Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Die Kristallelemente (Band 4): Die blaue Unendlichkeit der Berge
Die Kristallelemente (Band 4): Die blaue Unendlichkeit der Berge
Die Kristallelemente (Band 4): Die blaue Unendlichkeit der Berge
eBook312 Seiten

Die Kristallelemente (Band 4): Die blaue Unendlichkeit der Berge

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Erde, dem Hass entrissen, erweckt neu das Kristallherz … Vor Jahren schwor Roya ihrem Lebensretter einen nicht brechbaren Eid: Sie wird mit allen Mitteln versuchen, die Piraten der ›Crimson Conch‹ aufzuhalten. Dafür nimmt sie sogar einen Fluch in Kauf, der ihr besondere Kräfte verleiht. Als ihr jedoch die Besatzung des purpurnen Schiffs die Geborgenheit schenkt, nach der sie sich immer schon gesehnt hat, gerät Royas Willenskraft ins Wanken. Gefangen zwischen ihrem Pflichtgefühl und dem Wunsch, Teil einer Gemeinschaft zu sein, ahnt Roya nicht, dass ihre Entscheidung nicht nur ihr Leben verändern wird, sondern auch das Schicksal der Welt Callisto …
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum3. Sept. 2021
ISBN9783038962069
Die Kristallelemente (Band 4): Die blaue Unendlichkeit der Berge

Ähnlich wie Die Kristallelemente (Band 4)

Titel in dieser Serie (4)

Mehr anzeigen

Allgemeine Belletristik für Sie

Mehr anzeigen

Rezensionen für Die Kristallelemente (Band 4)

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Die Kristallelemente (Band 4) - B. E. Peiffer

    Inhaltsverzeichnis

    Titel

    Informationen zum Buch

    Impressum

    Widmung

    Landkarte

    Prolog

    Kapitel 1

    Kapitel 2

    Kapitel 3

    Kapitel 4

    Kapitel 5

    Kapitel 6

    Kapitel 7

    Kapitel 8

    Kapitel 9

    Kapitel 10

    Kapitel 11

    Kapitel 12

    Kapitel 13

    Kapitel 14

    Kapitel 15

    Kapitel 16

    Kapitel 17

    Kapitel 18

    Kapitel 19

    Kapitel 20

    Kapitel 21

    Kapitel 22

    Kapitel 23

    Kapitel 24

    Kapitel 25

    Kapitel 26

    Kapitel 27

    Kapitel 28

    Kapitel 29

    Kapitel 30

    Kapitel 31

    Epilog

    Logbuch von Callisto

    Abschließende Worte

    B. E. Pfeiffer

    Die Kristallelemente

    Band 4: Die blaue Unendlichkeit der Berge

    Fantasy

    Die Kristallelemente (Band 4): Die blaue Unendlichkeit der Berge

    Erde, dem Hass entrissen, erweckt neu das Kristallherz … Vor Jahren schwor Roya ihrem Lebensretter einen nicht brechbaren Eid: Sie wird mit allen Mitteln versuchen, die Piraten der ›Crimson Conch‹ aufzuhalten. Dafür nimmt sie sogar einen Fluch in Kauf, der ihr besondere Kräfte verleiht. Als ihr jedoch die Besatzung des purpurnen Schiffs die Geborgenheit schenkt, nach der sie sich immer schon gesehnt hat, gerät Royas Willenskraft ins Wanken. Gefangen zwischen ihrem Pflichtgefühl und dem Wunsch, Teil einer Gemeinschaft zu sein, ahnt Roya nicht, dass ihre Entscheidung nicht nur ihr Leben verändern wird, sondern auch das Schicksal der Welt Callisto …

    Die Autorin

    Bettina Pfeiffer wurde 1984 in Graz geboren und lebt heute mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Baden bei Wien.

    Seit ihrer Kindheit liebt sie es, sich Geschichten auszudenken. Besonders als Ausgleich zu ihrem zahlenorientierten Hauptjob taucht sie gern in magische Welten ab und begann schließlich, diese aufzuschreiben. So entstand recht schnell die Idee für die ›Weltportale‹ und andere magische Geschichten im Genre Fan-tasy/Romantasy.

    Inspiration dafür findet sie immer wieder durch ihre Kinder, mit denen sie gern auf abenteuerliche Entdeckungsreisen geht.

    www.sternensand-verlag.ch

    info@sternensand-verlag.ch

    1. Auflage, September 2021

    © Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2021

    Umschlaggestaltung: Alexander Kopainski

    Lektorat / Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH | Natalie Röllig

    Korrektorat 2: Sternensand Verlag GmbH | Jennifer Papendick

    Satz: Sternensand Verlag GmbH

    ISBN (Taschenbuch): 978-3-03896-205-2

    ISBN (epub): 978-3-03896-206-9

    Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

    Für meine Familie. Weil ich ohne euch nie so weit gekommen wäre.

    Prolog

    Die größte Gefahr aber barg die Unendlichkeit, welche das Kristallelement Erde in sich trug. Mit dieser Kraft in ihren Händen wäre die schwarze Seele fähig, die Mächte des Landes zu entfesseln. Das letzte Element wies den anderen den Weg zu Sieg oder Niederlage. Denn ohne diese vierte Kraft waren die Stärke, die Hoffnung und der Mut nicht in der Lage, die schwarze Seele zu bezwingen.

    Ein Wettlauf gegen die Zeit hatte begonnen. Um das Schicksal der Welt und die Leben der vier Kristallelemente.

    Erde, dem Hass entrissen,

    Erweckt neu das Kristallherz.

    Kapitel 1

    Ich sah die weißen Segel schon von Weitem, als ich auf der Klippe stand. Das Schiff kam genau an jenem Tag, den er mir vorhergesagt hatte, und es entsprach dem, was ich mir nach seinen Erzählungen darunter vorstellte. Ein Dreimaster aus purpurrotem Holz, der unter keiner Flagge fuhr. Wie ein Gemenge aus Blut und Federn pflügte das Schiff durch das blaue Meer und ließ einen tiefen Groll in mir wach werden.

    Obwohl sie keine Flagge gehisst hatten, wusste ich, dass sich Piraten der Küste näherten. Und Piraten waren es, vor denen er mich gerettet hatte.

    »Roya«, erklang eine zischende Stimme. »Wir müssen hier weg.«

    Ich konnte den Blick nicht von dem Schiff abwenden, das sich der Bucht näherte.

    »Roya!«, zischte es erneut.

    »Ich habe dich schon beim ersten Mal gehört«, erklärte ich, wandte den Kopf zu meiner rechten Schulter und betrachtete den blauen Gecko, der darauf saß. »Livian, weswegen bist du so nervös?«

    Sein Schwanz zuckte unkontrolliert, was er immer tat, wenn Livian sich vor etwas fürchtete. Ich kannte ihn schon fast mein ganzes Leben. Er war mit mir in Gefangenschaft geraten, die ich ohne ihn nicht überlebt hätte. Seitdem war er mir nicht von der Seite gewichen und ich hätte ihn niemals missen wollen.

    »Dieses Schiff verströmt eine seltsame Magie«, murmelte der Gecko und schüttelte sich. »Wir müssen den Ältesten sagen, dass es sich nähert.«

    Mit einem tiefen Seufzen wandte ich mich noch einmal der Bucht zu und betrachtete die Segel, die sich im Wind blähten. »Ich denke, sie wissen es bereits.«

    Der Abstieg von dem Berg, auf dem ich trotz der Vorankündigung von ihm seit vielen Tagen Ausschau nach dem Schiff mit dem blutenden Holz gehalten hatte, dauerte ein wenig. Die schmalen Wege waren steil und die Felsen scharf. Ein falscher Schritt könnte einen schmerzhaften Absturz bedeuten und ich war nicht sicher, ob jemand nach mir suchen würde, wenn ich in der Dämmerung nicht zu unserem Stamm zurückkehrte.

    Denn seit meiner Rettung lebte ich zwar in einem Dorf, wirklich zur Gemeinschaft gehörte ich allerdings nicht. Livian hätte vermutlich Hilfe holen können, aber außer mir schien niemand die Worte des Geckos zu verstehen.

    Ob mich jemand vermisst hätte? Bestimmt nicht. Dazu war ich zu … sonderbar. Höchstens Damian, der Älteste, der sich für mich zuständig fühlte, hätte vielleicht irgendwann nach mir gefragt.

    Was kümmerte es mich? Ich würde irgendwann sowieso diesen Ort verlassen, um zu meinem Retter zurückzukehren, wie er es versprochen hatte. Nur dieses Schiff lag zwischen mir und dem sicheren Zuhause, nach dem ich mich sehnte. Doch bald würde ich dieses letzte Hindernis überwunden haben.

    Als ich den Fuß des Berges erreicht hatte, hörte ich bereits die Signaltrommeln, die eindeutig die Ankunft des Schiffes verkündeten. Ich rannte zu dem Baum, hinter dem ich meinen Speer und den großen Holzschild, den ich als Mitglied der Kriegerinnen stets bei mir haben musste, versteckte, bevor ich den Felsen erklommen hatte.

    Hastig legte ich den Lederriemen an und schnallte mir den Schild auf den Rücken. Danach packte ich den Speer und lief hinter Livian, der bereits zwischen den Blättern hindurchrannte, her.

    Der Boden bebte unter meinen Schritten und ich wusste, dass die Kräfte, die in mir flossen, bald unkontrolliert ausbrechen würden. Viel zu lange hatte ich sie zurückgehalten, tief in mir vergraben, um mächtig genug zu sein, mich diesen Leuten zu stellen. Vielleicht würde mir das jetzt zum Verhängnis werden.

    Deswegen mäßigte ich meine Schritte und brachte meinen Atem zur Ruhe. Wenn es stimmte, was er mir gesagt hatte, würden die Piraten mich erkennen und mit auf ihr Schiff nehmen. Ich musste also nur noch ein paar Stunden die Kräfte in mir verschließen. Und anschließend würde ich die Piraten vernichten, wie ich es ihm versprochen hatte.

    Die ersten Hütten aus Stroh und Kokosblatt kamen bereits in Sichtweite und ich erkannte das aufgeregte Treiben im Dorf. Denn es geschah nicht besonders oft, dass uns jemand aufsuchte, und wenn, dann nicht in friedlicher Absicht. Hier schienen die anderen auch nicht zu wissen, was sie von den Ankömmlingen halten sollten, aber sie wirkten eher fröhlich anstatt ängstlich.

    Sie würden ihre Meinung schon noch ändern. Menschen von außerhalb durfte man nie trauen, das sollte jedes Kind wissen.

    Das Reich, in dem wir lebten, hieß Katschis und war von Eroberern besiedelt worden, die vor vielen Generationen hergekommen waren. Eroberer waren machthungrig und gierig und zerstörten Dörfer wie meines, um die Menschen als Sklaven zu halten. Diese Ausbeuter nannten sich selbst Kaufleute, in Wahrheit waren sie nichts anderes als Piraten, die fremde Schiffe versenkten, nachdem sie ihre Schätze geraubt hatten.

    Ich umfasste den Schaft des Speers fester und presste die Kiefer zusammen. Die Leute des Dorfes mochten mich nicht richtig in ihrer Gemeinschaft aufgenommen haben, dennoch würde ich nicht zulassen, dass es einem der Mädchen hier erging wie einst mir.

    Als Sklavin auf einem Schiff gehalten zu werden, bedeutete, dem Willen eines Herren ausgesetzt zu sein. Was man mir angetan hatte, um mich zu brechen, suchte mich noch heute in meinen Albträumen heim. Wäre Livian nicht an meiner Seite gewesen, hätte ich den Verstand verloren.

    Nein, so ein Schicksal verdiente niemand und ich hätte mein Leben gegeben, um die Kinder dieses Dorfes davor zu beschützen.

    Ich hastete an die Seite der Ältesten, die sich beim Eingang des Dorfs versammelt hatten.

    »Roya, da bist du ja«, sagte Damian, als er mich entdeckte.

    Sein gütiges Lächeln ließ mich einen Atemzug zögern, ehe ich zu ihm trat. Seit meiner Ankunft hatte er in gewisser Weise die Vormundschaft für mich übernommen. Allerdings schien er das für alle Waisen, die zu dem Stamm stießen, zu tun, weswegen wir uns nicht besonders nahestanden. Er hatte einfach zu viele Anliegen, um die er sich kümmern musste, und ich war längst kein Kind mehr. Deswegen entfernten wir uns mit jedem Tag mehr voneinander. Trotzdem mochte ich den alten Mann, er war gut zu mir gewesen.

    »Ich habe die Segel gesehen.« Neben ihm nahm ich mit Schild und Speer in Händen Aufstellung. »Werden wir angegriffen?«

    Natürlich wusste ich, dass diese Piraten uns nicht bedrohten. Vorläufig zumindest. Denn er hatte mir erklärt, dass sie der Grund für all das Schlechte in meinem Leben waren. Früher oder später würden sie den Frieden, den wir durch unsere Zurückgezogenheit auf dieser Insel bewahrt hatten, zerstören, wenn ich sie nicht aufhielt.

    Damian schüttelte den Kopf. »Zwei Hexen begleiten sie«, raunte er mir zu und Ehrfurcht schwang in seiner Stimme mit.

    Mein Volk glaubte an Magie und verehrte die heiligen Frauen, die eine besondere Begabung besaßen. Und wären die Kräfte, die jetzt in mir brodelten, nicht nur geliehen gewesen, hätte ich vielleicht zu einer dieser Frauen werden können. Das hieß … wenn ich nicht diesen Schatten und all die Narben auf meiner Seele getragen hätte.

    Ich straffte die Schultern, als Karani, die oberste Kriegerin des Stammes, aus dem Dickicht des Dschungels trat. Hohe Bäume und dichte Sträucher verbargen das Dorf für all jene Augen, die es nicht sehen sollten. Nur wer den Weg kannte, konnte uns finden. Das schützte uns zusätzlich davor, von den Kaufleuten von Katschis, den Senai, wie wir sie nannten, gefangen genommen zu werden.

    Hinter der Kriegerin in ihrer kurzen Rüstung erschien eine Frau in einem lächerlichen Aufzug. Sie trug Hosen wie ein Senai und eine Korsage über einer schulterfreien Tunika, außerdem einen Dreispitz. Auf ihrer Schulter saß ein silberner Papagei mit bunten Schwanz- und Kopffedern. Dicht hinter ihr erschien ein hochgewachsener blonder Mann in blauem Gehrock und mit grimmigem Blick. Magie ging von den beiden aus und verstärkte sich, als noch mehr Frauen und Männer auftauchten. Die meisten von ihnen trugen ähnliche Kleidung wie die erste Frau. Nur eine von ihnen erschien in einem unpassenden Kleid aus weißem Stoff, das für den Urwald der Insel besonders ungeeignet war. Als dann noch zwei ältere Frauen mit weißen Haaren aus dem Dickicht traten, hielt ich den Atem an. Denn die Magie in meinem Inneren drängte nach außen und ließ meine Brust viel zu eng werden.

    Trotzdem musterte ich die Eindringlinge genau. Von einigen Männern abgesehen wirkten sie nicht wie die Piraten, die ich aus meiner Kindheit kannte. Aber das bedeutete nichts. Ich wusste, was sie wirklich waren. Die Magie an ihnen verriet es mir und auch die zwei Hexen, die sie begleiteten, änderten nichts an meiner Meinung.

    Immer mehr von diesen Leuten betraten unser Dorf, und mit jeder Person wuchs meine Unruhe. Ich umfasste den Speer mittlerweile so fest, dass meine Knöchel weiß hervortraten und das Holz bedenklich knackte. Zumindest befand sich niemand von den Inseln als Gefangener bei ihnen.

    Die Piraten sahen wie ein bunter Haufen aus. Menschen aus den unterschiedlichsten Gegenden Callistos hatten sich zusammengefunden. Magie loderte in den meisten von ihnen, in manchen stärker, in anderen schwächer.

    Neben dem Papagei entdeckte ich ein Eichhörnchen, das auf der Schulter einer Frau mit türkisen Haaren saß, sowie eine schwarze Katze bei der Frau in ihrem unpraktischen Kleid. Ich keuchte, als das Tier um sie herumschwebte.

    »Ein Geistertier«, murmelte Livian, der auf meinem Kopf saß und die Fremden neugierig zu beobachten schien.

    »Er hat gesagt, sie würden mit magischen Begleitern erscheinen und ich sollte mich besonders vor den Tieren in Acht nehmen«, erwiderte ich kaum hörbar.

    Aber ich wusste, dass Livian es dennoch verstand, auch wenn er nicht antwortete.

    Die Piraten stellten sich in einer Reihe vor uns auf. Keiner von ihnen trug eine Waffe, doch da sie augenscheinlich Magie in sich trugen, waren sie alles andere als wehrlos.

    Meine Finger begannen zu kribbeln, als mein Blick an einem Mann hängen blieb, der mich unverhohlen anstarrte. Seine Haut war sonnengebräunt und sein Haar so schwarz wie die tiefste Nacht. Er besaß ein schmales, kantiges Gesicht mit einer scharf geschnittenen Nase. Vermutlich sah er nicht unattraktiv aus, aber das war es nicht, was mich bei ihm innehalten und ihn betrachten ließ. Dieser Mann verströmte eine Magie, die ich kannte. Weil auch ich sie von meinem Retter verliehen bekommen hatte.

    Einen Moment sahen wir uns in die Augen und ich wusste, dass er meine Kräfte erkannte. Das Atmen fiel mir schwer und mein Herz raste.

    Dieser Mann und ich … wir waren uns ebenbürtig. Und obwohl ich es nicht wollte, lächelte ich, denn ich war sicher, dass er mir helfen würde, meine Schuld meinem Retter gegenüber einzulösen.

    Kapitel 2

    Damian musterte die Ankömmlinge einen Moment und breitete die Arme aus. »Mein Herz quillt über vor Freude, euch in unserem Dorf begrüßen zu dürfen«, verkündete er.

    Als hätte jemand ein Signal dazu gegeben, schlugen wir Kriegerinnen mit den Speeren auf unseren Schild und stießen einen Schrei aus. Dies war die höchste Form der Ehrerbietung, die wir Besuchern erweisen konnten, und in mir sträubte sich alles dagegen, sie den Piraten zuteilwerden zu lassen. Aber unsere Ältesten wünschten es, also beugte ich mich.

    »Doch die Freude wird getrübt, weil ich nur zwei der großen Meerhexen erblicke«, fuhr Damian fort.

    Ich betrachtete die zwei Frauen mit ihren weißen Haaren. Sie beide trugen ein weißes Kleid aus rauem Stoff und sahen sich ziemlich ähnlich. Nur die Umhänge, die sie trotz der feuchten Hitze, die hier herrschte, angelegt hatten, ließ eine Unterscheidung zu. Und jetzt, da ich genauer hinsah, schien die mit dem purpurnen Umhang älter zu sein als die mit dem türkisen.

    Die Legenden um die Meerhexen wurden in diesem Dorf jedem Kind erzählt. Auch ich hatte immer wieder Bruchstücke davon gehört, konnte jedoch nicht wirklich etwas damit anfangen. Es hieß, sie bewachten drei von vier magischen Inseln, die einem Element zugeordnet waren. Aber warum es nur drei Hexen bei vier Elementen gab oder was diese Inseln für eine Bedeutung hatten, wurde nicht erzählt. Nur dass diese Hexen mächtig waren, und offensichtlich dachte Damian, dass sie uns in Form dieser alten Frauen gegenüberstanden.

    Die Piratin mit dem Papagei trat vor und räusperte sich. »Ältester, leider ist die dritte Meerhexe beim Kampf gegen die schwarze Seele ums Leben gekommen«, erklärte sie.

    Der Papagei auf ihrer Schulter gab ein leises Krächzen von sich und es wirkte, als würde er seufzen.

    Damian nickte und ließ den Kopf sinken. »Dieses schreckliche Monster hat so viele Opfer gefordert«, erwiderte er.

    Von einer schwarzen Seele hörte ich zum ersten Mal, aber wenn ich mir die anderen Dorfbewohner ansah und den Ausdruck auf ihren Gesichtern las, wusste ich, dass sie dieses Wesen fürchteten. Dabei sollten sie sich viel eher vor diesen Piraten in unserer Mitte in Acht nehmen. Denn die Magie, die ihnen anhaftete, war roh und mein Retter hatte mir genug über ihre Taten berichtet, damit ich sie verabscheuen musste.

    Er hatte erzählt, dass sie jahrelang umhergefahren waren, um Städte zu zerstören und Frauen zu entführen. Ich wusste nicht, ob ein paar der Sklaven, mit denen ich eingesperrt war, von ihnen geraubt worden waren, aber ich nahm es an. Und wenn ich mir den blonden Mann ansah, der vermutlich ihr Captain war, kochte Wut in mir hoch.

    Sein arroganter Blick und die stolze Haltung passten zu der Art Mann, die sich nahm, was immer gerade interessant war, ohne sich darüber Gedanken zu machen, welchen Schaden sie anrichtete. Deswegen würde ich mich um ihn als Erstes kümmern, so wie er es mir erklärt hatte.

    »Dennoch haben wir eure Ankunft viel früher erwartet«, riss Damian mich aus meinen düsteren Grübeleien.

    Die Hexe mit dem purpurnen Umhang trat vor. »Es hat ein wenig länger gedauert, die drei ersten Elemente zu vereinen und eine Gemeinschaft entstehen zu lassen«, antwortete sie. »Das vierte Element ist das schwierigste und es sollte nicht in eine unruhige Verbindung eingegliedert werden.«

    Damian nickte, als verstünde er, was die Hexe meinte. Mir jedoch war schleierhaft, worauf sie hinauswollte. Meinte sie, dass sie in diesem Dorf etwas finden würden? Ein Element etwa? Hier gab es nur Steine und Bäume, keine Erze, die für die Senai so wichtig zu sein schienen.

    »Habt ihr denn ein Mädchen, das ein Kristallelement in sich tragen könnte?«, wollte die Piratin wissen.

    Ich verkrampfte mich und hatte keine Ahnung, weswegen. Aber das Wort ›Kristallelement‹ kam mir vertraut vor, obwohl ich es noch nie gehört hatte.

    Noch während ich das dachte, vibrierte der Boden unter meinen Füßen, und die kleinen Steine, die auf der trockenen Erde lagen, wippten auf und ab. Ich richtete den Blick nach vorne, doch außer mir schien niemand diese Kraft wahrzunehmen.

    »Es sind fünf junge Frauen unter unseren Kriegerinnen, welche die Gabe des Kristallelements in sich tragen könnten«, erwiderte Damian. »Ob eine von ihnen dieser Aufgabe gewachsen ist, kann nur die Blaue Hexe herausfinden.« Er hielt inne und schluckte. »Wie soll die Auswahl jetzt also erfolgen?«

    »Wir werden uns mit den Mädchen unterhalten«, entgegnete die Piratin mit dem Papagei. »Und die anderen Hexen werden ihre Fähigkeiten überprüfen. Ich bin sicher, so können wir das Kristallelement erwecken.«

    Mein Kopf schwirrte und ich hielt mich an dem Speer, den ich in den Boden gerammt hatte, fest. Die Magie der Fremden und die Hitze des Tages setzten mir mehr zu, als gut für mich war. Die Kräfte, die ich so lange gesammelt hatte, drängten danach, auszubrechen.

    Ich biss die Zähne zusammen und brachte meinen Atem unter Kontrolle, während das Gespräch zwischen Damian und den Ankömmlingen weiterging und kein Ende zu nehmen schien.

    »Roya, was hast du?«, fragte Livian alarmiert.

    Als würde eine Trommel in meinem Inneren geschlagen, vibrierte mein Körper. Einen Moment lang wurde mir schwarz vor Augen und ich verlor jegliches Gefühl. Ich fiel und wusste, ich würde gleich auf der Erde landen, doch der Aufprall kam nicht.

    »Bring sie in den Schatten«, sagte eine männliche Stimme, die ich nicht kannte.

    Gleich darauf fühlte ich mich schwerelos, als würde ich auf einer Wolke sitzen und in den Schlaf geschaukelt werden. Kühle legte sich auf meine Haut und ich atmete tief ein.

    Blinzelnd öffnete ich die Lider und schaute in das Gesicht des Mannes, der über dieselbe Magie zu verfügen schien wie ich. Seine dunklen Iriden strahlten etwas Beruhigendes aus und einen Moment lang vergaß ich, dass er ein Fremder war.

    Sein Blick wirkte besorgt oder beunruhigt und ich hatte das Gefühl, dass er nach etwas suchte. Wollte er wissen, ob wir dieselbe Kraft in uns trugen?

    Ich hatte noch nie einem Menschen vertraut, noch nie jemandem erlaubt, mich so zu berühren, wie er es tat. Er saß neben mir auf dem Boden und hielt mich an sich gelehnt, als hätte er Angst, dass ich sonst umfiele.

    Unter uns bebte die Erde von der Macht, die ich zu unterdrücken versuchte, und in seinen geweiteten Pupillen erkannte ich, dass er wusste, was ich war.

    Ich hatte keine Ahnung, wieso, aber ich legte eine Hand an seine Wange und rang mir ein Lächeln ab.

    Er sog scharf den Atem ein, wich jedoch nicht zurück, sondern musterte mich nur. Etwas in seinem Blick wurde weicher.

    »Ich helfe dir«, flüsterte er, als seine Finger meine umfassten.

    Ein Schrei drang aus meinem Mund, während sich Hitze wie glühende Klingen in meine Haut bohrte. Ich wand mich in seinem Arm, der mich unerbittlich festhielt und an die Brust des Fremden drückte.

    Der Mann stieß einen Fluch aus und ich entdeckte Livian, der ihm ins Ohr gebissen hatte. Dennoch lockerte sich sein Griff nicht und niemand kam mir zu Hilfe.

    Als ich meinen Kopf herumriss, um nach den anderen zu sehen, stellte ich fest, dass sie sich nicht bewegten. Fast so, als wären sie von einem Moment auf den anderen erstarrt.

    »Lass mich los«, zischte ich und war erschrocken, dass meine Stimme nur wie ein heiseres Flüstern klang.

    »Wenn ich das tue«, presste er zwischen den Zähnen hervor, »wird man dich vielleicht töten.«

    Ich keuchte und hörte auf, mich gegen ihn zu wehren. Noch einmal sah ich zu den Piraten, die angekommen waren. Ob sie mich wirklich töten würden, wenn sie erkannten, welche Macht ich in mir trug?

    »Wieso hilfst du mir?«, fragte ich und starrte ihm in die Augen.

    Diese verwirrenden Augen, in denen ich Wärme, Kälte, unbändige Magie und Dunkelheit wahrnahm.

    »Weil …«, setzte er an und röchelte mit einem Mal.

    Der Schmerz in meinem Inneren löste sich auf, aber so, wie er die Hände jetzt verkrampfte, wusste ich, dass er fürchterliche Qualen leiden musste. Er krümmte sich, atmete stoßweise und ich entdeckte schwarze Schlieren, die sich über seine Hand zogen.

    Hastig griff ich danach und betrachtete die Farbe, die über die Fingerspitzen bis zum Handrücken zog und dann, als wäre es Regenwasser, das auf trockenen Boden fiel, einfach verschwand.

    »Was war das?«, fragte ich und riss den Blick von seinen rauen Händen los, um sein Gesicht zu mustern.

    Er pflückte Livian von seinem Ohr und reichte ihn mir. Als ich den Gecko

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1