101 Dinge, die man über UNIMOG wissen muss
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Buchvorschau
101 Dinge, die man über UNIMOG wissen muss - Carl-Heinz Vogler
1 Ur-Traktoren von Benz
Schlepperbau in Gaggenau
Angefangen hat alles in den 1870er-Jahren bei einer Firma mit später mehrfach geänderten Firmenbezeichnungen, wie Bergmann Industriewerke, Süddeutsche Automobilfabrik Gaggenau (SAG) und ab 1907 Benz & Cie. beziehungsweise ab 1910 als Benzwerke Gaggenau GmbH. Bereits 1906 hatte Bergmann in Gaggenau einen Traktor im Programm. Als Antrieb diente damals ein Vierzylinder-Viertakt-Zweistoff-Benzin-/Benzolmotor mit 19 PS von Benz & Cie. Eingesetzt wurde der 1200 kg schwere Traktor für leichte Mäh- und Transportarbeiten. Der Bau der Schlepper in Gaggenau ging weiter, denn im Ersten Weltkrieg wurden schwere Benz-Artillerie-Kraftschlepper gebraucht. Diese Schlepper hatten einen Vierzylinder-Benzinmotor mit 85 PS. Das Fahrzeuggewicht lag bei 10 000 kg. 1920 wurde in Gaggenau der sogenannte Landtraktor vorgestellt. Er hatte ebenfalls noch einen 40 PS-Benzinmotor. Die Typenbezeichnungen lautete S 120. Markant bei diesem Traktor war die große und quergestellte BENZ-Aufschrift am Kühler.
1924 kam die Zeit der Dieselmotoren
Erst 1924 kam die große Wende hin zum Vierzylinder-Vorkammer-Dieselmotor. Besonders der sparsame Verbrauch wurde zum echten Wettbewerbsvorteil. Erst die Fusion von Benz und Daimler im Jahr 1926 ermöglichte eine weitere Bündelung der Traktor-Aktivitäten. Für eine ganze Reihe von Historikern sind diese Schlepper die Urahnen des ab 1972 bis ins Jahr 1991 in Gaggenau gebauten MB-trac.
Bergmann-Traktor aus Gaggenau von 1906 mit Leiterrahmen und 19 PS-Benzinmotor von Benz & Cie. Er hat ein Dreigang-Getriebe und ist 18 km/h schnell.
2 Chancen für den Unimog
Pferdegespanne und einfache Traktoren
Nach dem Zweiten Weltkrieg lagen in Deutschland ganze Landstriche mit ihren Gebäuden sowie auch viele Maschinen in Trümmern. Es gab fast keine Infrastruktur mehr. Zahlreiche Fabriken und Handwerksbetriebe waren zerstört. Etwas besser erging es in dieser Zeit der Landwirtschaft. Durch die vielen Flüchtlinge waren sporadisch genügend Arbeitskräfte vor Ort, aber es fehlte an Geräten, Transportmitteln und Zugmaschinen. Oft waren es nur Pferde- und Ochsengespanne, die auf den Äckern eingesetzt werden konnten.
Bereits Ende der 1940er-Jahre kamen einfache Traktoren wie etwa die von Kramer, Schlüter oder Ferguson zum Einsatz. Was aber fehlte, waren genormte Anbaugeräte, denn jeder „bastelte" so vor sich hin.
1949 wird der Unimog als Sonderfahrzeug eingestuft
Gegen alle damaligen Traktoren, die oft nur die Hälfte eines Unimog kosteten, trat der Unimog dennoch mit großen Chancen an. Der Einstufung als Sonderfahrzeug folgte die ABE als „Diesel-Acker-Schlepper mit Pritsche". Damit war der Unimog steuerlich den begünstigten Traktoren gleichgestellt. Eine Situation, die den Verkauf des Unimog und der Anbaugeräte ankurbelte. Erst ab 1950 wurden dazu erste DIN-Normen für Anbaupunkte und Anbaugeräte, Zapfwellen und anderes mehr erlassen. Die Unimog-Konstruktionsabteilung erkannte früh die Prioritäten dieser Normungsarbeiten für den Unimog und die Anbaumaschinen.
Pferdegespann auf einem großen Bauernhof
Dieser Ferguson wurde 1949 bei der DLG-Ausstellung in Hannover präsentiert. Seine technischen Daten waren: Typ TAE 20, Ottomotor 25 PS, 25 km/h, starre und ungefederte Achsen, nur Hinterradbremse; sein Preis betrug 1950 etwa 7000 DM. Ein Unimog kostete im Vergleich dazu 13 000 bis 14 000 DM. Der Erfinder Henry Ferguson meldete bereits 1926 den Dreipunktanbau für Heckgeräte zum Patent an und revolutionierte damit das Zusammenspiel zwischen Schlepper und Geräten.
Frühe Sähmaschine mit nachgezogener Egge
3 Der Morgenthau-Plan
Motivation für den Unimog?
Ursprünglich war von den Alliierten vorgesehen, Deutschland nach Kriegsende für alle Zukunft „unschädlich" zu machen. Von deutschem Boden sollte nie wieder ein Krieg ausgehen können. Am sichersten fühlten sich die Alliierten, wenn es in Deutschland keine Industrie mehr gab. So konnten zum einen keine Waffen hergestellt werden, zum anderen würde Deutschland ohne seine Industrie nie mehr wirtschaftlich so erstarken, um wieder Krieg führen zu können. Deutschland sollte also ein Agrarstaat werden. Ob das vom damaligen US-Finanzminister verfasste 14-Punkte-Memorandum (Morgenthau-Plan) auf die Überlegungen zur Entwicklung des Unimog Einfluss nahm, ist nicht bestätigt. Der Morgenthau-Plan wurde nie verabschiedet und auch nicht als US-Handlungsvorlage umgesetzt.
Was wollte der Marshallplan?
Oft wird der Morgenthau-Plan mit dem Marshallplan verwechselt. Die Kredite aus dem Marshallplan (1948–1953) dienten ausschließlich dem Wiederaufbau des zerstörten Westdeutschland und Teilen Europas. European Recovery Program nannte sich das von Georg C. Marshall entwickelte Programm. Damit wollte man Industrie, Infrastruktur, Transportwesen und Landwirtschaft fördern, aber die Nehmerländer auch stärker an die USA binden.
Die Sicherung der Grundversorgung
Die Grundversorgung der hungernden Bevölkerung war nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein schier unlösbares Problem. Genau hier setzte der Unimog-Erfinder Albert Friedrich sehr weitblickend den Hebel für ein landwirtschaftlich nutzbares Allround-Fahrzeug an. Und um diese Idee Wirklichkeit werden zu lassen, war fast jeder Investor willkommen.
Ein Boehringer-Unimog im Dienst der Grundversorgung
4 Wer war Walter Benseler?
Die ersten Zeichnungen mit Mercedes-Stern
Der Konstrukteur Walter Benseler (1912–1994) ist zwar nicht vergessen, aber von ihm wird selten berichtet. Er war einer der ersten Zeichner und Konstrukteur des Unimog. Die noch kleine Zeichnergruppe arbeitete anfangs in der Schokoladenfabrik Eszet und nutzte dort die minimalen Möglichkeiten. In diesem Provisorium entstanden die ersten Skizzen und Zeichnungen von Walter Benseler. Das „Design wurde mehrmals verändert und der anfänglich eingebrachte Mercedes-Stern verschwand wieder. Um die Idee eines zukünftigen Einsatzes in der Landwirtschaft zu unterstützen, wurde das Fahrzeug auch mit einem Mähwerk gezeichnet. Die ersten Benseler-Zeichnungen waren Bestandteil einer Vorlage zur Fertigung des universellen Landgeräts, die Albert Friedrich dem Daimler-Benz Vorstand Wilhelm Haspel vorlegte. Eine Kooperation mit Erhard & Söhne in Schwäbisch Gmünd war ebenfalls beschrieben. Die Begeisterung bei Wilhelm Haspel hielt sich in Grenzen, denn er argumentierte etwas arrogant: „Wir sind eine anständige Automobilfabrik und kein Traktorenwerk.
Friedrich war davon wenig überrascht, denn er hatte im Kopf bereits eine selbständige Lösung ohne Beteiligung von Daimler-Benz.
Mit Mercedes-Stern (Pfeil) im August 1945: Zeichnung von Walter Benseler
Weiterführende Benseler-Zeichnung mit mehreren Details und Anordnung des Antriebsstrangs; Motor hinten über der Hinterachse und fahrzeugmittig am Getriebe.
Vorläufiges Lastenheft
Das vorläufige Lastenheft für ein „motordriven universal vehicle for the agriculture" von Benseler sah folgende Details vor: Vierradantrieb, gleich große Räder, 30 cm Bodenfreiheit, Spurweite 1,4 m, Ladeklappen, vorne und hinten Zapfwellen für landwirtschaftliche Geräte, festen Zughaken, Riemenscheibe für landwirtschaftliche Geräte, Laderaum für 1000 kg, Motor mit 25 PS, Getriebe mit sechs Gängen für Abstufungen von 3, 5, 10, 15, 25 und 50 km/h. Benseler hat hierzu auch eine erste Sechsgang-Getriebezeichnungen (s. S. 16–17) erstellt. Leider konnte Benseler im Dezember 1945 nicht nach Schwäbisch Gmünd übersiedeln.
5 Heinrich Rößler
Ab 1946 schlugen seine Stunden
Die ersten Skizzen für ein landwirtschaftliches Fahrzeug erinnern nur mit viel Fantasie an den späteren Unimog. Es gab für aussagekräftigere Zeichnungen bereits viel Handlungsbedarf. Am 20. November 1945 erlangte Albert Friedrich bei den US-Militärbehörden in Stuttgart die Produktionsgenehmigung (Production Order) für den Bau von zehn Prototypen. In Schwäbisch Gmünd fanden sich bald einige ehemalige, hochqualifizierte Daimler-Benz-Mitarbeiter zusammen, die ohne Beschäftigung waren und begannen, die Vorschläge von Albert Friedrich zu konkretisieren. Die Firma Erhard & Söhne stellte ab Dezember 1945 Büros, Werkstätten und Personal zur Verfügung. Im gleichen Monat nahm auch Chefkonstrukteur Heinrich Rößler in dieser Gruppe die Arbeit auf. Bereits ab Anfang 1946 arbeiteten alle nach Rößlers Vorstellungen.
Fehlenden Geldgeber und Investoren
Erstes Ziel der Entwicklungsgruppe war die Herstellung eines Fahrgestells. Die Blechteile dazu fertigte Erhard & Söhne und Gussteile bezog man aus Göppingen von den Gebr. Boehringer. Diverse Kleinteile sowie die Reifen lieferte die Firma Kloz in Fellbach. Im Oktober 1946 war das erste Fahrgestell mit Antriebsstrang für Versuchsfahrten fertiggestellt.
Prototyp U 1 im Herbst 1946 bei der Versuchsfahrt mit Heinrich Rößler am Lenkrad, daneben Hans Zabel
6 Die Unimog-Pioniere
Ihr Erfindergeist war allgegenwärtig
Es ist hier nicht möglich, alle Unimog-Pioniere aufzulisten. Ende der 1940er-Jahre waren es viele, die am Entstehen des Unimog mitwirkten, und sie alle waren irgendwie Pioniere. Die hier abgebildeten Personen sind die meistgenannten Pioniere.
Albert Friedrich (1902–1961)
Geistiger Vater des Unimog, Technischer Leiter Unimog bei Erhard & Söhne und von 1951 bis 1958 in Gaggenau. Danach im Vorstand bei Lanz in Mannheim.
Heinrich Rößler (1911–1991)
Ab Januar 1946 Chef der Unimog-Konstruktion an den Standorten Schwäbisch Gmünd, Göppingen und Gaggenau bis 1976, Inhaber unzähliger Patente.
Hans Zabel (1904–1987)
Als Chef des Vertriebs baute er mit Erich Grass und Manfred Florus die Vertriebsorganisation weltweit auf. Er ist Namensgeber des Unimog.
Christian Dietrich (1909–1983)
Ab Juni 1946 Leiter des Unimog-Versuch. Leiter Kundendienst bei Ehrhard & Söhne, Gebr. Boehringer und anfangs auch in Gaggenau. Cousin von Marlene Dietrich.
7 Sechsgang-Getriebe von 1945
Vom Sechszylinder-Motor abgekoppelt
Noch
