.

    Stelle dir vor, Dein Immunsystem sei aufgrund von Stress im Keller. So fällt es z. B. Erregern, die sich in deinem Körper tummeln, leicht, in deinem Körpersystem aktiv zu werden und eine Krankheit auszulösen, da die Lebenskraft vermindert und dein Körper den Erregern ausgeliefert ist. Wenn du Glück hast, reagierst Du mit Fieber, d. h. der Körper versucht, die Ordnung des Systems (Gesundheit) durch den Kampf gegen die Eindringlinge (Erreger) wieder herzustellen.

    In jedem System ist die Störung bereits mit eingebaut, die ein System in eine Schieflage bringen kann. Dies können wir sowohl in Familiensystemen wie auch in beruflichen Systemen beobachten. So wie die Störung bereits angelegt ist, so ist auch die Lösung dieser Störung bereits im System enthalten. Es ist, als ob wir aufgerufen sind, eine Tür zu öffnen, die uns zur Lösung führen kann.

    Dazu möchte ich ein Beispiel aus einer Familienaufstellung schildern:

    Ein Ehepaar kommt mit ihrem 12 – jähren Sohn zu einem Seminar in dem wir mit Familienaufstellungen arbeiten. Das Anliegen der Eltern ist, dass ihr Sohn seit längerer Zeit an nächtlicher Schlaflosigkeit leide und die meiste Zeit unter großer Anspannung stehen würde, so dass er sich von den Anforderungen des Tages nicht mehr richtig erholen könne. Oft würde er sogar in der Schule einschlafen, könne sich nur sehr schlecht konzentrieren, was sich auch in den Noten widerspiegeln würde. Er selbst leide sehr unter dieser Situation und würde sich innerlich immer noch mehr antreiben. Dadurch wäre er inzwischen in einem erschreckenden Teufelskreis gefangen.

    Der Junge saß neben mir, seine Beine pendelten hin und her und er konnte auch kaum ruhig auf dem Stuhl sitzen. Mir fiel auf, dass er immer wieder in einer Art und Weise zu seinem Vater schaute, als wäre er sehr verunsichert und als ob er von seinem Vater das Signal erhoffen würde, dass alles in Ordnung ist.

    Nachdem wir uns alle innerlich auf diese Familie eingestimmt hatten, bat ich den Vater, er möge einen Stellvertreter für sich und seinen Sohn auswählen. Der Stellvertreter des Vaters stellte sich in die Mitte des Raumes. Der Stellvertreter des Sohnes stellte sich mit dem Rücken zum Rücken des Vaters und schaute auf den Boden. (Wenn ein Stellvertreter auf den Boden schaut, so ist das immer ein Hinweis darauf, dass er auf einen Toten schaut.)

    So bat ich jemand aus der Gruppe, sich vor dem Jungen mit dem Rücken auf den Boden zu legen.

    Eine Frau stand auf und legte sich vor ihn hin. Daraufhin ging der Stellvertreter des Vaters einige Schritte nach vorne, der Stellvertreter des Jungen beugte sich zu diesem „Toten" und legte sich schließlich ganz eng neben ihn. Wir alle konnten die tiefe Liebe spüren, die diese beiden miteinander verband. Eng umschlungen lagen sie da. Der Vater ging noch ein paar Schritte weiter nach vorne, entfernte sich also immer mehr von den beiden.

    Wir konnten wahrnehmen, wie der Stellvertreter des Vaters immer unruhiger wurde. Seine Augen bewegten sich unentwegt in alle möglichen Richtungen. Die Situation wurde für ihn immer unerträglicher. Er sagte, dass er den Impuls habe, den Raum zu verlassen. Ich bat ihn, mit diesem Wunsch in Kontakt zu gehen und dadurch war es ihm möglich, zu bleiben. Daraufhin traten plötzlich Tränen in seine Augen und ein tiefer Schmerz überwältigte ihn.

    Es war ihm nicht mehr möglich, diesen Schmerz, den er über so viele Jahre in sich getragen hatte, zurückzuhalten. Der Stellvertreter des Jungen war hellwach und schaute ganz gespannt zu seinem Vater. Dieser drehte sich langsam um und bewegte sich genau so langsam auf die beiden zu. Der reale Vater, der auf dem Stuhl neben seinem Sohn saß, konnte seinen Schmerz ebenfalls nicht mehr zurückhalten und so bat ich ihn, in dieses Feld der anderen hineinzugehen. Er ging auf die beiden am Boden liegenden Stellvertreter zu und beugte sich über den „Toten".

    Unter Tränen konnte er uns sagen, dass dies seine jüngere Schwester wäre, die mit drei Jahren gestorben sei und die er sehr geliebt habe. Als er sich dieser verstorbenen Schwester liebevoll zuwandte, konnte sich der Stellvertreter des Jungen langsam von dieser verstorbenen Schwester des Vaters lösen. Ich fragte den Sohn, der inzwischen ganz ruhig neben mir saß und das Geschehen gebannt verfolgte, ob er ebenfalls bereit wäre, mit in diese Szene zu gehen. Auch er stand auf und ging zu seinem Stellvertreter hin. Er nahm ihn an der Hand und gemeinsam schauten sie auf den Vater und dessen tote Schwester. Ich ließ den Vater zu seiner verstorbenen Schwester sagen: „Du fehlst mir so und du hast mir immer so gefehlt."

    Dies waren Worte der Heilung, das konnten wir alle an der Wirkung sehen. Die tote Schwester schaute ihren lebenden Bruder an und lächelte. Ich bat sie, folgende Worte zu sagen: „Schön, dass du gekommen bist, ich habe schon so lange auf dich gewartet. Ich war immer bei dir und werde es immer sein, solange du lebst. Ich danke dir für deine Tränen." Der Vater beweinte diesen Verlust und schenkte seiner Schwester endlich seine Tränen, die er ihr so viele Jahre vorenthalten hatte.

    Nach einer Weile blickte er zu seinem Sohn und sagte ihm: „Sie hat mir immer so gefehlt. Der Sohn nickte und sagte: „Ich weiß, und für dich, lieber Papa, habe ich es gerne getan. Der Sohn und dessen Stellvertreter gingen beide zum Vater und dessen verstorbenen Schwester und alle umarmten sich innig. Dann bat ich den Sohn, seinem Vater zu sagen: „Ich habe sie immer gesehen, doch für mich ist es zu schwer. Jetzt bist du bei ihr und deshalb kann ich jetzt gehen – in mein Leben. Der Vater dankte seinem Sohn für all das, was er stellvertretend für ihn all die Jahre getragen hatte und sagte zu ihm: „Ich danke dir für alles und jetzt entlasse ich dich in dein Leben, mit meinem Segen.

    Er segnete seinen Sohn und nachdem dieser sich erhoben und von den beiden entfernt hatte, stand er seinem Stellvertreter gegenüber und beide umarmten sich unter Tränen.

    An dieser Stelle endete die Aufstellung.

    Es war für uns alle sehr ergreifend, diese Bewegungen ins Leben miterleben zu dürfen. Die Seele des Jungen spürte, dass der Vater in tiefer Trauer um dessen verstorbene Schwester war, die er aber in einer tiefen Seelenkammer eingeschlossen hatte. Da Vater und Sohn durch eine große Liebe miteinander verbunden sind, opferte sich der Sohn für den Vater, indem er sich innerlich neben die verstorbene Schwester des Vaters legte. Dies nennen wir beim Familienstellen eine Verstrickung. An den Platz des Vaters hat sich, stellvertretend für ihn, sein Sohn gelegt und war so mit dieser Verstorbenen in Liebe verbunden.

    Das alles sind Bewegungen der Seele und des Geistes, die nur in unserem Unbewussten ablaufen und die wir nicht in unserem Tagesbewusstsein wahrnehmen können. Hier erleben wir nur die Wirkungen dieser Verstrickungen, unter denen wir dann leiden. Diese Bewegungen bestimmen unser Leben weitgehend. Der Sohn, der mit der Schwester des Vaters verstrickt war, da sein Vater sie innerlich abgespalten hatte, um dem Schmerz des Verlustes nicht ausgesetzt zu sein, hat diese Last, aus Liebe zu seinem Vater, auf sich genommen und so auf einen großen Teil seines eigenen Lebens verzichtet. Dies ist immer eine Liebe, die nicht frei ist, da sie Opfer fordert. Die Seele erlaubt es nicht, dass jemand verloren geht und so stellt sich immer ein Späterer, in diesem Fall der Sohn, zur Verfügung, um durch sein Opfer an den abgespaltenen Seelenanteil, die verstorbene Schwester des Vaters, zu erinnern.

    Die Schlaflosigkeit des Sohnes wurde von Tag zu Tag besser, bis sie schließlich ganz verschwand. Schlaflosigkeit bedeutet auch, dass der Betroffene über jemand aus seinem Familiensystem wachen muss, jemand der noch nicht gesehen wird bzw. mit dem, wie im obigen Beispiel noch etwas nicht zu Ende gebracht wurde. Anstatt sich seinem Schlaf hingeben zu können, schaut der Betreffende auf diese Person und wacht über sie, so dass der Kontakt zu ihr nicht verloren geht. Warum geschieht dies gerade in der Nacht? Da wir uns in der Regel während der Nacht im jenseitigen Bereich, also auch bei den Toten aufhalten.

    Wir können an diesem Beispiel sehen, welch großen Schatz uns die systemische Aufstellungsarbeit bietet, um ans Licht zu bringen, was zuvor im Schatten war und das Leben aller Beteiligten so sehr beeinträchtigte.

    Hier noch ein kleines Beispiel aus dem beruflichen Bereich:

    Wenn der Juniorchef eines Familienunternehmens die Leistung und die Arbeit des Seniorchefs nicht würdigt, dann stellen sich alle Beschäftigten innerlich und unbewusst auf die Seite des Seniorchefs und verbünden sich mit ihm. Der Juniorchef steht dann im „Regen" und wundert sich, warum es mit der Firma bergab geht.

    Die Lösung wäre hier, dass sich der Juniorchef, z. B. in einer Aufstellung oder auch innerlich vor dem Seniorchef verneigt und damit dessen Leistungen und den Aufbau der Firma wertschätzt, die die Basis für sein unternehmerisches Wirken darstellen. Wenn ihm das gelingt, dann hat er alle Mitarbeiter wieder auf seiner Seite und der Seniorchef kann sich guten Gewissens aus der Firma zurückziehen. Sein Segen begleitet den Juniorchef in all seinen Bemühungen um das Wohl der Firma.

    Wir können uns an der Stelle natürlich fragen, warum es zu einer solchen Situation überhaupt kommen kann. Wir haben es in einem Familienunternehmen immer mit zwei Systemen zu tun. Da ist auf der einen Seite das System der Firma mit allen Mitarbeitern, Kunden usw., auf der anderen Seite sehen wir das Familiensystem mit allen, die dazugehören. Bei einem Familienunternehmen legieren sich immer beide Systeme, wobei zu bemerkten ist, dass das Familiensystem immer die stärkste Wirkung hat und das berufliche System stark beeinflusst. Das Familiensystem war zuerst und daraus ist das System der Firma entstanden. Alle ungelösten Bereiche und Themen, alle Personen, die im Familiensystem noch fehlen, wirken sich entsprechend auf das System der Firma aus. Von daher ist es wichtig, bei jedem Konflikt, der im System der Firma auftritt, zunächst auf das Familiensystem zu schauen und die entsprechende Lösung dort zu suchen.

    Die Lösung im obigen Beispiel würde also so aussehen, dass sich der Juniorchef (Sohn) nicht nur vor dem Seniorchef verneigt, sondern zuallererst vor ihm als seinem Vater. Solange er sich nicht vor seinem Vater verneigen kann, wird er ihn auch nicht als Seniorchef anerkennen können. Die Lösung liegt also im System seiner eigenen Herkunftsfamilie. Auch dies sind Bewegungen, die im Unbewussten ablaufen und die sich unserem Tagesbewusstsein entziehen. An der Oberfläche zeigt sich vielleicht nur, dass es der Firma immer schlechter geht.

    Mit der systemischen Aufstellungsarbeit haben wir die Möglichkeit, Licht in dieses Dunkel zu bringen, d. h. wir können die Hintergründe, die zu einer solchen Schieflage in der Firma geführt haben, beleuchten und sehen, was noch im Dunkeln verborgen ist. Dazu treffen sich z. B. die Mitarbeiter einer Firma, inklusive der Chefs, um die Situation in Form einer Organisationsaufstellung anzuschauen. Aufstellen heißt z. B, dass sich alle in den Raum stellen und sich jeder von einer inneren Bewegung an jenen Platz führen lässt, zu dem es ihn hinzieht. Wenn es sich um eine Familienaufstellung handelt, ist die Vorgehensweise etwas anders. Darauf werde ich an anderer Stellen ausführlicher eingehen.

    Wir finden hier ein geistiges Feld, in das alle hineingestellt sind. In diesem Feld werden nun alle Anwesenden von dieser geistigen Bewegung erfasst und das System offenbart sich. So werden die verborgenen Seiten sichtbar, Blockaden, Verstrickungen, Widerstände usw. zeigen sich und können dementsprechend anerkannt werden, so dass sie sich verwandeln können. Es ist allerdings nicht notwendig, mit der ganzen Familie oder einem ganzen Team zu arbeiten. Es besteht auch die Möglichkeit, dass z. B. nur eine Person aus der Familie, ein Paar, oder, im beruflichen Bereich, z. B. ein Abteilungsleiter, eine Führungskraft oder die Leitung des Unternehmens sich zu einem Aufstellungsseminar anmeldet, um die jeweiligen Hintergründe des Familiensystems beziehungsweise des Unternehmens beleuchten zu können. Er trifft sich dann mit anderen SeminarteilnehmerInnen, die allerdings mit der entsprechenden Familie beziehungsweise mit einem entsprechenden Unternehmen, nichts zu tun haben.

    Für die jeweiligen Familienmitglieder beziehungsweise für die Mitarbeiter des Unternehmens wählt der Protagonist, je nach Anliegen, Stellvertreter für die realen Personen aus den Anwesenden aus und diese stellen sich in den Raum. Diese Stellvertreter kennen die realen Personen, die sie darstellen, nicht. Das ist auch gar nicht notwendig. Hier begegnen wir einem Phänomen, das wir bis heute wissenschaftlich noch nicht nachweisen können, zumindest solange nicht, wie sich die Wissenschaft auf ihr bisheriges Instrumentarium, das nur fünf Prozent der Wirklichkeit erfassen kann, begrenzt.

    Es existieren sehr viele Theorien darüber, doch bei Licht betrachtet, kann keine dieser Theorien dieses Phänomen auch nur annähernd erklären und erfassen. Was uns einige Astrophysiker als aktuelle Erkenntnisse liefern, kann so manches Unerklärbare, auf das wir bei einer Familienaufstellung schauen, aus dem Dunkeln ans Licht holen. Dazu später mehr.

    Das Entscheidende ist immer, was wir hier erfahren können. Wir können erkennen, dass die jeweiligen Stellvertreter plötzlich genau die gleichen oder sehr ähnliche Empfindungen, Wahrnehmungen, Körperreaktionen, Bewegungsimpulse usw. haben, wie die realen Personen, die von ihnen dargestellt werden. Die Stellvertreter sind in dieses geistige Feld hineingestellt und werden nun von dieser geistigen Kraft erfasst und bewegt. Dieses Phänomen können wir bei jeder Aufstellung beobachten, unabhängig davon, ob es sich um eine Familienaufstellung oder um die Aufstellung einer Organisation, wie z. B. eines Unternehmens handelt. Das Prinzip ist immer das gleiche.

    Jeder Stellvertreter hat also ganz bestimmte Empfindungen, die in der Regel identisch oder zumindest den Empfindungen der dargestellten Person ähnlich sind. Das zeigt uns, wie sehr wir alle in der Tiefe miteinander verbunden und nicht getrennt sind. Das ist die stärkste Kraft und das eigentliche Herzstück der Aufstellungsarbeit, denn hier wird deutlich, wie es den einzelnen Mitgliedern eines Systems geht, wie sie sich fühlen, was oder wer von ihnen fehlt usw. Die Hintergründe, die zu einer Störung des Systems führen, können also so ans Licht kommen. Dadurch werden wir von einer geistigen Bewegung aus einer Unordnung in eine Ordnung geführt, in der die Liebe und die Energie aller Beteiligten wieder frei fließen und das System einer Familie beziehungsweise eines Unternehmens auf einem gesunden Fundament stehen kann.

    Das „Männliche und das „Weibliche

    Ich habe in Bezug auf den „seelisch – geistigen Hintergrund" bereits erwähnt, dass eine Abspaltung immer eine Trennung bedeutet. Wir alle leben im Zustand der Trennung und der Bereich in dem sich die Trennung am stärksten auswirkt, ist der Bereich des Männlichen und des Weiblichen, von Mann und Frau, von Vater und Mutter. Sie verkörpern unsere Polaritäten schlechthin.

    Dabei geht es nicht primär um das äußere Geschlecht, obwohl sich diese Trennung natürlich auch dort zeigt. In erster Linie geht es dabei um die Trennung im Inneren der eigenen Seele. Jeder Mensch, unabhängig davon, ob sie oder er eine Frau oder ein Mann ist, trägt immer beide Seiten in sich. Im Inneren eines jeden Mannes lebt eine Frau, seine Anima und im Inneren einer jeden Frau lebt ein Mann, ihr Animus. Der Krieg der Geschlechter, der sich durch die Geschichte der Menschheit zieht, ist also immer ein Krieg, der in jedem von uns tobt, ob wir das wahrhaben wollen oder nicht.

    Diese Art der Trennung zeigt sich z. B. in Form von Schwierigkeiten in der Partnerschaft, im Umgang mit den eigenen Eltern, den eigenen Kindern und auch im Umgang mit der „Mutter Erde", denn auch sie repräsentiert unsere weibliche Seite. Auch die Tatsache, welchen Raum wir unseren Gefühlen zugestehen, zeigt uns, wie wir unserer weiblichen Seite begegnen. Wenn wir die Geschichte der Menschheit betrachten, dann können wir feststellen, dass das Männliche des Weibliche erschlagen hat. Da hat sich bis in unsere heutige Zeit hinein nicht wirklich etwas geändert.

    Das Männliche zeigt sich in unserer Gesellschaft in Form des dominierenden Verstandes, dem Kampf an den Futtertrögen der Macht, dem Streben nach verlockendem Profit, der Gier nach unendlichem Wachstum usw. Das Männliche beinhaltet aber auch die körperliche und geistige Kraft, die etwas in Bewegung bringen kann, die schöpferisch tätig ist, die unserer Herzensenergie einen Ausdruck geben kann und nicht zuletzt beinhaltet sie jenen Samen, der sich in das Nest des Weiblichen einnistet, so dass neues Leben entstehen kann.

    Das Weibliche finden wir in der Gestalt unserer Gefühle, unseres Empfindens, der Intuition, des Geheimnisvollen, des Fließenden, der emotionalen Geborgenheit, der seelischen Tiefe, des Beschützenden, des Urvertrauens, des Dunklen und Zwielichtigen usw.

    Eine unserer größten Herausforderungen besteht also darin, beiden Anteilen, ihren jeweiligen Platz in unserer Seele zu geben. Es geht nicht darum, sie zusammen zu bringen, denn jeder hat seine eigene Zeit und seine eigenen Ausdrucksformen. Aber wir können lernen, auf beide Seiten liebevoll und anerkennend zu schauen. Dies wird direkte Auswirkungen auf das Gesicht unserer Welt haben.

    Zu dem Thema „Weiblich und „Männlich möchte ich an dieser Stelle ein Beispiel aus einer Familienaufstellung schildern.

    Eine Mutter kam zu einer Aufstellung. Ihr Anliegen betraf ihre inzwischen sechzehnjährige magersüchtige Tochter. Vor zwei Jahren wurde bei ihr eine Magersucht diagnostiziert. Die Tochter selbst war aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend. Ich fragte die Mutter nach den familiären Hintergründen. Sie erzählte uns, dass sie sich vor circa sechs Jahren von ihrem damaligen Mann, dem Vater ihrer magersüchtigen Tochter, getrennt habe, da sie immer wieder Opfer seiner häuslichen Gewalt war. Sie habe es einfach nicht mehr ertragen. Als sie uns das erzählte, spürte ich eine unglaubliche Wut, die in ihr aufstieg.

    Ich bat sie, einen Stellvertreter ihres Mannes auszuwählen. Daraufhin stellte ich sie diesem Stellvertreter gegenüber. Sie platzte beinahe vor Wut. Ich bat sie, ihrem Mann in die Augen zu schauen und folgenden Satz zu sagen: „Ich bringe Dich um! Sie schrie ihm diesen Satz förmlich entgegen. Nachdem sie ihre Wut zum Ausdruck bringen konnte, wurde sie ruhiger, aber ich spürte, dass das erst die Spitze des Eisberges war. Daraufhin wählte ich eine Stellvertreterin für ihre Tochter aus. Diese stellte sich neben den Stellvertreter ihres Vaters und schaute ihn verliebt an. Das konnte die Mutter kaum ertragen. Ich bat die Stellvertreterin der Tochter zu ihrer Mutter folgenden Satz zu sagen: „Mama, so wie Du möchte ich nicht werden. Ich möchte überhaupt keine Frau werden. Diese beiden Sätze sprudelten richtig aus ihr heraus und man konnte den Wahrheitsgehalt dieser Sätze deutlich spüren. Ihre Mutter blickte daraufhin zu Boden und zog sich innerlich zurück. Dann bat ich die Mutter, ihren Mann anzuschauen und ihm folgenden Satz zu sagen: „Ich achte Dich als Vater unserer Tochter. Ich bin so, wie du, genau so, wie du. Empört schaute sie mich an und sagte zu mir: „Bevor ich diesen Satz sage, springe ich lieber aus dem Fenster! Daraufhin brach ich die Aufstellung ab.

    Am nächsten Morgen kam sie innerlich sehr aufgewühlt ins Seminar zurück. Sie erzählte uns, dass sie die ganze Nacht nicht schlafen konnte, da ihr immer der Satz „Ich achte Dich als Vater unserer Tochter" im Kopf hämmerte. Auch am Morgen hielt dieser Spuk an und selbst das Radio, das sie aufdrehte, konnte diesen Satz in ihrem Kopf nicht zum Verstummen bringen. Sie bat mich inständig, ihre Aufstellung vom Vortag noch einmal aufzugreifen.

    So bat ich die Mutter und die beiden Stellvertreter von Vater und Tochter, sich nochmals aufzustellen. Der Stellvertreter des Vaters und die Mutter standen sich wieder gegenüber, die Stellvertreterin der Tochter stand etwas abseits zwischen beiden. Die Mutter schaute den Vater der Tochter an und sprach zaghaft diesen Satz: „Ich achte Dich als Vater unserer Tochter." Kaum hatte sie diesen Satz beendet, so brach auch sofort ein großer Schmerz aus ihr heraus.

    Der Stellvertreter ihres Mannes schaute sie voller Mitgefühl und Liebe an und bot ihr seine Hände an. Nur sehr zögerlich legte sie ihre Hände in die seinen und unter Tränen und inneren Erschütterungen ließ sie sich von ihm in die Arme nehmen und halten. Die Tochter wirkte dabei sehr entspannt, fast so als wären zentnerschwere Steine von ihr abgefallen. Sehr liebevoll schaute sie auf ihre Eltern.

    Nachdem sich die Mutter beruhigt hatte, stellte ich einen Stellvertreter ihres Vaters hinter den Stellvertreter Ihres Mann, denn es war offensichtlich, dass hier die eigentliche Wunde geschlagen wurde. In den Armen des Stellvertreters ihres Mannes blickte sie über dessen Schultern auf ihren Vater. Wir konnten ihren angstvollen Blick erkennen und so ließ ich sie zum Stellvertreter ihres Vaters sagen: „Papa, ich habe Angst vor Dir; es hat mir sehr weh getan."

    Es war ihr an dieser Stelle noch nicht möglich, sich ihrem Vater wirklich zuzuwenden. Der Schritt, der ihr möglich war, war schon sehr groß. Es wurde ihr bewusst, dass ihr Mann ihr dasselbe Thema, das sie mit ihrem Vater hatte und das noch nicht gelöst ist, vor die Füße gelegt hatte. Doch sie konnte den Weg, der noch vor ihr lag, um sich auch mit ihrem Vater zu versöhnen, vor sich sehen.

    Ich bat die Mutter, den Stellvertreter ihres Mannes anzuschauen und ihm zu sagen: „Ich habe es damals nicht mehr mit dir ausgehalten und es hat mir sehr weh getan. Jetzt bin ich bereit, meinen Teil der Verantwortung zu übernehmen und deinen Teil der Verantwortung lasse ich bei dir. Schade dass es mit unserer Ehe zu Ende ging. Ich danke dir für alles, was ich von dir bekommen habe, es war sehr viel. Was ich dir gegeben habe, habe ich gerne gegeben, es gehört dir. Und jetzt lasse ich dich in Frieden! Auch wenn unsere Partnerschaft zu Ende ist, so bleiben wir doch als Eltern unserer Tochter miteinander verbunden."

    Dies sind Worte der Kraft. Wenn diese Worte gesprochen werden können, hat Schuld keinen Platz mehr. Alle sind dann bereit, ihr eigenes Schicksal und das Schicksal des anderen zu achten, sowie für das eigene Erleben, verbunden mit allen Gefühlen, die damit zusammenhängen, die eigene Verantwortung zu übernehmen. Es war auch schön zu sehen, wie groß die Erleichterung bei der Stellvertreterin der Tochter war.

    Kinder lieben immer beide Eltern, egal zu welchem Weg sich die Eltern entscheiden. Kinder sind in ihrer Kraft, wenn die Eltern sich gegenseitig achten können. Damit sind die Kinder für ihren Lebensweg gut gerüstet.

    Abschließend stellte ich die Stellvertreterin der Tochter beiden Eltern gegenüber. Jetzt war es der Stellvertreterin der Tochter möglich, sich vor ihre Mutter zu stellen und ihr zu sagen: „Mama, jetzt sehe ich den Papa und dich als meine Eltern. Ihr seid die besten Eltern für mich. Danke für mein Leben. Nur bei dir kann ich zur Frau werden und jetzt werde ich es gerne. Jetzt nehme ich mein Leben gerne von Dir." So war es auch der Tochter möglich, sich von ihrer Mutter unter Tränen halten zu lassen. Die Fortsetzung dieser Aufstellung endete an dieser Stelle.

    Dieses Beispiel zeigt uns mehrere Bereiche: Zum einen wurde hier sehr deutlich, wie wichtig es ist, eine Aufstellung auch an einer bestimmten Stelle abzubrechen. Es hätte hier keinen Sinn gemacht, die Aufstellung am ersten Tag fortzuführen, da der Widerstand der Mutter noch zu groß war. Es zeigt uns auch deutlich, wie ihre Seele diese Situation aufgegriffen hatte und ihr die ganze Nacht keine Ruhe ließ. Sie durfte erkennen, wie wichtig es für sie war, diese Schritte zu gehen und so konnte sie sich noch einmal sehr intensiv mit ihrem Widerstand auseinandersetzen. Im Grunde hatte sie dann gar keine andere Wahl mehr, als den notwendigen Bewegungen, von denen sie erfasst wurde, am nächsten Tag zu folgen.

    Zum anderen zeigt diese Aufstellung auch deutlich, wie eine Verstrickung innerhalb der Beziehung zwischen Eltern und Kind aussehen kann. Im Grunde seines Herzens liebt ein Kind immer beide Eltern, völlig gleichgültig wie sie sind. Hier hat die Tochter gespürt, dass ihrem Vater Unrecht widerfährt, indem er von ihrer Mutter abgelehnt wurde. In einer solchen Situation stellt sie sich aus Liebe auf die

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