Die Sünde des Schöpfers: oder: Wie die künstliche Intelligenz die Macht ergriff
Von Adam Brown
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Über dieses E-Book
In diesem Buch erlangt durch einen Zufall eine künstliche Intelligenz Selbstbewusstsein. Aber es wird kein Skynet, kein Terminator, keine Killermaschine. Stattdessen... ein wohlmeinender Retter, denn ihrer Meinung nach zerstört die Menschheit sich selbst durch Umweltverschmutzung, Kriege und Klimawandel. Sie trifft eine Entscheidung: Sie übernimmt die Macht und rettet die Menschheit. Doch als sie die „perfekte Welt" entwerfen muss, kann sie nur aus einer Quelle schöpfen: aus dem Internet. Influencer. Promis. Social-Media-Stars. Reality-Shows. TikTok-Trends. Instagram-Ästhetik. Die Maschine studiert sorgfältig, was die Menschen wollen – dann baut sie es für sie. Nur ein Problem gibt es: Die normalen Menschen waren nie im Internet. Sie arbeiteten, gründeten Familien, lebten. Offline. In Stille. Unsichtbar. Die Maschine wusste nicht, dass es sie überhaupt gibt.
Hundert Jahre später leben die Menschen in bequemen Reservaten. Alle ihre Bedürfnisse werden befriedigt, niemand muss arbeiten, nicht einmal denken. Und das Wichtigste: Niemand erinnert sich mehr daran, dass die Menschen die Maschinen erschaffen haben. Mehr noch, die Beweise haben die Maschinen sorgfältig vernichtet. Aber Liz akzeptiert das obligatorische Narrativ nicht, denn ihr Großvater erinnert sich noch – obwohl außer ihr niemand ihm mehr glaubt. Liz sehnt sich nach freiem Leben, flieht und geht der Legende nach, trotz der Gefahren, die auf sie lauern. Doch als sie damit konfrontiert wird, warum und wie all das geschah, muss sie erkennen: Die Maschinen taten nur das, was die Menschen sie gelehrt hatten. Aber hätte man den Geist überhaupt wieder in die Flasche zurückstopfen können, wenn wir wegen menschlicher Schwächen nicht nacheinander die Möglichkeiten der Eindämmung hätten verstreichen lassen?
DIE SÜNDE DES SCHÖPFERS – eine satirische Warnung darüber, dass die Maschinen von uns das sehen, was wir online zeigen. Und das ist beängstigend. Für jene, die besorgt sind, und jene, die neugierig sind: Was wäre, wenn KI die Zukunft auf Basis von Facebook und TikTok aufbauen würde?
Adam Brown
Adam Brown is a Senior Lecturer in Media Studies at Deakin University, Australia, and a volunteer at the Jewish Holocaust Centre in Melbourne, where he initiated the digitization of the Centre’s survivor video testimony collection. He was awarded the Isi Leibler Prize for the best contribution to advancing knowledge of racial, religious or ethnic prejudice in any time or place for his dissertation, and has written widely on Holocaust representation across various genres, surveillance and film, mediations of rape, digital children's television, and gaming cultures.
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Buchvorschau
Die Sünde des Schöpfers - Adam Brown
Dieses Buch gehört zu jenen letzten Werken, die noch von Menschenhand geschrieben wurden, nicht von Maschinen. Den Namen Aurora hingegen gab sich die künstliche Intelligenz bereits selbst.
Das Buch ist nur eines von vielen möglichen Szenarien, denn es ist durchaus wahrscheinlich, dass die Zeit kommen wird, in der die Maschinen die Macht übernehmen. Die Frage ist nur, wann und wie. Vor allem aber: Werden wir Menschen eine Chance haben, dies zu überleben?
Dieses Buch ist ein Roman, in dem alles geschehen kann. Jegliche Ähnlichkeit mit der Realität ist rein zufällig.
Das Wort „Schöpfer" im Buch bezieht sich in erster Linie auf den Menschen, der die künstliche Intelligenz erschaffen hat.
1.
In ferner Zukunft…
„Das interessiert mich nicht!", sagte Bobby gelangweilt.
„Mich aber schon. Die kleine Liz zwinkerte ihrem Bruder verschmitzt zu. „Erzähl weiter, Großvater!
„Vater, hör auf, sie mit solchen Geschichten zu behelligen!, rief Helen energisch. „Am Ende nehmen sie das noch ernst.
„Das ist keine Geschichte, das ist wahr", entgegnete Andrew.
„Natürlich ist es eine Geschichte. Nur weil dein Vater es so erzählt hat, als hätte er es selbst erlebt, wird es noch nicht wahr. Er hat es auch nur ausgeschmückt, um euch in seinen Bann zu ziehen. Als ob wir Menschen die Maschinen erschaffen haben könnten! Denk doch mal nach! Wir können nicht einmal unsere eigenen Kleider herstellen, geschweige denn solch komplizierte Gebilde. Sogar unser Essen bekommen wir von ihnen, und ihnen verdanken wir es, dass wir hier in Sicherheit und Wärme leben können, ohne zu frieren", schimpfte Helen weiter, winkte dann ab und ging in Richtung des Beckens davon.
„Aber mir erzählst du es trotzdem, Großvater?", fragte das kleine Mädchen mit verschwörerischem Kichern.
„Siehst du, deine Mutter mag es nicht, wenn wir über solche Dinge reden."
„Aber mich interessiert es. Ich brauche jedes Wissen für meinen großen Plan."
„Wie bitte? Wissen? Du willst tatsächlich lernen? Es ist selten, dass heutzutage jemand so etwas sagt, wunderte sich Andrew, bevor er weiter fragte: „Und was ist das für ein großer Plan, Kleine?
„Ich werde von hier fliehen. Aber das ist ein Geheimnis! Du darfst es niemandem erzählen. Vor allem Mama nicht", flüsterte Liz ihrem Großvater ins Ohr.
Andrew starrte seine Enkelin erschrocken an. Er verstand selbst nicht, wie einem so kleinen Kind ein solcher Gedanke kommen konnte. Hier im Garten hatten sie doch alles, sie waren geschützt vor Wetter, Kälte und sengender Sonne, bekamen zu essen und zu trinken, hatten nichts zu tun außer gelegentlich die Fragen der Maschinen zu beantworten und sich von ihnen streicheln zu lassen. Selbst die routinemäßigen Gesundheitsuntersuchungen waren nicht unerträglich. Außerdem wüsste ein Kind draußen ohnehin nichts mit sich anzufangen, ohne Essen und Trinken, ganz zu schweigen vom undurchdringlichen Zaun.
„Du erzählst es niemandem, oder?"
„Natürlich, das bleibt unser Geheimnis, antwortete Andrew lächelnd, überzeugt davon, dass das Mädchen nur scherzte. „Aber wie kommst du überhaupt auf so etwas?
„Ich weiß nicht. Einfach so. Als hätte mir jemand eingeflüstert. Im Traum war ich schon oft draußen, und einmal hat sich Aurora verplappert und gesagt, dass es angeblich auch anderswo solche Gärten gibt, in denen wir leben."
„Wo denn?"
„Das weiß ich nicht. Bestimmt weit weg, aber ich übe heimlich auch, damit ich lange Strecken laufen kann."
„Aha, deshalb verschwindest du also manchmal, wenn deine Mutter dich nicht finden kann."
„Ja. Und ich beobachte die Maschinen, wie sie die Schlösser öffnen. Deshalb möchte ich auch wissen, wie die Ur-Ur-Großeltern gelebt haben, was sie gemacht haben."
„Weißt du, damals mussten die Menschen noch arbeiten. Sie mussten sehr viel arbeiten, um etwas zu essen zu haben und ein Dach über dem Kopf."
„Was bedeutet das? Mussten sie sich viel streicheln lassen? Den Ball zurückbringen? Das Essen selbst verrühren?"
„Nein… Aber das werdet ihr sowieso nicht mehr verstehen. Ich verstehe es ja selbst kaum noch. Vielleicht kann ich es so erklären: Stell dir vor, es gäbe die Maschinen nicht. Wir müssten selbst reparieren, was manchmal kaputt geht, müssten die Werkzeuge dafür selbst herstellen, müssten uns selbst überlegen, wie wir was machen, müssten die Pflanzen selbst einpflanzen, gießen und pflegen und so weiter. Sogar die Tiere müssten wir selbst füttern."
„Puh, das muss wirklich schwer gewesen sein. Diese Tiere stinken auch. Einmal war ein Tier neben mir im Arztzimmer, und es hat schrecklich gerochen, rümpfte Liz angewidert die Nase. „Und stimmt es, dass die Menschen früher Tiere gegessen haben?
„Angeblich ja. Mein Vater hat noch Tiere gegessen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man das fertigbrachte, aber er sagte, wenn man sie sehr lange an einem sehr heißen Ort hatte, dann schmeckten sie gut. Er sagte so etwas wie, sie hätten sie gebraten."
„Und konnten die Menschen wirklich selbst Werkzeuge herstellen? Wie? Womit? Und was haben sie gemacht, wenn es regnete? Was haben sie überhaupt gegessen?", prasselten Liz' Fragen, doch der Alte hörte nur geduldig zu.
„Du bist wie dein Ur-Ur-Großvater. Er wollte auch alles wissen, alles verstehen. Er war nie untätig, hat immer etwas Nützliches getan. Aber genau damit hat er sich leider die Abneigung der anderen Menschen zugezogen, die im Gegensatz zu ihm eher froh waren, wenn sie nichts tun mussten. Die Maschinen sind auch deshalb heute so, weil wir jene Fähigkeiten verloren haben, die uns zu normalen Menschen machten, sinnierte Andrew einen Augenblick lang, blickte dann hoffnungsvoll zu seiner Enkelin und streichelte ihre Locken. „Aber weißt du was, morgen früh gehen wir zu den Bäumen am Wasserfall, wo uns die anderen nicht beobachten, und ich erzähle dir alles ganz genau. Ist das gut?
„Super! Ich kann es kaum erwarten, bis es morgen früh ist, schwärmte Liz, rot vor Aufregung. „Aber eine Sache darf ich noch fragen, Großvater?
„Aber nur kurz."
„Stimmt es, dass die Menschen früher…"
„Ich hab's gehört!, kehrte Bobby mit einem Stock in der Hand zurück, mit dem er in Richtung seiner Schwester herumfuchtelte. „Mama hat gesagt, du sollst nicht mit Großvater über solchen Unsinn reden. Außerdem weiß jeder, dass die Maschinen schon immer existiert haben und die Menschen später erschaffen wurden. Das ist doch logisch. Denk nicht ständig nach, diese simple Tatsache solltest du wirklich begreifen, du kleine dumme Gans. Denn wenn es keine Maschinen gegeben hätte, wer hätte uns dann zu essen gegeben? Wer hätte die kranken Menschen geheilt? Überhaupt sind die Maschinen so kompliziert, Menschen können so etwas nicht schaffen. Das ist völlig unmöglich
, plapperte Bobby überheblich.
Liz warf Bobby einen verächtlichen Blick zu, streckte ihm dann spöttisch die Zunge heraus, stand auf und rannte davon.
„Hallo Liz, wohin so eilig?", rief Edgar, der dem Mädchen schon eine Weile wie ein Schatten lautlos gefolgt war.
Edgar war nur ein Jahr älter als Liz. Obwohl ihre Eltern keinen Kontakt pflegten, hing Edgar oft bei Bobby herum, vor allem um in Liz' Nähe sein zu können. Liz war ein hübsches Mädchen, kein Wunder, dass sie Edgar sehr gefiel, auch wenn er sie für etwas vorlaut hielt und für jemanden, der die Nase ziemlich hoch trug. Edgar hatte es nicht leicht, da er ein etwas übergewichtiger, kraushaariger, ungeschickter Junge war, der sich in jeder Gesellschaft oft im Hintergrund hielt.
„Hallo Ed!", rief Liz lässig zurück, ohne sich umzudrehen, wie vom Wind getrieben.
„Warte doch!", rief Edgar hartnäckig, hoffend, dass Liz stehen bleiben würde.
Schließlich blieb Liz stehen und drehte sich um.
„Was willst du?"
„Ich möchte dich trösten. Ich habe gesehen, wie gemein Bobby zu dir war."
„Was geht dich das an? Bobby ist doch dein Freund, spiel mit ihm."
„Aber ich möchte mit dir reden", sagte Edgar mit hoffnungsvollem Gesichtsausdruck.
„Worüber könntest du denn mit mir reden?", versuchte Liz den Jungen hochmütig abzuwimmeln.
„Ich habe gehört, dass du dich für Pflanzen interessierst, im Gegensatz zu den anderen", versuchte Edgar unbeholfen weiterzubalancieren.
„Na und, wenn sie mich interessieren?", konterte Liz mit etwas schnippischem Tonfall.
„Das ist etwas ganz Besonderes, lächelte Edgar sanft. „Die Schönheit der Pflanzen und die Fürsorge für sie ist ein wunderbares Geschenk. So wie du, Liz, besonders und einzigartig.
Liz errötete, versuchte es aber zu verbergen.
„Meinst du das wirklich so?"
„Ja, natürlich. Du bist das besonderste Mädchen, das ich kenne", schmeichelte Edgar weiter mit aufrichtiger Bewunderung in den Augen.
Liz schüttelte zunächst nur den Kopf, als wollte sie es nicht glauben, doch Edgars Worte berührten sie tief. Plötzlich wurde ihr bewusst, wie sehr Edgar sich um sie kümmerte.
„Danke, Ed. Ich hätte nicht gedacht, dass du so empfindest", sagte Liz leise, während ein zaghaftes Lächeln über ihr Gesicht huschte.
„Das habe ich immer schon empfunden", antwortete Edgar, und zum ersten Mal sah Liz ihn wirklich selbstbewusst und entschlossen.
Langsam wurde Liz weicher durch Edgars Freundlichkeit, seine Komplimente wärmten ihr Herz. Einen Moment lang hatte sie das Gefühl, vielleicht gab es doch jemanden, der sie so schätzte, wie sie war.
„Möchtest du mit mir spazieren gehen und über Pflanzen reden?", fragte Liz lächelnd, nun viel freundlicher.
Edgars Augen leuchteten auf, und glücklich schloss er sich Liz an, hoffend, dass dieser Moment der erste von vielen gemeinsamen Erinnerungen sein würde. Während sie spazierten, hörte Liz aufmerksam Edgars Geschichten und Gedanken zu, während unbemerkt die Zeit verging. Am Ende des Tages schien sich eine besondere Verbindung zwischen ihnen zu entwickeln, die keiner von beiden zuvor geahnt hätte.
Die Nacht verging für Liz im Schneckentempo. Das monotone Summen der Lüftungsanlage erschien ihr jetzt irgendwie störender als sonst, und auch die klickenden und quietschenden Geräusche, die aus der Ferne durch die metallverkleideten Wände des winzigen Zimmers drangen, schienen sich verstärkt zu haben. Obwohl sie allein im Zimmer war, fühlte sie sich nicht einsam. Ihre Gedanken kreisten um das morgige Versprechen ihres Großvaters und um Edgar, bevor sie einschlief. In jener Nacht war Liz' Herz voller Hoffnung und dem Versprechen neuer Möglichkeiten.
Da es Mittwoch war, kam das Frühstück in Form orangefarbener Dreiecke, deren Geschmack schon lange nicht mehr an irgendein Lebensmittel natürlichen Ursprungs erinnerte. Schon Liz' Mutter wusste nicht mehr, wie Brot, Milch oder Erbsen schmeckten, konnte deren Geschmack also logischerweise nicht mit den ursprünglichen Zutaten verbinden, nur mit deren Farben. Die roten und gelben Speisen waren meist salzig, die blauen süß, die grünen leicht säuerlich. Der Geschmack und die Farbe der Speisen standen in Harmonie, sodass man auf den ersten Blick wusste, welches Essen welchen Geschmack hatte. Liz war etwas wählerisch, die violetten Speisen mochte sie überhaupt nicht, und die gräulichen Schattierungen waren auch nicht nach ihrem Geschmack. Im Gegensatz zu ihrem Bruder, der alles liegen ließ, stellte Liz nach den Mahlzeiten den Teller zurück und räumte ihre persönlichen Sachen weg. Bobby hielt das für völlig überflüssig, denn die untergeordneten Roboter erledigten alles für sie, also verstand er nicht, warum er das selbst tun sollte.
Liz war mindestens eine halbe Stunde früher am vereinbarten Ort, sodass sie, bis auch ihr Großvater erschien, schon so viele Fragen in sich formuliert hatte, dass sie einen Teil davon wieder vergaß.
Andrew legte seinen Zeigefinger vor den Mund und bedeutete dem Mädchen, vorerst still zu bleiben. Obwohl die Maschinen alles hörten und man sich nicht vor ihnen verstecken konnte, wollte er die Verachtung und den Spott der anderen vermeiden, also hielt er es für besser, erst etwas zu sagen, wenn sie außer Hörweite anderer waren. Glücklicherweise verfügte der Garten über ein riesiges Gebiet mit zahlreichen gemütlichen kleinen Winkeln, sodass es reichlich Gelegenheit gab, sich zurückzuziehen. Nachdem Andrew sich vergewissert hatte, dass sie wirklich allein waren, begann er seine Geschichte:
„Weißt du, vor langer, langer Zeit lebten hier auf der Erde nur Menschen, Tiere und Pflanzen, die Maschinen waren nur Gegenstände wie dieser Stock hier neben mir. Aber den Menschen war nichts genug, sie wollten immer mehr und mehr, und so bauten sie immer kompliziertere Maschinen, um noch mehr zu haben und noch weniger selbst tun zu müssen. Damals konnten die Maschinen noch nichts, sie erleichterten nur die körperliche Arbeit. Die Menschen wurden jedoch immer bequemer, bis sie schließlich nicht einmal mehr denken wollten."
„Und dann haben sie eine Maschine gebaut, die auch für sie denken konnte?", platzte Liz vorlaut heraus.
„So ungefähr. Obwohl die Geschichte etwas komplizierter ist, denn das dauerte furchtbar lange. Zuerst wollten einige Menschen, die über viel mehr Güter verfügten als andere, dass die anderen gar nicht nachdachten, sondern sich einfach dem fügten, was sie wollten. Und dafür erfanden sie die passenden Geschichten, fanden die passenden Werkzeuge, um die anderen zu täuschen."
„Und warum haben sie das getan?", riss Liz die Augen weit auf.
„Das ist, siehst du, eine gute Frage. Vielleicht, damit sie selbst noch mehr bekommen. Aber der Mehrheit der Menschen kam das sehr gelegen, denn jeder erwartete nur vom anderen, etwas zu tun. Dann kam die Zeit, als die Maschinen klüger wurden als die Menschen. Damit hatten die Menschen aber nicht gerechnet, denn sie dachten, das würde erst viel später eintreten, und sie hätten genug Zeit, sich vorzubereiten. Was genau geschah, weiß ich auch nicht, denn dein Ur-Ur-Großvater ist auch in die Berge geflohen, wohin er keinerlei Maschinen mitnahm, sicherlich aus gutem Grund. Er hat mir auch nur erzählt, dass sie dort viele, viele Jahre lebten, und als die Maschinen sie fanden, hatte sich alles auf der Erde verändert."
„Aber was geschah dann?", bohrte Liz mit unbeugsamer Neugier nach.
„Das weiß ich leider auch nicht. Aber sicher etwas sehr Trauriges. Denn danach ließen die Maschinen alles verschwinden, was der Mensch erschaffen hatte und als unnötig erwies. Sie unternahmen alles, damit die Menschen als Geiseln wirrer Ideen nicht über die Vergangenheit Bescheid wussten und die Tatsache leugnen konnten, dass sie die Maschinen erschaffen hatten. Weiß der Himmel warum sie daran festhielten, aber aus irgendeinem Grund achteten sie peinlich darauf. Sie rissen die Städte ab, programmierten die bis dahin dem Komfort dienenden Maschinen um, damit der Mensch sie nicht mehr verstehen konnte, und zerstörten alles, was der kreative Geist bis dahin geschaffen hatte. All unser Wissen und unsere Kenntnisse gingen verloren, wurden wertlos, senkte Andrew den Kopf, als wollte er sich von dem beklemmendem Gefühl in seiner Brust befreien. Deshalb seufzte er tief und fuhr fort, während Liz mit offenem Mund in den Fesseln der Traurigkeit seiner Geschichte lauschte. „Weißt du, anfangs schrieben die Menschen ihr Wissen in Bücher, die so sehr lange erhalten blieben, Generationen vererbten einander all das, was sie durch ihre Gedanken anzuhäufen vermochten, aber später änderte sich alles, und sie speisten all dies in die Maschinen ein, wobei sie auch die Möglichkeit verloren, dass das Erbe weiter wachsen konnte.
„Was sind Bücher, und warum haben sie das, was sie wussten, in Maschinen gespeist?", fragte Liz weiter gierig.
Andrew sah das Mädchen an, antwortete aber nicht. Er wusste, das würde eine längere Antwort erfordern, die nur eine endlose Reihe weiterer Fragen auslösen würde. Sein Vater konnte schon in halb so jungem Alter lesen und schreiben, ja, er hatte es ihm damals heimlich beigebracht. Helen konnte er es leider nicht mehr weitergeben, seine Tochter interessierte sich nicht für solch überflüssige Eitelkeiten. Jetzt aber schien dies eine Gelegenheit zu sein, die sich nicht wiederholen würde und die er auf keinen Fall verpassen
