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Mord in Middle Temple: Kriminalroman
Mord in Middle Temple: Kriminalroman
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eBook239 Seiten

Mord in Middle Temple: Kriminalroman

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Über dieses E-Book

London 1912: Der junge Journalist Frank Spargo kommt zufällig dazu, als die Polizei ausgerechnet im Anwaltsviertel Middle Temple die Leiche eines Mannes findet. Es gibt keinerlei Hinweise auf die Identität des Toten. Die Adresse eines frisch gebackenen Anwalts ist das Einzige, das die Polizei bei der Leiche findet. Alles deutet auf Raubmord hin. Spargo glaubt nicht an diese Theorie. Sein journalistischer Ehrgeiz ist geweckt: er will den Fall trotz der spärlichen Hinweise lösen.
Schon bald offenbaren sich dunkle Geheimnisse aus der Vergangenheit und Spargo sieht sich mit einer Reihe falscher Identitäten konfrontiert. Als der Vater der jungen Frau, in die Spargo verliebt ist, unschuldig verhaftet wird, muss Spargo nicht nur aus beruflichem Interesse unbedingt den wahren Täter finden.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum10. Dez. 2017
ISBN9783742761361
Mord in Middle Temple: Kriminalroman

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    Buchvorschau

    Mord in Middle Temple - J. S. Fletcher

    Inhalt

    Kapitel 1

    kapitel 2

    kapitel 3

    Kapitel 4

    kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Kapitel 15

    Kapitel 16

    Kapitel 17

    Kapitel 18

    Kapitel 19

    Kapitel 20

    Kapitel 21

    Kapitel 22

    Kapitel 23

    Kapitel 24

    Kapitel 25

    Kapitel 26

    Kapitel 27

    Kapitel 28

    Kapitel 29

    Kapitel 30

    Kapitel 31

    Kapitel 32

    Kapitel 33

    Kapitel 34

    Kapitel 35

    Kapitel 36

    Über den Autor

    KAPITEL 1

    Spargo verließ die Redaktion des Watchman gewöhnlich um zwei Uhr nachts, wenn die Morgenausgabe im Druck war. Er hatte nichts mehr zu tun, wenn er den Teil der Zeitung durchgesehen hatte, für den er verantwortlich war. Vor kurzem erst war er Hilfsredakteur geworden. Er hätte eigentlich schon eher nach Hause gehen können, aber er hatte sich nun einmal angewöhnt, bis etwa gegen zwei Uhr im Büro zu bleiben.

    Am Morgen des 22. Juni 1912 blieb er sogar länger als gewöhnlich und plauderte noch mit seinem Kollegen Hacket, der die auswärtige Politik bearbeitete, über eingegangene interessante Telegramme. Es war schon halb drei, als er endlich auf die Fleet Street hinaustrat. Die Luft war frisch und kühl, und im Osten kündete sich bereits die Morgendämmerung leise an. Die Stadt lag in tiefem Schweigen, majestätisch hob sich die Silhouette der St. Paul´s Cathedral vom Himmel ab.

    Spargo wohnte in Bloomsbury, auf der Westseite des Russell Square. Jeden Abend und jeden Morgen ging er durch dieselben Straßen zur Redaktion: Southampton Row, Kingsway, Strand, Fleet Street. Im Laufe der Zeit waren ihm eine Reihe von Gesichtern vertraut geworden: vor allem kannte er die Polizisten, die auf dieser Strecke Dienst hatten, und grüßte sie, wenn er Pfeife rauchend seines Weges ging.

    Als er an diesem Morgen in die Nähe der Middle Temple Lane kam, sah er den Polizisten Driscoll am Eingang eines Hauses stehen. Der Mann schien irgendetwas zu beobachten. Etwas weiter entfernt tauchte ein anderer Beamter auf, dem Driscoll mit erhobenem Arm ein Zeichen gab. Dann drehte er sich um und erkannte Spargo. Er ging ein paar Schritte auf ihn zu.

    „Was gibt es denn?", fragte Spargo.

    Driscoll zeigte mit dem Daumen über die Schulter auf ein halb geöffnetes Tor. Spargo schaute hinein und sah, dass ein Mann dort hastig Jacke und Weste anzog.

    „Der Portier da sagt, dass jemand hinter einer der Haustüren liegt. Er hält ihn für tot. Hat mir sogar erzählt, dass er an einen Mord glaubt."

    „Mord?, fragte Spargo schnell. „Wie kommt er denn zu der Ansicht? Neugierig schaute er an Driscoll vorbei.

    „Er hat Blutspuren gesehen. Sie sind doch von der Zeitung?"

    „Ja."

    „Dann kommen Sie mit uns - wahrscheinlich können Sie einen interessanten Artikel über die Sache schreiben."

    Spargo antwortete nicht. Er blickte nur verwundert die Gasse hinunter. Welches Geheimnis mochte sie bergen? Nun war auch der andere Polizist herangekommen und im selben Augenblick trat der Portier aus der Tür.

    „Also kommen Sie. Ich werde es Ihnen zeigen."

    Driscoll wechselte ein paar Worte mit seinem Kollegen, dann wandte er sich an den Portier.

    „Wie kam es, dass Sie ihn gefunden haben?"

    Der Mann wies mit dem Kopf auf eine Tür. „Ich hörte, wie sie zugeschlagen wurde, sagte er aufgeregt, als fühlte er sich durch die Frage des Polizisten beleidigt. „Das kam mir sonderbar vor. Ich bin aufgestanden und habe mich umgesehen und dann habe ich ihn entdeckt.

    Er zeigte auf eine bestimmte Stelle. Spargo sah den Fuß eines Mannes, der aus einem der Eingänge herausschaute. Deutlich konnte er den Schuh und den grauen Strumpf erkennen.

    „Er lag genauso da, wie Sie ihn jetzt noch sehen. Ich habe ihn nicht angerührt."

    Er sprach nicht weiter, sondern verzog das Gesicht bei der Erinnerung an seinen ersten Schrecken. Driscoll nickte verständnisvoll.

    „Sie sind also aufgestanden und haben sich umgeschaut?"

    „Ja, und als ich das Blut sah, bin ich schnell auf die Straße gegangen, um einen Polizisten zu holen."

    „Das Beste, was Sie tun konnten", erwiderte Driscoll.

    Sie waren jetzt an dem Eingang angekommen und blieben stehen. Der Schauplatz selbst wirkte ziemlich nüchtern, die Wände waren mit Fliesen verkleidet, der Boden bestand aus Beton. In dem kühlen, grauen Morgenlicht erinnerte die Szene Spargo fast an eine Leichenhalle. Es war deutlich zu erkennen, dass der Mann, der dort lag, nicht mehr lebte.

    Im ersten Augenblick sprach niemand. Die beiden Polizisten schoben unbewusst die Daumen in den Ledergürtel und spielten nervös mit den Fingern. Der Portier rieb sich nachdenklich das Kinn. Spargo hatte die Hände in die Taschen gesteckt und klapperte mit seinen Hausschlüsseln. Jeder machte sich seine eigenen Gedanken beim Anblick dieses Toten.

    „Sie sehen, sagte Driscoll plötzlich leise, „dass er eine ganz merkwürdige Lage hat. Es sieht fast so aus, als wäre er dort hingelegt worden. Vielleicht hat er zuerst an der Wand gelehnt und ist dann herunter gerutscht.

    Spargo beobachtete alle Einzelheiten mit berufsmäßigem Interesse. Er sah zu seinen Füßen einen gutgekleideten, älteren Mann liegen, dessen Gesicht der Wand zugekehrt war. An den grauen Haaren und dem fast weißen Bart ließ sich sein Alter ungefähr abschätzen. Der graukarierte Anzug und die dazu passenden Schuhe verrieten guten Geschmack, ebenso die Wäsche. Das eine Bein war halb untergeschlagen, das andere lag ausgestreckt quer über der Türschwelle. Der Oberkörper lehnte gegen die Wand, und an den weißen Fliesen waren Blutspuren zu sehen.

    Driscoll zog die Hand aus dem Gürtel und zeigte auf den Toten. „Er muss wohl von hinten niedergeschlagen worden sein, als er hier herauskam. Das Blut floss aus seiner Nase, als er stürzte. Was meinst du dazu, Jim?"

    Der andere Polizist räusperte sich. „Wir sollten lieber den Inspector herholen. Und einen Arzt und eine Ambulanz. Er ist doch tot, nicht wahr?"

    Driscoll bückte sich und berührte die Hand, die auf dem Boden lag. „Daran ist gar kein Zweifel, er ist schon ganz steif. Also beeil dich mit deiner Meldung auf dem Revier."

    Spargo wartete bis der Inspector kam und eine Tragbahre gebracht wurde. Es waren auch noch mehrere Polizisten erschienen. Sie hoben den Toten auf, um ihn zum Leichenschauhaus zu bringen. Dabei konnte Spargo das Gesicht des Toten sehen. Er betrachtete es lange und aufmerksam, während die Beamten noch beschäftigt waren. Wer mochte dieser Mann sein? Wie war er zu diesem schrecklichen Ende gekommen? Warum hatte man ihn ermordet? Alle diese Fragen gingen ihm durch den Kopf. Als Zeitungsmann interessierte ihn der Fall natürlich, aber es mischte sich auch ein allgemein menschliches Empfinden in seine Gefühle und er bedauerte, dass einer seiner Mitmenschen auf so tragische Weise ums Leben gekommen war. Die Züge des Toten waren regelmäßig, aber er konnte nichts Besonderes daran entdecken. Der Mann mochte zwischen sechzig und fünfundsechzig Jahre alt sein. Er war glattrasiert und trug einen kurzen, weißen Backenbart, der auf altmodische Weise bis zur Hälfte zwischen Ohr und Kinn herunterreichte. Das einzig Auffallende an dem schlichten Gesicht waren die vielen Falten und Runzeln. Besonders tief hatten sie sich um die Mundwinkel und um die Augen eingegraben. Diesem Mann hatte das Leben sicher schwer mitgespielt und er hatte sowohl körperlich als auch seelisch einiges durchgemacht.

    Driscoll stieß Spargo an und gab ihm einen Tipp. „Gehen Sie doch mit zum Leichenschauhaus", flüsterte er ihm heimlich zu.

    „Warum denn?"

    „Man wird ihn durchsuchen und es ist doch wichtig für Sie, dass Sie wissen, was er bei sich hatte. Darüber können Sie doch dann in Ihrer Zeitung schreiben!"

    Spargo zögerte. Er war müde und hatte sich auf das Essen und auf sein weiches Bett zu Hause gefreut. Er konnte ja bei der Redaktion anrufen, dass man einen Berichterstatter zum Leichenschauhaus schicken sollte. Er selbst war im Augenblick nicht in der Stimmung, mitzugehen.

    „Das kann eine große Sache für Sie werden, ermunterte Driscoll ihn. „Es sieht ganz so aus, als ob da noch allerhand Geheimnisse zu klären sind. Man weiß nie, was hinter solchen Dingen steckt.

    Diese letzte Bemerkung änderte Spargos Entschluss. Der Instinkt des Journalisten erwachte in ihm. „Gut, ich werde mitkommen."

    Er zündete seine Pfeife wieder an und folgte dem kleinen Zug, der sich durch die ruhigen und verlassenen Straßen bewegte. Während er so vor sich hin ging, dachte er darüber nach, wie schnell und unvorhergesehen der Tod einen Menschen ereilen konnte. Zweifellos war dieser Mann ermordet worden und das hatte mitten in einer der Straßen Londons geschehen können, ohne großes Aufsehen oder Lärm zu erregen. Die Beamten behandelten den Fall professionell, sie waren an so etwas gewöhnt.

    „Meiner Meinung nach, hörte Spargo plötzlich eine Stimme neben sich, „ist er nicht hier ermordet worden. Man hat ihn nur dort hingelegt.

    Spargo wandte sich um und sah, dass der Portier neben ihm ging.

    „Ach, Sie glauben ..."

    „Ja, ich bin davon überzeugt, dass sie ihn anderswo niedergeschlagen haben und dann dorthin brachten. Vielleicht ist es in einer der Wohnungen passiert. Es sind schon seltsamere Dinge in London geschehen. Auf alle Fälle ist er diese Nacht nicht an meinem Eingang vorbeigekommen ... soviel kann ich sagen. Ich möchte nur wissen, wer er ist. Dem Aussehen nach gehört er nicht zu den Leuten, die hier verkehren."

    „Das werden wir ja erfahren, wenn er durchsucht worden ist", meinte Spargo.

    Aber bald darauf hörte er, dass bei der Durchsuchung nichts gefunden wurde. Der Polizeiarzt stellte fest, dass der Tote zweifellos durch einen furchtbaren Schlag von hinten niedergestreckt worden war und infolgedessen einen Schädelbruch erlitten hatte. Der Tod musste sofort eingetreten sein. Nach Driscolls Ansicht war der Fremde ermordet worden, weil man ihn berauben wollte. Alle Taschen waren leer. Man konnte doch schließlich annehmen, dass ein so gut gekleideter Mann eine Uhr mit Kette besaß, dass er Geld bei sich hatte und Ringe an den Fingern trug. Aber man konnte nichts Wertvolles entdecken und man fand auch nicht den geringsten Anhaltspunkt, um seine Identität zu klären: keine Briefe, keine Papiere, nichts. Offensichtlich hatte der Täter alles an sich genommen. Eine neue, graue Stoffmütze, die neben dem Toten gelegen hatte, war das einzige Stück, das vielleicht irgendwie Aufschluss geben konnte. Sie stammte aus einem vornehmen Geschäft im Westen Londons.

    Spargo machte sich auf den Heimweg. Es hatte keinen Zweck mehr, länger dort zu bleiben. Nachdem er gegessen hatte, legte er sich hin, aber er fand keine Ruhe. Er gehörte nicht zu den Leuten, die leicht aus der Fassung gerieten, aber ihn quälte eine gewisse Unruhe und nach einiger Zeit erkannte er, dass es sein Erlebnis war, das ihn nicht schlafen ließ. Schließlich stand er wieder auf, nahm ein kaltes Bad, trank eine Tasse Kaffee und ging hinaus. Er hatte kein bestimmtes Ziel, als er seine Wohnung verließ, aber nach einer halben Stunde fand er sich auf dem Weg zur Polizeistation, in deren Nähe der Tote im Leichenschauhaus aufgebahrt lag. Dort traf er Driscoll, dessen Dienst gerade zu Ende war. Der Polizist begrüßte ihn mit einem freundlichen Lächeln.

    „Sie kommen gerade zur rechten Zeit, sagte er. „Es ist kaum fünf Minuten her, dass man ein Stückchen graues Papier in der Westentasche des Mannes gefunden hat. Es hatte sich in einer Falte festgesetzt. Gehen Sie nur hinein und sehen Sie es sich an.

    Spargo betrat das Büro des Inspectors und gleich darauf hielt er ein kleines Stück Papier in der Hand. Es war aber nur eine Adresse mit Bleistift darauf gekritzelt:

    Ronald Breton, Rechtsanwalt

    King’s Bench Walk

    Temple, London

    KAPITEL 2

    Spargo blickte rasch wieder auf. „Diesen Mann kenne ich!", sagte er.

    Der Inspector war interessiert. „Sie kennen Mr. Breton?"

    „Ja, ich bin Redakteur beim Watchman und habe erst neulich einen Artikel von ihm angenommen, der von empfehlenswerten Touren für Fußwanderungen handelte. Bei der Gelegenheit besuchte mich Mr. Breton in meinem Büro. Das haben Sie also in der Tasche gefunden?"

    „Ja, es steckte in einer Falte, soviel ich gehört habe. Ich selbst war bei der Untersuchung nicht dabei. Es ist ja nicht viel, aber vielleicht kann es uns doch bei der Identifizierung helfen."

    Spargo nahm das kleine Papierstückchen wieder in die Hand, betrachtete es noch einmal genau und legte es dann zurück. Es schien ihm Schreibpapier zu sein, wie man es auf den Blocks von Hotels und Clubs findet. Es war von einem ganzen Bogen abgerissen worden.

    „Was wollen Sie unternehmen, um die Identität des Toten festzustellen?", fragte Spargo nachdenklich.

    „Was man gewöhnlich in solchen Fällen tut, erwiderte der Inspector achselzuckend. „Durch die Zeitungsartikel wird die Sache in der Öffentlichkeit bekannt. Sie werden ja vermutlich selbst einen Spezialbericht in Ihrer Zeitung bringen. Wir erlassen die üblichen Bekanntmachungen und dann werden sich schon Leute melden, die den Toten gekannt haben. Ich bin ganz sicher, dass wir auf diese Weise zum Ziel kommen werden.

    In diesem Augenblick betrat ein unauffällig gekleideter Mann das Zimmer, den man seinem Aussehen nach für einen Kaufmann hätte halten können. Er begrüßte den Inspector mit einem Kopfnicken, ging auf seinen Schreibtisch zu und nahm das graue Papier-Stückchen mit der Notiz an sich.

    „Ich suche jetzt Mr. Breton in King’s Bench Walk auf, sagte er in ruhigem Ton und schaute auf seine Uhr. „Es ist gerade zehn, er wird jetzt in seinem Büro sein.

    „Ich gehe auch dorthin", sagte Spargo halb zu sich selbst.

    Der andere Mann warf einen Blick auf Spargo, dann auf den Inspector.

    „Das ist Mr. Spargo vom Watchman, erklärte ihm der Beamte. „Er war dabei, als der Tote gefunden wurde. Außerdem kennt er Mr. Breton persönlich. Dann wandte er sich an Spargo. „Darf ich Ihnen Detective Sergeant Rathbury von Scotland Yard vorstellen? Die Aufklärung dieses Falles ist ihm übertragen worden."

    „Ach so, entgegnete Spargo ein wenig gleichgültig. „Was wollen Sie denn bei Breton machen?

    „Ich will ihn auffordern, sich den Toten anzusehen. Vielleicht kennt er ihn. Auf jeden Fall steht seine Adresse auf diesem Zettel."

    „Dann lassen Sie uns zusammen gehen", meinte Spargo.

    Auf dem ganzen Weg blieb er sehr nachdenklieh und auch der Detective schwieg. Erst als sie die Treppe des Hauses am King’s Bench Walk hinauf stiegen, brach Spargo das Schweigen.

    „Glauben Sie, dass der alte Mann ermordet, wurde, weil man ihn berauben wollte?", fragte er und wandte sich plötzlich dem Detective zu.

    „Um diese Frage beantworten zu können, müsste ich erst wissen, ob er etwas bei sich hatte", antwortete Rathbury lächelnd.

    „Ja, da haben Sie Recht. Es wäre ja möglich, dass er überhaupt nichts in seiner Tasche hatte."

    Der Detective lachte und zeigte auf eine große Tafel, auf der die Namen der Hausbewohner aufgelistet waren. „Bis jetzt wissen wir nur, dass Mr. Breton hier im vierten Stock wohnt. Daraus schließe ich, dass er seinen Beruf noch nicht lange ausübt."

    „Er ist noch sehr jung, ich schätze ihn auf etwa vierundzwanzig Jahre. Ich habe ihn allerdings erst ein paar Mal gesehen ..."

    In diesem Augenblick hörten sie fröhlich lachende Stimmen.

    „Hier scheint ja das Juristerei in einer sehr vergnügten Art und Weise betrieben zu werden, meinte Rathbury. „Wie ich höre, kommt das Lachen aus Mr. Bretons Büro ... die Tür ist auch offen.

    Die äußere Eichentür des Büros stand sperrangelweit auf, die Innere war nur angelehnt. Durch den Spalt konnten Spargo und der Detective den Raum übersehen. An den Wänden standen Regale, die mit Akten gefüllt waren, darüber hingen in dunklen Rahmen Bilder berühmter Juristen. Aber im Vordergrund sahen sie eine hübsche junge Dame mit lebhaften Augen, die auf einen Stuhl gestiegen war. Sie hatte eine Perücke aufgesetzt, trug einen Rechtsanwaltstalar und schwenkte ein Aktenheft. Sie sprach, als ob sie vor dem Richter und den Geschworenen stehen würde. Mr. Breton und eine andere junge Dame, die an seiner Schulter lehnte, hörten der Rednerin belustigt zu.

    „Meine Herren Geschworenen, ich unterbreite Ihnen vertrauensvoll diesen Fall. Auch Sie haben sicherlich Brüder, auch Sie sind verheiratet und Familienväter. Können Sie es da übers Herz bringen und zulassen, dass meinem Mandanten ein solches Unrecht zugefügt wird, ein solches Unrecht, das nie wieder gutzumachen ist?"

    „So ist es recht, so machst du es gut, sagte der junge Mann. „Hallo!

    Rathbury hatte an die innere Tür geklopft und seinen Kopf durch

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