Rechnungslegung in katholischen Bistümern
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Über dieses E-Book
Dieses Buch vermittelt relevante Aspekte der Rechnungslegung in katholischen Bistümern. Deren wichtigste Einnahmequelle sind neben Staatsleistungen und Zuschüssen die Kirchensteuern. Zusätzlich zu ihrer Kernaufgabe, der Verkündigung des Evangeliums, leisten die Kirchen wichtige Beiträge für die Gemeinschaft. Doch der demographische Wandel und Kirchenaustritte wirken sich langfristig negativ auf die finanzielle Lage aus. Als wichtige Gegenmaßnahme gilt die Schaffung von mehr Transparenz: Wie die katholische Kirche ihr Rechnungswesen von der Kameralistik auf die Doppik umstellt, Jahresabschlüsse erstellt und veröffentlicht, zeigen die Beiträge in diesem Buch. Im Vordergrund stehen Ansatz und Bewertung, aber auch Umstellungsfragen und die Modernisierung der Governance-Strukturen. Die dargestellten Aspekte zur Rechnungslegung sind zumindest teilweise anwendbar für andere katholische Rechtsträger wie Bischöfliche Stühle, Domkapitel, Orden, Stiftungen und Kirchengemeinden sowie für Rechtsträger der evangelischen Kirche.
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Buchvorschau
Rechnungslegung in katholischen Bistümern - Ulrike Stefani
Teil IGrundlagen
© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2019
Ulrike Stefani und Reiner Klinz (Hrsg.)Rechnungslegung in katholischen Bistümernhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-22791-3_1
1. Die Rechnungslegung von Bistümern im Wandel
Reiner Klinz¹ und Ulrike Stefani²
(1)
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München, Deutschland
(2)
Universität Konstanz, Konstanz, Deutschland
Reiner Klinz (Korrespondenzautor)
Email: rklinz@kpmg.com
Ulrike Stefani
Email: ulrike.stefani@uni-konstanz.de
1.1 Einleitung
1.2 Die Entwicklung in den letzten fünf Jahren
1.3 Anforderungen an die neue Rechnungslegung für Bistümer
1.3.1 Kameralistik und Doppik
1.3.2 Elemente der Rechnungslegung
1.3.3 Zur Rechnungslegung verpflichtete Rechtsträger
1.3.4 Standards der Rechnungslegung
1.3.5 Prozesse der Rechnungslegung
1.3.6 Adressaten der Rechnungslegung
1.4 Herausforderungen bei der Umstellung der Rechnungslegung
Literatur
Zusammenfassung
Die Öffentlichkeit erwartet von den deutschen Bistümern die Transparenz ihrer finanziellen und wirtschaftlichen Lage. Die Rechnungslegung der deutschen Bistümer hat sich daher in den letzten Jahren stark verändert. Vieles wurde auf den Weg gebracht. Die Buchführung wurde von der Kameralistik auf die Doppik umgestellt, Vermögensgegenstände und Schulden wurden inventarisiert und in einer Eröffnungsbilanz erfasst, die Rechnungslegung wurde dem Handelsrecht angeglichen, es wurden Jahresabschlüsse mit Bilanz und Ergebnisrechnung aufgestellt, das Controlling wurde angepasst, alle Buchhaltungsprozesse und Abschlussprozesse wurden verändert. Es bleibt abzuwarten, ob mit der aktuellen Berichterstattung die Fragen der Öffentlichkeit beantwortet werden können.
1.1 Einleitung
Während es für Unternehmen der Privatwirtschaft selbstverständlich ist, einen Jahresabschluss zu erstellen und damit in regelmäßigen Abständen externen Adressaten gegenüber Rechenschaft abzulegen, war die externe Rechnungslegung für die Bistümer¹ in Deutschland noch bis vor wenigen Jahren kein Thema. Seit einiger Zeit jedoch steigt das Interesse der Öffentlichkeit an der kirchlichen Vermögens-, Finanz- und Ertragslage. Die Forderungen nach transparenten Informationen insbesondere über das kirchliche Vermögen werden immer lauter (vgl. Wolf 2014, S. 17; Piotrowski 2015, S. 1; Deckers 2016, S. 1). Bistümer geraten in der Öffentlichkeit zunehmend unter einen Rechtfertigungs- und Offenlegungsdruck (vgl. Brönstrup 2013, S. 1; Wolf 2014, S. 17; von Giesen 2009, S. 13 ff.).
In der Vergangenheit haben die Bistümer das Rechnungslegungssystem der Kameralistik angewandt. Diese bezweckt v. a. die Darstellung der während einer Abrechnungsperiode entstandenen Einzahlungen und Auszahlungen. Die Zahlungsströme werden einer Abrechnungsperiode gemäß des Zahlungszeitpunkts und nicht auf Basis ihrer Ergebniswirksamkeit zugeordnet. Eine Erfassung der Vermögenswerte und Schulden ist in diesem Rechnungslegungssystem ebenfalls nicht vorgesehen. Da die Kameralistik weder eine zutreffende Ermittlung des Gewinns noch einen umfassenden Überblick über Vermögen und Schulden zulässt (vgl. Wolf 2014, S. 19 f.), begannen viele Bistümer innerhalb der letzten Jahre, ihr Rechnungswesen zu reformieren. Das Ziel bestand darin, nicht nur externen Adressaten, sondern auch den Entscheidungsträgern innerhalb des Bistums aussagekräftigere und v. a. umfangreichere Informationen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage verschaffen zu können (vgl. Suermann de Nocker 2014, S. 2).
Zusätzliche Einflussfaktoren machen den Weg zur Transparenz unbedingt notwendig. So sind die Bistümer finanziell auf ihre Mitglieder angewiesen (vgl. Dietzfelbinger 2002, S. 104), denn die Kirchensteuereinnahmen verändern sich proportional zur Anzahl der Mitglieder (vgl. Bischofberger 2005, S. 85). Kirchenaustritte, rückläufige Taufen und der demografische Wandel werden daher zukünftig massive Auswirkungen auf die Finanzierung der Kirchen haben (vgl. Sailer 2016, S. 330). So ist eine Reduktion der Steuereinnahmen bei den christlichen Kirchen aufgrund eines Rückgangs ihrer Mitglieder gleichbedeutend mit einem Rückgang des kirchlichen Einkommens, welches zu durchschnittlich 68 % aus Kirchensteuereinnahmen besteht.² Die Folge ist eine langfristige und nachhaltige Schwächung der Finanzkraft. Somit besteht die Gefahr, dass den Bistümern künftig Mittel fehlen, die sie dringend benötigen, um die finanzielle Fundierung des kirchlichen Auftrags (vgl. Abmeier 2016, S. 9), wie beispielsweise die seelsorgliche Betreuung, nicht zu gefährden. Die Bistümer benötigen zusätzlich finanzielle Mittel für die Instandhaltung und/oder den Unterhalt ihrer Immobilien, für die sie unmittelbar oder mittelbar wirtschaftlich verantwortlich sind. Gleichzeitig müssen Löhne und Gehälter sowie Pensionsansprüche von Priestern, Lehrpersonal und anderen Mitarbeitern³ garantiert werden (vgl. Odendahl 2015; Deckers 2016). Die Transparenz der finanziellen und wirtschaftlichen Lage der Bistümer soll damit auch Verständnis für die Notwendigkeit einer finanziellen Unterstützung der Bistümer bei den Kirchensteuerzahlern schaffen und damit die Anzahl der Kirchenaustritte reduzieren.
1.2 Die Entwicklung in den letzten fünf Jahren
Die Rechnungslegung der Bistümer unterlag in den letzten fünf Jahren einem starken Wandel: Während noch vor etwa fünf Jahren die Kameralistik in Bistümern vorherrschend war, hat aktuell die Mehrzahl der Bistümer auf die Doppik umgestellt. Wurden vor etwa fünf Jahren noch der prospektive Haushaltsplan und die retrospektive Jahresrechnung der Zahlungsmittelzuflüsse und -abflüsse als Mittel der Berichterstattung genutzt, werden nach der Umstellung auf die Doppik i. d. R. ein Jahresplan, eine Bilanz, eine Ergebnisrechnung⁴ und ein Anhang und teilweise auch ein Lagebericht veröffentlicht (vgl. Kap. 2).
Ein maßgeblicher Auslöser für die Veränderung waren die Vorgänge im Bistum Limburg rund um den Bau des „Diözesanen Zentrums Sankt Nikolaus" (vgl. DBK Limburg 2014; Bistum Limburg 2016). Für dieses Projekt waren nicht nur die geplanten Baukosten erheblich überschritten worden; vielmehr machten die späteren Untersuchungen dieses Falls auch deutlich, dass eine unzureichende Organisationsstruktur mit mangelnden Kontrollmöglichkeiten und eine ungenügende interne Kostenkontrolle während des Projektfortschritts die prekäre Situation überhaupt erst möglich gemacht hatten. Auch als Reaktion auf den Fall des Bistums Limburg hat sich die Deutsche Bischofskonferenz mehrfach mit dem Thema der Finanztransparenz der Bistümer befasst:
Bei der Abschlusspressekonferenz zur Frühjahrs-Vollversammlung 2014 der Deutschen Bischofskonferenz in Münster wurde folgende Erklärung veröffentlicht: „Wir verstehen das wachsende Bedürfnis der Menschen zu wissen, über welches Vermögen die deutschen Bistümer verfügen und für welche Zwecke diese Mittel verwendet werden. Aus diesem Grund haben wir Bischöfe eine Arbeitsgruppe beauftragt, sich mit dem Themenfeld systematisch auseinanderzusetzen und Handlungsempfehlungen zu erarbeiten. (…) Dabei ist auch die enorme Komplexität deutlich geworden, die diesem Vorhaben zugrunde liegt, denn die Organisation und Verfasstheit eines Bistums ist nicht mit dem eines Wirtschaftsunternehmens vergleichbar. Zumal auch zwischen den Bistümern, häufig historisch gewachsen, erhebliche Unterschiede im Finanzwesen bestehen. Wir haben unsere Absicht bekräftigt, gemeinsam Anstrengungen zu unternehmen, um das Maß an Transparenz über die Finanzen der Kirche und deren Kontrolle deutlich zu erhöhen (…)" (DBK Münster 2014).
Bei der Abschlusspressekonferenz zur Herbst-Vollversammlung 2014 der Deutschen Bischofskonferenz in Fulda wurde folgende Erklärung abgegeben: „Wir tragen dem wachsenden Bedürfnis nach mehr Transparenz in finanziellen Fragen Rechnung. Wir spüren und verstehen das wachsende Bedürfnis der Menschen zu wissen, über welche Vermögen die deutschen Bistümer verfügen und wofür diese Mittel eingesetzt werden. Deshalb hat die DBK im November 2013 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die empfehlen soll, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum die Bistumsvermögen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden können. Bereits im Juni dieses Jahres haben die Bischöfe sodann beschlossen, die Bistümer schrittweise an eine vollständige Veröffentlichung der ihnen zuzurechnenden Vermögen heranzuführen. Vereinbart ist, dass die Bistümer bis zum Jahr 2016 vorsehen, dass sie jährlich über den Stand des Vermögens nach anerkannten Regeln berichten. 2014 legen bereits gut die Hälfte der Bistümer ihre Zahlen vor, 2015 werden es etwa zwei Drittel sein. Das ist der richtige Weg. Der gemeinsame Nenner der Berichte aus den Bistümern ist eine langfristig solide Finanzierung und die Ausrichtung der Vermögen auf den Menschen hin. Entscheidend ist, dass wir uns immer fragen, wie das Geld der Kirche den Menschen dienen kann und zwar nachhaltig und das heißt über Jahrzehnte hinweg" (DBK Fulda 2014).
Bei der Abschlusspressekonferenz der Frühjahrs-Vollversammlung 2015 der Deutschen Bischofskonferenz in Hildesheim wurde folgende Erklärung veröffentlicht: „Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln) hat uns über den nach dem Handelsgesetzbuch testierten und vollständigen Jahresabschluss 2013 des Erzbistums Köln mit Bilanz und Ergebnisrechnung informiert. (…) Mehr als die Hälfte der Bistümer hat bereits umfassend Einblick in ihre finanziellen Angelegenheiten gegeben. Dabei wird das gemeinsame, uns leitende Prinzip erkennbar: Finanzierung bedeutet für uns eine nachhaltige Verantwortung. So stellen wir sicher, dass wir unsere Aufgaben in der Gesellschaft langfristig erfüllen können – unabhängig von kurzfristigen Schwankungen bei den Einnahmen. Letztlich müssen wir uns bei all unseren Vermögens-Entscheidungen stets von der Frage leiten lassen, wie das Geld in den Bistümern den Menschen dienen kann (…)" (DBK Hildesheim 2015).
Bei der Abschlusspressekonferenz der Frühjahrs-Vollversammlung 2018 der Deutschen Bischofskonferenz in Ingolstadt wurde das Thema bislang letztmalig behandelt: „Unter anderem auch im Kontext der Debatte um ein neues Bischofshaus in Limburg haben die deutschen Bischöfe vor vier Jahren eine Transparenzoffensive in finanziellen Angelegenheiten gestartet. Viel ist seitdem geschehen, aber es bleibt auch noch viel zu tun: (…) In der Diskussion haben wir uns verdeutlicht, dass es künftig noch intensiver um Fragen der Mittelabschätzung, des Controllings und auch der Solidarität geht. Wir haben unsere Absicht bekräftigt, gemeinsam Anstrengungen zu unternehmen, um das Maß an Transparenz über die Finanzen der Kirche und deren Kontrolle deutlich zu erhöhen. Um es klar zu sagen: Mir ist schmerzlich bewusst, dass sich unsere Kirche in wesentlichen Fragen der Finanzierung und des Vermögens besser aufstellen und manche Unklarheiten beseitigen muss. Im Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) gibt es Arbeitsgruppen zum Thema „Strukturbeitrag und „Vergleichbarkeit der Kirchenfinanzen in den Bistümern
. Dies ist nicht genug. Ich habe deswegen die DBK gebeten, zeitnah eine ausführliche Orientierungsdebatte zu führen zu den Themen: Transparenz, Kontrolle und Solidarität (…)" (DBK Ingolstadt 2018).
1.3 Anforderungen an die neue Rechnungslegung für Bistümer
1.3.1 Kameralistik und Doppik
Bei der Kameralistik werden alle zahlungswirksamen Vorgänge (dies sind die Einzahlungen und Auszahlungen) aufgezeichnet. Die Geschäftsvorfälle werden dann gebucht, wenn sich eine Veränderung des Zahlungsmittelbestandes (dies sind beispielsweise die Kasse oder das Bankkonto) ergeben hat. Zum Jahresende werden in einer Überschussrechnung die Einzahlungen den Auszahlungen gegenübergestellt und das Jahresergebnis ermittelt (Jahresrechnung).
Im Rahmen der jährlichen Planung werden in einer kameralen Buchhaltung die zahlungswirksamen Vorgänge in einer Haushaltsplanung nach Haushaltsstellen geplant. Nach dem Ende des Berichtsjahres werden die tatsächlichen Ein- und Auszahlungen je Haushaltsstelle den Planwerten gegenübergestellt und daraus die Plan-Ist-Abweichungen ermittelt.
Ein Geschäftsvorfall ist ein geschäftlicher Vorgang, der eine Auswirkung auf den Jahresabschluss oder das Controlling hat. Geschäftsvorfälle sind in der Buchhaltung aufzuzeichnen (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon 2018). Nach der Umstellung auf die Doppik werden ebenfalls die zahlungswirksamen Geschäftsvorfälle aufgezeichnet. Zusätzlich zu den Einzahlungen und Auszahlungen (also Erhöhungen und Verminderungen des Zahlungsmittelbestandes) sind hier auch Einnahmen und Ausgaben (also Erhöhungen und Verminderungen des Geldvermögensbestandes, der neben dem Zahlungsmittelbestand auch Forderungen und Verbindlichkeiten umfasst) relevant. In der Doppik werden neben den zahlungswirksamen auch die erfolgswirksamen Geschäftsvorfälle erfasst. Wichtige Rechengrößen für die Ergebnisrechnung sind die Aufwendungen und Erträge (also Erhöhungen und Verminderungen des Reinvermögens oder ein Verbrauch bzw. eine Entstehung von Ressourcen). Aufwand und Ertrag können mit den Ausgaben und Einnahmen einer Periode zusammenfallen, müssen dies aber nicht. Ein Geschäftsvorfall löst damit eine Veränderung in der Bilanz und/oder in der Ergebnisrechnung aus. Zum Jahresende wird ein Jahresabschluss aufgestellt (§ 264 Abs. 1 HGB). Dieser besteht aus
Bilanz: Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden zum Bilanzstichtag;
Ergebnisrechnung: Gegenüberstellung von während des Geschäftsjahres angefallenem Aufwand und Ertrag;
Anhang: Erläuterungen zu Positionen der Bilanz und der Ergebnisrechnung sowie
Lagebericht: Darstellung der gegenwärtigen und künftigen Situation incl. der Chancen und Risiken.
Nach der Umstellung auf die Doppik werden die Geschäftsvorfälle in einer Jahresplanung nach Kostenstellen geplant. Nach dem Ende des Berichtsjahres werden die Planansätze der Erträge und Aufwendungen für alle Kostenstellen den Istwerten gegenübergestellt und daraus die Plan-Ist-Abweichungen ermittelt.
1.3.2 Elemente der Rechnungslegung
Die Inhalte der internen und externen Rechnungslegung von Bistümern haben sich damit nach der Umstellung der Rechnungslegung der Bistümer deutlich erweitert:
../images/450995_1_De_1_Chapter/450995_1_De_1_Figa_HTML.pngMit der Umstellung ist im Besonderen ein Wechsel des Fokus weg von der internen hin zur externen Rechnungslegung verbunden. Während in der Vergangenheit die Haushaltsplanung mit der genauen Planung der Ein- und Auszahlungen nach Haushaltsstellen im Zentrum der Berichterstattung stand, liegt nach der Umstellung ein Schwerpunkt auf dem Jahresabschluss und dem Lagebericht.
1.3.3 Zur Rechnungslegung verpflichtete Rechtsträger
Die katholische Kirche setzt sich aus einer Vielzahl kirchlicher Rechtsträger zusammen, die jeweils selbstständig und unabhängig agieren. Es gibt:
Rechtsträger, die dem Bischof unterstehen:
Bistum, Diözese (c. 368 CIC);
Bischöflicher Stuhl: eigener kirchlicher Rechtsträger, häufig konstituiert als Körperschaft des öffentlichen Rechts, dessen Erträge dem Bischof zur Erfüllung seiner Aufgaben dienen, nicht jedoch seinen persönlichen Zwecken (vgl. Bistum Trier, Geschäftsbericht 2017);
Domkapitel, Metropolitankapitel (cc. 503-510 CIC zu Kathedralkapitel);
Emeritenanstalt (vgl. Kap. 8);
Priesterseminar (eine Ausbildungsstätte für Priesteramtskandidaten);
sonstige Einrichtungen eines Bistums, beispielsweise Vermögensstiftungen.
Rechtsträger, die einem Pfarrer unterstehen:
Kirchengemeinden (c. 515 CIC);
kirchliche Einrichtungen einer Kirchengemeinde.
Rechtsträger, die einem Abt oder einer Äbtissin unterstehen:
Orden (c. 608 CIC).
Rechtsträger, die einem Laien unterstehen:
kirchliche Vereine: kirchlich konstituiert nach cc. 298ff CIC und zivilrechtlich konstituiert als eingetragener oder nicht eingetragener Verein nach §§ 21ff BGB;
kirchliche Unternehmen (privatrechtliche Unternehmen mit kirchlichen Rechtsträgern als Gesellschafter).
Weiterhin betreiben die unterschiedlichen kirchlichen Rechtsträger eine Vielzahl von Bildungs- sowie karitativen und kirchlichen Einrichtungen (beispielsweise Schulen, Kindergärten, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, Friedhöfe u. v. a. m.). Diese Einrichtungen werden, sofern nicht als selbstständiger Rechtsträger konstituiert, in die Rechnungslegung der oben genannten Rechtsträger einbezogen.
Kirchliche Rechtsträger sind zumeist als
juristische Personen des öffentlichen Rechts (dazu gehören Körperschaften des öffentlichen Rechts und Stiftungen des öffentlichen Rechts) oder als
juristische Personen des privaten Rechts (dazu gehören u. a. Vereine, Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) und Aktiengesellschaften (AG))
konstituiert.
Juristische Personen sind i. d. R. gesetzlich oder satzungsmäßig verpflichtet, regelmäßig Rechenschaft über ihre finanzielle und wirtschaftliche Lage abzulegen. Für juristische Personen des privaten Rechts (Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Aktiengesellschaften) gilt das Handelsrecht. Für juristische Personen des öffentlichen Rechts existieren spezialgesetzliche Normen (beispielsweise für Gebietskörperschaften) oder satzungsmäßige Regelungen, in denen i. d. R. auf die handelsrechtlichen Normen verwiesen wird.
Es ist von den Vertretern einer jeden kirchlichen Körperschaft darauf hinzuwirken, dass angemessene Regeln zur Rechnungslegung definiert sind. Sofern die gesetzlichen Normen hierfür nicht ausreichen, sind die Lücken durch satzungsmäßige Regeln zu ergänzen.
1.3.4 Standards der Rechnungslegung
Es gibt keine fest definierten gesetzlichen Standards zur Rechnungslegung von Bistümern. Das universale Kirchenrecht des CIC regelt nur einzelne Aspekte der Rechnungslegung und diese auch nur sehr allgemein, so beispielsweise
die Erstellung von Haushaltsplänen (c. 1284 § 3 CIC),
die Inventarisierungspflicht für den Verwalter (c. 1283 Nr. 2 CIC),
die Führung von Büchern für Einnahmen und Ausgaben (c. 1284 § 2 Nr. 7 CIC),
die Pflicht zur Ablegung der Rechenschaft für den Verwalter (c. 1284 § 2 Nr. 8 CIC) und
die Prüfung der Rechnungslegung durch den Vermögensverwaltungsrat (c. 1287 § 1 CIC).
Diese kirchenrechtlichen Regelungen sind für Bistümer obligatorisch und daher unbedingt einzuhalten. Bistümer haben Lücken in den kirchenrechtlichen Normen durch eigene Regeln ergänzt (vgl. Diözese Regensburg 2012).
Mit dem Umstieg von der Kameralistik zur Doppik hat die Mehrzahl der Bistümer das deutsche Handelsrecht als den maßgeblichen Standard festgelegt. Im Detail werden allerdings Unterschiede erkennbar. So nutzen einzelne Bistümer die handelsrechtlichen Regeln für Kapitalgesellschaften, einige Bistümer die handelsrechtlichen Regeln für Kaufleute, und manche Bistümer legen ihre Jahresabschlüsse in Anlehnung an das Handelsrecht offen (vgl. Kap. 2).
1.3.5 Prozesse der Rechnungslegung
Die Prozesse in der Buchführung und in der Rechnungslegung haben sich mit der Umstellung zur Doppik und der Anwendung des Handelsrechts stark verändert:⁵
Die Buchführung verarbeitet alle Geschäftsvorfälle unmittelbar nach ihrer Entstehung. Da Geschäftsvorfälle in allen Abteilungen eines Bistums entstehen können, müssen alle Abteilungen die für die Buchhaltung relevanten Informationen zeitnah der Finanzkammer eines Bistums zuleiten.
Die Buchführung muss nach der Umstellung auch alle ertrags- und aufwandswirksamen Geschäftsvorfälle verarbeiten, wohingegen in der Vergangenheit nur die zahlungswirksamen Geschäftsvorfälle gebucht wurden.
Es wurden erstmalig eine Bilanz und ein Anhang aufgestellt. Teilweise wurde zusätzlich erstmalig ein Lagebericht erstellt. Hierzu sind u. a. ein Wirtschaftsbericht mit