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Die Fabrik der Zeitmaschinen
Die Fabrik der Zeitmaschinen
Die Fabrik der Zeitmaschinen
eBook562 Seiten7 Stunden

Die Fabrik der Zeitmaschinen

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Über dieses E-Book

Die Menschen besitzen das Monopol für die Herstellung der Zeitmaschinen. Nur sie können diese Ware in der gesamten Galaxis verkaufen, welche sie dadurch mit grausamer Härte beherrschen.
Doch zwei junge Männer wollen nun diesem brutalen System ein Ende machen.
Denn sie wissen: Die Zeit der Menschen läuft ab.
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum9. Apr. 2013
ISBN9783844252439
Die Fabrik der Zeitmaschinen

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    Buchvorschau

    Die Fabrik der Zeitmaschinen - Nils Doescher

    Die Fabrik der Zeitmaschinen

    Imprint

    Die Fabrik der Zeitmaschinen

    Nils Döscher

    published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

    Copyright: © 2013 Nils Döscher

    ISBN 978-3-8442-5243-9

    Für alle, die, von Anfang an, an mich und

    diese (düstere) Geschichte geglaubt haben.

    Über die Nutzung von Zeitmaschinen

    Nach dem Gesetz Nr. 101-1, Punkt I bis III, verfasst am 11. Dezember des Jahres 5742 (dem Tag der Inbetriebnahme der Fabrik der Zeitmaschinen), hat sich ein jedes Volk, welches sich durch das große galaktische Menschenreich in den Besitz einer Zeitmaschine gebracht hat, dazu zu verpflichten, diese hoch komplizierten technischen Anlagen nur zu folgenden Zwecken zu verwenden.

    PUNKT I

    Zeitmaschinen dürfen von Völkern nur dazu verwendet werden, um begangene Fehler in der Geschichte auszubessern.

    Dies zählt NUR für die Fehler, die ein Volk in Ihrer eigenen Geschichte begangen hat, ganz gleich wie viele Tausende, oder gar Millionen Jahre diese zurückliegen .

    Unter dem Ausbessern von Fehlern ist nur zu verstehen, dass ein Volk Naturkatastrophen voraussehen/verhindern und/oder gewaltsame Alleinherrscher, Massenmörder, sowie kriegerische Auseinandersetzungen aus ihrer vergangenen oder zukünftigen Geschichte entfernen dürfen.

    PUNKT II

    Zeitmaschinen dürfen ansonsten nur zur wissenschaftlichen Erforschung der Vergangenheit oder der Zukunft verwendet werden. In diesem Fall ist jeder Eingriff in die Geschichte, der eine Veränderung der Vergangenheit, Gegenwart, oder der Zukunft hervorruft, strengstens untersagt.

    PUNKT III

    Jeder Eingriff in die Geschichte eines Volkes darf auf gar keinen Fall dazu genutzt werden, um einzelnen oder mehreren Personen finanzielle oder machtpolitische Vorteile zu verschaffen.

    Prolog

    Unsere Zukunft hängt

    davon ab, wie wir unsere

    Gegenwart gestalten.

    Tenzin Gyatso,

    seine Heiligkeit der XIV. Dalai Lama

    Eine Eiswüste so weit das Auge reichte. Mehr konnte Jorg Safox aus dem kleinen Fenster des zweitklassigen und völlig überfüllten Passagiertransporters nicht erkennen.

    Endlich, nach über zwölf Stunden Flugzeit aus seinem Halbschlaf erwacht, stierte der zweiunddreißig Jahre alte Mann nun nicht mehr in das endlose Schwarz des Weltalls. Vor ihm erschienen nun Gebirge, Gletscher und tiefe Täler. Alles beschienen durch das unheimliche und dunkelrote Licht des großen Planeten Jupiter, der am Abendhimmel stand.

    Dann durchbrach plötzlich die übliche, bei jedem Raumflug vorkommende Lautsprecherdurchsage die Stille, die sich in der Kabine während des langen Fluges gebildet hatte.

    >>Herzlich willkommen auf dem Jupitermond Europa!

    In wenigen Augenblicken setzen wir zur Landung

    auf der Verteilerstation dreiundneunzig an.

    Wir hoffen sehr, Sie hatten einen angenehmen Flug und

    wünschen allen Fluggästen einen wunderschönen

    Aufenthalt auf Europa!<<

    Überall in der Kabine erwachten nun, laut gähnend und sich übellaunig beschwerend, Männer, Frauen und Kinder aus ihrem Schlummer.

    >>Wie viele Jahrhunderte hören wir Menschen uns nun schon diesen Schwachsinn nach jeder Landung an!<<, spottete ein ziemlich dicker Kerl einige Reihen hinter Jorg. Niemand aber schien sich für diese Äußerung zu interessieren, denn danach blieb es auch weiterhin verhältnismäßig still. Jorg reckte seinen durch die Entbehrungen der letzten Jahre geschundenen und mageren Körper in dem trotzdem noch immer zu engen Sitz, froh darüber nach seiner langen Reise endlich das lang erwartete Ziel erreicht zu haben.

    Zur selben Zeit verringerte der Transporter seine Geschwindigkeit und begann mit dem Landeanflug. Jorg schaute, noch immer nicht richtig erwacht, erst einmal auf die Holouhr, die im vorderen Teil der Kabine durch die Luft schwebte, und stellte fest das es schon spät am Abend war. Zumindest nach terranischer Zeitrechnung.

    Mitteleuropäische Erdzeit:

    23:42 Uhr

    Freitag, 03. August 10759

    Dieser Schriftzug schwebte mit wechselnden Farben durch den Raum, um den Passagieren immer wieder die aktuelle Uhrzeit und das Datum anzuzeigen.

    Die Zeitrechnung nach dem sich alle Lebewesen im großen Imperium der Menschen zu richten hatten, auch wenn es hier draußen im Weltall wenig Sinn ergab.

    Der Transporter legte sich nun sanft in eine leichte Kurve und neigte sich dabei etwas zur rechten Seite. Auf diese Weise konnte Jorg aus seinem kleinen Fenster die Oberfläche von Europa wesentlich besser erkennen. Sie flogen auch schon längst nicht mehr so hoch wie bei seinem letzten Blick nach draußen. Jetzt konnte der junge Mann die Eislandschaft unter sich viel besser sehen, und erkannte dabei auch sein eigenes, erschöpftes Gesicht wie es sich im Glas der Scheibe spiegelte. Er sah einfach nur müde aus. Seine Wangen waren eingefallen und sein schwarzes Haar breitete sich zerzaust in alle Richtungen aus. Die vergangenen Anstrengungen ließen Jorg Safox schneller altern, als es sonst üblich war.

    Draußen war die von großen Bergen übersäte Landschaft, nun einer flachen gewichen, die vereinzelt nur von Spalten durchzogen war. Spalten die so breit und tief waren, dass man nicht bis auf den Grund hinuntersehen konnte. Man erkannte nur ein undurchdringliches schwarz. Genauso schwarz wie das All aus dem der Transporter gerade angereist war. Und dann endlich, sah Jorg das lang erwartete Ziel. Direkt unter sich.

    Die Verteilerstation dreiundneunzig. Eine riesengroße, trapezförmige Anlage aus Stahl und Beton, die direkt aus dem Inneren des Planeten gewachsen zu sein schien. Die gesamte Anlage mutete absolut glatt an, bis auf den Landeschacht auf der südlich gelegenen Seite. Der Transporter hielt jetzt genau darauf zu. Ohne seinen Flug noch weiter zu verlangsamen steuerte er präzise in die fünfzig Meter breite und fast zwanzig Meter hohe Öffnung der Verteilerstation mit der Nummer dreiundneunzig zu. Eine von insgesamt zweihundertundachtzig Anlagen, die die Menschen hier auf Europa im Laufe der Jahrtausende errichteten.

    Der Transporter flog in die Öffnung und die Sicht auf das ewige Eis des Planeten war somit nach nur wenigen Minuten wieder verschwunden. Dafür gab es jetzt wieder neue Bilder für die Menschen an Bord zu sehen. Ein mehrere Kilometer langer Einflugschacht aus Stahlbeton, der in einem steilen Winkel in die Tiefe führte. Dieser graue Schacht war gespickt mit Leuchtmarkierungen, Sonden, Scannern und Warnhinweisen in der Muttersprache aller Menschen.

    Für die meisten Reisenden an Bord waren diese Anlagen nichts Besonderes mehr, sie saßen einfach nur regungslos da und starrten in die Luft, anstatt aus den Fenstern. Reine Routine bei Vielfliegern zwischen den vielen Monden auf denen Menschen arbeiteten und lebten. Ob als Siedler, Bergarbeiter oder reiche Kolonisten. Landeanflüge auf derartigen Stationen gehörten einfach zum Alltag dazu.

    Für Jorg allerdings traf das nicht zu. Er fristete sein Leben bislang nur in einem weit entfernten Doppel-Sonnen-System. Einem kleinen Planetensystem mit zwei Sonnen und nur einer bewohnbaren Welt, die dummerweise auch noch zum Großteil nur mit Wüsten und Gebirgen bedeckt war. Diese Welt, die die Menschen Argon 4 nannten, wurde ausschließlich von armen Siedlern bewohnt, die versuchten in jenen Welten zu überleben, indem sie sich bemühten trockenen Boden fruchtbar zu machen.

    Dies war selbstverständlich notwendig, um das Überleben der Menschheit zu gewährleisten, die sich nun schon seit hunderten von Generationen unkontrolliert ausbreitete, ohne dabei auf Geburtenkontrolle und Ernährungsfragen zu achten. Hunderte von Milliarden Menschen, die auf trostlosen Planeten ein armseliges Leben führten, nur um zu versuchen den Hunger der Galaxis zu stillen.

    Genau aus solch einer Welt stammte der junge Jorg Safox, für den die Eindrücke einer langen Reise durch das Weltall, immer noch etwas Befremdendes an sich hatten.

    Nun verlangsamte der Transporter seinen Flug und glitt langsam an einem riesengroßen Panoramafenster vorbei, welches in den grauen Stahlbeton des Anflugschachtes eingelassen war. Hinter dem Panzerglas befand sich die Empfangshalle der Station, in die man nun blicken und den vielen Menschen bei ihren Beschäftigungen zuschauen konnte. Dann, nachdem das große Fenster aus dem Blickfeld verschwand und die Sicht wieder auf den kalten Beton freigab, drosselte der Transporter seine Geschwindigkeit ein letztes Mal und dockte dann mit einem leichten Stoß an die Einstiegsschleuse an.

    >>Wir haben soeben angelegt!

    Bitte verlassen sie jetzt Raumfähre!<<

    Tönte es nun zum Abschluss der Reise aus den Lautsprechern und die Passagiere begannen aufzustehen, um den Transporter zu verlassen. Jorg wartete bis alle anderen aufgestanden waren und ging als letzter durch die Schleuse. Gepäck besaß er, außer einer kleinen Umhängetasche, keines.

    Wenige Minuten später, nachdem Jorg den Augenscanner ohne Probleme passierte, betrat er dann endlich die große Empfangshalle und schaute erstmals von der anderen Seite durch das große Fenster, hinaus auf die im Anflugschacht vorbei fliegenden Raumfähren.

    Hier in der Empfangshalle befanden sich überall Geschäfte, Informationsschalter, Haltestellen für die vielen Magnetbusse, Schnellrestaurants und große, grelle holografische Werbetafeln, die ihre Botschaften unter die Menschen zu bringen versuchten. Und Menschen gab es hier mehr als genug, in den unterschiedlichsten und verrücktesten Kleidungen, die man sich nur vorstellen konnte.

    Jorg war einerseits begeistert so viele neue Eindrücke erleben zu können, wollte andererseits aber auf gar keinen Fall vergessen, warum er hier war und tat schnell so, als ob ihm diese Welt völlig egal wäre, als wäre er einer von diesen vielen Menschen hier.

    Langsam durchstreifte Jorg mit seinem Blick die Empfangshalle, so lange bis er einige Hundert Meter entfernt den Informationsstand für die Hotelanlagen fand. Das große Zeichen dafür schwebte, wie fast alle Werbetafeln als Hologramm in der Luft, was die gesamte Anlage in ein knallbuntes Licht tauchte. Dazu kamen noch die unzähligen Durchsagen aus den Lautsprechern, ob Informationen, Nachrichten oder Werbeansagen, alles wurde hier auf einmal verkündet.

    Auf dem Weg zum Infoschalter wurde Jorg im dichten Gedränge gleich zweimal von jungen Knaben und einer schrecklich aufgedonnerten Frau angesprochen, die ihre Körper gegen wenige Space Kredits für Liebesdienste verkauften. Jorg wies sie ab und ging seinen Weg weiter. So etwas war selbst für ihn nichts Neues. Prostitution, ganz gleich ob bei Männern oder Frauen, war in der gesamten Galaxis weit verbreitet. Zumindest in den Teilen, die von Menschen besiedelt waren.

    Endlich an dem Schalter angekommen, wurde Jorg dann freundlich grinsend von einer jungen Frau mit einer grellen, rosafarbenen Turmfrisur begrüßt.

    >>Willkommen bei Ocean Hotels!<<, quäkte sie mit einer gekünstelten Stimme. Ihre leuchtend weißen Zähne waren mit Glitzersternen beklebt. >>Was kann ich für sie tun, mein Herr?<<

    Am liebsten wäre es mir wenn du mich nicht so blöde angrinsen würdest, dachte sich Jorg, doch er blieb selbstverständlich freundlich zu der ganz eindeutig magersüchtigen Frau hinter dem Schalter. Er durfte hier nicht auffallen, dafür, so glaubte er, war sein Auftrag viel zu wichtig. >>Ich möchte gerne wissen, wann das nächste Shuttle zum Ocean Hotel abfährt?<<, fragte Jorg so freundlich wie nur möglich.

    >>Zu welchem Ocean Hotel möchten sie denn?<<, fragte daraufhin die Frau, blöde kichernd als Antwort, >>Die Ocean Hotel Gesellschaft, verfügt allein hier auf Europa über vierzig Anlagen.<<

    Verdammte Scheiße, ging es Jorg durch seinen Schädel, daran hatte er gar nicht gedacht, was sollte er denn jetzt sagen?

    Und die dumme Pute lächelte jetzt sogar noch unsympathischer als zuvor.

    Schon glaubte Jorg aufzufallen, wie ein Trottel vom letzten Stern des Universums, was er ja auch im Grunde war. Er schaute vorsichtig nach links und rechts, um sich zu vergewissern, dass nicht schon alle Menschen in der nähren Umgebung mit dem Finger auf ihm zeigten und ihn auslachten. Aber nichts dergleichen geschah. Alle anderen Menschen gingen einfach ihren Beschäftigungen nach.

    Nun endlich befreite die alberne Frau hinter dem Schalter Jorg aus dieser Situation.

    >>Sie haben doch sicherlich eine Reservierung?<<, fragte sie ihn ohne irgendwelchen Verdacht zu schöpfen. Also war er wohl nicht der einzige Trottel hier in der Halle.

    >>Wie bitte?<<, fragte Jorg, aus seinen Gedanken gerissen, >>Die Reservierung. Ach ja, natürlich, die Reservierung.<<

    Er griff in seine Tasche und entnahm ihr eine kleine Plastikkarte, die in einem schönen Blau schimmerte.

    >>Ich bin noch etwas durcheinander von dem langen Flug.<<, log er die Frau an.

    Diese kicherte wieder als Antwort, >>Das muss ihnen nicht peinlich sein, mein Herr. So etwas sehe ich hier jeden Tag.<<

    Sie nahm die Karte an sich und steckte sie in einen Schlitz auf ihrem steinernen Tresen. Sofort danach erschien ein Holoschriftzug in der Luft und die Frau überprüfte die Daten.

    >>Ocean Hotel Zero One.<<, sagte sie erstaunt, >>Oh wie ich sie jetzt aber beneide. Es ist das schönste unserer Hotels hier.<<

    >>Ja, das sagte man mir auch.<<, gab Jorg freundlich zurück.

    >>Da müssen sie zum Terminal Eins-Null-Fünf gehen! Gleich den Gang hier runter.<<, sagte die Frau den Weg weisend, >>Die nächste Abfahrt ist schon in wenigen Minuten.<<

    Nachdem Jorg dann endlich seine Reservierungskarte zurückbekommen hatte, konnte er seinen Weg fortsetzten. Als er den Schalter verließ hörte er die Frau, wie sie schon den nächsten Kunden begrüßte:

    >>Willkommen bei Ocean Hotels, was kann ich für sie tun…<<

    Jorg beeilte sich nun, um so rechtzeitig zum Shuttle zu kommen. Das Shuttle, das ihn so schnell wie nur möglich in sein Hotel bringen sollte. Zuvor musste er aber noch in einen Fahrstuhl steigen, der über zweihundert Personen fasste und ihn direkt zu der Anlegestelle brachte. Über dreihundert Meter unter ihm. So dick war die Eisdecke von Europa und darunter lag der große Ozean, mit teilweise über 90 Kilometer Tiefe. Der tiefste im Sonnensystem.

    Der Grund dieses tiefen Meeres war übersät mit Bergabbaustationen, privaten Wohnanlagen, Feriensiedlungen und Hotels.

    Und eines dieser Hotels war das Ziel von Jorg Safox.

    Der junge Mann musste leise in sich hinein grinsen, als ihm die Tatsache bewusst wurde, dass er nun endlich angekommen war, um mit dem Kontaktmann zusammenzutreffen.

    Auf dem dunklen Meeresboden von Europa.

    Erster Teil

    Der Meteor

    Die Zeit wird kommen,

    wenn eifriges Forschen über lange Zeiträume hinweg

    Dinge ans Licht bringt, die jetzt noch verborgen liegen.

    Das Leben eines Menschen, auch wenn er es ganz

    dem Himmel widmete, reichte nicht aus,

    ein so weites Feld zu ergründen…

    Und so wird sich die Kenntnis davon nur über

    Generationen hinweg entfalten.

    Es wird aber auch eine Zeit kommen, wenn unsere

    Nachfahren staunen, dass wir Dinge, die ihnen so

    einfach erscheinen, nicht wussten…

    Viele Entdeckungen aber sind künftigen

    Jahrhunderten vorbehalten, wenn wir längst

    vergessen sind.

    Unser Universum währe betrüblich unbedeutend,

    hätte es nicht jeder Generation neue Probleme

    zu bieten…

    Die Natur gibt ihre Geheimnisse nicht

    ein für alle Mal preis.

    Lucius Annäus Seneca,

    erstes Jahrhundert nach Chr.

    Aus dem siebenten Buch der Naturales quaestiones

    1

    Commander Lars Befron betrat so wütend wie kaum zuvor in seinem gesamten, zweiundneunzigjährigen Leben die Einsatzzentrale des Bereiches London Nord.

    >>Was zum Teufel soll das heißen?<<, schrie er in den riesigen Raum, in denen Hunderte Männer und Frauen an Holobildschirmen saßen und ihre Arbeit verrichteten, >>Sie wissen nicht woher er kommt?<<

    Ein verängstigt wirkender Arbeiter drehte sich langsam und vorsichtig zu dem wütenden Commander um, der direkt hinter ihm stehen geblieben war und nun immer wieder mit seinem rechten Fuß auf den glatt polierten Boden klopfte.

    >>Wir haben ihn erst vor wenigen Stunden entdeckt, Sir.<<, sagte der Arbeiter vorsichtig und kaum hörbar.

    >>Das kann doch wohl nicht ihr Ernst sein!<<, schrie Befron den Mann an, >>Wollen sie behaupten, dass unsere Weltraumbewachung gepennt hat?<<

    >>Nun Sir, die Sache ist so…<<, erwiderte der Arbeiter jetzt noch vorsichtiger aus Angst vor weiteren Wutausbrüchen seines Vorgesetzten, >>…wahrscheinlich ist der Brocken, der da auf uns zukommt so klein, dass er einfach nicht rechtzeitig entdeckt werden konnte.<<

    Befron sagte gar nichts mehr, er stand nur stumm da und hörte sogar auf, mit seinem Fuß laute Geräusche zu verursachen.

    Eine junge Frau, die an einem anderen Terminal arbeitete, dem Gespräch wie jeder andere im Raum lauschtend, stand plötzlich auf und begann zu reden, >>Ähm Sir, es besteht ja vielleicht die Möglichkeit das dieser Brocken einfach so klein ist, dass er von dem Zentralrechner nicht als Problem angesehen wird!>>

    Befron drehte sich empört zu dieser Person um, die es wagte sich einfach einzumischen.

    >>Ach, glauben sie das?<<, fragte er sie.

    Danach blieb es in der Zentrale stumm. Nur die Kühlergeräusche Hunderter holografischer Rechner waren in dem hallenartigen Raum zu vernehmen. Befron legte einige Schritte im Eiltempo zurück und schritt somit bis vor den großen Hauptbildschirm, der in der Mitte der Zentrale an der Wand hing. Das gesamte Fabrikgelände war darauf zu erkennen. Zwei Inseln, die komplett vom Wasser umgeben waren und die in dieser Zeit als >>Die Anlage<< bezeichnet wurden. Zwei Inseln, auf denen die Menschen die großartigste Erfindung herstellten, die sie jemals erfunden hatten. Die Erfindung die die Menschheit in der gesamten Galaxis zu Reichtum und Macht verholfen hatte:

    Die Zeitmaschinen.

    Und Lars Befron war hier die oberste Instanz. Und als oberste Instanz musste er sich nun so etwas Lächerliches anhören.

    >>Der Zentralrechner der Raumbewachung sieht einen Meteoriten, der auf das Fabrikgelände zu stürzen droht, NICHT als eine ernste Bedrohung an.<<, keifte er spuckend in den Raum, >>Das soll doch hoffentlich nur ein dummer Scherz sein!<<

    Die Frau, die sich zuvor erhoben hatte, setzte sich ganz schnell wieder auf ihren Stuhl und wagte es nicht mehr, auch nur den kleinsten Laut von sich zu geben. Befron stierte weiter auf die große Karte der Anlage vor ihm.

    Damals, vor unendlich langer Zeit nannte man diese zwei Inseln hier Großbritannien und Irland. Das wusste Befron von dem Geschichtsprogramm seines Hauptrechners, obwohl es jetzt und hier völlig ohne Bedeutung war. Heutzutage waren diese zwei Inseln nur DIE ANLAGE.

    >>Wo genau wird dieser verdammte Meteor hier einschlagen?<<, fragte er dann, >>Und vor allem, wann wird es geschehen?<<

    Die Techniker machten sich schwitzend an die Arbeit und fingen an ihre

    Rechner mit Daten zu füttern. Commander Lars Befron wartete dabei ungeduldig auf die Ergebnisse und begann erneut, mit seinem Fuß den Boden zu malträtieren.

    2

    Jorg Safox saß in dem beengten Gefährt zusammen mit dem Kontaktmann, den er nun schon seit einigen Wochen kannte. Die beiden Männer haben sich im Ocean Hotel Zero One auf dem Jupitermond Europa kennen gelernt und begannen danach, ohne weitere Verzögerung, sich an ihre Arbeit zu machen. Für die Schönheiten auf dem Grunde des Ozeans von Europa, hatten die zwei keinerlei Interesse, auch nicht für die schier unglaublich vielen Programme und Angebote, die das Hotel zu bieten hatte. Ob Theaterveranstaltungen oder Körperaufbauprogramme, nichts schien diese zwei Gäste aus ihren Zimmern locken zu können. Nur abends ließen sie sich durch den Liebesdienst Mädchen kommen, dass war aber auch alles. Auch das Essen fand nur in den Zimmern statt.

    Insgesamt verbrachte Jorg Safox fast vier Wochen mit seinem neuen Begleiter, den er erst dort unten auf Europa kennengelernt hatte, im Ocean Hotel. Sein Name war Maxx Coltron, und wie Jorg sehr schnell heraus fand, stammte dieser eigenartige Mensch, genau wie er auch, von einem weit entfernten Planetensystem. Einem System im Außenbezirk, in denen nur die Menschen lebten, die in der großartigen, gehobenen Gesellschaft nichts zu suchen hatten. Genau solche Menschen, wie er selbst auch einer war. Oder anders ausgedrückt: Es waren ganz einfach nur die Armen, die dort leben mussten. Weit weg von denen, die etwas zu sagen hatten und die etwas bedeuteten in dieser Galaxis. Unterdrückt von den Reichen wie eh und je. Das Imperium der Menschen war im Laufe der letzten Jahrtausende enorm gewachsen, doch die Spielregeln waren immer noch dieselben geblieben.

    Jorg Safox und Maxx Coltron waren der Erde noch nie so nahe gewesen

    als sie Anfang August den Jupitermond betraten. Und das, obwohl sie Menschen waren, die ursprünglich von dieser Welt stammten. Menschen die man in der gesamten Galaxis auch einfach nur als >>Terraner<< bezeichnete.

    Doch nun, genau in diesem Augenblick, waren sie der großen Erde noch viel näher als jemals zuvor, denn vor fünf Tagen haben sie ihre unglaubliche Reise begonnen. Und eine unglaubliche Reise war es tatsächlich. Das was sie vorhatten, hatte noch niemals zuvor ein Mensch zu tun gewagt. Jorg hatte in den letzten Wochen alles akribisch genau mit seinem neuen Freund geplant, denn Maxx war derjenige, der den gesamten Plan entworfen hatte. Und der Plan war wirklich gut.

    Als Jorg Maxx einmal fragte (es musste die zweite Nacht im Hotel gewesen sein), wie er denn auf die Idee gekommen sei, da sagte dieser, >>Aus einer uralten Menschengeschichte.<<

    >>Eine Menschengeschichte?<<, fragte daraufhin Jorg sehr erstaunt.

    >>Ja, aus jenen Zeiten als man Geschichten noch auf Papier gedruckt hatte.<<, antwortete Maxx daraufhin und sagte sonst nichts weiter zu dem Thema, wie er denn überhaupt auf die Idee gekommen sei. Jorg fragte auch nicht mehr nach, da ihm die Geschichten, die noch auf Papier gedruckt wurden, absolut unbekannt waren. Aber heute, am fünften Tag ihres langen Fluges wollte er seinen Freund noch einmal fragen.

    3

    Völlig übermüdet beendete Joss Kover das Gespräch und das Bild von Commander Befron, welches zuvor noch in der Luft vor ihm schwebte, verschwand im Nichts.

    >>Was wollte Befron denn von uns?<<, fragte Art Lexx als er sich von seiner Liege erhob und sah, dass sein Kollege gerade ein Gespräch mit der Zentrale der Fabrik beendet hatte.

    An diesem Abend taten nur diese zwei Männer Dienst in der Zentrale

    der Raumüberwachung von San Francisco. Müde schleppte sich Art Lexx zum kleinen Energiefeld-Fenster des mit technischen Geräten voll gestopften Raums, um einen Blick auf die Bucht zu riskieren.

    >>War eine Anfrage wegen dieses blöden Meteoriten. Er scheint irgendwie in Panik zu geraten.<<, erklärte ihm Joss im Hintergrund, noch immer an seinem Terminal sitzend und Koffeinwasser trinkend, >>Er hat Schiss, dass ihm das Ding in irgend eine Produktionseinheit knallt.<<

    >>Befron soll sich mal abreagieren!<<, sagte Art in einem spöttischen Tonfall, während er den nächtlichen Verkehr auf der dreißigstöckigen Golden Gate Bridge beobachtete. Diese Stadt in der fast eine Milliarde Menschen lebten, kam zu keiner Tages- oder Nachtzeit zur Ruhe.

    >>Und?<<, fragte Joss, >>Willst du es ihm sagen?<<

    >>Was, dass er sich abreagieren soll?<<

    >>Natürlich!<<

    >>Bloß nicht.<<, spottete Art weiter und drehte sich dabei wieder zu seinem Kollegen um, >>Das Ding wird doch keinen Schaden anrichten, oder?<<

    >>Absolut nicht.<<, Joss trank sein Wasser weiter, >>Der Meteor landet nur in den Arbeitersiedlungen der Fabrik.<<

    >>Na siehst du!<<, erwähnte Art abschließend, kratzte sich an seinem Hinterteil und ließ sich wieder auf seine Liege fallen, >>Ich habe es doch schon tausendmal gesagt, der Weltraum ist das Langweiligste, was es gibt! Und deshalb geschieht in diesem Job auch niemals etwas Aufregendes.<<

    >>Ich glaube wenn Befron oder irgendein anderer von oben erfährt, wie wir hier arbeiten, dann wird genug passieren.<<

    Beide Männer mussten über diesen Witz laut lachen, was eine kurze Ablenkung von ihrer tristen Arbeit bedeutete. Dann, fünf Minuten später war Art wieder eingeschlafen und Joss sah sich einen Ultra-Horror-Film auf seinem Holobildschirm an.

    Sie hatten recht.

    Der Weltraum war wirklich langweilig geworden. Vor allem dann, wenn man einen schlecht bezahlten Posten auf dem noch viel langweiligeren Planeten Erde besaß.

    4

    Es war auf dem Fabrikgelände schon früher Morgen, als der Alarmmelder die achtunddreißigjährige Mia Tons aus ihrem tiefen Schlaf riss. Das Licht das in schnellen Abständen blinkend ihr Schlafzimmer erhellte war grün. Das Zeichen dafür, dass es in der Hauptzentrale im Norden mal wieder Ärger gab.

    Mia war die ranghöchste Sicherheitsbeauftragte, und für ihr noch fast jugendliches Alter, schon verantwortlich für die gesamte Fabrikanlage. Somit war sie es selbstverständlich auch schon gewohnt, mitten in der Nacht gerufen und aus dem Schlaf gerissen zu werden. In fast allen Fällen, in denen sie dabei gerufen wurde, musste sie sich mit Arbeitergruppen auseinandersetzen, die wegen ihrer Unzufriedenheit über die Bedingungen an ihrer Arbeitsstelle versuchten zu demonstrieren. Jede Art von Demonstration war selbstverständlich strengstens untersagt und diejenigen, die dabei von Mia und ihrem Team erwischt wurden, wurden sofort von der Erde verwiesen. Ohne jemals die Chance zu bekommen, jemals wieder auf dem Planeten zurückkehren zu dürfen. Die armen Arbeiter, die in den Vormontagebereichen schufteten, hatten hier kein besonders gutes Los gezogen, der Lohn war nur sehr kläglich und die Behausungen in ihren Wohnvierteln waren mehr als heruntergekommen.

    Trotzdem konnte es Mia nicht verstehen, dass diese Menschen sich noch immer beschwerten und oft genug auf die Straße gingen und Steine warfen, Lagerhallen in Brand setzten oder Magnetbusse demolierten. Warum zum Teufel waren diese Menschen denn nicht einfach froh darüber, hier auf der wundervollen Erde leben zu können.

    Die Erde. Der Ursprungsplanet, von dem die großartige Macht der Menschheit über die Galaxis ausging.

    Die randalierenden Menschen, die Mia festnahm wurden allesamt mit ihren Familien sofort und ohne jeden Prozess von der Erde verwiesen. Sie mussten dann für den Rest ihres Lebens in den weit entfernten Außenbezirken bleiben, was nur das Schlimmste für sie bedeuten konnte.

    Ein Leben zu führen, als Farmer auf Wüstenplaneten, oder als Bergarbeiter auf irgend welchen gottverlassenen Monden, wo die Lebenserwartung, rein statistisch gesehen, auf nur lächerliche neunzig Jahre sank, dass war nun wirklich kein lebenswertes Dasein mehr. Das musste sich doch kein Mensch freiwillig antun. Vor allem dann nicht, wenn er das schier unglaubliche Glück besaß, einen Posten auf der geliebten Erde zu besitzen. Daran dachte Mia immer wieder, wenn sie mitten in der Nacht zum Dienst gerufen wurde. Und genau das ging ihr auch jetzt, in diesem Augenblick, wieder einmal durch den Kopf als das grüne Licht sie unsanft aus dem Schlaf weckte. Das ein Leben auf der Erde, wenn man ein Arbeiter der Fabrik war, genauso schlimm sein konnte wie das Leben in einer fernen Welt, dass wusste die Sicherheitschefin nicht. Wahrscheinlich lag es daran, dass sie es gar nicht wissen wollte.

    >>Na, wer macht denn heute wieder Ärger?<<, flüsterte sie verschlafen in ihr Kissen und stand auf. In einer schnellen und geübten Bewegung schlüpfte sie in ihren Morgenmantel und stellte sich vor den Telebildschirm.

    >>Zentrale Nord!<<, sagte sie laut in die leere ihres Zimmers und sofort danach erwachte der Bildschirm zum Leben. Commander Befron, höchst persönlich, stand plötzlich vor ihr und noch bevor er auch nur ein Wort zu Mia sagte, fühlte sich die junge Frau automatisch unwohl in ihrer Haut. Sie merkte sofort wie die Blicke ihres obersten Vorgesetzten in den tiefen Ausschnitt ihres Mantels fielen. Eine widerwärtige Angewohnheit, die Befron sich niemals abgewöhnen würde. Mia zog energisch ihren Mantel bis zum Hals zu und endlich begann der Commander zu sprechen.

    >>Miss Tons, kommen sie sofort in die Einsatzzentrale Nord!<<, schrie er sie geradezu an, verstummte daraufhin sofort wieder und der Bildschirm erlosch.

    Mia war wie vor den Kopf geschlagen.

    Was zur Hölle sollte das denn jetzt bedeuten?

    So etwas hatte sie in den ganzen vier Jahren, die sie nun schon hier Dienst tat, nicht erlebt. Jedes Mal gab Befron einen detaillierten Bericht

    ab, welches Ereignis vorgefallen war und wie Mia daraufhin zu reagieren hatte. Vor allem sprach ihr Vorgesetzter dann immer wieder gerne davon, was mit den armen Teufeln zu geschehen hatte. Entweder für alle Zeiten verbannen, wenn sie aufrührerischen Benehmen an den Tag legten, oder körperliche Züchtigungen, die vorzunehmen waren, wenn es sich um Diebe und Trunkenbolde handelte. Manchmal wurde dann auch von der Todesstrafe Gebrauch gemacht. In dem Falle, dass man es mit Vergewaltigern, Mördern oder sogar Spionageverdächtigen zu tun hatte. Immer redete Befron gerne und lange mit Mia darüber, aber das, was gerade eben geschah, ging ihr nicht aus dem Kopf.

    >>Kommen sie sofort in die Einsatzzentrale Nord!<<

    Mehr nicht.

    Verdammt noch mal, dachte Mia, da muss doch tatsächlich mehr los sein.

    Schnell huschte sie durch ihr Schlafzimmer, strich sich dabei einmal kurz mit ihrer Hand über ihre modisch auf drei Millimeter geschorenen Haare und legte ihren Morgenmantel ab, um dann das Bad zu betreten. Nach nur einer Minute in der trockenen Ultraschalldusche, bekleidete sie danach ihren makellos durchtrainierten und für eine Frau ziemlich muskulösen Körper mit ihrer Dienstkleidung. Dabei schaute sie sich immer wieder gerne selbst im Spiegel zu, denn sie wusste, dass sie einen, für diese Zeit üblich, perfekten Körperbau besaß. Einen Körperbau und auch ein Aussehen, das bei anderen Menschen, gleich welchen Geschlechts, anziehend wirkte.

    In dieser Zeit galt es einfach als schick wenn Männer, wie auch Frauen, ihre Muskeln mit Genbehandlungen aufbauten. Alles, das nicht zur körperlichen Perfektion gehörte, wie zu starke Behaarung an unpassenden Stellen, Fettleibigkeit, Leberflecke, Kahlheit oder Zwergenwuchs, wurde schon vor der Geburt durch Kontrollen ausgeschlossen, indem werdende Mütter gesetzlich dazu gezwungen wurden, genetische Veränderungen an den Embryos im Mutterleib durchführen zu lassen. Zumindest galt diese Regelung auf der Erde und wurde dort auch gewissenhaft durchgeführt. Auf weit entlegenen Kolonien, scherte sich selbstverständlich niemand um diese Bestimmungen und die Menschen kamen dort zur Welt wie eh und je.

    Mia Tons aber, wurde auf der Erde geboren und gehörte somit zu den >>perfekteren<< Menschen. Sie hätte selbstverständlich auch jeden Mann, der um sie werben würde, haben können, dass wurde ihr jedes Mal bewusst, wenn sie sich selbst so im Spiegel betrachtete. Aber sie ließ so gut wie niemals Männer an sich heran. Immerhin hatte sie es bereits geschafft, für die Sicherheit der wichtigsten Fabrikanlage der gesamten Galaxis verantwortlich zu sein, da konnte sie keine Zeit für Männer opfern. Mia war eine knallharte Frau, der die Pflicht in jedem Fall mehr bedeutete als die Liebe.

    Sie war eine Frau die perfekt in das kranke System dieser neuen Welt passte.

    >>Die Tons lässt keinen Stecher an sich ran!<<, so sprach man heimlich hinter ihrem Rücken über sie, dass wusste hier jeder. Aber Mia war es völlig egal, was andere Leute über sie dachten und redeten. Das Einzige, was Männer von ihr wollten, war sowieso genau das, was sich ihr Vater immer von seiner Tochter geholt hatte, wenn ihm danach war. Und währe Mia Tons nicht im zarten Alter von elf Jahren von zu Hause weg gerannt, dann wäre sie mit aller höchster Wahrscheinlichkeit, dank ihres Vaters, schon längst als eine der vielen Prostituierten in den Arbeitergegenden zu Tode gekommen. Junge Männer und Frauen die ihre Körper für Liebesdienste verkauften, hatten eine extrem geringe Lebenserwartung. Oft endeten sie von perversen Freiern ermordet, oder von heimtückischen Geschlechtskrankheiten dahingerafft in schäbigen Arbeiterhütten aus Aluminiumblech.

    Nun aber schob Mia Tons ihre Vergangenheit schnell wieder beiseite und konzentrierte sich auf das, was vor ihr lag. Sie verschloss mit geübten Griffen ihren schwarzen Dienstoverall aus Papierkunststoff, der für den einmaligen Gebrauch hergestellt wurde. Danach legte sie ihren Gürtel an, der mit dem Laserschlagstock und ihrer Dienstpistole bestückt war, und sie schlüpfte in die schweren Stiefel aus Leichtmetall mit automatischer Zuschnürtechnik. Nur knapp eine Minute verging für das Ankleiden dieser Dinge, danach war sie fertig und konnte sich auf den Weg machen.

    Voller Tatendrang verließ sie ihren Wohnbereich, obwohl sie diesmal keine Ahnung hatte was auf sie zukommen würde, aber sie war fest entschlossen den Kampf aufzunehmen. Den Kampf gegen jene, die doch tatsächlich versuchen würden der Fabrik der Zeitmaschinen Schaden zuzufügen. Diese Fabrik war die wichtigste Einrichtung der gesamten Menschheit. Und Mia Tons war eine von vielen Menschen, die dafür ihr Leben geben würden, dass es auch weiterhin so bleibt.

    Niemals hätte sie geglaubt, dass sich ihr gesamtes Weltbild in den nächsten Stunden für immer verändern würde.

    5

    Im Wohnkomplex B. für Burren 1400 stand der alte Irvin vor der Tür seiner kleinen Aluminiumhütte und lauschte den Geräuschen der Natur, die es hier draußen an der Westküste der Insel noch gab. Obwohl diese Insel, die man vor sehr langer Zeit noch >>Grüne Insel<< nannte, mit zur Fabrik gehörte, gab es hier keine Anlagen, die pausenlos damit beschäftigt waren, die gewaltigen Einzelteile für die Zeitmaschinen herzustellen. Nein. Diese Insel diente in dieser düsteren Zeit nur noch dazu, die vielen Millionen Fabrikarbeiter zu beherbergen, während auf der großen Insel für einen Hungerlohn gearbeitet wurde. Auf der kleinen Insel durften die Arbeiter dann das wenige Leben verbringen, dass man ihnen noch gelassen hatte.

    In schlimmster Armut.

    Einer dieser vielen armen Arbeiter war der kleine, zerbrechlich wirkende Irvin, über hundert Jahre alt, der an diesem frühen Morgen vor der Tür seines Hauses stand und der Natur lauschte. Und die Natur war in diesem Fall nichts weiter als das Geräusch der fernen Brandung des atlantischen Ozeans. Die hohen Wellen des Meeres, wie sie gegen die Klippen der Küste prallten. Ein Küstenabschnitt, der vor so unglaublich langer Zeit einmal nichts weiter war, als eine von der Natur gegebene Touristenattraktion. Zu Zeiten als das Land noch Irland hieß und die gewaltigen Klippen, an denen sich auch noch an diesem Morgen die Wellen brachen, die Cliffs of Moher waren.

    Solche ruhigen Momente mochte der einhundertzwölf Jahre alte Mann, bevor er zur Arbeit gehen musste, sehr gerne. Er stand oft schon sehr früh auf, um dann die wenigen Augenblicke zu genießen, an denen es noch wirklich ruhig war. Der Moment bevor sich Tausende von Menschen aus dem Wohnkomplex auf dem Weg zur Arbeit machten, um auf die Hauptinsel zu gehen. Und auch der Moment an dem ebenfalls Tausende von Menschen von der Nachtschicht zurückkehrten. Einfach gesagt, es gab nur einen kurzen Zeitraum der Ruhe, und das war noch immer der frühe Morgen.

    Irvin setzte sich auf eine kleine Bank, die neben seinem Haus stand, und begann nachzudenken. Er hatte noch drei Jahre zu arbeiten, dann war er mit einhundertfünfzehn Jahren im Rentenalter und, was das hieß, war dem Mann bewusst. Es wurde ihm von Tag zu Tag immer bewusster. Sobald er nicht mehr für die Fabrik arbeiten konnte, würde er weggeschickt werden. Menschen die ausgedient hatten, durften nicht mehr auf dem Gelände der Fabrik, geschweige denn auf der Erde bleiben. Bald würde es soweit sein und auch er würde seinen Heimatplaneten verlassen. Nachdem er sein ganzes Leben für die Fabrik geschuftet hatte, würde man ihn einfach auf einen fernen Planeten abschieben.

    Irvin entnahm ein Frühstückskaugummi aus der Innentasche seines Overalls und begann lustlos darauf herum zu kauen. Der Geschmack war absolut widerwärtig, aber diese chemischen Nahrungsmittel stillten zumindest das Hungergefühl.

    Was mit ihm passierte, war ihm eigentlich völlig egal. Sein ganzes Leben war er ein Nichts und er würde auch als ein solches sterben, dass war ihm bewusst. Seine größte und einzige Sorge war seine geliebte Enkeltochter Sarah, die genauso wie er, eine Fabrikarbeiterin war und im Augenblick noch im Haus den Schlaf der Gerechten schlief.

    Was sollte aus dem Mädchen werden wenn er nicht mehr da war?

    Natürlich war sie mit ihren neunundzwanzig Jahren schon alt genug und konnte sich selbst versorgen. Auch fehlte es nicht an Männern mit einer Erlaubnis zur Schwängerung in ihren Taschen, die reihenweise vor der Eingangstür erschienen. Sarah war ein eigenständiges Mädchen, dass wusste der alte Mann nur allzu gut, aber dennoch, eines Tages würde er nicht mehr für sie da sein. Und das machte ihn noch trauriger, als er es an diesem Morgen ohnehin schon war. Sie würde auch ohne ihn überleben. Aber könnte er denn ohne sie weiterleben? Irgendwo weit entfernt, auf einem Planeten der noch trostloser war als dieser hier. Genau das schien jeden Morgen seine größte Angst zu sein, wenn er hier draußen auf der Bank saß und den Wellen in der Ferne lauschte.

    Dann plötzlich erklang die erste Sirene zum bevorstehenden Schichtwechsel. Sieben unglaublich schrille und laute Töne, die kein Mensch jemals hätte überhören können, sagten den Bewohnern des Wohnkomplexes, dass sie von diesem Augenblick an noch dreißig Minuten zur Verfügung hatten, sich auf die bevorstehende Arbeit vorzubereiten.

    Es wurde Zeit zurück ins Haus zu gehen, um sich mit der Enkeltochter vorzubereiten, damit sie dann zusammen zur Arbeit gehen konnten. Solange es für den alten Mann noch möglich war dies mit ihr zu tun.

    Nachdem Irvin dann mit krachenden Knochen aufstand, starrte er in den Himmel, der, wie fast immer, von der starken Luftverschmutzung verdunkelt war und dachte darüber nach, ob es den Menschen in der Geschichte ihrer Welt schon immer so beschissen ergangen war. Wahrscheinlich war es so, denn von Überlieferungen aus besseren Tagen hatte er noch nie etwas gehört.

    Zu lange lag diese Zeit zurück.

    Eine Zeit in der die Menschen glücklich auf dieser Insel lebten und arbeiteten. Lachten und tranken. Und Touristen das Geld aus der Tasche nahmen.

    Aber Irvin wusste davon ja leider nichts mehr.

    6

    Jorg Safox und Maxx Coltron saßen noch immer in ihrem beengten, aber freiwilligen Gefängnis.

    >>Leg die Maske an!<<, sagte Maxx zu Jorg in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ, >>Ich werde gleich Fluten!<<

    >>Ich hasse es eingefroren zu werden!<<, murmelte Jorg daraufhin in einer Lautstärke, die sein neuer Freund nicht verstehen konnte und auch nicht verstehen sollte. Jorg hasste es nämlich wirklich, bei lebendigem Leib eingefroren zu werden. Einmal in seinem Leben musste er sich dieser schwierigen Prozedur schon unterziehen, und das war auf der langen Fernreise, die ihn von seinem Heimatsystem aus hierher in das Sonnensystem der Erde brachte. Danach kam auch noch der lange Flug zum Jupitermond Europa hinzu, der ihm körperlich den Rest gegeben hatte.

    Bedauerlicherweise blieben den Menschen aber keine anderen Alternativen übrig, als sich künstlich einfrieren zu lassen, wenn sie sehr lange Strecken mit Hilfe des Raumbogensprungs zurücklegen wollten. Bei dem Wiedereintritt in die, von dem Zielcomputer errechneten Koordinaten, würde sonst jeder Körper, ob Mensch oder Tier, durch die gewaltigen Abbremsungen zerrissen werden. Genauso war es auch hier, bei dem, was Jorg und Maxx jetzt vor sich hatten. Nur mit dem kleinen Unterschied, dass sie nicht eine solch lange Reise unternahmen, die einen Raumbogensprung erforderte. Nein. Diese Reise, auf der sie sich befanden, war wesentlich kürzer. Ein Katzensprung genau genommen.

    In diesem Fall froren die zwei Männer sich mit Hilfe der Cryotechnik ein, um ein ganz anderes Ziel verfolgen zu können.

    >>In ein paar Stunden haben wir es überstanden.<<, versuchte Maxx seinen Partner zu beruhigen. Nur ließ sich Jorg nicht beruhigen, er musste immer wieder daran denken wie Maxx auf diese verrückte Idee kommen konnte.

    Aus alten Geschichten der Menschen, die noch auf Papier gedruckt worden waren!

    Was sollte das bloß bedeuten?

    >>Ich weiß, dass ich es schon

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