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Das Schlachtfeld von Morgen: Afrika im Fadenkreuz der USA und seiner Verbündeten
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eBook307 Seiten7 Stunden

Das Schlachtfeld von Morgen: Afrika im Fadenkreuz der USA und seiner Verbündeten

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Über dieses E-Book

Als am 12. Juli 2013 das schrille Signal einer Bootsmannpfeife erklang, versammelte sich in einem kargen Gebäude auf der US-Militärbasis im deutschen Böblingen Offiziere militärischer Eliteeinheiten.

Auf einer Bühne vor einer enormen amerikanischen Flagge nahmen Captain Robert Smith, Kommandeur der Naval Special Warfare Group Two, Captain J. Dane Thorleifson, der aus dem Amt scheidende Kommandeur der Naval Special Warfare Unit Ten, und sein Nachfolger Captain Jay Richards am feierlichen Wechsel des Befehlshabers teil, einer altehrwürdigen Marinetradition.

Vor einer kleinen Ansammlung uniformierter Militärangehöriger und ein paar Zivilpersonen sprachen diese Männer, alle Angehörige des Special Operations Command Africa (SOCAFRICA), über etwas, das nur selten in der Öffentlichkeit thematisiert wird – über verdeckte US-Militäroperationen in Afrika.
SpracheDeutsch
HerausgeberVerlag Neuer Weg
Erscheinungsdatum15. Apr. 2019
ISBN9783880215344
Das Schlachtfeld von Morgen: Afrika im Fadenkreuz der USA und seiner Verbündeten

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    Buchvorschau

    Das Schlachtfeld von Morgen - Nick Turse

    worden.

    12. JULI 2012

    Sie nennen sie die Neue Gewürzroute, als Hommage an das mittelalterliche Handelsnetz, das Europa, Afrika und Asien miteinander verband. Bloß hat die heutige »Gewürzroute« nichts mehr mit Zimt, Nelken oder Seide zu tun. Sie ist vielmehr der Superhighway einer Supermacht, auf der Lkws und Schiffe über eine sich vergrößernde Verkehrsinfrastruktur zu Lande und zu Wasser Treibstoff, Nahrungsmittel und Kriegsgerät zu einem Netz von Versorgungsdepots, kleinen Camps und Flugplätzen transportieren, die einer schnell wachsenden Präsenz des US-Militärs in Afrika dienen sollen.

    In den Vereinigten Staaten wissen nur wenige von diesem Superhighway oder von den Dutzenden von Übungsmissionen und gemeinsamen militärischen Manövern, die in Staaten durchgeführt werden, die die meisten Amerikaner nicht einmal auf der Landkarte finden würden. Noch weniger haben eine Ahnung davon, dass sich die Militärs beim Erschaffen eines größeren militärischen Fußabdrucks in Afrika auf Marco Polo und die Königin von Saba berufen. All dies spielt sich auf dem »schwarzen Kontinent«, wie man ihn in früheren imperialistischen Zeiten nannte, im Verborgenen ab.

    In ostafrikanischen Häfen treffen riesige Frachtcontainer mit täglichen Bedarfsgütern für ein gieriges Militär ein. Sie werden auf Lkws verladen, mit denen sie dann über zerfurchte Straßen zu staubigen Stützpunkten und abgelegenen Vorposten weitertransportiert werden.

    Die Dimensionen dieses Schattenkriegs sind an den Lkw-Rastplätzen zu erkennen, an denen einheimische Fahrer auf ihren Langstrecken eine Pause einlegen, zum Beispiel auf der Straße von Dschibuti nach Äthiopien. Dasselbe gilt für andere afrikanische Länder. Die Knotenpunkte dieses Netzwerks erzählen einen Teil der Geschichte, darunter Manda Bay, Garissa und Mombasa in Kenia, Kampala und Entebbe in Uganda, Bangui und Djema in der Zentralafrikanischen Republik, Nzara im Südsudan, Dire Dawa in Äthiopien und der afrikanische Vorzeigestützpunkt des Pentagons in Dschibuti, Camp Lemonnier.

    Laut Pat Barnes, einem Sprecher des US Africa Command (AFRICOM), fungiert Camp Lemonnier als einzige offizielle US-Basis auf dem afrikanischen Kontinent. »Hier sind über 2000 Angehörige des US-Militärs stationiert«, teilte er TomDispatch per E-Mail mit. »Die wichtigste Organisation des AFRICOM in Camp Lemonnier ist die Combined Joint Task Force-Horn of Africa (CJTF-HOA). Die Bemühungen der CJTF-HOA konzentrieren sich auf Ostafrika. Sie arbeitet mit Partnerstaaten zusammen, um diese dabei zu unterstützen, ihre Verteidigungsfähigkeit zu stärken.«

    Barnes merkte auch an, dass Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums US-Botschaften in ganz Afrika zugeteilt sind, wozu die 21 einzelnen Büros für Sicherheitszusammenarbeit gehören, die dafür zuständig sind, militärische Zusammenarbeit mit »Partnerstaaten« zu erleichtern. Er beschrieb die beteiligten Truppen als kleine Teams, die gezielte Operationen ausführen. Barnes gab zu, dass »AFRICOM an etlichen Standorten in Afrika eine kleine und vorübergehende Präsenz von Personal hat. In allen Fällen sind diese Militärangehörigen Gäste in den Einrichtungen des Gastgeberlandes und arbeiten entweder mit den Armeeangehörigen des Gastgeberlandes zusammen oder in Abstimmung mit ihnen.«

    SCHATTENKRIEGE

    Camp Lemmonier war 2003, als die Combined Joint Task Force-Horn of Africa (CJTF-HOA) dort aufgestellt wurde, in der Tat der einzige größere US-Außenposten in Afrika. In den darauffolgenden Jahren haben Pentagon und CIA dezent und weitestgehend unbemerkt ihre Truppen über dem ganzen Kontinent verteilt. Heute unterhalten die Vereinigten Staaten entgegen offiziellen Angaben eine überraschend hohe Anzahl von Militärbasen in Afrika. Und die afrikanischen Streitkräfte zu »stärken« erweist sich als wirklich dehnbarer Begriff für das, was dort vor sich geht.

    Unter Präsident Obama haben die Einsätze in Afrika weit über die eher begrenzten militärischen Interventionen der Bush-Jahre hinaus sogar noch zugenommen: Da war der Krieg in Libyen 2011, eine regionale Drohnenoffensive, bei der die Einsätze von Flughäfen und Stützpunkten in Dschibuti, Äthiopien und den Seychellen aus geflogen wurden. Dann gab es eine Flotte von 30 Schiffen im Indischen Ozean, die regionale Einsätze unterstützte, und eine mehrgleisige Offensive durch Militär und CIA gegen Milizen in Somalia, zu der Operationen des Geheimdienstes, Schulungen somalischer Agenten, ein geheimes Gefängnis, Hubschrauberangriffe und US-Kommandounternehmen gehörten, sowie eine massive Bereitstellung von Bargeld für Operationen zur Terrorismusbekämpfung überall in Ostafrika. Möglicherweise gab es einen heimlich durchgeführten altmodischen Luftkrieg in der Region, bei dem bemannte Flugzeuge eingesetzt wurden. Es wurden zig Millionen US-Dollar in die Bewaffnung alliierter Söldner und afrikanischer Truppen gesteckt, und es wurde ein Spezialkommando (unterstützt von Experten des US-Außenministeriums) als Expeditionskorps entsendet, um dabei zu helfen, den Anführer der Lord’s Resistance Army, Joseph Kony, und seine höherrangigen Kommandeure zu ergreifen oder zu töten. All das kratzt nur an der Oberfläche dessen, was Washingtons schnell wachsende Pläne und Aktivitäten in der Region ausmacht.

    Um diese wie Pilze aus dem Boden schießenden Missionen zu unterstützen, werden fast ständig Ausbildungs-operationen und gemeinsame, Allianzen schmiedende Übungen unternommen, und auf dem ganzen Kontinent sprießen Außenposten jeglicher Art hervor, die durch ein sich ausdehnendes geheimes Versorgungsnetz verbunden sind. Die meisten amerikanischen Stützpunkte in Afrika sind noch immer klein und bescheiden, doch sie erwecken immer mehr den Anschein größerer und dauerhafter Einrichtungen. Fotos des Camp Gilbert in Äthiopien aus dem Jahr 2011 zum Beispiel, die von TomDispatch untersucht wurden, zeigen eine Militärbasis voller klimatisierter Zelte, mit Frachtcontainern, 55 Gallonen fassenden Fässern und anderer, auf Paletten geschnürter Ausrüstung, doch ebenso Freizeitanlagen mit Fernsehgeräten und Videospielen sowie ein gut ausgestattetes Fitnessstudio mit Trimmrädern, Hanteln und anderen Sportgeräten.

    KONTINENTALVERSCHIEBUNG

    Nach den Terroranschlägen des 11. September 2001 rückte das US-Militär in größerem Umfang in drei wichtigen Regionen ein: Südasien (hauptsächlich Afghanistan), Nahost (in erster Linie Irak) und das Horn von Afrika. Die Vereinigten Staaten ziehen sich aus Afghanistan zurück und haben den Irak bereits verlassen. Doch Afrika bleibt für das Pentagon eine Wachstumschance.

    Gegenwärtig sind die Vereinigten Staaten unmittelbar und durch Stellvertreter an Militär- und Überwachungsoperationen gegen eine immer länger werdende Liste regionaler Feinde beteiligt. Dazu zählen El Kaida im Maghreb in Nordafrika, die islamistische Bewegung Boko Haram in Nigeria, die El Kaida nahestehenden Kämpfer im Libyen der Nach-Gaddafi-Zeit, Konys blutrünstige Lord’s Resistance Army (LRA) in der Zentralafrikanischen Republik, der Demokratischen Republik Kongo und im Südsudan, Malis islamistische Rebellengruppe Ansar Dine, die al-Shabaab-Miliz in Somalia und die Guerillakämpfer von El Kaida auf der Arabischen Halbinsel jenseits des Golfs von Aden im Jemen.

    Nachforschungen der Washington Post enthüllten, dass von Auftragnehmern betriebene Aufklärungsflugzeuge, die in Entebbe, Uganda, stationiert sind, auf Geheiß des Pentagons das von Konys LRA genutzte Gebiet absuchen, und dass ein- oder zweihundert US-Kommandosoldaten sich auf Manda Bay einen Stützpunkt mit dem kenianischen Militär teilen. Außerdem werden US-Drohnen vom Arba Minch Airport in Äthiopien aus und von den Seychellen im Indischen Ozean eingesetzt, während von Camp Lemonnier Drohnen und F-15 Jagdbomber als Teil der Schattenkriege fliegen, die vom US-Militär und dem CIA im Jemen und Somalia geführt werden. Aufklärungsflugzeuge, die für Spionageeinsätze über Mali, Mauretanien und der Sahara genutzt werden, fliegen auch Missionen von Ouagadougou in Burkina Faso aus, und Pläne für eine vergleichbare Basis im 2011 unabhängig gewordenen Staat Südsudan sind Berichten zufolge in Arbeit.

    US-Sondereinsatzkräfte sind auf einer Reihe noch undurchsichtigerer vorgeschobener Operationsbasen auf dem afrikanischen Kontinent stationiert, darunter eine in Djema in der Zentralafrikanischen Republik und andere in Nzara im Südsudan und Dungu in der Demokratischen Republik Kongo. Die USA hatten auch in Mali Truppen stationiert, obwohl sie im Anschluss an einen Staatsstreich die militärischen Beziehungen zu diesem Land offiziell ausgesetzt haben.

    Recherchen von TomDispatch zufolge hat die US-Marine zusätzlich einen vorgeschobenen Operationsstandort in Dire Dawa, Äthiopien, bekannt als Camp Gilbert, der vorwiegend mit Seabees [von Abkürzung CB für Construction Battalion, den Bautruppen der US-Navy], Personal für zivile Angelegenheiten und Truppen zum Schutz der eigenen Sicherheit bemannt ist. Neben Camp Lemonnier unterhält das US-Militär noch einen weiteren zwielichtigen Außenposten in Dschibuti, eine Marinehafenanlage, die nicht einmal einen Namen hat. AFRICOM beantwortete keinerlei Anfrage nach weiteren Informationen zu diesen Militärstützpunkten.

    Außerdem sind US-Sondereinsatzkräfte in der Zentral-afrikanischen Republik von einem Militärlager in Obo aus mit Operationen gegen die LRA befasst, doch auch über diese Basis hört man nicht viel. »Angehörige des US-Militärs, die bei der Jagd auf Joseph Kony mit regionalem Militär zusammenarbeiten, sind Gäste der afrikanischen Sicherheitskräfte, aus denen die regionalen Bemühungen im Kampf gegen die LRA bestehen«, erzählte mir Barnes. »Speziell in Obo leben die Truppen in einem kleinen Camp und arbeiten mit Truppen des Partnerlandes auf einer ugandischen Militäreinrichtung zusammen, die auf Einladung der Regierung der Zentralafrikanischen Republik betrieben wird.«

    Doch dies ist nur ein Teil der Geschichte. US-Truppen arbeiten auch auf Anlagen innerhalb Ugandas. Anfang 2012 bildeten Soldaten des Marine-Sondereinsatzkommandos Special Purpose Marine Air Ground Task Force 12 (SPMAGTF-12) Soldaten der Uganda People’s Defense Force aus, die nicht nur Operationen in der Zentralafrikanischen Republik durchführt, sondern auch als Stellvertretertruppe der Vereinigten Staaten in Somalia im Kampf gegen die militanten Islamisten, bekannt als al-Shabaab, fungiert. Jetzt stellen sie die Mehrzahl der Truppen der Mission der Afrikanischen Union, die die von den USA unterstützte Regierung in der somalischen Hauptstadt Mogadischu schützen.

    Im Frühjahr 2012 bildeten Marinesoldaten des SPMAGTF-12 auch Soldaten der Burundi National Defense Force (BNDF) aus, dem zweitgrößten Truppenkontingent in Somalia. In der ersten Hälfte des Jahres nahmen Angehörige der Task Force Raptor, 3rd Squadron, 124th Cavalry Regiment der texanischen Nationalgarde an einer Ausbildungsmission mit dem BNDF in Mudubugu in Burundi teil, und das SPMAGTF-12 entsandte Ausbilder nach Dschibuti, um dort mit einer Eliteeinheit der lokalen Armee zu arbeiten, während andere Marinesoldaten nach Liberia reisten, um Liberias Militär im Zuge einer vom Außenministerium gesteuerten Maßnahme wiederaufzubauen und in Techniken zum Kontrollieren von Unruhen zu unterweisen.

    Ferner führten die Vereinigten Staaten Antiterror-Übungen durch und rüsteten Streitkräfte in Algerien, Burkina Faso, dem Tschad, Mauretanien, Niger und Tunesien aus. 2012 führte AFRICOM 14 größere gemeinsame Ausbildungsmanöver durch, darunter Einsätze in Marokko, Kamerun, Gabun, Botswana, Südafrika, Lesotho, dem Senegal und Nigeria.

    Die Truppenstärke der US-Streitkräfte, die diese gemeinsamen Ausbildungsübungen durchführen, schwankt, doch Barnes sagte mir, dass »im Durchschnitt ungefähr 5000 Angehörige des US-Militärs und Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums auf dem Kontinent tätig sind.«

    AIR AFRICA

    2012 enthüllte die Washington Post, dass spätestens seit 2009 die »Praxis der Beauftragung von Privatunternehmen zum Ausspionieren riesiger Flächen afrikanischen Gebiets … ein Grundpfeiler der geheimen Aktivitäten des US-Militärs auf dem Kontinent ist.« Die Tusker Sand genannte Operation besteht aus Einsätzen, die vom Flughafen Entebbe in Uganda und einer Handvoll anderer Flugplätze geflogen werden. Ihre harmlos aussehenden Turboprop-Flugzeuge sind vollgepackt mit technisch ausgefeilten Überwachungsgeräten.

    Die Söldner-Spione der USA in Afrika sind jedoch nur ein Teil der Geschichte.

    Obwohl das Pentagon ein vergleichbares Drohnen-Überwachungsprogramm, genannt Tusker Wing, gestrichen hat, hat es Millionen von US-Dollar für die Erweiterung des Zivilflughafens in Arba Minch, Äthiopien, investiert, um von dort Drohneneinsätze fliegen zu können. Die Infrastruktur für derartige Einsätze war vergleichsweise günstig und einfach aufzubauen, doch es zeichnet sich ein Problem ab, das weitaus beängstigender ist, eines, das in engem Zusammenhang mit der »Neuen Gewürzroute« steht.

    »Marco Polo war nicht nur ein Erforscher«, erklärte Armeeplaner Chris Zahner 2013 bei einer Konferenz in Dschibuti. »Er war auch ein Logistiker, der logistische Knotenpunkte entlang der Seidenstraße erschlossen hat. Lasst uns jetzt dort, wo die Königin von Saba unterwegs war, etwas Gleichartiges tun.« Wenn man die Lobeshymnen auf vergangene Berühmtheiten mal beiseitelässt, haben die Gründe dafür, Mittel in die Versorgungsnetze zu Wasser und zu Lande fließen zu lassen, weniger mit Geschichte als mit Afrikas Flughafeninfrastruktur zu tun.

    Von den 3300 Flugplätzen in Afrika, die in einem Bericht der National Geospatial-Intelligence Agency, des Geheimdienstes für Geodaten, aufgeführt sind, hat die Luftwaffe lediglich 303 begutachtet, doch nur 158 dieser Gutachten sind noch aktuell. Die Hälfte dieser untersuchten Flugplätze würde dem Gewicht der Transportflugzeuge Lockheed C-130 Hercules, auf die sich das US-Militär in hohem Maße zum Transport von Truppen und Material stützt, nicht standhalten. Diese Beschränkungen sind 2010 während des von der AFRICOM in jenem Jahr veranstalteten gemeinsamen Ausbildungsmanövers Natural Fire zutage getreten. Als die C-130er einen Flugplatz in Gulu, Uganda, nicht nutzen konnten, wurden zusätzliche 3 Millionen Dollar für das Einfliegen von Chinook-Transporthubschraubern ausgegeben.

    Des Weiteren kosten das Beschaffen von Überflugs- und Landerechten und die Auflagen zur Nutzung der Flughäfen durch Militärflugzeuge das Pentagon nicht nur Zeit und Geld, sie wecken auch häufig den Argwohn der lokalen Bevölkerung. In einem Artikel im militärischen Handelsmagazin Army Sustainment warb Major Joseph Gaddis von der Air Force für eine sich abzeichnende Lösung: Outsourcing. Das Konzept wurde 2011 bei Atlas Drop, einem anderen AFRICOM-Schulungseinsatz, getestet.

    »Statt der Verwendung von Militärmaschinen zum Lufttransport von Ausrüstung zu und von dem Manöver setzten die Planer gewerbliche Transportunternehmen ein«, schreibt Gaddis. »Teilnehmer der Übung wurden durch Transportdienste versorgt, die die Ware direkt an den Zielort lieferten, wodurch die Notwendigkeit zusätzlichen Personals, das die Ausrüstung durch die Fracht- und Zollbereiche schleust, umgangen wurde.« Das Nutzen von Söldner-Frachtunternehmen, um das Einholen von Überflugs- und Landerechten zu umgehen und Frachtgut zu den Flughäfen zu transportieren, die C-130ern nicht standhalten, ist jedoch nur einer der möglichen Wege, die das Pentagon eingeschlagen hat, um seine expandierenden Operationen in Afrika zu unterstützen.

    Ein weiterer sind Bauprojekte.

    DAS GROSSE AUFSTOCKEN

    Militärische Ausschreibungsdokumente geben Aufschluss über Pläne für Investitionen von bis zu 180 Millionen Dollar allein in Baumaßnahmen am Camp Lemonnier. Zu ihnen gehört als bedeutendstes Projekt das Asphaltieren von 54 500 m2 Rollbahn, »die für Flugzeuge mit mittlerer Frachtmenge ausgelegt ist«, und der Bau eines 185 000 m2 großen Ladebereichs für Kampfflugzeuge. Zusätzlich sind Pläne in Arbeit, modulare Instandhaltungsbauten, Flugzeughangars und Lagerhallen für Munition zu errichten, die für zunehmende Einsätze des US-Militärs in Afrika benötigt werden.

    Andere Ausschreibungsunterlagen legen nahe, dass das Pentagon in den kommenden Jahren bis zu 50 Millionen US-Dollar in neue Bauvorhaben auf diesem Stützpunkt sowie in Camp Simba in Kenia und weiteren, nicht näher bezeichneten Standorten investieren wird. Weitere Ausschreibungsunterlagen weisen auf zukünftige militärische Bauvorhaben in Ägypten hin, wo das Pentagon bereits eine medizinische Forschungsanlage unterhält, sowie auf weitere Arbeiten in Dschibuti.

    Ferner geht aus Ausschreibungsdokumenten hervor, dass man mit einem Zustrom von »Notunterkünften für Truppen« in Camp Lemonnier rechnet, darunter fast 300 zusätzliche Containerwohneinheiten (containerized living units, CLU), stapelbare, klimatisierte Wohnquartiere sowie Latrinen und Waschküchen.

    Militärische Dokumente weisen außerdem darauf hin, dass 2011 auf der US-Basis in Entebbe eine fast 450 000 Dollar teure Übungsanlage eingerichtet wurde. All dies legt nahe, dass das Pentagon mit seiner Truppenaufstockung in Afrika gerade erst begonnen hat.

    DER KAMPF UM AFRIKA

    AFRICOM-Kommandeur General Carter Ham erläuterte in einem Vortrag in Arlington, Virginia, die Beweggründe hinter den US-Operationen auf dem afrikanischen Kontinent: »Das absolute Gebot für das US-Militär ist es, Amerika, Amerikaner und amerikanische Interessen zu schützen; das heißt in unserem Fall, in meinem Fall, uns vor Bedrohungen zu schützen, die vom afrikanischen Kontinent ausgehen können.« Als Beispiel nannte Ham die in Somalia ansässige Terrormiliz al-Shabaab. »Warum kümmert uns das?«, fragte er rhetorisch. »Nun, El Kaida ist eine weltweit agierende Unternehmung … wir halten sie als eine El Kaida-Tochter ganz klar für … eine Bedrohung für Amerika und Amerikaner.«

    Sie dort zu bekämpfen, damit wir sie nicht hier bekämpfen müssen, ist seit Jahrzehnten ein Kern-Dogma der amerikanischen Außenpolitik, ganz besonders seit den Terroranschlägen des 11. September 2001. Komplexe politische und gesellschaftliche Probleme militärisch lösen zu wollen, hat regelmäßig unvorhersehbare Konsequenzen nach sich gezogen. So führte der von den USA unterstützte Krieg in Libyen dazu, dass Söldnerheere der Tuareg, die für den libyschen Alleinherrscher Muammar al-Gaddafi gekämpft hatten, nach Mali zurückkehrten, wo sie die Destabilisierung des Landes förderten. In der Folge gab es einen Militärputsch durch einen von Amerikanern ausgebildeten Offizier und eine Machtübernahme in einigen Gebieten durch Tuareg-Kämpfer der Nationalen Bewegung zur Befreiung des Azawad, die zuvor libysche Waffenlager überfallen hatten. Andere Teile des Landes wiederum wurden von den Freischärlern von Ansar Dine in Besitz genommen, dem zuletzt von den Amerikanern ins Visier genommenen El-Kaida-»Tochterunternehmen.« Innerhalb nur eines Jahres hat eine militärische Intervention zu drei größeren Rückschlägen in einem Nachbarland geführt.

    Da sich die Obama-Regierung ganz offensichtlich am Kampf um Afrika beteiligt, nimmt die Wahrscheinlichkeit von aufeinanderfolgenden Wellen sich überschneidender Rückschläge exponentiell zu. Mali dürfte erst der Anfang gewesen sein, und es lässt sich nicht vorhersagen, wie es in anderen Fällen ausgehen wird. Halten Sie Afrika einstweilen im Blick – das US-Militär wird dort noch auf Jahre hinaus für Schlagzeilen sorgen.

    18. JUNI 2013

    Der Golf von Guinea. Er sagte es ohne einen Anflug von Ironie oder Verlegenheit. Dies war eine der großen Erfolgsstorys des US Africa Commands.

    Halb so wild, dass die meisten Amerikaner ihn auf einer Landkarte nicht finden würden und von den Nationen an seinen Ufern wie Gabun, Benin und Togo noch nie gehört haben. Es macht nichts, dass nur fünf Tage bevor ich mit dem leitenden Sprecher vom AFRICOM gesprochen habe, die Wochenzeitschrift The Economist die Frage aufgeworfen hatte, ob der Golf von Guinea nahe daran war, »ein zweites Somalia« zu werden, weil die Piraterie dort von 2011 bis 2012 um 41 Prozent zugenommen hatte und sich die Situation weiter verschlimmern werde.

    Der Golf von Guinea sei eines der Hauptgebiete in Afrika, in denen sich die »Stabilität signifikant verbessert hat«, wie mir der Sprecher des Kommandos versicherte, und das US-Militär habe eine maßgebliche Rolle dabei gespielt, dies zu erreichen. Doch wie mag es dann in den vielen anderen Gebieten des afrikanischen Kontinents aussehen, die seit der Aufstellung des AFRICOM von Staatsstreichen, Aufständen, Gewalt und Instabilität geplagt worden sind?

    Eine eingehende Analyse der Sicherheitslage in Afrika legt nahe, dass sich der Kontinent allmählich zu einem Ground Zero entwickelt, da infolge der Terroranschläge des 11. Septembers 2001 eine wahrhafte Diaspora des Terrors in Gang gesetzt wurde, was sich in den Obama-Jahren nur noch beschleunigt hat. Die jüngere Geschichte zeigt, dass mit der Zunahme der »stabilitätsfördernden« Einsätze der USA in Afrika der Kampfgeist zugenommen hat, aufständische Gruppen sich stark vermehrt haben und Alliierte gestrauchelt sind oder Übergriffe begangen haben, der Terrorismus zugenommen hat, die Anzahl gescheiterter Staaten angestiegen und der afrikanische Kontinent noch instabiler geworden

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