Traumberuf Opernsänger: Von der Ausbildung zum Engagement
Von Gerd Uecker
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Buchvorschau
Traumberuf Opernsänger - Gerd Uecker
Gerd Uecker
Traumberuf Opernsänger
Von der Ausbildung zum Engagement
HENSCHEL
www.henschel-verlag.de
www.seemann-henschel.de
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-89487-746-0
© 2012 by Henschel Verlag in der Seemann Henschel GmbH & Co. KG, Leipzig
Die Verwertung der Texte und Bilder, auch auszugsweise, ist ohne Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.
Lektorat: Anja Herrling
Umschlaggestaltung: Ingo Scheffler, Berlin
Titelbild: Diana Damrau (als Gilda) und Juan Diego Flórez (als Herzog von Mantua) in RIGOLETTO an der Sächsischen Staatsoper Dresden (2008). © Matthias Creutziger
Inhalt
Vorwort
Das Berufsbild
Voraussetzungen für den Beruf
Physische Voraussetzungen
Psychische Voraussetzungen
Musikalische Voraussetzungen
Künstlerische Voraussetzungen
Intellektuelle Voraussetzungen
Talent
Wie wird man Opernsänger/in? – Ausbildungswege
Gesangslehrer
Erster Unterricht
Das Studium an Musikhochschulen
Die Eignungsprüfung
Der Verlauf eines Gesangsstudiums
Das Master- bzw. Aufbaustudium
Stimmgattung und Stimmfach
Die Stimmgattungen
Die Stimmfächer
Stimmtypus
Die Zuordnung zur Stimmgattung
Die verschiedenen Stimmfächer: Frauenstimmen
Stimmgattung Sopran
Stimmgattung Mezzosopran/Alt
Die verschiedenen Stimmfächer: Männerstimmen
Stimmgattung Tenor
Stimmgattung Bariton
Stimmgattung Bass
Gedanken über Stimme und Stimmfach
Vorsingen
Bewerbung für ein Vorsingen
Was soll eine Bewerbung für ein Vorsingen beinhalten?
Bewerbungen an Opernhäusern – das Opernstudio
Bewerbung bei Vermittlungsagenturen
Bundesagentur für Arbeit (ZAV)
Private Opern-, Konzert- und Musikagenturen
Die Vorsingesituation
Das Vorsingerepertoire
Organisation des Vorsingens
Die Kleidungsfrage
Repetitor, Notenmaterial
Der Vortrag
Gesangswettbewerbe
Das persönliche Netzwerk
Einsicht in die Realität: Was tun, wenn Vorsingen erfolglos bleiben?
Berufswechsel
Berufswege in das Umfeld des Opernmilieus
Aufbaustudium im Fach Kulturmanagement
Der Weg in den Beruf des Opernchorsängers
Singen als Hobby
Das erste Engagement
Arbeitsverträge
Der Ensemblevertrag, Festvertrag, Arbeitsvertrag, Normalvertrag Bühne (NV Bühne)
Der Gastvertrag, das Gastengagement, der Teilzeitvertrag
Leistungsschutzrechte des Opernsängers
Provision für Vermittlungsagenturen
Lohn- und Einkommensteuer, Sozialversicherungen
Gastierurlaub
Vertragsverlängerung
Folgeengagement
Der Arbeitsalltag eines Opernsängers
Das Studium der Partien
Der Korrepetitor (oder Repetitor)
Dirigenten
Stilfragen und Interpretation
Das Lesen des Notentextes
Text und musikalische Textbetrachtung
Rollendramaturgie, Rollengestaltung
Rezitative
Dialoge
Das Auswendiglernen
Proben
Das Einsingen
Das Markieren
Repetitionsproben
Szenische Proben
Kostümproben
Schlussproben
Das Glück der gelungenen Aufführung
Die Routine
Solist und dennoch Teamworker
Ensemble oder Freiberuflichkeit? – Eine Frage der Karriere und ihrer Planung
Berufliches Selbstmanagement
Stimmkontrolle und Stimmökonomie
Disziplin und Harmonie in der Lebensführung
Phasen der Entspannung
Der Terminkalender
Indisponiertheit, Krankheit, Absagen
Ein Abschnitt nur für Sängerinnen
Der Umgang mit Kritik
Schlussbemerkung
Anhang
Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Aspekte beim Fest- und beim Gastvertrag
1. Ensemblevertrag
2. Gastvertrag
Anmerkungen
Über den Autor
Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,
die folgenden Gedanken zum Beruf des/der Opernsänger/in* sind Ergebnis einer mehr als vierzigjährigen Arbeit und Erfahrung mit jungen, aber auch arrivierten Opernsängern an großen und kleinen Theatern, bei Wettbewerben, Meisterkursen, im Unterricht, bei der Korrepetition oder im Gespräch. Sie betreffen in erster Linie die praktischen Aspekte des Berufsbildes. Auf die künstlerische Seite des Opernsingens gibt es nur hin und wieder einige Querbeleuchtungen, die überwiegend mit der Praxis zusammenhängen. In diesem Sinne versteht sich das Buch als Leitfaden. Es kann nur bedingt Ratgeber sein, weil jeder Künstlerpersönlichkeit eine unverwechselbare Individualität innewohnt, auf die das eine angewendet werden könnte, aber vielleicht das andere nicht. Eine Orientierungshilfe jedoch, gerade für den angehenden oder jungen Opernsänger, können die folgenden Überlegungen in jedem Fall darstellen, weil ich versucht habe, die typischen Muster des Berufs, die Notwendigkeiten, die objektivierbaren Schwierigkeiten, die er mit sich bringt, aufzuzeigen. Auch scheinbare Selbstverständlichkeiten sind benannt, wie z. B. korrektes Studium, Pünktlichkeit oder Disziplin, weil ich immer wieder die Erfahrung machen musste, dass viele junge Opernsänger wesentliche und obendrein völlig unnötige Schwierigkeiten in der Praxis haben, wenn ihnen diese Grundsätze in der eigenen Arbeitsweise fehlen.
Da es sich bei diesem Beruf um ständige Selbstbehauptung durch Qualität, Wettbewerb und konzentrierte Leistung handelt, sind die Erfolgserlebnisse umso glückhafter und können die Grundlage für einen dauerhaft zutiefst befriedigenden Umgang mit diesem Beruf bedeuten, hohe Erfüllung bescheren und zu gesellschaftlichem Ansehen verhelfen. In diesem Zusammenhang ist jedoch auch das Illusionspotenzial zu benennen, das dem Thema innewohnt. Denn Opernsänger zu sein ist wunderbar, wenn man erfolgreich ist, und wir kennen nur die Erfolgreichen, die großen Namen und die Berühmtheiten. Die Spitze der Pyramide leuchtet und verführt leicht zur Meinung, diese Spitze stelle den Normalfall dar. Dabei sind es aber nicht einmal hundert Opernsänger auf der ganzen Welt, die in unserer Medienwelt in diesem Beruf zu Stars werden können. Daher möchte dieses Buch auch ein wenig desillusionieren im Hinblick auf die tatsächliche Quote derer, die sich in diesem Beruf überhaupt so erfolgreich entwickeln, dass sie einmal zur Weltspitze gehören könnten.
Jeder, der diesen Beruf ergreifen will, braucht Enthusiasmus, Leidenschaft für das Singen, Selbstbewusstsein und die Überzeugung, dass er es schaffen wird! Ohne diese Ausgangsdisposition gelingt kein Start. Insofern muss der angehende Opernsänger immer positiv und idealistisch zu seinem Ziel stehen. Nur sollte ihn dabei stets eine Bereitschaft begleiten, die Realität der Beziehung zwischen sich und seinem Ziel möglichst illusionslos zu registrieren. Bitternis und Traurigkeit überkommen mich nicht selten, wenn ich sehe, dass manche junge Sänger viele Jahre studiert und dabei nicht einmal das notwendige sängerische Rüstzeug erworben haben, das sie für einen Einstieg in den Beruf qualifizieren könnte. Von ihren Lehrern um wertvollste Jahre ihres Lebens betrogen, stehen sie traumatisiert vor der Realität. In diesem Sinne soll das Buch nicht zuletzt zur Reflexion anregen.
Es möchte aber auch ein Berufsbild zeichnen. Damit will es dem Opernfreund und dem interessierten Laien Einblicke geben in den Alltag des Opernsängers und damit in die Vielschichtigkeit der Phänomene, die diesen Beruf strukturieren. Der angehende oder junge Opernsänger wird sich dabei eingeführt sehen in das künstlerische Milieu, das den Beruf charakterisiert. Für Studierende des Operngesangs und unbedingt auch für diejenigen, die sich für das Studium interessieren, wird dies von Wichtigkeit sein, da man sich als junger Mensch normalerweise von dieser spezifischen Berufswelt keine konkrete Vorstellung machen kann.
Für sie und für jene, die ein Gesangsstudium ergreifen wollen, sind die Anmerkungen zur Gesangsausbildung gedacht, wobei der Verweis auf verschiedene Hochschulen stets neu aktualisiert werden muss.
Gerd Uecker,
im Februar 2012
Das Berufsbild
Für viele Menschen stellt der Beruf des Opernsängers einen Traumberuf dar. Auf der Bühne, im Rampenlicht zu stehen, mit Gesang die Emotionen der Menschen zu wecken, mit den größten Kunstwerken interpretatorisch umzugehen – all diese Verheißungen können den Beruf äußerst attraktiv erscheinen lassen. Dazu kommt Hoffnung auf Berühmtheit und gesellschaftliches Ansehen sowie wirtschaftlichen Wohlstand. Gerade weil dieser Beruf im Allgemeinen nur von seiner glänzenden Seite aus wahrgenommen werden kann, ist es so wichtig, sich von ihm ein realistisches Bild zu machen. Es liegt nahezu im Wesen des Berufs, nur das fertige und glänzende Produkt, nämlich die Opernaufführung, preiszugeben und alles, was sich »hinter den Kulissen« abspielt, auszublenden.
Der Beruf des Opernsängers ist ein Spezialberuf, der von vergleichsweise sehr wenigen Menschen ausgeübt wird. In festem Vertragsverhältnis mit deutschen Bühnen standen z. B. im Jahr 2008 weniger als 3000 Opernsängerinnen und Opernsänger.¹ Das ist eine im Vergleich zu anderen Berufszweigen fast verschwindend kleine Gruppe. Zwar sind zu ihnen noch die als »Gäste« bzw. nicht fest engagierten Sänger hinzuzuzählen, aber dennoch bleibt der prozentuale Anteil der Berufsgruppe »Opernsänger« am gesamten Arbeitsmarkt marginal.
Der Beruf ist geprägt durch die Notwendigkeit einer außergewöhnlich hohen Individualisierung der Menschen, die ihn ausüben. Er definiert sich nahezu durch die Individualität der künstlerischen Profilierung des Opernsängers. Wie den des Schauspielers und Tänzers zählt man ihn zu den darstellenden künstlerischen Berufen. Der Opernsänger nimmt in diesem Zusammenhang insofern eine besondere Stellung ein, als ihn vom Schauspieler, der ja auch eine Rolle auf der Bühne spielt, etwas unterscheidet, nämlich dass er seine Rolle singen muss. Der Schauspieler hingegen, auch wenn er höchsten künstlerischen Ansprüchen genügen muss, verbleibt in seiner »natürlichen« Ausdruckswelt der Sprache und des Sprechens, also dort, worein der Mensch auch geboren ist. Denn als ein »Singender« kommt er nicht auf die Welt, das Singen stellt innerhalb der Entwicklung eines Menschen eine wesentlich spätere und eindeutig »künstlichere« Form der Kommunikation dar. Beim Opernsänger kommt also noch zum künstlerischen Spektrum der Darstellung die Voraussetzung einer organischen Disponiertheit seiner Singstimme hinzu.
Anders als in manchen anderen Berufen steht der Opernsänger in der Situation, während Proben und Aufführungen jeweils Höchstleistungen bieten zu müssen. Das sängerische und darstellerische Niveau, das von ihm erwartet wird, muss abrufbar erbracht, besser noch, gesteigert werden können. Ist, aus welchen Gründen auch immer, diese Fähigkeit in Wiederholungsfällen geschwächt oder nicht möglich, stellt dies eine konkrete Gefährdung für die Berufsausübung des Sängers dar. So steht ein Opernsänger in einem andauernden Wettbewerb: einmal hinsichtlich anderer Kollegen, dann aber auch gegen sich selbst, da er ja sein künstlerisches Niveau gleichmäßig halten bzw. dieses gerade in jungen Jahren sogar steigern muss.
Die Arbeitsrhythmik des Opernsängers bringt es mit sich, dass sich der Beruf unter Umständen als eine Belastung für das Privat- oder Familienleben erweisen kann. Er kennt keine Feiertage, Wochenenden oder regelmäßig freien Abende. Immer dann, wenn sich die anderen Menschen aus ihrer Arbeitswelt zurückziehen, sich der Familie, der Erholung oder ihren privaten Interessen widmen, steht für den Opernsänger Vorstellungsdienst an. Denn der Oper widmen kann sich der Besucher allemal nur in seiner Privat- oder Freizeit.
Für viele Sänger bringt der Beruf auch eine rege Reisetätigkeit mit sich. Konzerte, Gastspiele, Vorsingen bei Agenturen oder Opernhäusern und gegebenenfalls Tourneen erfordern die Bereitschaft zur Mobilität, die entsprechende Akzeptanz und Unterstützung von Familie und Lebenspartnern hinsichtlich der unabhängigen Gestaltung des persönlichen Lebensrhythmus.
Der Beruf des Opernsängers ist heute von Internationalität geprägt. Schon zu Beginn ihres Entstehens war die Oper als Kunstgattung international. In Italien um etwa 1600 geboren, eroberte sie in kurzer Zeit fast alle Länder des damaligen Zentraleuropas, die dann auch der Oper jeweils eigene stilistische Impulse vermittelten. In den letzten 150 Jahren wurden fast auf der ganzen Welt Opernhäuser gebaut. Hatte man früher Opernaufführungen jeweils in die eigene Landessprache übersetzt – Verdi forderte das sogar, weil es dem besseren Verständnis der Werke diente –, so ist man in den letzten Jahrzehnten immer mehr dazu übergegangen, die Opern in ihrer Originalsprache aufzuführen. Durch die technische Erfindung sogenannter »Übertitel« erscheint dann eine jeweilige landessprachliche Übersetzung für alle Zuschauer sichtbar über oder neben dem Portalbereich der Bühne oder auf einem Display, eingebaut in die Rückenlehne des Vordersitzes. Man hört also heute in Tokyo und New York die Opern Verdis in italienischer, die Wagners in deutscher und die Opern Janáčeks in tschechischer Sprache mit Übertiteln. Ein anderer Aspekt der Internationalität des Berufs ist die Tatsache, dass oftmals Sänger verschiedenster nationaler Herkunft gemeinsam engagiert werden, um Opernwerke zur Aufführung bringen. Die Vorstellung einer italienischen Oper in Berlin mit einem amerikanischen Tenor, einer spanischen Sopranistin, einer lettischen Mezzosopranistin und einem koreanischen Bass, dirigiert von einem französischen Dirigenten ist durchaus nicht undenkbar. Die Möglichkeiten der technischen Reproduktion und der internationalen Verbreitung machen überdies mit Live-Übertragungen und Live-Mitschnitten jedem Interessierten Aufführungen aus der ganzen Welt zugänglich und finden ein begeistertes Publikum.
Der Opernsänger kann sich nicht auf seinen Leistungen ausruhen. Ein einmal beruflich-handwerklich erworbenes Können muss stets – wie im Sport – durch Training, Coaching und Kontrolle in Form gehalten werden und abrufbar bleiben. In der künstlerischen Durchdringung der Rollen – in der Oper heißen sie »Partien« – wird ein ernsthafter Sänger nie an einen Punkt kommen, an dem er nun »genau weiß, wie es geht«. Stets wird er in der Opernpraxis neuen ästhetischen oder sängerisch-musikalischen Impulsen ausgesetzt sein, die ihn in der Vertiefung seiner Interpretationen vor neue Aufgaben stellen. Diese Herausforderungen anzunehmen ist eine Grundbedingung für eine gelingende Sängerlaufbahn.
Die Oper wird als eine zusammengesetzte Kunstform bezeichnet. Denn in ihr werden Musik, Sprache, Bild und Bewegung zu einer künstlerischen Einheit gebracht. Dies spiegelt sich auch in den verschiedenen Berufen wider, die an einem Opernhaus zusammenarbeiten. Man kennt die künstlerischen und nicht-künstlerischen Zweige, die darstellenden und nicht-darstellenden künstlerischen Berufe. Oft trifft man auf künstlerische Spezialberufe, wie zum Beispiel den des Inspizienten, der die Hauptverantwortung für die Koordination einer Bühnenvorstellung trägt und für den es nicht überall einen vorgegebenen Ausbildungsweg gibt. Die verschiedenen Berufsfelder treffen auf der Bühne auf engstem Raum zusammen und müssen einen hohen Integrationsgrad untereinander aufweisen. Der Bühnenhandwerker wirkt während der Vorstellung direkt mit dem Opernstar zusammen, technische Vorgänge tragen und begleiten künstlerische Abläufe. Ein dichtes Aufeinandertreffen von unterschiedlichsten Wirkungssphären macht eine konfliktfreie Kooperation am Theater unentbehrlich. Menschen verschiedenster sozialer Herkunft wirken bei der Vorstellung Hand in Hand zusammen. Es ist kein Geheimnis, dass manchmal die Abendgage eines Protagonisten auf der Bühne dem Jahreslohn eines Bühnenarbeiters entspricht. Dennoch funktioniert dieses »Wunder« Oper. Es motiviert die Menschen, die an diesem »Gesamtkunstwerk« arbeiten, es schafft kreative Räume und es stellt eine permanente Herausforderung für den Einzelnen und für die Kollektive dar – seien sie künstlerisch oder auf technischem Gebiet tätig. Das Berufsethos an Theatern ist im Vergleich zu anderen Berufsfeldern überdurchschnittlich ausgebildet.
Opernsänger zu sein, wird im gesellschaftlichen Ansehen honoriert, denn das Berufsbild wird meinungsmäßig mit hoher Leistungsbereitschaft und überdurchschnittlichem Talent in Verbindung gebracht. Der Beruf kann also bei entsprechender Begabung tatsächlich als ein Traumberuf bezeichnet werden, denn er bietet ein Tätigkeitsfeld, das eine Art von Verwirklichung eigener Persönlichkeitslinien zulässt, in einem höchst anspruchsvollen künstlerischen Rahmen steht und zudem eine unbestritten wichtige gesellschaftliche Funktion erfüllt.
Voraussetzungen für den Beruf
Etliche junge Menschen, die am Ende ihrer Schulzeit stehen, werden von der Frage gequält, was sie denn nun eigentlich für einen Beruf lernen sollten oder, im Falle eines Gymnasialabschlusses, ob sie und was sie studieren sollten. Heute nimmt ihnen niemand diese Entscheidung ab. Es liegt auf der Hand, dass eine individuelle Neigung zu den verschiedenen Berufsbereichen eine Entscheidung wesentlich erleichtert und prägt. Oft finden junge Menschen aber keine echte Neigung für irgendwelche technischen, wirtschaftlichen oder geisteswissenschaftlichen Zweige etc., und oft wird dann aus Verlegenheit ein Studium, bestenfalls ein sogenanntes »Schnupperstudium«, aufgenommen. Die Zahl derer, die eine Berufsausbildung, im engeren Sinn ein Studium abbrechen, entspricht statistisch derzeit der Zahl jener, die am Anfang ihrer Ausbildung keine ausgesprochen erkennbare Neigung zum gewählten Studiengang vorweisen. Dies schließt natürlich nicht aus, dass man auch in einem Beruf, den man nicht aus Neigung, sondern aus anderen Gründen, und sei es der Zufall, ergriffen hat, durchaus erfolgreich und glücklich werden könnte.
Will man nun das Opernsingen als Beruf erwählen, werden sicher nicht der Zufall oder die Verlegenheit dafür den Ausschlag geben. Denn dieser Beruf setzt etwas Unabdingbares voraus: die Liebe zum Singen und die Freude, sich in einer Rolle darzustellen. Wenn man beides in sich spürt, muss man zwar deswegen nicht zwangsläufig Opernsänger werden. Will man aber tatsächlich diesen Beruf ergreifen, dann muss man erfasst sein von einer natürlichen Affinität zum Singen, fast könnte man diese als eine Art Lebenseinstellung oder Lebenshaltung deuten. Wenn man mit dem Musiktheater noch keine nennenswerten Erfahrungen machen konnte, was für einen jungen Menschen eher die Regel sein dürfte, so sollte jedoch das Singen und die Musik im Allgemeinen, sei es Klassik, Jazz oder Pop, eine nachhaltige Faszination ausüben, sie sollte aus dem Leben nicht wegzudenken sein. Die Liebe zum Singen entwickelt sich meist schon im Kindesalter bei entsprechender Förderung. Bereits im frühkindlichen Alter werden die hinführenden Wege spielerisch gefunden. Kindergarten, Kinderchor und Schulchor sind dann als erste Schritte geeignete Orte, um die Liebe zum Singen und auch den Grad des natürlichen Talents dafür zu entdecken. Bei außerordentlicher Begabung ist für Knaben dann die Aufnahme in