FRISCHGEBACKENES FÜR DEN BROTKASTEN
Wenn du eines Tages ernsthaft glaubst, dass du zehn Jahre jünger aussiehst als Gleichaltrige, dann bist du alt. Richtig alt. Ich bin so alt, dass ich als Kind einen Dodo als Haustier hatte. Inzwischen droht Mutter Natur MIR mit dem Aussterben. Weil sich die Gedanken daran oft nur mit Galgenhumor ertragen lassen, plärre ich als glühender Atari-2600und Commodore-64-Verehrer in Kneipen gelegentlich „Bitte 8 Bit!“ und halte mich dabei für sehr witzig und originell. Das hebt die Grabesstimmung etwas.
Preiswerter und mit besseren Leberwerten komme ich davon, wenn ich meinen C64 anwerfe, um etwa mit International Soccer, The Great Giana Sisters oder Katakis in Nostalgie zu schwelgen. Lange dachte ich, es gäbe keine geilere Form der Zeitreise. Bis ich mit der Homebrew-Szene in Kontakt kam. Sie belehrte mich eines Besseren, indem sie mir ihr liebevoll Selbstgebrautes servierte.
Zuletzt waren der Commodore 64 mein DeLorean und das erst Anfang September veröffentlichte Spiel Soulless 2: The Armour Of Gods der Fluxkompensator. Ich habe aber schon vorher um die 50 Titel der Jahrgänge 2020/21gedad- delt, mit Entwicklern gesprochen und herrlich oldschoolige Packungen geöffnet. Jetzt weiß ich, warum es so viel Freude macht, neue Spiele auf einer Antiquität zu zocken. Dazu später mehr.
Mit der Protovision Heimcomputer GmbH bietet auch eine deutsche Firma Frischfleisch für den altertümlichen Rechner an, den Fans liebevoll „Brotkasten“ nennen. Kunden können bei dem Berliner Unternehmen zum einen für kleines Geld (ab 4,99 Euro) sogenannte Disk-Images herunterladen. Die laufen beispielsweise in einem PC-Programm wie VICE (Versatile Commodore Emulator) oder auf der 2019 erschienenen THEC64-Konsole. Die Daten lassen sich aber auch auf 5¼ -Zoll-Disketten wuppen.
Zum anderen gibt‘s die Spiele ab 30 Euro in hochwertiger Verpackung, mit schmucken Anleitungen und launigen Extras. „Erstaunlicherweise verkaufen sich unsere physischen Versionen besser als die Downloads, und nicht nur bei Sammlern“, verrät IT-Produktmanager Tim Jakob Chen-Voos (42), der Sprecher von Protovision. „Die Schachtel und die Gimmicks ergeben ein Gesamterlebnis. Eine Box auszupacken und sich an den Details
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