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Countdown to Noah (Band 2): Unter Bestien
Countdown to Noah (Band 2): Unter Bestien
Countdown to Noah (Band 2): Unter Bestien
eBook310 Seiten4 Stunden

Countdown to Noah (Band 2): Unter Bestien

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Über dieses E-Book

Teile keinen Proviant. Vermeide jede Berührung. Und das Wichtigste: Schließ sie nicht in dein Herz. Nach den Geschehnissen in NNY scheint es schwerer denn je, sich an diese drei Regeln zu halten. Angeschlagen und verletzt treten Cassidy und ihre Freunde den Rückweg an - jederzeit bereit, sich gegen die Noahs zu verteidigen, die ihnen auf den Fersen sind. Doch der Feind wandelt längst unter ihnen. Denn mit jedem Tag, der vergeht, wird die Noah in Cassidy stärker und sie spürt, wie sie langsam, aber stetig selbst zur Bestie wird. Sie weiß: Wenn sie diesen Kampf verliert, wäre es nicht nur das Ende ihres eigenen Lebens, sondern auch das ihrer Freunde.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum3. Nov. 2017
ISBN9783906829524

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    Buchvorschau

    Countdown to Noah (Band 2) - Fanny Bechert

    Inhaltsverzeichnis

    Titel

    Informationen zum Buch

    Impressum

    Widmung

    Tag 16

    Tag 15

    Tag 14

    Tag 13

    Tag 12

    Tag 11

    Tag 10

    Tag 9

    Tag 8

    Tag 7

    Tag 6

    Tag 5

    Tag 4

    Tag 3

    Tag 2

    Tag 1

    Tag X

    Dank

    Weiteres aus unserem Fantasy-Sortiment

    Fanny Bechert

    Countdown to Noah

    Band 2: Unter Bestien

    Fantasy

    Countdown to Noah 2: Unter Bestien

    Teile keinen Proviant.

    Vermeide jede Berührung.

    Und das Wichtigste: Schließ sie nicht in dein Herz.

    Nach den Geschehnissen in NNY scheint es schwerer denn je, sich an diese drei Regeln zu halten. Angeschlagen und verletzt treten Cassidy und ihre Freunde den Rückweg an – jederzeit bereit, sich gegen die Noahs zu verteidigen, die ihnen auf den Fersen sind. Doch der Feind wandelt längst unter ihnen. Denn mit jedem Tag, der vergeht, wird die Noah in Cassidy stärker und sie spürt, wie sie langsam, aber stetig selbst zur Bestie wird. Sie weiß: Wenn sie diesen Kampf verliert, wäre es nicht nur das Ende ihres eigenen Lebens, sondern auch das ihrer Freunde.

    Die Autorin

    Fanny Bechert wurde 1986 in Schkeuditz geboren und lebt heute mit ihrem Mann und ihrer Katze Lucy im Thüringer Vogtland. Im »realen Leben« Physiotherapeutin, griff sie erst 2012 mit dem Schreiben ein Hobby ihrer Kindheit wieder auf. Was zuerst ein Ausgleich zum Alltag war, nahm bald größere Formen an, und so veröffentlichte sie im Juni 2015 ihren ersten Roman im Fantasy-Genre.

    Auch heute geht sie noch ihrem Hauptberuf nach, obwohl die Tätigkeit als Autorin einen immer größeren Stellenwert in ihrem Leben einnimmt.

    www.sternensand-verlag.ch

    info@sternensand-verlag.ch

    1. Auflage, November 2017

    © Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2017

    Umschlaggestaltung: Nicole Böhm

    Lektorat / Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH | Martina König

    Satz: Sternensand Verlag GmbH

    Druck und Bindung: Smilkov Print Ltd.

    Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

    ISBN Taschenbuch: 978-3-906829-53-1

    ISBN E-Book: 978-3-906829-52-4

    Für Nicci, meinen kleinen Side-Kick,

    ohne die dieses Buch wahrscheinlich heute noch nicht fertig wäre.

    Tag 16

    »Cassy, das Essen ist fertig!«

    Ich lasse das Buch sinken, in dem ich gerade gelesen habe, und sehe meine Schwester auf mich zulaufen. Claires blondes Haar glänzt in der tief stehenden Sonne und ihr Atem hinterlässt kleine weiße Wölkchen in der kalten Winterluft.

    Als sie mich erreicht, bin ich schon dabei, von dem Felsen herunterzuklettern, auf dem ich gesessen habe. Prustend stützt sie sich mit den Händen auf den Knien ab, um erst einmal durchzuatmen.

    »Wenn du dich schon vor dem Helfen drückst«, keucht sie, »kannst du wenigstens in der Nähe bleiben, damit ich nicht durch das ganze Dorf rennen muss, um dich zu finden.«

    »Als ob du nicht genau gewusst hast, wo ich bin. Und ich habe mich nicht gedrückt. Ich bin nur bei Weitem keine so gute Köchin wie Mom und du.«

    Ich weiß, dass die beiden schon seit den frühen Morgenstunden damit beschäftigt waren, das Festmahl für den bevorstehenden Weihnachtsschmaus fertig zu bekommen. Selbst jetzt haftet der gute Duft eines Bratens an Claire, sodass ich sofort Appetit bekomme.

    »Was machst du eigentlich für einen Stress?« frage ich, während ich meine Umhängetasche vom Boden aufhebe. »Wir können eh nicht anfangen, bevor die Gäste da sind.«

    »Ach so, ja …« Plötzlich grinst sie über beide Ohren. »Die Gäste sind da.«

    »Was? Wieso hast du das nicht gleich gesagt?« Ich gebe ihr mit dem Buch einen Klaps auf den Kopf, lasse es dann schnell in der Tasche verschwinden und renne los.

    Mit jedem Meter, den ich unserem Haus näher komme, klopft mein Herz stärker. Es ist über zwei Wochen her, dass wir in der Stadt waren, und ich habe diesen Tag sehnsüchtig erwartet. Den Tag des Wiedersehens.

    Als ich unsere Haustür aufreiße, stoße ich beinahe mit einer älteren Dame zusammen, die gerade ihren Mantel ablegen will.

    »Mrs. Jenkins!«, stoße ich erfreut aus.

    »Wie oft soll ich dir noch sagen, dass du mich Ann nennen sollst, Liebes?«, tadelt Daniels Großmutter mich, eh sie mich zur Begrüßung umarmt.

    Nachdem sie mich wieder freigegeben hat, schiebe ich mich an ihr vorbei und sehe endlich die drei Personen, die ich so vermisst habe.

    Die McDougle-Geschwister, die ich auf meinem Ausflug nach Paddingtown kennengelernt habe, entdecken mich zuerst.

    »Cassy«, quietscht Rita und hängt im nächsten Moment an meinem Hals. »Cassy, Cassy!« Stürmisch drückt sie mir einen Schmatzer auf die Wange, wobei ihre blonde Lockenmähne mein gesamtes Blickfeld ausfüllt.

    Zu gern würde ich sie abschütteln, hätte ich doch lieber den jungen Mann hinter ihnen als Erstes begrüßt. Schließlich ist er es auch gewesen, der mir am meisten gefehlt hat.

    Rita will mich gerade loslassen, da schlingt auch ihr Bruder Jeff seine Arme um uns und presst uns gegeneinander. »Meine Herzdame«, begrüßt er mich ebenso überschwänglich und küsst meine andere Wange.

    »Ich freue mich riesig, dass ihr da seid«, japse ich. »Aber zerquetscht mich doch nicht gleich!«

    »Ihr könnt später übereinander herfallen«, ruft meine Mutter durch die offene Küchentür und bewahrt mich damit wahrscheinlich vor einem üblen Erstickungstod. »Jetzt wird erst mal gegessen. Kommt endlich herein!«

    Rita und Jeff lassen mich los und folgen gemeinsam mit Ann meiner Mutter ins Esszimmer.

    Und dann sind wir allein – er und ich. Endlich!

    Obwohl ich mich so nach einem Wiedersehen gesehnt habe und der innere Drang, meine Arme um ihn zu schlingen, so groß ist, bleibe ich, wo ich bin, und mustere ihn. Das schwarze, leicht verwuschelte Haar, die braunen Augen, in denen ich so schnell versinken kann, der muskulöse Oberkörper, der mir jedes Mal die Röte auf die Wangen treibt, wenn ich ihn zu lange betrachte … Daniel sieht noch immer genauso umwerfend aus wie bei unserer ersten Begegnung in seiner Siedlung, als ich nach Claire gesucht habe.

    Zunächst erwidert er meinen Blick mit hochgezogener Braue, allerdings nicht lange. Mit zwei großen Schritten überwindet er die Distanz zwischen uns, fasst mich bei der Taille und zieht mich zu sich. »Hallo, Dawson«, raunt er.

    Ich lege meine Hände auf seine Brust, nicht etwa, um ihn fortzuschieben, sondern weil ich ihn spüren will. »Hallo, Daniel.« Meine Stimme ist nicht mehr als ein Hauch.

    Er beugt seinen Kopf etwas zu mir herab und ich schlinge die Arme um seinen Nacken. Seine Augen betrachten mich mit einer Intensität, als könnte er bis in meine Seele schauen. Ein zarter Duft von Moos und Honig dringt in meine Nase.

    Daniel öffnet leicht die Lippen. Ich bin mir sicher, gleich wird er mich küssen. Ich liebe es, wenn er das tut. Schon streift sein Atem ganz sanft meine Haut …

    »Igitt, nehmt euch ein Zimmer!«, schallt Claires Stimme und Daniel verpufft in meinen Armen wie ein Stäubling, auf den man tritt.

    Nur einen Wimpernschlag später sitzen wir versammelt um unseren großen Esstisch. Gerade trällert Dad die letzte Zeile des Weihnachtsliedes, das wir peinlicherweise alle zusammen gesungen haben.

    »Wunderbar, ganz wunderbar«, kommentiert Rita lachend. Es ist so ansteckend, dass wir alle einfallen.

    Dann hält Dad noch eine kleine Ansprache, dankt den Köchinnen für den guten Gänsebraten, der bereits vor uns auf dem Tisch steht, und den Gästen dafür, dass sie gekommen sind. »Und nun lasst es euch schmecken«, beendet er schließlich seine Rede.

    Ich lasse meinen Blick über den Tisch wandern. Neben einer riesigen Gans finden sich dort jede Menge Köstlichkeiten: gebackene Kartoffeln, Kartoffelpüree, verschiedenste Sorten Gemüse und eine große Schüssel mit Soße.

    Ich schließe die Augen, atme das wunderbare Aroma tief ein und rieche … Blut!

    Als ich die Augen wieder öffne, zeigt sich mir eine erschreckende Szene. Statt sich ein Stück des guten Bratens zu nehmen, zerrt Jeff gerade meinen Vater über den Tisch und hinterlässt eine dunkelrote Spur auf dem hellen Tischtuch. Rita sitzt hingegen auf dem Schoß meiner Mutter, deren Kopf unnatürlich schräg hängt, und beißt ihr beherzt in die Kehle.

    »Das ist alles deine Schuld«, ertönt Anns Stimme, die neben mir gesessen hat.

    Ich drehe mich zu ihr um. Der Oberkörper der alten Dame ist nach vorn gekippt, ihr Kopf liegt mir zugewandt. Mit leeren Augen starrt sie mich an, ohne sich zu regen, während sich die Stelle, an der sie liegt, zusehends rot färbt. Nur ihre Lippen bewegen sich, was pures Entsetzen in mir auslöst. Denn sie ist eindeutig tot.

    »Du bist schuld«, wiederholt sie mit kalter Stimme. »Du hast den Virus in die Reihen deiner Liebsten geschleppt. Du hast den Tod zu uns gebracht!«

    Ich kann diese leblosen Augen nicht länger betrachten und wende den Blick ab, sodass ich nun Claire ansehe, die mir gegenübersitzt. Ihr Gesicht ist eine Maske des Schreckens, ihre Pupillen vor Angst riesengroß und ihr Mund zu einem stummen Schrei aufgerissen. Und während ich sie betrachte, übernimmt er die Kontrolle, der …

    Hunger! Ich springe auf, hechte über den Tisch nach vorn auf das Mädchen zu und stoße sie mitsamt ihrem Stuhl nach hinten. Nun schreit sie doch, das dumme Ding. Vollkommen sinnlos, aber soll sie nur!

    Als wir krachend auf dem Boden landen, bricht ihr Brüllen abrupt ab. Ich zerreiße ihr Shirt, sodass sie mit freiem Brustkorb vor mir liegt. Ihre Haut ist blass, die Muskeln darunter angespannt. Und an ihrem Hals pulsiert eine Ader, wunderschön und voller Blut. Aber ich will erst das Fleisch, dann den Saft.

    Mit einem Arm drücke ich ihren Körper auf den Boden, nur für den Fall, dass sie beginnt, sich zu wehren. Mit der freien Hand fixiere ich ihren linken Ellbogen auf der Erde. Dann versenke ich meine Zähne in ihre Haut, direkt über dem Bizeps. Ich schließe meinen Kiefer um ein großes Stück Muskelfleisch, reiße es heraus und beginne gierig, zu kauen. Was für ein Genuss! Ich schlucke und will mir sofort einen weiteren Bissen gönnen, als mich jemand brutal nach hinten zerrt, weg von dem leckeren Mädchen.

    Das kommt so plötzlich, dass ich mich nicht dagegen wehre.

    Ein Schatten springt über mich hinweg und kauert nun statt mir neben meinem Futter.

    Wütend fange ich an, zu knurren, und …

    … rutsche auf dem Hintern ein Stück zurück, als mir klar wird, was vor meinen Augen geschieht. Ein Noah hockt über meiner Schwester!

    Ich strecke einen Arm nach vorn und will Claires Namen rufen, doch beim Anblick des Blutes an meiner Hand bleibt mir das Wort in der Kehle stecken. Instinktiv weiß ich, dass es ihr Blut ist. Ich habe meine eigene Schwester angegriffen!

    »Du bist schuld, du bist schuld, du bist schuld«, wiederholt Ann in einem monotonen Singsang ihre Anklage und bald stimmen auch Rita und Jeff ein. Ich glaube sogar, Claires Stimme in dem gruseligen Chor zu erkennen.

    Da lässt der andere Noah endlich von meiner Schwester ab und dreht sich zu mir.

    »Nein«, stoße ich hervor, doch es kommt nur als ein Flüstern über meine Lippen. »Du nicht auch.«

    »Na, Dawson.« Daniel sieht mich herausfordernd an und leckt sich Claires Blut von den Fingern. »Willst du mich immer noch küssen?«

    Er bleckt die rot verschmierten Zähne und mir wird übel.

    »Komm schon, Dawson, küss mich. Küss mich!« Auf allen vieren kommt er jetzt zu mir gekrabbelt.

    Ich kann noch ein paar Zentimeter zurückweichen, dann spüre ich eine Wand in meinem Rücken.

    Hinter Daniel erhebt sich nun Claire, ebenfalls in einen Noah verwandelt, und an ihre Seite stellen sich Rita und Jeff.

    »Los, küss mich endlich. Küssen!«, fordert Daniel, der weiter auf mich zukrabbelt.

    »Küssen, küssen, küssen!«, brüllen nun auch die anderen drei.

    Daniel hat mich erreicht. Er packt mein Sprunggelenk und zieht mich mit einer solchen Kraft zu sich, dass ich keine Chance habe, mich zu wehren.

    »Bitte«, flehe ich. »Lass mich!«

    Er will nach meinen Armen greifen, mit denen ich jetzt wild in der Luft rudere.

    »Lass mich los, lass mich!« Ich kneife die Augen zu und schlage um mich, so gut ich kann. Vergebens, denn plötzlich spüre ich, wie meine Handgelenke festgehalten werden.

    Jemand ruft meinen Namen und dann explodiert die Welt in nichts als Schmerz.

    Tag 15

    »Cassidy, Cassidy!«

    Es sind nicht Ritas Rufe, die mich völlig aus meinem Traum reißen, sondern der Schmerz, der durch meinen Körper jagt, als sie meinen gebrochenen Unterarm packt.

    Ich fahre hoch und höre auf, mich zu wehren.

    »Gott sei Dank«, stöhnt Rita. »Endlich bist du wach.«

    Benommen sehe ich mich um. Ich liege auf dem Boden, eine Decke unter und eine über mir. Um mich herum stehen Grasbüschel und kleine Sträucher. Ganz in der Nähe plätschert etwas.

    Langsam verblasst der Traum und die Realität kehrt zurück: die Erinnerung an das Explosionschaos in NNY, die Geschehnisse im Wald und der darauffolgende Marsch bis hin zu meinem Zusammenbruch.

    »Wie fühlst du dich?«, fragt Rita sanft.

    Ich kann es ihr nicht beantworten. Vorsichtig lausche ich in meinen Körper. Jetzt, wo sie mich losgelassen hat, spüre ich nur noch ein unangenehmes Pochen in meinem Arm. Dafür bin ich durchgeschwitzt und habe elende Kopfschmerzen. Unbewusst beginne ich, meine Schläfe zu massieren.

    Rita versteht meine Geste sofort. »Du musst viel trinken«, weist sie mich an und reicht mir eine Wasserflasche.

    Begierig setze ich sie an die Lippen und leere sie bis zur Hälfte. Erst dann finde ich meine Stimme wieder. »Wie lange war ich weggetreten?« Dem Stand der Sonne nach, vermute ich, dass es gegen Mittag ist.

    »Über einen Tag.«

    Erschrocken blicke ich sie an. Ich habe einen ganzen Tag verschlafen?

    »Du bist den Alkohol nicht gewohnt.« Sie versucht ein schiefes Grinsen. »Und gepaart mit dem Blutverlust, den du ohne Frage erlitten hast … Keine sonderlich gute Mischung.«

    »Scheiße«, murmle ich.

    Mehr und mehr Details meiner Umgebung werden mir bewusst. Zum Beispiel die Tatsache, dass ich nicht mehr mein weißes T-Shirt, sondern mein Flanellhemd trage, von dem die Ärmel abgetrennt wurden. Und auch, dass neben meinem provisorischen Krankenlager verschiedene Gegenstände bereitliegen, die darauf hindeuten, dass mein Verband gewechselt wurde. Kurzum: Die anderen haben sich um mich gekümmert. Etwas, das ich um jeden Preis vermeiden wollte.

    Rita folgt meinem Blick und wieder scheint sie meine Gedanken zu lesen. »Daniel hat deinen Arm versorgt und mir genaue Anweisungen gegeben, wie ich dich zu behandeln habe, als er nicht mehr konnte. Ich verstehe zwar nicht, warum …«

    »Was heißt, als er nicht mehr konnte?«, frage ich erschrocken und mir fällt wieder ein, dass es auch ihm nicht sonderlich gut ging.

    »Er hat sich mehrmals übergeben. Aber seit heute Morgen geht es auch ihm wieder besser. Trotzdem hat Schwester Rita ihm Bettruhe verordnet, bis du so weit fit bist, dass wir aufbrechen können.«

    So fit fühle ich mich definitiv nicht. Also lasse ich mich wieder nach hinten sinken.

    »Ja, bleib einfach liegen«, kommentiert Rita. »Ich bringe dir gleich etwas zu essen, dann wird es dir besser gehen.« Sie steht auf und entfernt sich von mir.

    Ich senke die Lider. Bis sie zurück ist, kann ich mich noch etwas ausruhen.

    Als ich die Augen das nächste Mal aufschlage, ist die Sonne ein ganzes Stück weitergewandert.

    Zu dem Plätschern des nahen Baches hat sich ein anderes Geräusch gesellt: das Knistern von brennendem Holz. Und das verspricht etwas zu essen, wie mir mein knurrender Magen suggeriert. Ich setze mich auf und sehe drei Gestalten einige Meter entfernt um ein Feuer sitzen.

    Als ich von meinem Lager aufstehe, erhebt sich auch eine von ihnen und kommt zu mir. Es ist Daniel.

    Mein Herz beginnt zu rasen. So viel Scheiße auch gestern – nein, halt: vorgestern – passiert ist, gibt es plötzlich nur noch eine Sache, an die ich denken kann: Er hat gesagt, er ist in mich verliebt. Dass allein muss der Grund sein, warum jetzt meine Beine weich werden und sich alles um mich herum dreht. Der Gedanke, dass mein Körper einfach noch geschwächt ist, kommt mir nicht in den Sinn.

    »Na«, sagt er und bleibt mit verschränkten Armen vor mir stehen.

    »Na«, entgegne ich. Mehr bekomme ich nicht heraus, meine Kehle ist wie zugeschnürt.

    Eine eigenartige Spannung liegt in der Luft, die nicht nur ich, sondern auch Daniel wahrzunehmen scheint.

    Er räuspert sich unbehaglich. »Alles klar so weit?«

    »Geht schon. Der Schlaf hat gutgetan und der Arm tut kaum noch weh.« Ich halte ihn wie zum Beweis vor meinen Körper. Dabei fällt mein Blick auf den frischen Verband. »Danke, dass du dich um ihn gekümmert hast. Auch wenn das sehr unvernünftig war.«

    Er zuckt mit den Schultern. »Keine Bange, ich habe aufgepasst, dass ich mir nichts weghole.«

    Seine Worte jagen einen Schauer über meinen Rücken. Als ob es hier um eine Grippe oder einen einfachen Ausschlag geht!

    »Es wundert mich nicht, dass die Schmerzen besser sind. Es ist erstaunlich, wie schnell die Wunde verheilt.«

    Daniel legt sanft zwei Finger auf meinen Arm. Es fühlt sich an, als würde ein Stromstoß durch mich hindurchjagen. Was so eine kleine Berührung aber auch auslösen kann …

    Da nimmt er seine Hand auch schon wieder weg.

    Ich betrachte sein Gesicht, versuche, den Ausdruck darauf zu deuten, und scheitere. Dafür bleibt mein Blick an der großen Beule an seiner Stirn hängen.

    »Dich hat es auch ganz schön erwischt, wenn ich Rita richtig verstanden habe.«

    Wieder ein Schulterzucken. »Sie übertreibt. Ich hatte ein bisschen Kopfschmerzen.«

    Es ist wohl eher er, der untertreibt. Doch das zu sagen, verkneife ich mir.

    »Komm mit ans Feuer«, fordert Daniel mich auf. »Rita und Jeff sind wahnsinnig neugierig, was im Labor passiert ist.«

    »Warum hast du es ihnen nicht schon erzählt?«, frage ich irritiert.

    »Weil … ich es nicht weiß«, gesteht er. »Ich kann mich nur noch erinnern, wie wir die Treppe runtergegangen sind. Dann ist eine große Lücke bis zu dem Moment, als ich in der Lobby auf dem Rücken liege und meine Stirn wehtut. Das dazwischen ist einfach weg.«

    Einfach weg

    Wieder einmal fühlt es sich so an, als würde mir der Boden unter den Füßen weggerissen. Langsam sollte ich mich eigentlich an dieses Gefühl gewöhnt haben und trotzdem kann ich nicht damit umgehen.

    Ich will einfach nicht glauben, was er gerade gesagt hat.

    Ein Gespräch kommt mir in den Sinn, das ich mit angehört habe, während ich zwischen Wachsein und Ohnmacht hin und her gependelt bin. Und Daniels Worte, die eindeutig nur für mich bestimmt waren: ›Scheiße, Cassy, tu mir das nicht an. Du verabschiedest dich von Claire und dann machen wir uns noch ein paar schöne Tage, irgendwo. Stirb mir jetzt nicht einfach weg, bitte.‹

    So was hätte er doch niemals gesagt, wenn er sich an das, was im Labor passiert ist, nicht erinnert, und auch nicht daran, dass er mir seine wahren Gefühle gestanden hat.

    Oder hat er es vielleicht gar nicht gesagt und dieser kleine Monolog eines leidenden Geliebten ist genauso ein Produkt meiner Fantasie wie das blutige Weihnachtsfest aus meinem Traum?

    Das heißt, er weiß nicht, dass sich in NNY alles zwischen uns verändert hat. Was wiederum bedeutet, dass er sein abweisendes Spiel weiterspielen und mir die kalte Schulter zeigen wird, nur um uns beide vor uns selbst zu beschützen.

    Wie zur Bestätigung dreht er sich von mir weg und meint: »Na komm schon, Dawson, wir haben nicht ewig Zeit.« Er setzt sich wieder ans Feuer und legt einen Arm um Rita, die mir zulächelt.

    Benommen gehe ich zu ihnen und setze mich in die Lücke zwischen den Geschwistern.

    »Hey, Cassy«, begrüßt mich Jeff und sieht mich schuldbewusst an. »Ich bin echt froh, dass du wach bist. Das mit dem Arm tut mir unendlich leid!«

    »Ach was.« Ich winke ab. »Als ob du was dafür könntest.«

    Schnell starrt er wieder auf die lodernden Flammen. Fast, als könnte er mir nicht in die Augen sehen.

    Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, bittet Rita mich, endlich von den Geschehnissen im Labor zu erzählen.

    Ich berichte also, wie wir die Schleuse gefunden haben, dort Rosie begegnet sind und sie uns geholfen hat, die Medis zu finden, während die Mauern um uns herum schon zu wackeln begannen. Die herumschleichenden Noahs lasse ich weg, genauso wie das intime Gespräch zwischen Daniel und mir. Ich bin noch nicht mal sicher, ob ich ihn damit konfrontieren soll, da werde ich es sicher nicht seiner Freundin und ihrem Bruder auf die Nase binden.

    »Als wir die Treppe wieder hochkamen, war die Eingangshalle schon halb verschüttet und schließlich hat ein Stück herabfallende Decke Daniel von den Füßen gerissen«, beende ich

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