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Bildgebung des Thorax bei Neugeborenen und Kleinkindern
Bildgebung des Thorax bei Neugeborenen und Kleinkindern
Bildgebung des Thorax bei Neugeborenen und Kleinkindern
eBook747 Seiten6 Stunden

Bildgebung des Thorax bei Neugeborenen und Kleinkindern

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Über dieses E-Book

Die optimale Anwendung bildgebender Diagnostik am Thorax bei Früh- und Neugeborenen, Säuglingen und Kleinkindern wird in diesem Buch umfassend beschrieben. Dazu zählen die besonders bei Kindern anspruchsvollen Anforderungen an die Geräteausstattung und Untersuchungstechnik sowie an den Strahlenschutz. Ausführlich und reich bebildert werden die Auswahl der geeigneten Verfahren und typische Befunde für Erkrankungen und Fehlbildungen im Thoraxbereich dargestellt; neben Differenzialdiagnosen, die beachtet werden sollten, sind klinische Informationen eingearbeitet, die für die Verfahrenswahl und Interpretation der Befunde von Bedeutung sind. Auch einige thorakale Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen jenseits des Kleinkindalters sind berücksichtigt. Anhand von 14 beispielhaften Fällen, die das gesamte Spektrum der thorakalen Erkrankungen der Altersgruppe umreißen, kann die Befundung in Quizform trainiert werden.


SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum10. Okt. 2018
ISBN9783662578148
Bildgebung des Thorax bei Neugeborenen und Kleinkindern

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    Buchvorschau

    Bildgebung des Thorax bei Neugeborenen und Kleinkindern - Michael Riccabona

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    Michael Riccabona, Meinrad Beer und Hans-Joachim Mentzel (Hrsg.)Bildgebung des Thorax bei Neugeborenen und Kleinkindernhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-57814-8_1

    1. Embryologie, Anatomie und Physiologie des Neugeborenenthorax

    Ernst Eber¹  

    (1)

    Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz, Graz, Österreich

    Ernst Eber

    Email: ernst.eber@medunigraz.at

    1.1 Embryologie

    1.1.1 Frühe Embryonalphase

    1.1.2 Embryologie der Atemwege und Lunge

    1.1.3 Postnatale Lungenentwicklung

    1.1.4 Embryologie des Herzens und der großen Gefäße

    1.1.5 Embryologie des Ösophagus

    1.1.6 Embryologie des Thymus

    1.2 Anatomie des Neugeborenen

    1.2.1 Atemwege und Lunge

    1.2.2 Herz und Gefäße

    1.2.3 Thymus

    1.2.4 Zwerchfell und Pleura

    1.3 Physiologie des Neugeborenen

    1.3.1 Luftwege

    1.3.2 Lunge

    1.3.3 Thoraxwand

    Literatur

    1.1 Embryologie

    1.1.1 Frühe Embryonalphase

    In der zweiten Entwicklungswoche verankert sich die Blastozyste, welche aus einer äußeren (Trophoblast) und einer inneren Zellschicht (Embryoblast) besteht, in der Uterusschleimhaut. Aus der inneren Zellschicht entstehen zwei Keimblätter, das Entoderm und das Ektoderm, welche zusammen die zweiblättrige Keimscheibe bilden. In der dritten Entwicklungswoche formiert sich zwischen Ektoderm und Entoderm eine weitere Zellschicht, das Mesoderm.

    In der Embryonalperiode (4.–7. Entwicklungswoche) entwickeln sich aus den drei Keimblättern die spezifischen Organanlagen; dies zieht eine deutliche Veränderung der äußeren Gestalt des Embryos nach sich. Aus dem Ektoderm gehen in letzter Konsequenz u. a. das Zentralnervensystem, das periphere Nervensystem, die Sinnesepithelien von Auge, Nase und Ohr sowie die Epidermis hervor. Parietales und viszerales Mesoderm kleiden vorerst die intraembryonale Zölomhöhle aus; in weiterer Folge entstehen aus dem parietalen Mesoderm Bindegewebe, quergestreifte Muskulatur, Knorpel und Knochen, und aus dem viszeralen Mesoderm die Bindegewebs- und Muskelschichten des Magen-Darm-Kanals sowie Peritoneum, Pleura und Perikard. Darüber hinaus gehen aus dem Mesoderm u. a. die Zellen des Blutes und der Lymphe sowie Herz, Blut- und Lymphgefäße hervor.

    Aus dem Entoderm entwickelt sich, verbunden mit der kraniokaudalen Krümmung und lateralen Abfaltung der Embryonalanlage, der Magen-Darm-Kanal (Vorder-, Mittel- und Hinterdarm). In letzter Konsequenz entwickeln sich aus dem Entoderm u. a. die epitheliale Auskleidung des Respirationstrakts (inkl. Eustachi-Röhre und Paukenhöhle) sowie das Parenchym von Tonsillen, Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Thymus, Leber und Pankreas. Nachfolgend wird – in stark gekürzter und vereinfachter Form – die Embryologie der Atemwege und Lunge, des Herzens und der großen Gefäße, des Ösophagus sowie des Thymus beschrieben. Für detailliertere Informationen wird auf die Literaturangaben verwiesen.

    1.1.2 Embryologie der Atemwege und Lunge

    Die Entwicklung der Atemwege und Lunge wird zum einfacheren Verständnis in Stadien unterteilt, wobei die Übergänge zwischen den Stadien fließend sind und die Stadien sich überlappen (Abb. 1.1).

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    Abb. 1.1

    Stadien der Entwicklung der Luftwege sowie der Arterien und Kapillaren. Im Durchschnitt weist der Luftweg des Menschen von der Trachea bis zu den Alveolen 23 Luftwegsgenerationen auf, wobei je nach Lungenabschnitt 18–30 Generationen möglich sind. In Klammern ist die mittlere Anzahl der Generationen der jeweiligen Luftwegskategorie angegeben. Abbildung nach: Schittny JC. Strukturelle Entwicklung – von der Anlage zur adulten Lunge. In: von Mutius E, Gappa M, Eber E, Frey U (Hrsg.). Pädiatrische Pneumologie. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin Heidelberg, Springer, 2014; pp 3-16.

    Embryonale Periode (4.–7. Gestationswoche)

    Entgegen früheren Annahmen entwickeln sich die beiden Lungen aus separaten Anlagen. Am 26. Tag sprossen aus dem Vorderdarm zwei Lungenknospen aus; zwischen diesen beiden Knospen liegt die Anlage der Trachea (Abb. 1.2). Letztere verlängert sich nach kranial, und das zu Beginn einzelne Lumen wird im Lauf der Entwicklung durch das Septum oesophagotracheale in zwei Lumina unterteilt, ventral gelegen die Anlage der Trachea und dorsal die Anlage des Ösophagus. Entwicklungsstörungen in diesem Bereich können zu Ösophagusatresien, Ösophagotrachealfisteln, Spaltbildungen sowie Ösophagus- und Trachealstenosen führen. Die Lungenknospen verlängern sich ebenfalls und wachsen in das umliegende Mesenchym vor. Durch dichotome Teilung wird die Struktur des Bronchialbaums vorgegeben; bis zum Ende der embryonalen Periode werden die Strukturen von den Hauptbronchien bis zu den Subsegmentbronchien gebildet (Abb. 1.2). Die nach kaudal und lateral wachsende Lunge schiebt das viszerale Mesenchym vor sich her; in weiterer Folge bleibt von der primitiven Pleurahöhle nur noch der Pleuraspalt übrig und werden die beiden Pleurahöhlen von der Perikardhöhle abgetrennt.

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    Abb. 1.2

    Embryonale Periode der Lungenentwicklung. Letztere beginnt 26 Tage nach der Befruchtung durch die separate Anlage der beiden Lungen. Zwischen den Anlagen der Lungen befindet sich die Anlage der Trachea (a). Diese verlängert sich nach kranial und das sich bildende Septum oesophagotracheale trennt schließlich Trachea und Ösophagus (b). Die aus den beiden Lungenanlagen hervorgehenden Hauptbronchien verzweigen sich und geben die Lungenlappen (c) und die Lungensegmente (d) vor. Abbildung modifiziert nach: Schittny JC. Strukturelle Entwicklung – von der Anlage zur adulten Lunge. In: von Mutius E, Gappa M, Eber E, Frey U (Hrsg.). Pädiatrische Pneumologie. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin Heidelberg, Springer, 2014; pp 3-16.

    Kaudal der Pleurahöhle befindet sich das Septum transversum, welches als zentraler Teil des zukünftigen Zwerchfells an die beiden Pleuroperitonealkänale grenzt. Letztere reichen an das Mesenchym der Körperwand heran und werden schließlich durch die Pleuroperitonealfalten bzw. -membranen verschlossen; der linke Kanal ist größer als der rechte und wird etwas später verschlossen. Der Großteil der muskulären Anteile des späteren Zwerchfells formiert sich aus den beiden Pleuroperitonealfalten, die Muskelfasern in der Peripherie stammen von der Körperwand. Fehlerhafte Verschlüsse führen zu kongenitalen Zwerchfellhernien.

    Die Entwicklung des Bronchialbaums ist eng verknüpft mit der Entwicklung der Gefäße; in Abwesenheit von Epithel findet keine Proliferation von Gefäßen statt. Im Mesenchym um die Lungenknospen differenzieren sich Mesenchymzellen zu Endothelzellen und bilden neue Blutgefäße (Vaskulogenese), welche in der Folge Anschluss an den Blutkreislauf finden.

    Pseudoglanduläres Stadium (5.–17. Gestationswoche)

    In diesem Stadium erinnert die Lunge an eine tubuläre Drüse. Sprossen aus Epithelzellen wandern in das Mesenchym ein und bilden sich verzweigende Tubuli (Abb. 1.3a). Während des pseudoglandulären Stadiums werden sämtliche Verzweigungen des Bronchialbaums bis zu den Bronchioli terminales angelegt; am Ende dieses Stadiums sind bereits erste Anlagen von Ductus alveolares vorhanden. Anzahl und Größe der Verzweigungen hängen u. a. von mechanischen Faktoren (z. B. Zwerchfellhernie) ab. Die zukünftigen proximalen Luftwege werden von einem hochprismatischen Epithel ausgekleidet (Abb. 1.3d), peripher nimmt die Höhe des Epithels ab (kubisches Epithel). Beginnend in den zentralen Luftwegen und nach peripher fortschreitend differenziert sich respiratorisches Epithel als Auskleidung der zukünftigen luftleitenden Atemwege. Parallel zu den Luftwegen entwickelt sich das Gefäßsystem weiter; am Ende dieses Stadiums sind sämtliche prä-azinären Arterien und Venen angelegt, die Kapillaren haben jedoch noch keinen Kontakt zu den Luftwegen.

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    Abb. 1.3

    Entwicklung der Lunge im pseudoglandulären, kanalikulären und sakkulären Stadium. (a) Während des pseudoglandulären Stadiums wandern Sprossen aus Epithelzellen in das Mesenchym ein und bilden sich verzweigende Tubuli. (b) Während des kanalikulären Stadiums erweitern sich die distalen Luftwege und nähern sich den Kapillaren; gleichzeitig werden die Kapillarnetze dichter. (c) Während des sakkulären Stadiums weiten sich die peripheren Luftwege zu Sacculi (∗) und bilden sich die primären Septen mit einem doppelschichtigen Kapillarnetzwerk. (d) Auskleidung der zukünftigen proximalen Luftwege durch hochprismatisches Epithel. (e) Annäherung des Epithels an die Kapillaren. (f) Typ I Alveolarepithelzellen und Kapillarendothelzellen mit gemeinsamer Basalmembran bilden die Luft-Blut-Schranke. Abbildung nach: Schittny JC. Strukturelle Entwicklung – von der Anlage zur adulten Lunge. In: von Mutius E, Gappa M, Eber E, Frey U (Hrsg.). Pädiatrische Pneumologie. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin Heidelberg, Springer, 2014; pp 3-16.

    Kanalikuläres Stadium (16.–26. Gestationswoche)

    In diesem Stadium erweitern sich die Luftwege distal der Bronchioli terminales; damit nähert sich das Epithel, begleitet von einer Volumenabnahme des Mesenchyms, den Kapillaren (Abb. 1.3b,e). Gleichzeitig kommt es zu einer ausgeprägten Angiogenese der Kapillaren, welche Netzwerke bilden und sich an die zukünftigen Luftwege anlagern. Während dieses Stadiums beginnt auch die Differenzierung des kubischen Epithels in zwei Typen von Alveolarepithelzellen:

    Die Typ-I-Alveolarepithelzellen flachen ab, kleiden die innere Oberfläche der Lunge aus und bilden zusammen mit dem Kapillarendothel die Luft-Blut-Schranke, getrennt nur durch eine gemeinsame Basalmembran (Abb. 1.3f).

    Die Typ-II-Alveolarepithelzellen beginnen mit der Produktion des Surfactant. Im kanalikulären Stadium werden Azini – die funktionellen, von einem Bronchiolus terminalis versorgten Einheiten der Gasaustauschregion – erkennbar und Gasaustausch grundsätzlich möglich.

    Sakkuläres Stadium (24.–38. Gestationswoche)

    In diesem Stadium wachsen die Luftwege in Länge und Durchmesser, wobei sich die peripheren Luftwege zu größeren Lufträumen weiten und damit die Gasaustauschfläche stark zunimmt. Dies führt zu einer Verdichtung des Mesenchyms, welches in den primären Septen das zentrale Bindegewebeseptum zwischen einem doppelschichtigen Kapillarnetzwerk bildet (Abb. 1.3c). Während dieses Stadiums kommt es zu einer starken Vermehrung von elastischen Fasern und Kollagenfibrillen, als Basis des Fasergerüsts der voll entwickelten Lunge mit axialem und Mantelbindegewebe, welches durch das septale Bindegewebe verbunden ist. Letzteres ist in der reifen Lunge mit einem einschichtigen Kapillarnetz verwoben und stabilisiert die Alveolarsepten.

    1.1.3 Postnatale Lungenentwicklung

    Der Mensch wird am Beginn des Stadiums der Alveolarisation geboren. In der ersten Phase der Alveolarisation (36. Gestationswoche bis 2.–3. Lebensjahr) werden Alveolen gebildet, indem – ausgehend von primären, unreifen Septen – neue (sekundäre) Septen aufgerichtet werden. Das darunter liegende Kapillarnetzwerk wird ebenfalls aufgefaltet; somit entsteht neuerlich ein unreifes Septum mit einem doppelschichtigen Kapillarnetzwerk. Da diese unreifen Septen relativ dick sind, kann der Gasaustausch nur auf der der Alveolaroberfläche zugewandten Seite der Kapillaren erfolgen. In einem darauf folgenden Reifungsprozess (mikrovaskuläre Maturation) wird das Septum deutlich verdünnt und die beiden von Bindegewebe durchwebten Kapillarnetzwerke fusionieren zu einer Schicht, womit jede Kapillare Kontakt zu zwei Alveolaroberflächen bekommt. Darauf folgt eine zweite Phase der Alveolarisation, welche bis zum Ende des Lungenwachstums im jungen Erwachsenenalter stattfindet. Neuere Untersuchungen legen nahe, dass es kein Lungenwachstum ohne Neubildung von Alveolen gibt und dass die Zahl der Alveolen von Anpassungen an besondere Bedingungen abhängt.

    In der ausgereiften Lunge verlaufen die Pulmonalarterien parallel zu den Luftwegen und die Pulmonalvenen, eingebettet in Bindegewebsstrukturen, entlang der Grenzen zwischen den jeweiligen pulmonalen Einheiten, wie z. B. Segmenten oder Azini.

    1.1.4 Embryologie des Herzens und der großen Gefäße

    Herz, Blut- und Lymphgefäße gehen im Wesentlichen aus dem Mesoderm hervor; Teile des Ausflusstrakts stammen aus der Neuralleiste, welche ektodermalen Ursprungs ist. Die frühembryonale Anlage des Herzens entwickelt sich im viszeralen Mesoderm der rechten und linken Seite vorerst getrennt voneinander. Im Rahmen der lateralen Abfaltung und des Darmrohrschlusses vereinigen sich am Ende der 3. Gestationswoche die beiden Herzanlagen (Endokardschläuche) in der Mittellinie zu einem Herzschlauch, welcher vom sogenannten Myoepikardmantel umfasst wird. In diesen primitiven Schlauch münden kaudal sechs Venen (zwei Kardinalvenen, zwei Dottervenen und zwei Nabelvenen) ein, kranial bestehen zwei Ausflusstrakte, die Aortenbögen. Am Beginn der 4. Gestationswoche (~22. Tag) beginnt das Herz zu schlagen.

    Der innerhalb der Perikardhöhle gelegene Anteil des Herzschlauchs umfasst die Anlage des embryonalen Ventrikels und der Ausflussbahn; außerhalb der Perikardhöhle liegen der Vorhofabschnitt und der Sinus venosus. In weiterer Folge wächst der Herzschlauch rasch durch Hinzufügung von Zellen aus dem umliegenden Mesoderm, und es kommt zur Bildung der Herzschleife. Der absteigende Schenkel der Herzschleife enthält den embryonalen Ventrikel, aus dem später der linke Ventrikel hervorgeht. Der Bulbus cordis entspricht dem aufsteigenden Schenkel; aus dem unteren Abschnitt gehen später der rechte Ventrikel und aus dem oberen Abschnitt (Conus cordis mit Fortsetzung in den Truncus arteriosus) die zwei getrennten Ausflussbahnen für das rechte und linke Herz hervor. Die Vorhofabschnitte beider Seiten verschmelzen zu einem einheitlichen Vorhof, und schließlich auch die daran anschließenden Sinus-venosus-Abschnitte (rechtes und linkes Sinushorn) zu einem Sinus; beide Teile werden in die Perikardhöhle aufgenommen. Gegen Ende der 4. Gestationswoche haben die primitiven Herzhöhlen bereits die Positionen eingenommen, welche für das Herz eines Neugeborenen charakteristisch sind.

    Nach Obliteration der in das linke Sinushorn einmündenden Venen vergrößert sich das rechte Sinushorn und wird schließlich in die Wand des rechten Vorhofs aufgenommen. Damit hat sich die Einflussbahn des Herzens nach rechts verlagert; der Hauptzufluss erfolgt über die V. cava inferior. Auf der linken Seite wird der sich teilende Stamm der Lungenvenen derart in die Vorhofwand aufgenommen, dass vier getrennte Veneneinmündungen entstehen.

    Die Herzsepten entwickeln sich ab der 5. Gestationswoche. Die ursprüngliche Öffnung zwischen dem rechten und linken Vorhof (Foramen oder Ostium primum) wird durch das vom Dach des Vorhofs herab wachsende Septum primum verschlossen. Kurz vor dem vollständigen Verschluss des Ostium primum in der Atrioventrikularebene reißt das Septum primum oben ein, wodurch das Foramen oder Ostium secundum entsteht. In weiterer Folge schiebt sich das ebenfalls vom Vorhofdach ausgehende dickere Septum secundum rechts vom Septum primum über das Ostium secundum; dieses Septum wächst jedoch nicht bis zur Atrioventrikularebene vor, sondern lässt an seinem unteren Rand das Foramen ovale frei. Damit kann das Blut aus der V. cava inferior über das Foramen ovale und das Ostium secundum weiterhin in den linken Vorhof gelangen.

    Zwischen dem Vorhof- und Kammerbereich liegt als enger Abschnitt des Herzschlauchs der Atrioventrikularkanal. Gleichzeitig mit der Bildung des Vorhofseptums erfolgt die Unterteilung in einen rechten und linken Atrioventrikularkanal und das interatriale Septum fusioniert mit dem Septum zwischen den beiden Atrioventrikularkanälen. Am Ende der 4. Gestationswoche beginnen sich die primitiven Ventrikel durch Wachstum des Myokards zu erweitern, wobei die mittleren Wandabschnitte verschmelzen und so den Hauptteil des muskulösen Kammerseptums bilden. Beginnend im kranialen Abschnitt des Truncus, entwickelt sich im Truncus und Conus cordis das spiralig gedrehte Septum aorticopulmonale, das die Blutströme im Truncus pulmonalis und in der Aorta voneinander trennt. Der Conus cordis wird ebenfalls durch ein Septum (den späteren membranösen Teil des Septum interventriculare) in zwei Abschnitte unterteilt, welche schließlich die Ausflussbahnen der beiden Herzkammern bilden. Die Atrioventrikularklappen (Mitral- und Trikuspidalklappen) entwickeln sich zwischen der 5. und 8. Gestationswoche, die Entwicklung der Semilunarklappen ist bis zur 10. Gestationswoche abgeschlossen.

    Der initial ungeteilte Truncus arteriosus setzt sich nach kranial in die paarige ventrale Aorta fort, aus der die Aortenbögen entspringen, welche ihrerseits beidseits um den Schlunddarm herum in die dorsalen Aorten münden. Jedem Kiemenbogen ist ein Aortenbogen (Kiemenbogenarterie) zugeordnet. Der 1., 2. und 5. Aortenbogen bilden sich später zurück. Aus dem 3. Aortenbogen und dem kranialen Anteil der dorsalen Aorten entwickelt sich beidseits die A. carotis interna. Aus dem 4. Aortenbogen entwickeln sich links der definitive Aortenbogen und rechts der Truncus brachiocephalicus sowie der erste Teil der A. subclavia dextra. Aus dem 6. Aortenbogen entwickeln sich der Truncus pulmonalis und der Ductus arteriosus. Die dorsalen Aorten verschmelzen von kaudal her bis zur 7. Intersegmentalarterie zur Aorta descendens.

    1.1.5 Embryologie des Ösophagus

    Ösophagus und Trachea entwickeln sich aus dem vorderen Abschnitt des Vorderdarms. Das initial gemeinsame Lumen wird im Lauf der Entwicklung in zwei Lumina unterteilt, die Anlage der Trachea im ventralen und die Anlage des Ösophagus im dorsalen Abschnitt. Die genauen Mechanismen dieser Unterteilung sind bis dato nicht bekannt und es wurden verschiedene Erklärungsmodelle entwickelt. Die beiden Röhren differenzieren sich in strukturell und funktionell unterschiedliche Organe. Bei Geburt hat der Ösophagus ein mehrschichtiges Plattenepithel und das ösophageale Mesenchym hat sich zu konzentrischen Ringen glatter Muskulatur entwickelt. Demgegenüber hat die Trachea ein pseudostratifiziertes hochprismatisches Epithel und das tracheale Mesenchym hat sich ventral zu C-förmigen Knorpelspangen und dorsal zum M. trachealis entwickelt.

    Fehlerhafte Entwicklungen im Bereich des ventralen Abschnitts des Vorderdarms können in Ösophagotrachealfisteln mit oder ohne Ösophagusatresie, laryngo-tracheo-ösophagealen Spalten, Tracheal- und Ösophagusstenosen, oder Trachealatresien resultieren.

    1.1.6 Embryologie des Thymus

    Der Thymus entwickelt sich aus dem Epithel des ventralen Anteils der dritten Schlundtasche; aus dem Epithel des dorsalen Anteils entsteht die Nebenschilddrüse. Bereits in der 6. Gestationswoche verlieren diese beiden Drüsenanlagen ihre Verbindung zur Pharynxwand und der Hauptteil des Thymus wandert unter Mitnahme der Nebenschilddrüse nach kaudal und medial, um sich in weiterer Folge mit der kontralateralen Thymusanlage zu vereinigen. Der zunehmend länger werdende Schwanzteil des Thymus zerfällt schließlich in Fragmente, die sich in der Regel zurückbilden, manchmal aber auch (zum Teil eingebettet in die Schilddrüse) persistieren können. Das Nebenschilddrüsengewebe kommt normalerweise endgültig auf der dorsalen Seite der Schilddrüse zu liegen, kann jedoch unterschiedlich weit nach kaudal mitgenommen werden.

    1.2 Anatomie des Neugeborenen

    Die Anatomie des Thorax beim Neugeborenen ist ähnlich jener bei älteren Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Für grundlegende Informationen wird daher auf Standardwerke über Anatomie und diagnostische Radiologie (Fleckenstein et al. 2014, Garcia-Peña und Guillerman 2014) verwiesen. Nachfolgend wird auf die Besonderheiten beim Neugeborenen und auf die Unterschiede zu späteren Lebensphasen eingegangen. Bezüglich detaillierter Informationen zur Röntgenanatomie des Neugeborenen wird auf das Kap. 8 „Normalbefund des Neugeborenen" verwiesen.

    1.2.1 Atemwege und Lunge

    Die Trachea ist aus vier Schichten aufgebaut – Mukosa, Submukosa, Knorpel und Muskulatur (namentlich der M. trachealis) – und ist umgeben von Adventitia, mit in Bindegewebe eingebetteten Lymphgefäßen. Vorne und seitlich besteht die Trachea aus 16 bis 20 hufeisenförmigen Trachealknorpeln, die durch ringförmig angeordnetes Bindegewebe verbunden sind und die Aufgabe haben, die Trachea besonders während der Exspiration zu stützen. Die Hinterwand (Paries membranaceus) enthält keinen Knorpel; sie besteht aus dem M. trachealis und elastischem und fibrösem Bindegewebe. Das Verhältnis zwischen knorpeliger und membranöser Trachea beträgt normalerweise ~4,5:1.

    Die Trachea eines reifen Neugeborenen hält im Durchmesser 4–5 mm, die eines sechs Monate alten Säuglings 5–6 mm, und die eines 1-jährigen Kindes 6–8 mm. Demgegenüber betragen normale Trachealdurchmesser beim Mann 13–27 mm und bei der Frau 10–23 mm, mit geringen Unterschieden zwischen koronalen und sagittalen Durchmessern. Die Trachea eines reifen Neugeborenen erstreckt sich bis zum 3.–4. Brustwirbelkörper und hat eine Länge von etwa 4 cm (die eines Erwachsenen bis zum 6. Brustwirbelkörper bei einer Länge von 10–12 cm). Etwa ein Drittel der Trachea liegt oberhalb des Jugulums, also extrathorakal.

    Der Bifurkationswinkel ist bei Neugeborenen deutlich größer als bei Erwachsenen (70°-80° vs. etwa 50°). Auch beim Neugeborenen geht der rechte Hauptbronchus steiler ab als der linke, aber der Unterschied zwischen den Seiten ist weniger stark ausgeprägt als beim älteren Kind oder Erwachsenen.

    Der rechte Hauptbronchus ist kürzer, aber weiter als der linke und verläuft dorsal und kranial der rechten Pulmonalarterie, der linke kaudal der linken Pulmonalarterie.

    Die rechte Lunge besitzt drei Lappen, getrennt durch die Fissura obliqua und die Fissura horizontalis; die linke Lunge hat zwei Lappen, getrennt durch die Fissura obliqua. Während die schrägen Fissuren auf einer Thoraxröntgenaufnahme typischerweise nicht sichtbar sind, stellt sich die horizontale gelegentlich als feine Linie etwa in der Mitte zwischen Lungenspitze und Zwerchfell dar.

    An den Grenzen der Lungen zum oberen Mediastinum liegen rechts das apikale Segment des Oberlappens und links das apikoposteriore Segment des Oberlappens; an den Grenzen zum Herzen liegen rechts das mediale Segment des Mittellappens und links die Lingula des Oberlappens; an den Grenzen zum Zwerchfell liegen der rechte bzw. linke Unterlappen.

    Die Hilusstrukturen sind beim Neugeborenen und jungen Säugling noch nicht so ausgeprägt wie bei älteren Kindern. In Abhängigkeit vom Alter des Kindes ist die Ausprägung der vaskulären und nicht vaskulären Elemente der Hili unterschiedlich und verändert sich daher die Konfiguration der Hili.

    1.2.2 Herz und Gefäße

    In der Frontalebene wird die rechte Herzgrenze vom rechten Vorhof und die linke vom linken Ventrikel gebildet. Die oberen Anteile des Herzens, der Aortenbogen sowie die Pulmonalarterie werden beim Neugeborenen häufig durch den Thymus verdeckt. In der Sagittalebene wird die ventrale Herzgrenze durch den Thymus verdeckt; die dorsale Grenze wird vom linken Atrium gebildet.

    1.2.3 Thymus

    Beim Neugeborenen führt der in der Regel relativ große Thymus zu einer Verbreiterung des Mediastinums. Die Größe des Thymus hängt neben dem Alter auch vom Gesundheitszustand des Kindes ab. In Relation zur Körpergröße ist der Thymus besonders groß bei Säuglingen und jungen Kindern und hat eine vierseitige Form mit konvexen Rändern. Mit zunehmendem Alter nimmt der Thymus eine eher dreieckige Form mit geraden oder konkaven Rändern an. Das aus zwei asymmetrischen Lappen bestehende Organ kann nach kranial bis zur Schilddrüse, nach kaudal bis zum Unterrand des Herzens und nach lateral bis an die Thoraxwand reichen. Häufig reicht der Thymus dorsal bis an die Trachea heran, ein normaler Thymus liegt jedoch selten im hinteren Mediastinum. Selten kann ein aberrierender oder ektopischer Thymus auch in der Halsregion gefunden werden, in erster Linie submandibulär.

    Der Thymus kann eine Vergrößerung des Herzens, einen mediastinalen Tumor oder pulmonale Prozesse (Pneumonie, Atelektase) vortäuschen. Selbst ein sehr großer Thymus führt jedoch niemals zu einer Verdrängung oder Kompression der Trachea oder anderer benachbarter Strukturen.

    1.2.4 Zwerchfell und Pleura

    Das Zwerchfell besteht aus zwei muskulären Teilen, welche durch eine zentrale Sehnenplatte verbunden sind. Die muskulären Anteile entspringen am Processus xiphoideus des Sternums, am Rippenbogen und den oberen drei (rechts) bzw. zwei (links) Lendenwirbeln; damit liegt die vordere Hälfte des Zwerchfells höher als die hintere. Die rechte Zwerchfellhälfte steht etwas höher als die linke; beim Neugeborenen und jungen Säugling projiziert sich die rechte Kuppel auf den vorderen Anteil der sechsten Rippe und die linke Kuppel etwa einen Zwischenrippenraum tiefer. Aorta, V. cava inferior und Ösophagus passieren das Zwerchfell durch Schlitze (Hiatus). Die Innervation des Zwerchfells erfolgt in erster Linie über die beiden Nn. phrenici. Beim Neugeborenen sind die Zwerchfellrippenwinkel stumpfer und die Rippen verlaufen horizontaler als beim älteren Kind und Erwachsenen.

    1.3 Physiologie des Neugeborenen

    Neugeborene und Säuglinge haben im Vergleich zu älteren Kindern und Erwachsenen geringere Reserven zur Bewältigung respiratorischer oder kardiovaskulärer Störungen. Dafür verantwortlich ist eine Reihe von anatomischen und physiologischen Gründen; auf einige wichtige wird nachfolgend im Detail eingegangen.

    1.3.1 Luftwege

    Die Luftwege eines Neugeborenen, Säuglings oder Kindes sind im Vergleich zu denen eines Erwachsenen relativ groß, jedoch in absoluten Maßen klein (über die Luftwegsgenerationen hinweg kommt es von der Geburt bis zum Erwachsenenalter zu einer Zunahme der Luftwegsdurchmesser um 200–300 %). Bei Erwachsenen verursachen Luftwege mit einem Durchmesser über 2 mm etwa 80 % des Strömungswiderstands; die peripheren Luftwege haben insgesamt eine große Querschnittsfläche und tragen daher relativ wenig (<20 %) zum Gesamtströmungswiderstand bei. Im Gegensatz dazu sind die peripheren Luftwege bei einem Neugeborenen oder Säugling für etwa 50 % des Gesamtströmungswiderstands verantwortlich. Da sich der Strömungswiderstand mit der vierten Potenz des Radius verändert, können bereits geringe Reduktionen des Luftwegsradius beim Neugeborenen oder Säugling einen deutlich größeren Anstieg des Strömungswiderstands als bei Erwachsenen nach sich ziehen. Aus diesem Grund können Erkrankungen, welche die sogenannten kleinen Luftwege betreffen und ausgeprägte Veränderungen im Strömungswiderstand verursachen (z. B. akute Bronchiolitis), bei Erwachsenen wenige, aber bei Säuglingen signifikante Probleme verursachen. Der Gesamtströmungswiderstand verringert sich mit dem Wachstum der Luftwege im Laufe des Kindes- und Jugendalters.

    Darüber hinaus weisen die Luftwege im Neugeborenen- und Säuglingsalter eine deutlich höhere Compliance als bei älteren Kindern oder Erwachsenen auf und sind damit sehr empfänglich für erweiternde und komprimierende Kräfte. Forcierte in- oder exspiratorische Atemmanöver können bereits bestehende Luftwegsobstruktionen zusätzlich verstärken und damit den Luftstrom weiter limitieren (dynamische Luftwegskompression).

    1.3.2 Lunge

    Sowohl die Lunge als auch die Thoraxwand besitzen elastische Eigenschaften. Während die Thoraxwand dazu tendiert, sich nach außen zu bewegen, hat die Lunge wegen ihres hohen Anteils an elastischen Bindegewebsfasern und aufgrund der Oberflächenspannung in den Alveolen die Tendenz zu kollabieren. Die Compliance ist ein Maß für die elastischen Eigenschaften des respiratorischen Systems, und die Compliance des gesamten respiratorischen Systems setzt sich aus der Compliance der Lunge und der Compliance der Thoraxwand zusammen.

    Die elastischen Fasern in den Septen der Alveolen rund um die Luftwege gewährleisten die elastische Retraktionskraft für das Offenhalten der Luftwege. Im Neugeborenen- und Säuglingsalter besteht durch die relativ geringe Zahl der Alveolen wenig Unterstützung für die Luftwege, welche in der Exspiration daher zum Kollaps neigen. Mit zunehmendem Alter und der damit einhergehenden Alveolarisation erhöht sich die elastische Retraktionskraft, woraus eine geringere Tendenz zum Luftwegskollaps resultiert. Die elastische Retraktionskraft der Lunge nimmt bis zur Adoleszenz kontinuierlich zu und danach mit dem Alterungsprozess wieder ab (Abb. 1.4). Dies erklärt die Tendenz zum Kollaps der kleinen Atemwege und Alveolen während der Exspiration im Säuglingsalter unterhalb eines bestimmten Volumens („closing volume" oder Verschlusskapazität) der Lunge. Wenn die Verschlusskapazität größer ist als die funktionelle Residualkapazität (FRC; das Lungenvolumen am Ende einer Ruheausatmung), kann es in abhängigen Regionen der Lunge zu Verschlüssen kleiner Atemwege kommen (Abb. 1.5). Daraus resultieren funktionelle Shunts, welche besonders im frühen Kindesalter und im späteren Erwachsenenalter auftreten.

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    Abb. 1.4

    Veränderung der elastischen Retraktionskraft der Lunge (Pel) mit dem Alter (Mittelwert ± 1 Standarddeviation). TLC, Totalkapazität. Abbildung nach: Fuchs O und Fuchs S. Angewandte Physiologie: Funktionelle Entwicklung der Lunge (Mechanik, Gasaustausch). In: von Mutius E, Gappa M, Eber E, Frey U (Hrsg.). Pädiatrische Pneumologie. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin Heidelberg, Springer, 2014; pp 17-41.

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    Abb. 1.5

    Veränderung der Differenz von funktioneller Residualkapazität und Verschlusskapazität mit dem Alter. Daten von 55 gesunden Probanden in Rückenlage (Mittelwert ± 1 Standarddeviation). Negative Werte bedeuten das Auftreten von Verschlüssen der kleinen Atemwege während normaler Ruheatmung. CV, Verschlusskapazität (closing volume); FRC, funktionelle Residualkapazität. Abbildung nach: Fuchs O und Fuchs S. Angewandte Physiologie: Funktionelle Entwicklung der Lunge (Mechanik, Gasaustausch). In: von Mutius E, Gappa M, Eber E, Frey U (Hrsg.). Pädiatrische Pneumologie. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin Heidelberg, Springer, 2014; pp 17-41.

    Interalveolare Poren (Kohn-Poren) sind runde Öffnungen mit einem Durchmesser von wenigen Mikrometern; sie verbinden benachbarte Alveolen und sind in der Regel durch einen Surfactant-Film verschlossen. Die interalveolaren Poren entstehen durch Verdünnungen der Alveolarsepten in den Lücken der Kapillarnetze. Zuerst bilden Epithelzellen der beiden benachbarten Alveolaroberflächen Zell-Zell-Kontakte; danach entsteht eine Pore. Bei Neugeborenen sind diese Poren noch nicht vorhanden; die ersten Poren entstehen gegen Ende der mikrovaskulären Maturation. Damit ist eine kollaterale Ventilation über interalveolare Poren bzw. über bronchoalveolare Kanäle (Lambert-Kanäle) bis zu einem Alter von drei bis vier Jahren nicht möglich. Alveolen hinter verschlossenen Luftwegen können daher nicht über alternative Routen belüftet werden, und Säuglinge und junge Kleinkinder sind somit prädisponiert für die Entwicklung von Atelektasen.

    1.3.3 Thoraxwand

    Das Thoraxskelett trägt bei Neugeborenen und Säuglingen aufgrund seiner Form, hohen Compliance und Deformierbarkeit nur wenig zur Ruheatmung bei. Der sagittale Durchmesser des Thorax ist beim Neugeborenen und jungen Säugling nahezu gleich groß wie der transversale; damit hat der Thorax eine annähernd zylindrische Form (Abb. 1.6). Das Sternum ist weich und damit eine instabile Basis für die Rippen. Die sehr weichen Rippen verlaufen nahezu horizontal und die Interkostalmuskulatur ist nur mäßig entwickelt, sodass die sogenannte Eimerhenkel-Bewegung, auf welcher die thorakale Atmung basiert, nicht möglich ist. Als Folge ergeben sich signifikante Limitationen, die Querschnittsfläche des Thorax im Inspirium zu vergrößern. Die Erlangung der aufrechten Körperhaltung ist der wichtigste Faktor für die sich verändernde Orientierung der Rippen mit dem Alter. Die Rippen werden entsprechend der Schwerkraft nach unten gezogen; damit wird der Thorax länger und sein Querschnitt elliptisch. Der thorakale Index (Ratio zwischen sagittalem und transversalem Thoraxdurchmesser) wird in den ersten drei Lebensjahren signifikant kleiner. Gleichzeitig kommt es zu einer fortschreitenden Verknöcherung der Rippen.

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    Abb. 1.6

    Vergleich des Brustkorbs eines Säuglings (links) mit dem eines älteren Kindes (rechts). Beim Säugling gleichen sich sagittaler und transversaler Thoraxdurchmesser. Die Rippen verlaufen nahezu horizontal, daher kann der Brustkorb bei der Inspiration nur wenig angehoben werden. Die Zwerchfellrippenwinkel sind stumpfer und das Zwerchfell daher weniger effizient. Abbildung nach: Fuchs O und Fuchs S. Angewandte Physiologie: Funktionelle Entwicklung der Lunge (Mechanik, Gasaustausch). In: von Mutius E, Gappa M, Eber E, Frey U (Hrsg.). Pädiatrische Pneumologie. 3., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin Heidelberg, Springer, 2014; pp 17-41.

    Der Winkel des Zwerchfellansatzes an den unteren Rippen ist beim Neugeborenen im Vergleich zu älteren Kindern stumpf. Daher verursacht die Kontraktion des Zwerchfells während der Einatmung tendenziell eine Einwärtsbewegung des unteren Rippenbogens (die Interkostalmuskulatur und das Zwerchfell sind am Rippenbogen Antagonisten). Diese paradoxe Einwärtsbewegung des Rippenbogens während einer Inspiration (Hoover-Zeichen) ist ein typisches Zeichen bei ausgeprägter Luftwegsobstruktion und Überblähung (und damit abgeflachtem Zwerchfell).

    Die Compliance der Thoraxwand von Neugeborenen und Säuglingen ist deutlich höher als jene der Lunge; erst am Ende des zweiten Lebensjahrs kommt es zu einer Angleichung der beiden Werte. Da die Balance zwischen der Rückstellkraft des Thorax und jener der Lunge das statische Volumen der Lunge im Ruhezustand beeinflusst, erreichen Neugeborene und Säuglinge bei viel niedrigeren Lungenvolumina als Erwachsene ein Equilibrium. Aus der Überlappung der Atemzugsvolumina mit den Verschlusskapazitäten ergeben sich Luftwegsverschlüsse und damit Regionen mit gestörtem Ventilations-Perfusions-Verhältnis.

    Neugeborene und Säuglinge regulieren daher ihre Atemruhelage und damit die funktionelle Residualkapazität durch Verkürzung der Exspirationszeit und/oder eine Reduktion des exspiratorischen Atemflusses dynamisch nach oben. Dies geschieht durch folgende Mechanismen:

    1.

    Erhöhung der Atemfrequenz mit der Folge, dass für die Ausatmung weniger Zeit verbleibt als für die Einatmung und damit nicht bis zum elastischen Equilibrium ausgeatmet werden kann.

    2.

    Adduktion der Stimmbänder während der Ausatmung, um den Strömungswiderstand zu erhöhen und damit den Atemfluss zu reduzieren.

    3.

    Aufrechterhaltung eines gewissen Muskeltonus des Zwerchfells während der Ausatmung und, im Vergleich zu älteren Kindern und Erwachsenen, vorzeitiges Einsetzen der Einatmung.

    Die beträchtlichen anatomischen und physiologischen Unterschiede zwischen Neugeborenen und Säuglingen einerseits und älteren Kindern und Erwachsenen andererseits erklären die höhere Suszeptibilität für schwerere Manifestationen respiratorischer Erkrankungen.

    Literatur

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    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    Michael Riccabona, Meinrad Beer und Hans-Joachim Mentzel (Hrsg.)Bildgebung des Thorax bei Neugeborenen und Kleinkindernhttps://doi.org/10.1007/978-3-662-57814-8_2

    2. Update des klinischen Managements beim Früh- und Neugeborenen

    Hans Proquitté¹  

    (1)

    Sektion Neonatologie/Pädiatrische Intensivmedizin, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Jena, Deutschland

    Hans Proquitté

    Email: Hans.Proquitte@med.uni-jena.de

    2.1 Einführung

    2.2 Postnatales Management

    2.3 Adaptation der Atmung

    2.4 Adaptation des Kreislaufes

    2.5 Enterale und parenterale Ernährung

    2.6 Eltern in der postnatalen Betreuung

    2.7 Zusammenfassung

    Literatur

    2.1 Einführung

    Die klinische Versorgung von Früh- (FG) und Neugeborenen (NG) hat sich in den vergangenen Jahren sukzessive verändert. Während die postnatale Betreuung eines gesunden NG weiterhin primär bei der zuständigen Hebamme oder dem Geburtshelfer liegt, werden Risiko-NG und FG heute in den Regel durch Kinderärzte, zumeist sogar durch spezifisch ausgebildete Neonatologen versorgt. Zunehmend werden auch sehr unreife FG ≤ 24 Schwangerschaftswochen post menstruationem (SSW) und kranke NG mit angeborenen Fehlbildungen betreut. Bildgebend kommen postnatal primär Verfahren wie Ultraschall und die konventionelle Röntgendiagnostik zum Einsatz. Vermehrt werden aber auch die Magnetresonanztomografie (MRT) und selten sogar die Computertomografie (CT) durchgeführt. Hier soll kurz auf einige aktuelle Neuerungen und Entwicklungen aus dem Bereich der Neonatologie eingegangen werden.

    2.2 Postnatales Management

    Eine erfolgreiche postnatale Adaptation des NG ist geknüpft an regelhaft ablaufende koordinierter Ereignisse: die Resorption der fetalen Lungenflüssigkeit, das Einsetzen einer regelmäßigen Atmung mit Belüftung der Lunge sowie die Umstellung vom fetalen parallelen zum seriellen postnatalen Kreislauf. Um während der Adaptationsphase ein NG optimal betreuen zu können, braucht es Kenntnisse um diese physiologischen Vorgänge, gut ausgebildetes Personal, sowie ein Minimum an technischer Ausrüstung.

    Da bei jeder Geburt potenziell schwerwiegende Komplikationen auftreten können, die nicht immer vorhersehbar sind, muss ein gut ausgerüsteter und funktionstüchtiger (vorbereiteter) Reanimationsplatz zur Verfügung stehen, damit bei Bedarf sofort eine adäquate Versorgung des NG erfolgen kann. Während zumeist einfache Basismaßnahmen genügen, wird in ca. 10 % aller NG postnatal zusätzliche Unterstützung benötigt. Nur in weniger als 1 % sind zusätzlich weiterführende Unterstützungsmaßnahmen erforderlich, kreislaufwiederherstellende Maßnahmen wie Intubation, Herzmassage und medikamentöse Reanimation kommen noch seltener zum Einsatz.

    Es gibt Situationen, in denen bereits im Vorfeld mit einem erhöhten Risiko für eine gestörte Adaptation gerechnet werden muss. Hier muss der Geburtshelfer die vorhandenen Ressourcen abwägen und entscheiden, ob ein Pädiater zur Geburt hinzugezogen oder Risikoschwangere vor der Geburt in ein perinatologisches Zentrum verlegt werden müssen, da der pränatale Transport in utero als sicherste Transportart für das Kind gilt. Speziell extrem FG (< 1000 g) (Bohler et al. 2012) und Patienten mit schwerwiegenden Fehlbildungen (Zwerchfellhernien (Zani et al. 2016, Abdulhai et al. 2017, Bauchwand- (Arnold et al. 2007) und Neuralrohrdefekte (Lodwick et al. 2017), Ösophagusatresien (Zani et al. 2014, Aguilera et al. 2017) oder komplexe Herzfehler) sollten immer in entsprechenden Perinatalzentren versorgt werden. Nur dort ist der Umgang mit diesen Krankheitsbildern bekannt und entsprechendes Know-how, die erforderliche Technik und das geschulte Personal vorhanden.

    Gemäß neuer Leitlinien des European Resuscitation Council zur Stabilisierung und Reanimation von NG unmittelbar nach Geburt gelten seit 2015 mehrere Modifikationen, die kurz aufgeführt werden (Wyllie et al. 2015):

    1.

    Anpassung: NG benötigen – wenn überhaupt – allenfalls stabilisierende Maßnahmen, aber nur extrem selten eine vollständige Reanimation. Entsprechend wurde der Terminus „Unterstützung der Anpassung" eingeführt. So lässt sich besser zwischen Reanimationsmaßnahmen, die Organfunktionen wiederherstellen sollen, und unterstützenden Maßnahmen während der postnatalen Umstellung des Körpers unterscheiden.

    2.

    Abnabeln: Für unbeeinträchtigte, gesunde NG und FG wird ein verzögertes Abnabeln (frühestens 1 min nach Geburt) empfohlen. Für NG, die Reanimationsmaßnahmen benötigen, fehlen Daten, sodass keine Empfehlungen diesbezüglich möglich sind.

    3.

    Temperatur: Die Körpertemperatur von nicht asphyktischen NG ist zwischen 36,5 und 37,5 °C zu halten, ein entsprechendes Wärmemanagement ist vorzuhalten. Die Körpertemperatur bei Aufnahme als Prädiktor für Outcome und als Qualitätsmerkmal der Versorgung ist zu dokumentieren.

    4.

    Wärmemanagement bei FG: Bei FG < 32 SSW ist gleichermaßen während der Stabilisierung und nach Aufnahme eine Temperatur von 36,5 bis 37,5 °C anzustreben bzw. aufrechtzuerhalten. Die Kombination von Maßnahmen beinhaltet eine – zu kontrollierende – Erhöhung der Raumtemperatur, das zusätzliche Einwickeln von Körper und Kopf (unter Aussparung des Gesichtes) in eine Plastikfolie, Versorgung auf einer Wärmematte/ -einheit und gewärmte und befeuchtete Atemgase.

    5.

    Bestimmung der Herzfrequenz: Bei NG, die Reanimationsmaßnahmen benötigen, sollte eine EKG-Überwachung zur schnellen und sicheren Bestimmung der Herzfrequenz zum Einsatz kommen.

    6.

    Mekonium: Ein avitales NG mit Mekoniumaspiration soll nicht mehr routinemäßig tracheal intubiert werden, sondern nur noch bei Verdacht auf eine Obstruktion der Trachea. Entscheidend ist – bei fehlender oder insuffizienter Spontanatmung – der Beginn einer Beatmung ohne Verzögerung innerhalb der ersten Lebensminute.

    7.

    Raumluft/Sauerstoff (O2): Eine reifes NG soll unmittelbar nach Geburt immer mit Raumluft beatmet werden, für FG <32 SSW kann anfangs eine geringe O2-Konzentration (FiO2 bis 0,30) verwendet werden. Wenn trotz effektiver Beatmungen die O2-Konzentration im Gewebe (Pulsoxymetrie) nicht zufriedenstellend ansteigt, ist die Erhöhung der O2-Konzentration in der Atemluft in Erwägung zu ziehen.

    8.

    Continuous positive airway pressure (CPAP): Für ein spontan atmendes NG mit Zeichen einer angestrengten Atmung hat eine Atemunterstützung mittels CPAP initial einen höheren Stellenwert als eine Intubation.

    2.3 Adaptation der Atmung

    Während der Schwangerschaft aus Amnion und Lungenepithel sezernierte Flüssigkeit (Fruchtwasser) ist für die Entwicklung der Lunge essenziell (Olver et al. 2004). Die perinatale Resorption des Fruchtwassers unterliegt dem Einfluss von fetalen Hormonen, diese werden getriggert vom Geburtsmodus (Schnitt- vs. Spontanentbindung) und dem Vorhandensein/Fehlen von Wehentätigkeit. Typ-II-Pneumozyten realisieren via NaK2Co-Transportern die Resorption und stellen so die wichtigste Voraussetzung für den problemlosen Übergang

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