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Menschen stärken, Sachen klären, Position beziehen: Wie Kirche den Wandel in der Arbeitswelt mitgestaltet. Interviews mit Mitarbeitenden des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) der hannoverschen Landeskirche
Menschen stärken, Sachen klären, Position beziehen: Wie Kirche den Wandel in der Arbeitswelt mitgestaltet. Interviews mit Mitarbeitenden des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) der hannoverschen Landeskirche
Menschen stärken, Sachen klären, Position beziehen: Wie Kirche den Wandel in der Arbeitswelt mitgestaltet. Interviews mit Mitarbeitenden des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) der hannoverschen Landeskirche
eBook206 Seiten2 Stunden

Menschen stärken, Sachen klären, Position beziehen: Wie Kirche den Wandel in der Arbeitswelt mitgestaltet. Interviews mit Mitarbeitenden des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) der hannoverschen Landeskirche

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Über dieses E-Book

Der Wirtschaftsjournalist Markus Götte führte im Auftrag des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) Interviews mit aktiven und früheren Mitarbeitenden durch. Die Gespräche geben einen Einblick in die vielfältige Arbeit des KDA: Brücken bauen, Horizonte erweitern, Verständigung ermöglichen, Konflikte moderieren, Beratungsarbeit, Netzwerkpflege – das sind nur einige der Stichworte, die hier aufgegriffen und mit Leben gefüllt werden. Die Interviews geben zugleich Einblicke in die Veränderungen, in denen sich die Arbeitswelt befindet, und informieren über den Versuch, diesen Wandel als Kirche zu begleiten und mitzugestalten.

[Empowering People, Sorting Things Out, Taking Position. How Church Helps Shape the Change of the Working World]
On behalf of the Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt (working group for pastoral service in the working world of the Evanglical Church in Germany) business journalist Markus Götte conducted interviews with active and former employees. The interviews provide an insight into the many tasks of the KDA: building bridges, broadening horizons, facilitating communication, moderating conflicts, advisory work, networking – these are just a few of the key words that are taken up and filled with life in this book. At the same time, the interviews provide an insight into the changes the world of work is experiencing and the attempt to accompany and help shape these changes as a church.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum31. März 2020
ISBN9783374064533
Menschen stärken, Sachen klären, Position beziehen: Wie Kirche den Wandel in der Arbeitswelt mitgestaltet. Interviews mit Mitarbeitenden des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) der hannoverschen Landeskirche

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    Buchvorschau

    Menschen stärken, Sachen klären, Position beziehen - Evangelische Verlagsanstalt

    Matthias Jung (Hrsg.)

    Menschen stärken,

    Sachen klären,

    Position beziehen

    Wie Kirche den Wandel in der Arbeitswelt

    mitgestaltet

    Interviews mit Mitarbeitenden des

    Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA)

    der hannoverschen Landeskirche

    Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

    © 2020 by Evangelische Verlagsanstalt GmbH · Leipzig

    Printed in Germany

    Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

    Das Buch wurde auf alterungsbeständigem Papier gedruckt.

    Cover: Zacharias Bähring, Leipzig

    Coverbild: © Matthias Jung

    Layout und Satz: Steffi Glauche, Leipzig

    Druck und Binden: Hubert & Co., Göttingen

    ISBN 9783374064533

    www.eva-leipzig.de

    Inhalt

    Cover

    Titel

    Impressum

    Vorwort

    Interview mit Hille de Maeyer, Matthias Jung, Ricarda Rabe und Ralf Reuter.

    Gesprächsprotokoll Paolo Brullo

    Interview Detlef Sauthoff

    Interview Ursula Hellweg

    Gesprächsprotokoll Walter Punke

    Interview mit Peter Greulich.

    Protokoll Waltraud Kämper

    Interview Brigitte Siebe.

    Interview Wulf Gräntzdörffer.

    Vorwort

    Von meinem Vorgänger Michael Klatt übernahm ich 2016 die Idee, die Geschichte des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt (KDA) in der hannoverschen Landeskirche aufzuarbeiten. Nach längeren Vorüberlegungen fiel die Entscheidung, dies in zwei getrennten Projekten umzusetzen.

    Dirk Riesener, der bereits die Geschichte des Hauses kirchlicher Dienste in Hannover recherchiert und beschrieben hatte, übernahm die Aufgabe, nicht nur die Geschichte des KDA seit den Anfängen in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts darzustellen, sondern auch die Linien bis ins 19. Jahrhundert zurückzuverfolgen und die Väter und (wenigen) Mütter des sozialethischen, an der Arbeitswelt orientierten Dienstes zu Wort kommen zu lassen.

    Parallel dazu wurden Gespräche sowohl mit noch aktiven als auch mit früheren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im KDA geführt und ausgewertet. Hier lag der Fokus auf den Entwicklungen und Veränderungen der letzten zwanzig Jahre. Der Wirtschaftsjournalist Markus Götte übernahm diese Aufgabe.

    Bei der Auswahl der Interviewpartner wurde bewusst darauf verzichtet, frühere Leiter des KDA wie Gerd Wegner oder Michael Klatt zu beteiligen. Es ging uns nicht darum, die Arbeit aus der Perspektive der ehemaligen Leitungen zu beschreiben, sondern aus Sicht derjenigen, die an der Basis und in den Betrieben vor Ort unterwegs sind oder waren, haupt- oder ehrenamtlich. Mein Dank gilt Paolo Brullo, Detlef Sauthoff, Ursula Hellweg, Walter Punke, Peter Greulich, Waltraud Kämper, Brigitte Siebe und Wulf Gräntzdörffer, dass sie bereit waren, sich im Rahmen dieses Projekts einzubringen.

    Die Gespräche geben Einblicke sowohl in eine sich permanent verändernde Arbeitswelt als auch in die Art und Weise, wie der KDA mit diesen Veränderungen umgegangen ist. »Menschen stärken – Sachen klären – Position beziehen« – mit diesem Dreiklang beschreibt Waltraud Kämper gut und präzise ihre Rolle und die ihrer Kolleginnen und Kollegen, daher steht dieser Band auch unter dieser Überschrift.

    Markus Götte führte die Interviews, an der Aufbereitung war auch Andrea Rehmsmeier beteiligt. Er traf auch die Entscheidung, in welcher Form die Gespräche dokumentiert wurden. Teilweise wurde die Gesprächsform beibehalten, andere wurden in Fließtext übersetzt.¹ Allen Interviewpartnerinnen und -partnern wurde der jeweilige Text im Entwurf vorgelegt und sie konnten noch Änderungswünsche einbringen. So spiegeln die Gespräche eine bunte Vielfalt, auch kritischer Blickwinkel auf die KDA-Arbeit der letzten beiden Jahrzehnte.

    Den Interviews vorangestellt wurde ein Rundgespräch mit Ricarda Rabe (Pastorin für den Kirchlichen Dienst auf dem Lande), Hille de Maeyer (Pastorin für Kirche und Handwerk), Ralf Reuter (Pastor im Arbeitsfeld Spiritual Consulting) und mir als Verantwortlichen des heutigen KDAs. Damit wird zugleich die aktuelle Entwicklung sichtbar: Die verschiedenen arbeitsweltbezogenen Dienste in der hannoverschen Landeskirche wachsen inhaltlich immer weiter zusammen, dies wird zum Beispiel an der gemeinsamen Dienstbesprechung der vier Arbeitsfelder deutlich, die es seit drei Jahren gibt. Im Rundgespräch haben wir gemeinsam mit Markus Götte diese Entwicklung reflektiert und auch einen Ausblick auf kommende Herausforderungen gewagt.

    Hannover, im September 2019

    Matthias Jung

    Fachbereichsleiter Kirche. Wirtschaft. Arbeitswelt im Haus kirchlicher Dienste und Leitender Referent im KDA

    Interview mit Hille de Maeyer, Matthias Jung, Ricarda Rabe und Ralf Reuter

    Den Wandel gestalten

    Neue Herausforderungen für den Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt

    Ein Gespräch mit

    Dr. Matthias Jung, er leitet als Landessozialpfarrer den Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt. Zu seinem vielfältigen Portfolio gehören beispielsweise Studienreisen, Workshops, thematische Gottesdienste, Betriebsbesuche sowie die Arbeit in und mit sozialen Medien. Ein thematischer Arbeitsschwerpunkt liegt im Bereich Klimaschutz und der Transformation der Gesellschaft und deren Auswirkungen auf Ökonomie und Arbeit.

    Hille de Maeyer, sie ist seit 2018 Referentin für Kirche und Handwerk im Haus kirchlicher Dienste. Als Handwerkspastorin repräsentiert sie die Kirche unter anderem bei Freisprechungsfeiern und Meisterehrungen und hält den Kontakt zu Innungen und Handwerkskammern.

    Ralf Reuter, er arbeitet als Pastor für Unternehmensleitungen und Führungskräfte der Wirtschaft und gründete mit Peer Schladebusch Spiritual Consulting im Haus kirchlicher Dienste. Neben Coaching, Pilgertouren, Retraiten und Klosterseminaren begleitet er Vorstände und Familienunternehmer in besonders anspruchsvollen Prozessen.

    Ricarda Rabe, sie leitet als Referentin für Kirche und Landwirtschaft den Bereich kirchlicher Dienst auf dem Lande. Sie kümmert sich nicht nur um die Sorgen und Nöte der Landwirte und der Landbevölkerung, sondern hält auch Vorträge und vertritt die Kirche gegenüber landwirtschaftlichen Verbänden und Institutionen. Zudem ist sie Vorsitzende des Tierschutzbeirates des Landes Niedersachsen.

    Seit vier Jahren gibt es eine gemeinsame Dienstbesprechung der Referentinnen und Referenten des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt, in der Landwirtschaft und im Handwerk. Ursprünglich ging diese Initiative von den Referenten für das Handwerk und in der Landwirtschaft aus. Diese wollten nicht länger Einzelkämpfer sein und verstärkt gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen denken und arbeiten. Von den drei großen W’s des gesellschaftlichen Wandels, demografischer Wandel, Klimawandel und digitaler Wandel sind die drei Arbeitsfelder gleichermaßen betroffen. Dazu kommt der innerkirchliche Strukturwandel, der ihre Arbeit und deren Strukturen mit verändert. Von einstmals 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bereich der Kirchlichen Dienste in der Arbeitswelt sind heute noch zehn Mitarbeitende im Dienst: sechs mit einem theologischen Hintergrund und vier aus anderen Professionen. Die Pastorinnen und Pastoren Ricarda Rabe, Referentin für Landwirtschaft, Hille de Maeyer, Referentin für das Handwerk, Ralf Reuter von Spiritual Consulting sowie Matthias Jung, Fachbereichsleiter Kirche, Wirtschaft, Arbeitswelt, stehen vor neuen Herausforderungen. Wie wollen sie künftig zusammenarbeiten und in der großen hannoverschen Landeskirche Präsenz zeigen? Welche Arbeitsschwerpunkte soll es geben? Welche Lösungen für drängende Fragen müssen gemeinsam gefunden werden?

    Frage: Klima-Krise, digitaler Wandel und der demografische Wandel haben unterschiedliche Auswirkungen auf Kirche und Gesellschaft. Inwiefern berühren diese Umwälzungen Ihre Arbeit?

    Ricarda Rabe: Die Landwirtschaft und die Menschen, die in ländlichen Regionen leben, sind in allen drei Bereichen stark betroffen. Digitalisierung in der Landwirtschaft ist ein Riesenthema. Anders als viele Städter glauben, brauchen Landwirte tatsächlich 5G an jeder Milchkanne.

    Hille de Maeyer: Auch das Handwerk braucht 5G. In jedem kleinen, noch so entlegenen Dorf gibt es Handwerksbetriebe. Handwerkerinnen und Handwerker wollen nicht abgehängt werden, sondern weiterhin am Wettbewerb teilnehmen. Sie sind in ihrer Existenz bedroht, wenn ihre Interessen nicht wahrgenommen werden.

    Frage: Und der demografische Wandel? Welche Sorgen bekommen Sie mit?

    Ricarda Rabe: Ein Mangel an Arbeitskräften macht sich insbesondere bei der Saisonarbeit auf den Feldern bemerkbar. Früher kamen viele Arbeitskräfte aus Polen. Heute übernehmen Menschen aus Rumänien die Knochenarbeit auf den Feldern, die kein Einheimischer mehr machen will. Aber wer wird morgen die Arbeit übernehmen? Arbeitskräfte aus Weißrussland oder der Ukraine?

    Hille de Maeyer: Das Handwerk leidet darunter, dass es keine Fachkräfte findet. Es gibt viele Betriebe, die sich vergrößern möchten, um den Aufträgen gerecht zu werden. Aber sie finden keine Arbeitskräfte. Dazu kommt: Für rund 200.000 Handwerksbetriebe ist in den kommenden Jahren die Nachfolge offen.

    Frage: Inwiefern sind Sie dabei als Pastorinnen und Pastoren gefragt?

    Hille de Maeyer: Als Seelsorgerin beispielsweise, denn mit dieser Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger sind tragische Geschichten verbunden. Selbstständige Handwerkerinnen und Handwerker besitzen oftmals nur eine unzureichende Altersvorsorge. Sie setzen darauf, jemanden zu finden, der ihren Betrieb übernimmt. Wenn dieser Erlös wegfällt, bekommen sie unter Umständen ein Versorgungsproblem im Ruhestand, weil ihnen das Geld fehlt.

    Ricarda Rabe: Seelsorgerische Fragen kommen manchmal im direkten Kontakt mit Landwirten auf. Gerade ältere, wenig technikaffine Landwirte sorgen sich, wie sie mit der Digitalisierung umgehen sollen. Andere fragen sich, wie es weitergehen soll, wenn das, was sie auf ihren Feldern immer angepflanzt haben, plötzlich nicht mehr gedeiht, weil sich das Klima geändert hat. Wieder andere belastet ihre neue Rolle als Arbeitgeber. Sie haben als kleiner Familienbetrieb angefangen und beschäftigen nun zehn Menschen, deren Sprache sie nicht sprechen und für die sie eine Verantwortung tragen. Das sind zusätzliche Belastungen neben den Alltagssorgen, ob die Ernte gut wird und ob sie den Kredit zurückzahlen können. Probleme, die gerade für Ältere on top kommen! Und diesen starken Druck nehme ich wahr.

    Frage: Das Bauernhof-Idyll existiert nicht mehr. Stattdessen gibt es Stress und Zukunftsangst?

    Ricarda Rabe: Ja. Leider hängen viele noch einer romantischen Vorstellung von einer bäuerlichen Landwirtschaft nach. Sie denken, Landwirte hätten es gut: Sie arbeiteten alle draußen in der schönen Natur und seien immer an der frischen Luft. Dabei ist gerade unter den Landwirten die Burn-out-Rate besonders hoch. Aus Deutschland gibt es bedauerlicherweise keine Zahlen dazu. Aber aus Frankreich weiß man: Die Suizid-Rate unter älteren Landwirten ist deutlich höher als im Durchschnitt der Normalbevölkerung.

    Frage: In Niedersachsen gibt es eine evangelische Familienberatungsstelle und ein landwirtschaftliches Sorgentelefon für Ratsuchende.

    Ricarda Rabe: Wenn es gut läuft, holen sich die Betroffenen dort Hilfe. Allerdings dauert es sehr lange, bis ein Landwirt oder eine Landwirtin sich Hilfe für die eigene Seele holt. Während es für sie selbstverständlich ist, einen Arzt für das kranke Vieh oder einen Experten für Pflanzenschädlinge zu holen, sorgen sie schlecht für sich. Viele haben Scheu, andere um Hilfe zu bitten.

    Ralf Reuter: Die Gefahr eines Burn-outs oder auch von Suizidgedanken liegt zum Teil in den sehr hohen Ansprüchen der Betroffenen an sich selbst begründet. Überhöhten Erwartungen, denen sie nicht gerecht werden können und hinter denen sie hoffnungslos zurückbleiben. Das erlebe ich bei Führungskräften. Das ist in der Landwirtschaft und im Handwerk sicher nicht anders.

    Frage: Und wie begegnen Sie diesen Ängsten?

    Ralf Reuter: Im Rahmen unserer vertrauensvollen Retraite und Klosterseminare versuchen wir über diese schädliche Anspruchshaltung an sich selbst offen und ehrlich mit den Teilnehmenden zu sprechen. Als Theologen sagen wir, der Einzelne ist nicht perfekt und wird es auch niemals sein. Von Gott sind wir grundsätzlich alle angenommen, in all unserer menschlichen Unvollkommenheit und mit allen unseren Fehlern. Nicht, um das zu rechtfertigen, sondern um die Menschen aufzufangen und ihnen wieder neuen Mut zu geben, sich als Geschöpf Gottes zu sehen. Damit sie anschließend neue Schritte, neue Wege gehen können.

    Frage: Welches Feedback bekommen Sie von den Teilnehmenden?

    Ralf Reuter: Die Manager hören aufmerksam und gespannt zu. Und ich spüre, dass sie von unseren Worten emotional und intellektuell berührt sind. Viele kommen zu einem späteren Zeitpunkt wieder, um an sich zu arbeiten.

    Matthias Jung: Als Kirchenvertreter und Theologen sind wir weiterhin als vertrauensvolle Seelsorger sehr gefragt. Insbesondere dann, wenn wir als fachlich kompetent wahrgenommen werden und nicht von oben herab sprechen. Neben den seelsorgerischen oder spirituellen Aufgaben erlebe ich aber auch, dass die Menschen von mir hören wollen, was denkst du als KDA-Pastor über dieses oder jenes ethische Problem.

    Ralf Reuter: Solche Anfragen bekomme ich häufiger. Zum Beispiel beim sensiblen Thema Beurteilung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Führungskräfte müssen sich gegenseitig beurteilen – auch und gerade in ihren Führungsqualitäten. Das ist immer ein ethischer Balanceakt: Wie ehrlich sind sie? Wie ist ihr Verhältnis zum Unternehmen und zu ihren Kolleginnen und Kollegen? Hier bin ich häufig als Ethikberater, aber auch als ethischer Sparringspartner gefragt.

    Matthias Jung: Viele Menschen spüren, dass die Umbrüche in der Wirtschaft verschiedene ethische Implikationen haben, ob das den Wandel zur Elektromobilität oder den Einsatz der Genschere in der Pflanzenzucht betrifft. Manche fragen mich nach dem Standpunkt der Kirche. Nicht in dem Sinne, dass sie wollen, dass ich ihnen sage, was sie tun müssen. Sondern: Sie suchen nach einer kirchlichen Position, mit der sie sich auseinandersetzen können.

    Ricarda Rabe: Die Voraussetzung für solche Gespräche ist aber, dass wir den Menschen nicht mit einer vorgefassten Meinung begegnen. Die Landwirte freuen sich, wenn jemand zu ihnen kommt und erst einmal zuhört und nicht gleich wertet. Und das ist leider nicht immer so, wenn ich an die Auseinandersetzung um das Tierwohl denke.

    Frage: An was denken Sie konkret?

    Ricarda Rabe: Wenn jemand von der Kanzel herunter sagt, ich konstruiere jetzt ein Beispiel: Alle Landwirte, die mehr als 100 Kühe im Stall haben, sind Massentierhalter und quälen ihre Tiere. Von solchen Pauschalurteilen fühlen sich viele Landwirte persönlich verletzt. Und diese Verletzungsgefahr ist riesig, weil zwischen Landwirten und Kirche – historisch betrachtet – eine sehr große Nähe bestand. Das ist wie in einer Liebesgeschichte. Da kann man auch sehr schnell sehr verletzt sein, wenn man das Gefühl hat, der andere sieht mich nicht und kritisiert nur.

    Frage: Was tun Sie in solchen Fällen?

    Ricarda Rabe: Manchmal denke ich, meine Güte, was haben unsere Kolleginnen und Kollegen da gepredigt. In dem konstruierten Fall würde ich mit dem tierhaltenden Landwirt ins Gespräch kommen wollen und ihm sagen. »Ja, du bist verletzt worden und du hast auch ein Recht, verletzt zu sein. Und ich sage dir, nicht alle aus der Kirche sehen das so. Und ich sage auch, du

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