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Krebs - Lifestyle und Umweltfaktoren als Risiko
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eBook286 Seiten2 Stunden

Krebs - Lifestyle und Umweltfaktoren als Risiko

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Über dieses E-Book

Renommierte Heidelberger Wissenschaftler haben in diesem Buch zusammengetragen, was heute über Krebserkrankungen und ihre Ursachen bekannt ist.

Lediglich 5 bis 10% aller Krebserkrankungen werden durch vererbte Gendefekte verursacht. Epidemiologische und experimentelle Daten aus wissenschaftlichen Studien und Hochrechnungen zeigen, wie sehr das Erkrankungsrisiko durch die eigene moderne Lebensweise beeinflusst wird. 

Die Autoren haben sich zum Ziel gesetzt, diffusen Ängsten und gefährlichem Halbwissen wissenschaftlich valides Wissen entgegenzusetzen und diese Daten und Fakten verständlich und unterhaltsam zu präsentieren.

Das Buch richtet sich an alle medizinisch Interessierten, Betroffene und Angehörige.



SpracheDeutsch
HerausgeberSpringer
Erscheinungsdatum28. Juni 2019
ISBN9783662592779
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    Buchvorschau

    Krebs - Lifestyle und Umweltfaktoren als Risiko - Hanna Heikenwälder

    © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019

    Hanna Heikenwälder und Mathias HeikenwälderKrebs - Lifestyle und Umweltfaktoren als Risikohttps://doi.org/10.1007/978-3-662-59277-9_1

    Neuigkeiten aus der Krebsforschung

    Hanna Heikenwälder¹   und Mathias Heikenwälder²  

    (1)

    Heidelberg, Deutschland

    (2)

    Chronische Entzündung und Krebs (F 180), Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg, Deutschland

    Hanna Heikenwälder (Korrespondenzautor)

    Email: hanna.bergmann@gmx.net

    Mathias Heikenwälder

    Email: m.heikenwaelder@dkfz-heidelberg.de

    Krebserkrankungen verursachen jährlich weltweit 9,6 Mio. Todesfälle und sind damit nach Herzkreislauferkrankungen die häufigste Todesursache in der entwickelten Welt (2019). Die meisten krebsbedingten Todesfälle werden durch Lungenkrebs (1,76 Mio.), Darmkrebs (862.000), Magenkrebs (783.000) und Leberkrebs (782.000) verursacht, gefolgt von geschlechtsspezifischen Krebserkrankungen wie beispielsweise Brustkrebs (627.000). Während im Jahre 2018 noch 18 Mio. Menschen auf der ganzen Welt an Krebs erkrankten, werden es laut Hochrechnungen der internationalen Agentur für Krebsforschung (IACR) im Jahr 2040 schon 29,5 Mio. sein (2019a, b). Mit der Anzahl an Neuerkrankungen steigt auch die Anzahl der krebsbedingten Todesfälle. Dies bedeutet, dass der Anstieg an neuen Krebserkrankungen durch eine Zunahme von bösartigen Krebserkrankungen getragen wird und die Zahl der Neuerkrankungen nicht nur durch verbesserte Diagnoseverfahren und die frühzeitige Entdeckung von harmlosen Krebsvorläuferstufen in die Höhe getrieben wird. Obwohl diese Zahlen natürlich auch die wachsende Weltbevölkerung und die steigende durchschnittliche Lebenserwartung widerspiegeln, wird der bedeutendste Anstieg bei jenen Krebserkrankungen zu finden sein, welche wir durch unseren Lebensstil und unsere Nahrung beeinflussen können- wie beispielsweise Leberkrebs, Darmkrebs und Brustkrebs. Ungefähr jeder Zweite von uns wird in seinem Leben an Krebs erkranken. Laut der IACR, könnte die Hälfte dieser Krebserkrankungen vermieden werden, wenn der aktuelle Wissensstand genau umgesetzt werden würde (2019c). Dies beinhaltet das Vermeiden von krebsverursachenden Nahrungsmitteln, Umwelteinflüssen und Lebensgewohnheiten sowie die Ausschöpfung der heutigen Präventions- und Diagnosemöglichkeiten. Alleine durch Impfungen gegen Hepatitis B und humane Papilloma Viren könnten jährlich 1 Mio. Krebserkrankungen verhindert werden (Plummer et al. 2016).

    Wir wissen mittlerweile, dass nur etwa 5–10 % aller Krebserkrankungen auf angeborene genetische Defekte zurückzuführen sind (Aggarwal et al. 2009). Die hierfür verantwortlichen Gene sind mittlerweile gut erforscht. Die restlichen 90–95 % der Krebserkrankungen sind also auf erworbene Gendefekte zurückzuführen, welche sich im Laufe unseres Lebens mit der Hilfe von krebsfördernden Umwelteinflüssen und Lebensgewohnheiten ansammeln. Nach dem aktuellen Erkenntnisstand sind 14–20 % aller Krebserkrankungen auf starkes Übergewicht (Adipositas) zurückzuführen. Infektionen verursachen laut Untersuchungen 18 % aller Krebserkrankungen, die Ernährung 35 % und Umweltverschmutzung und Strahlung zusammen 7 % (Aggarwal et al. 2009). Für viele Krebserkrankungen sind die verursachenden Lebensgewohnheiten und Umwelteinflüsse noch nicht ausreichend erforscht. Weltweit existieren große regionale Unterschiede in Bezug auf das Risiko an Krebs zu erkranken. So erkranken beispielsweise Männer in Australien und Neuseeland mit 571,2 Erkrankungen pro 100.000 fast sechsmal häufiger an Krebs als Männer in Westafrika mit lediglich 95,6 Erkrankungen pro 100.000 (Abb. 1) (2019d). Dabei variiert auch die Häufigkeit an bestimmten Krebsarten zu erkranken zwischen unterschiedlichen Ländern erheblich. So wird der Unterschied in der weltweiten Krebshäufigkeit bei Männern insbesondere durch das besonders häufige Vorkommen von Prostatakrebs in mittel- bis hoch entwickelten Ländern verursacht. Die Untersuchung von Krebshäufigkeiten bei Migranten offenbarte eindrücklich, dass die Unterschiede in der Inzidenz (dem Auftreten) nahezu aller Krebserkrankungen nicht durch verschiedene genetische Veranlagungen von bestimmten Bevölkerungsgruppen, sondern durch die Lebensumstände in der jeweiligen geografischen Region verursacht werden. Beispielsweise ist Magenkrebs bei Japanern ungefähr 6-8-mal häufiger als bei Amerikanern. In den USA geborene Kinder von japanischen Einwanderern erkranken jedoch bereits mit derselben niedrigeren Häufigkeit an Magenkrebs wie Amerikaner. Gleichzeitig ist das Risiko in den USA an Darmkrebs zu erkranken in Abhängigkeit von den Ernährungsgewohnheiten bis zu 20-mal so groß wie in anderen Ländern der Erde. Einige wenige Krebserkrankungen treten jedoch mit einer vergleichbaren Häufigkeit in allen Bevölkerungsgruppen und Ländern dieser Erde auf. Diese Beobachtung trifft insbesondere auf Krebserkrankungen im frühen Kindesalter zu und weist darauf hin, dass diese Krebserkrankungen durch Prozesse im Körper gesteuert werden auf welche die Umwelt nur wenig Einfluss hat (Weinberg 2014). Die Frage, weshalb manche Krebserkrankungen bereits im frühen Kindesalter auftreten, beantworten wir in dem Kapitel „Alter und Krebs". Interessanterweise ist die durch Krebs verursachte Sterblichkeit in entwickelten Ländern dieser Erde durchschnittlich nur circa 15 % niedriger als in Entwicklungsländern (Abb. 2) (2019d). Dies zeigt eindrücklich, wie hilflos wir trotz kostenintensiver und aufwendiger Therapien diesen bösartigen Krebserkrankungen ausgeliefert sind.

    ../images/482071_1_De_1_Chapter/482071_1_De_1_Fig1_HTML.png

    Abb. 1

    Weltweite altersangepasste Inzidenzraten für alle Krebsarten nach Geschlecht pro 100.000 Einwohner. Abgebildet mit freundlicher Genehmigung von Ferlay J, Ervik M, Lam F, Colombet M, Mery L, Piñeros M, Znaor A, Soerjomataram I, Bray F (2018). Global Cancer Observatory: Cancer Today. Lyon, France: International Agency for Research on Cancer. Verfügbar auf:

    https://​gco.​iarc.​fr/​today, accessed 12 March 2019

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    Abb. 2

    Weltweite altersangepasste Inzidenz- und Mortalitätsraten für alle Krebsarten pro 100.000 Einwohner. Abgebildet mit freundlicher Genehmigung von Ferlay J, Ervik M, Lam F, Colombet M, Mery L, Piñeros M, Znaor A, Soerjomataram I, Bray F (2018). Global Cancer Observatory: Cancer Today. Lyon, France: International Agency for Research on Cancer. Verfügbar auf: https://​gco.​iarc.​fr/​today, accessed 12 March 2019

    In diesem Buch werden wir die einflussreichsten Lebensgewohnheiten und Umwelteinflüsse vorstellen, die in Zukunft für die Zunahme von Krebserkrankungen verantwortlich sein werden. Wir erklären, welche krebserregenden Stoffe aus unserer Umwelt und Nahrung die Krebsentstehung initiieren und durch welche Lebensgewohnheiten oder Erkrankungen das Wachstum von Krebszellen beschleunigt wird. Eine besondere Rolle kommt hierbei dauerhaften Entzündungen zu, die in unserem Körper oftmals über Jahrzehnte unentdeckt die Krebsentstehung vorantreiben. Diese dauerhaften Entzündungen können durch Erkrankungen und Infektionen, aber auch durch unsere Ernährung und Lebensgewohnheiten verursacht werden. Ein Paradebeispiel für eine stark zunehmende Krebserkrankung ist eine Form von Leberkrebs , das Hepatozelluläre Karzinom (HCC). Das Hepatozelluläre Karzinom macht weltweit 65 % aller Leberkrebsfälle aus und hat sich im Zeitraum von 1980–2011 beinahe verfünffacht (Ghouri et al. 2017). Als Hauptrisikofaktor für diese Krebserkrankung gilt neben einer Hepatitis Virus Infektion (HBV/HCV) und Alkoholkonsum die sogenannte „Fettleber . Verursacht wird diese durch eine Fett- und Zuckerreiche Ernährung, Bewegungsmangel, sowie durch Begleiterkrankungen wie Diabetes, das metabolische Syndrom oder entzündliche Darmerkrankungen. Die Zahl der von einer Fettleber betroffen Patienten wird allein in Deutschland auf 10–20 Mio. geschätzt. Ärzte sprechen mittlerweile geradezu von einer Epidemie. Die weitere Zunahme der Fettlebererkrankung, wird in den nächsten Jahrzehnten weltweit zu einer enormen Zunahme an Patienten mit Leberkrebs führen (Altekruse et al. 2009; Malek et al. 2014). In einem Zeitraum von nur 5 Jahren entwickelt sich in 11,7 % der von einer Fettleber betroffenen Personen ein gefährliches „hepatozelluläres Karzinom, eine bösartige Krebserkrankung der Leber. Die meisten Patienten sind zum Zeitpunkt der Diagnose gerademal 30–50 Jahre alt (Ghouri et al. 2017). Besonders erschwert wird die Diagnose durch den unauffälligen und schleichenden Verlauf der Fettlebererkrankung, die jedoch nur im frühen Stadium durch eine gezielte Umstellung der Ernährungsgewohnheiten aufgehalten werden kann. Dies setzt jedoch voraus, dass die Erkrankung frühzeitig im Rahmen von Routineuntersuchungen entdeckt wird. In diesem Fall überleben 70 % der Patienten mindestens 5 Jahre (Tong et al. 2017). Meistens wird eine Leberkrebserkrankung erst spät entdeckt, wenn harmlose Symptome wie ein andauerndes Völlegefühl oder Druck im Oberbauch durch eine vergrößerte Leber auftreten. Zu diesem Zeitpunkt ist die Krebserkrankung bereits weit fortgeschritten und die Wahrscheinlichkeit die nächsten 3 Jahre zu überleben entspricht nur noch 0–10 %. Der schleichende Verlauf und die schlechten Heilungsaussichten machen diese Form von Leberkrebs zur zweithäufigsten krebsbedingten Todesursache weltweit, mit bis zu 600.000 Todesfällen pro Jahr (Ghouri et al. 2017). Welche weiteren Auswirkungen eine kalorienreiche Ernährung und Übergewicht auf das allgemeine Krebsrisiko haben und welche Rolle dabei Zucker und Fette spielen, werden wir in dem Kapitel „Zucker, Fette und Übergewicht" erklären.

    Auch dauerhafte Erkrankungen wie Infektionen können Krebs verursachen. Zu diesen Erkrankungen zählen beispielsweise Humane Papilloma Viren (HPV) im Falle von Gebärmutterhalskrebs , Hepatitisviren als Ursache von Leberkrebs oder Helicobacter pylorii Bakterien im Fall von Magenkrebs und Lymphomen. Aktuelle Forschungsergebnisse lassen vermuten, dass noch weitere bisher unbekannte krebsverursachende Infektionen existieren. Viele der bekannten krebsverursachenden Infektionen sind erst dann in der Lage ihr gefährliches Potenzial zu entfalten, wenn es unserem Immunsystem nicht gelingt diese zu besiegen. Andere Infektionen wiederum werden erst im Zusammenspiel mit unserem Immunsystem zu einer ernsthaften Bedrohung für unsere Gesundheit, indem sie dauerhafte Entzündungsreaktionen in unserem Körper verursachen. Die herausragende Rolle unseres Immunsystems bei der Entstehung von Krebserkrankungen, werden wir in dem Kapitel „Das Immunsystem und Krebs" erklären. Im Laufe des Buches werden wir zudem vielfältige Lebensgewohnheiten vorstellen, die die Funktionsweise unseres Immunsystems beeinflussen und dadurch der Entstehung von Krebserkrankungen entgegenwirken oder diese begünstigen.

    Interessanterweise sind viele der krebserregenden Infektionskrankheiten, wie beispielsweise Helicobacter pylorii als Ursache von Magenkrebs, in einigen Bevölkerungen geradezu pandemisch. Dies bedeutet, dass zwar nahezu Jeder infiziert ist, allerdings nur ein geringer Prozentsatz der Infizierten ein bösartiges Magenkarzinom entwickelt, welches auf der Liste der tödlichen Krebserkrankungen den 3. Platz belegt (2019a). Neben einer Infektion mit dem krebsverursachenden Krankheitserreger, spielen also neben der persönlichen genetischen Veranlagung auch die Immunfunktion und Umweltfaktoren eine wichtige Rolle für die Krebsentstehung. Viele Menschen leben ihr gesamtes Leben mit einer potenziell krebsverursachenden Infektion, welche sich in einer Art Gleichgewichtszustand mit dem Immunsystem befindet, ohne an Krebs zu erkranken.

    In diesem Buch werden wir die bekanntesten krebsfördernden Infektionen erklären und noch unbekannte, aber nach neustem Forschungsstand äußerst wahrscheinliche krebsfördernde Infektionen vorstellen. Soweit es der heutige Erkenntnisstand zulässt, werden wir darüber aufklären, wodurch diese Infektionen verursacht werden und wie man sich vor ihnen schützen kann.

    Eine weitere Ursache für ein erhöhtes Krebsrisiko sind sogenannte „Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise die chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und Ulcerative Kolitis . Autoimmunerkrankungen werden durch eine fehlgeleitete Reaktion des eigenen Immunsystems gegen körpereigene Bestandteile verursacht, zu denen unter anderem auch die Mikroben in unserem Darm zählen. Warum manche Autoimmunerkrankungen ein erhöhtes Krebsrisiko mit sich bringen und durch welche Faktoren diese Erkrankungen beeinflusst werden können, werden wir in den Kapiteln „Bindemittel, Ballaststoffe und Darmentzündungen und „Krebsfördernde Umwelteinflüsse und Erkrankungen besprechen. Im Verlauf des Buches erklären wir außerdem wie Bewegungsmangel, Alter und Stress sich auf das Krebsrisiko auswirken. In dem Kapitel „Alter und Krebs werden wir zeigen, dass es durchaus möglich ist, die Lebensspanne von Tieren erheblich zu verlängern und dabei gleichzeitig das Auftreten von Alterserscheinungen wie Krebserkrankungen hinaus zu zögern. Wir erklären welche Mechanismen bei Tieren wie Hummern oder Blauwalen dahinterstecken und welche Möglichkeiten sich daraus für uns Menschen ergeben.

    Am Ende des Buches haben wir uns mit der Frage beschäftigt, welche Maßnahmen in Zukunft die größten Erfolge bei der Verhinderung und Behandlung von Krebserkrankungen erzielen könnten. Noch vor wenigen Jahrzehnten waren die Ursachen von Krebserkrankungen auf zellulärer Ebene nahezu unbekannt. Mittlerweile existiert -zumindest in der Wissenschaft- ein äußerst detailliertes Verständnis für die Vorgänge innerhalb von Körperzellen, die Krebserkrankungen begünstigen. Dennoch wird dieses Wissen bisher nicht ausreichend umgesetzt, um Krebserkrankungen zu verhindern oder Krebspatienten eine bessere Therapie zukommen zu lassen. Die meisten heute in der Klinik zur Behandlung von Krebserkrankungen eingesetzten Therapiemaßnahmen, wie Operationen, Chemotherapie und Bestrahlungen, sind Methoden aus einer Zeit vor den neuen Erkenntnissen der Molekularbiologie. Der auch heute noch breitflächige Einsatz dieser standardisierten Therapien erklärt, warum sich die Sterblichkeitsraten für die meisten fortgeschrittenen Krebserkrankungen wie Darmkrebs , Prostatakrebs , Pankreaskrebs und Brustkrebs bis heute nicht verbessert haben. Erfolge im Überleben von Patienten werden hauptsächlich für die frühen Stadien von Brust- und Darmkrebs beobachtet und werden nahezu ausnahmslos auf eine frühzeitige Erkennung von gutartigen Vorläufern von Krebserkrankungen zurückgeführt (Weinberg 2014). Wir möchten mit diesem Buch darauf aufmerksam machen, dass der mangelnde Fortschritt bei der Verhinderung und Bekämpfung von Krebserkrankungen nicht hauptsächlich auf einem Mangel an Wissen und zielgerichteten Ansätzen basiert, sondern auch an einer Umsetzung der neuen Erkenntnisse. Eine langfristige Veränderung des Lebensstils und somit eine Minimierung des Krebsrisikos kann nur erreicht werden, indem man versteht, weshalb gewisse Lebensgewohnheiten oder Umweltfaktoren schädlich für uns sind. Die moderne Krebsforschung sieht enormen Handlungsbedarf vonseiten der Gesundheitssysteme im Hinblick auf die Umsetzung der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Der Wandel wird kommen. Wir möchten, dass er bald geschieht, um vermeidbare Krebserkrankungen zu verhindern und jedem Patienten die optimale Therapie zukommen zu lassen. Eine personalisierte Medizin, die jeden Patienten und jede Krebserkrankung individuell behandelt, ist mit vielen Herausforderungen verbunden. Dennoch könnte sie zu einer enormen Verbesserung des Behandlungserfolges und der Lebensqualität von Krebspatienten führen.

    Bevor es losgeht, möchten wir uns noch kurz mit einem schwerwiegenden Problem beschäftigen, das die Berichterstattung aus der Krebsforschung betrifft. Obwohl es Wissenschaftlern in den letzten Jahrzehnten dank der enormen Fortschritte auf den Gebieten der Genforschung und Molekularbiologie gelang viele Rätsel der Krebsentstehung zu entschlüsseln, ist wenig von diesem Wissen und Verständnis an die Öffentlichkeit gelangt. Das Problem ist hierbei nicht die mangelnde Berichterstattung, da wir beinahe täglich mit Details aus der Krebsforschung und vielversprechenden Behandlungserfolgen konfrontiert werden. Dennoch existiert zwischen wissenschaftlich anerkannten und dem in der Gesellschaft verbreiteten Wissen eine große Diskrepanz.

    Sind unsere angeborenen Gene schuld, wenn wir an Krebs erkranken? Könnten wir das möglicherweise verhindern? Wie gefährlich ist der vereinzelte Kontakt mit krebserregenden Substanzen wie angebrannten Speisen? Was ist der Unterschied zwischen krebserregenden und krebsfördernden Substanzen? Kann man sich mit Medikamenten wie Aspirin oder bestimmten Nahrungsergänzungsmitteln vor Krebs schützen? Wissen kann in diesem Zusammenhang nicht nur Krebserkrankungen möglicherweise verhindern, sondern auch vielen unbegründeten Sorgen und Ängsten ihre Kraft nehmen.

    Trotz regelmäßiger Berichte aus der Krebsforschung in den Medien, sind viele Menschen schlecht informiert, wenn es um wissenschaftliche Fakten zum Thema Krebs geht. Leider führt gerade ein dauerhafter Fluss von übertriebenen und teilweise sogar widersprüchlichen Meldungen in den Medien zu einem gewissen Vertrauensverlust in die Wissenschaft. Da die meisten Medien bei der Berichterstattung vorwiegend Aussagen aus Studien herauspicken, wird es für das Laienpublikum unmöglich zu erkennen, von welcher Qualität die zitierten Daten sind. Bei wissenschaftlichen Studien gibt es jedoch erhebliche qualitative Unterschiede und es spielt in der Tat eine Rolle, wie oft etwas gezeigt werden konnte und ob sich die Studie mit demselben Ergebnis wiederholen ließ. Leider bleiben viele Studienergebnisse lange im Gedächtnis der Öffentlichkeit und werden als Fakten zitiert, die niemals wiederholt wurden oder sich nicht wiederholen ließen. Dabei werden auch sehr gute und fundierte wissenschaftliche Studien mit den anderen Studien in einen Topf geworfen. Es wird dabei unmöglich zu erkennen, welchen wissenschaftlichen Studien man vertrauen schenken kann und welchen man eher mit einer gewissen Skepsis begegnen sollte. Oftmals bleiben dabei nur die Studienergebnisse im Gedächtnis, die sich von vornherein mit der eigenen Lebensphilosophie vereinbaren lassen. Das ist ein sehr beunruhigender Trend und hat nichts mit Wissenschaft zu tun.

    Während also regelmäßig über bahnbrechende Erfolge berichtet wird, schenkt diesen Schlagzeilen in der Krebsforschung kaum Jemand Beachtung. Wissenschaftler wissen, dass Forschungsergebnisse erst dann wichtig und richtig sind, wenn sie sich mehrfach haben wiederholen lassen und zumindest langfristig in den Gesamtkontext passen.

    Was können Sie also selbst in Zukunft gegen dieses Problem tun, wenn sie eine Meldung aus der Krebsforschung lesen die zu gut oder zu einfach erscheint um wahr zu sein? Es gibt eine Suchmaschine namens Pubmed.com (2019e). Diese Suchmaschine funktioniert im Prinzip wie jede andere Suchmaschine auch. Der entscheidende Unterschied liegt darin, dass alle medizinischen Veröffentlichungen, die sie auf Pubmed.com finden aus evidenzbasierten wissenschaftlichen Studien hervorgegangen sind, welche vor der Veröffentlichung von anderen unabhängigen Wissenschaftlern (idealerweise Experten auf demselben Gebiet) geprüft und falls nötig durch weitere Experimente infrage gestellt wurden. Dieses Verfahren nennt sich „Peer Review (von „Peer englisch für „der Fachkollege; der Gleichgestellte und „review englisch für „Gutachten") und stellt quasi die Qualitätssicherung in der Wissenschaft dar. Evidenz basierte Forschung bedeutet, dass ein Wissenschaftler nachdem er eine Theorie aufgestellt hat oder eine Entdeckung gemacht hat, nicht nur die Frage stellt, wie er seine Entdeckung weiter beweisen kann. Die bedeutendere Fragestellung ist, mit welchem Experimenten sich eine Entdeckung möglicherweise widerlegen lässt. Je mehr Experimente dieser Art von den Autoren einer wissenschaftlichen Studie erbracht wurden und je mehr unterschiedliche methodische Ansätze dafür gewählt wurden, desto wahrscheinlicher stimmt die Aussage der Studie. Dies bedeutet

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