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Burn Book: A Tech Love Story
Burn Book: A Tech Love Story
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eBook457 Seiten5 Stunden

Burn Book: A Tech Love Story

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Über dieses E-Book

Kara Swisher legt eine witzige, bissige, aber faire Abrechnung mit der Tech-Industrie und ihren Gründern vor. Sie berichtete seit den frühen 1990er-Jahren über den Aufstieg von Google, Apple, Amazon und Co und blickt auf eine unglaubliche Erfolgsbilanz zurück. Ihre Artikel und ihr Netzwerk sind legendär. Ihre Streitlust und ihr Witz auch. Ein Tech-CEO vermutete einmal, sie würde "in den Heizungsschächten lauschen", und Sheryl Sandberg sagte: "Es ist ein Running Gag, dass Leute Memos schreiben und sagen: 'Ich hoffe, Kara sieht das nie.'" Teils Memoiren, teils Geschichte und vor allem ein Bericht über die mächtigsten Akteure der Tech-Branche: Dies ist die Insider-Story, auf die alle gewartet haben, über das Silicon Valley und die größte Gelddruckmaschine der Menschheitsgeschichte.
SpracheDeutsch
HerausgeberPlassen Verlag
Erscheinungsdatum14. Nov. 2024
ISBN9783864709999
Burn Book: A Tech Love Story
Autor

Kara Swisher

Kara Swisher is the host of the podcast On with Kara Swisher and the cohost of the Pivot podcast with Scott Galloway, both distributed by New York magazine. She was also the cofounder and editor-at-large of Recode, host of the Recode Decode podcast, and coexecutive producer of the Code conference. She was a former contributing opinion writer for The New York Times and host of its Sway podcast and has also worked for The Wall Street Journal and The Washington Post. Burn Book is her third book.

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    Buchvorschau

    Burn Book - Kara Swisher

    PROLOG

    Schäfchen, die Schäfchen brauchen

    Rücksichtslose Leute waren sie, Tom und Daisy – sie schlugen Dinge und Geschöpfe kaputt und dann zogen sie sich zurück in ihr Geld und ihre Verantwortungslosigkeit, oder was immer sonst sie zusammenhielt, und ließen andere das Chaos aufräumen, das sie gemacht hatten.

    –F. SCOTT FITZGERALD, DER GROSSE GATSBY

    Tja, dann war wohl doch der Kapitalismus schuld.

    Wenn ich den Moment benennen müsste, in dem für die Tech-Industrie alles aus den Fugen geriet, würde ich mich für den Samstagmorgen des 10. Dezember 2016 entscheiden, als ich mit meinem ältesten Sohn, der gern kocht, auf einem Bauernmarkt war, um ein paar dicke Meyer-Zitronen zu kaufen.

    Während sich im Sonnenschein von San Francisco der Nebel auf dem Hügel im Noe Valley verzog, erhielt ich einen Tipp: Die gekrönten Häupter der mächtigsten Tech-Unternehmen des Silicon Valley waren in den Trump Tower in Manhattan eingeladen worden, um den Mann zu treffen, der gerade unerwartet zum Präsidenten gewählt worden war und der das Gegenteil von allem darstellte, was sie angeblich repräsentierten.

    „Einschleicherei könnte man es nennen. Von dem Tech-Gipfel hatte ich nämlich nur erfahren, weil ein hochrangiger Vertreter der Tech-Branche wegen seiner „liberalen Einstellung und seiner „unverblümten Ablehnung" des designierten US-Präsidenten Donald Trump nicht eingeladen worden war. Der Ausgestoßene rief mich wutentbrannt an.

    „Sich bei diesem korpulenten Loser einzuschleimen, der noch nie ein Unternehmen gegründet hat, das er nicht direkt gegen die Wand gefahren hat, das ist einfach beschämend", sagte er. „Ist das zu glauben? Ist das zu glauben?"

    Nachdem ich jahrzehntelang über die aufkeimende Internetbranche berichtet hatte, konnte ich es tatsächlich glauben. Während mich mein Sohn mit Stolz erfüllte, kam ich mir bei einer zunehmenden Zahl dieser ehemaligen Wunderkinder, die ich angefeuert hatte, vor wie ein Elternteil, dessen Nachkommen sich in – ich sage nur, wie es ist – Arschlöcher verwandelt hatten.

    Mein erster Anruf galt einem der Potentaten, der manchmal gereizt, oft lustig und immer ansprechbar war. Unter all denen, über die ich berichtet habe, war der CEO von Tesla und SpaceX, Elon Musk, einer, der sich noch auf halbwegs menschliche Weise mit mir unterhalten würde. Während sich Musk später auf Twitter, das er dann in X umbenannte, zu einem Troll-König im großen Stil entwickeln sollte, war er damals einer der wenigen Tech-Titanen, die nicht auf vorgefertigte Argumente zurückgriffen, auch wenn das für ihn wahrscheinlich besonders ratsam gewesen wäre.

    Was hielt Musk also von Trumps Einladung? Es war für das Treffen keine genaue Tagesordnung genannt worden, das heißt, es ging nicht um Politik, sondern um einen Fototermin.

    „Geh da bloß nicht hin, warnte ich ihn. „Trump will dich doch nur verarschen.

    Musk widersprach. Er werde teilnehmen und er sei bereits einem Wirtschaftsrat für den neu gewählten Präsidenten beigetreten. Als ich Trumps permanent spaltende Angstmacherei und seine Wahlkampfversprechen ansprach, die die Fortschritte bei Themen wie Einwanderung und Homosexuellenrechten zunichtemachen würden, wischte Musk die Gefahr beiseite.

    Ich kann ihn umstimmen, versicherte er mir. Ich kann Einfluss nehmen, sagte er.

    Offenbar glaubte Musk, seine bloße Anwesenheit würde das faulige Wasser in guten Wein verwandeln, denn er sah sich schon lange nicht mehr nur als einen einfachen Mann an, sondern als Ikone, an manchen Tagen sogar als Gott. Viel Glück, dachte ich bei mir, als wir auflegten.

    Ich rief andere Führungskräfte an und bat sie um einen Kommentar. Die Gästeliste hatte Peter Thiel zusammengestellt, ein Investor, der mit Wetten auf visionäre Technologien ein Vermögen gemacht hatte. Seine jüngste Zukunftsvision war jedoch besonders exaltiert: Er wollte Trump unterstützen. Eine kühne Wette von ihm, die sich prächtig bewährt hat.

    Ich habe gar nicht erst versucht, Thiel zu kontaktieren. Der Unternehmer sprach schon seit Langem nicht mehr mit mir, im Prinzip seit einem langen Videointerview im Jahr 2007, in dem wir uns über rein gar nichts einigen konnten. Als die Kamera aus war, drängte ich Thiel, dafür zu sorgen, dass Lesben und Schwule dieselben Rechte bekamen wie Heterosexuelle, dass sie heiraten und Kinder bekommen durften. Sowohl Thiel als auch ich sind bekanntermaßen homosexuell, aber er meinte, Schwule und Lesben sollten keine „Sonderrechte" bekommen, während ich ihm vorhielt, dass wir überhaupt keine Rechte besaßen. Wir hatten wirklich nichts gemeinsam. Und auch wenn wir beide später heirateten und Kinder bekamen (er eines, ich zwei), traf sein Instinkt, dass es besser war, mich zu meiden, wohl ins Schwarze.

    Dafür sprach ich mit anderen Eingeladenen, von denen einige sagten, Thiel habe sie unter Druck gesetzt, an Bord zu kommen. Andere begrüßten Thiels Einladung und betonten, Trump meine die ganzen schrecklichen Dinge, die er auf seiner Wahlkampftour immer und immer wieder gesagt hatte, nicht ernst. Eine Person versuchte mich davon zu überzeugen, das Treffen mit Trump sei „ein öffentliches Friedensangebot". Wie Musk beharrten viele darauf, dass sie Inhalte und Themen zur Sprache bringen würden, aber eben hinter verschlossenen Türen.

    „Das ist doch alles nur Zirkus, sagte ein Gesprächspartner zu mir. „In der Tech-Branche würden sich im Moment alle am liebsten unsichtbar machen, was diese Regierung betrifft, aber wir müssen mitmachen, weil wir früher auch schon mitgemacht haben.

    Das Schwierige daran war, dass sich viele der Tech-Führungskräfte – darunter Sheryl Sandberg von Facebook, die eine prominente Unterstützerin der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton war – während des Wahlkampfs offen gegen Trumps Positionen ausgesprochen hatten. Fast alle von ihnen wehrten sich dagegen, als Trump einen „kompletten Einreisestopp für Muslime in die Vereinigten Staaten" forderte und einen Plan zur strengen Begrenzung der Einwanderung ankündigte. Zwei der Eingeladenen – Musk und der neue CEO von Microsoft, Satya Nadella – waren selbst Einwanderer. Und die meisten hatten Trump mir gegenüber privat als Witzfigur verspottet.

    Diese Art der beiläufigen Heuchelei nahm in den Jahrzehnten, in denen ich über die Elite des Silicon Valley berichtete, immer mehr zu. In dieser Zeit beobachtete ich, wie sich Unternehmensgründer von jungen, idealistischen Strebern in einer aufstrebenden Branche weiterentwickelten, bis sie die Bosse der größten und einflussreichsten Unternehmen Amerikas waren. Und obwohl es Ausnahmen gab, wurden die Menschen, je reicher und mächtiger sie wurden, immer gestörter – sie umhüllten sich mit teurem Kaschmir, bis der echte Mensch tief in einem Kokon aus Komfort und Privilegien verschwand, in den keine Unannehmlichkeiten mehr drangen.

    Wenn Menschen so richtig reich werden, scheinen sie immer Legionen von Erfüllungsgehilfen anzuziehen, die ihnen den ganzen Tag den Arsch pudern. Viele dieser Milliardäre meinen dann, diese Lobhudelei sei die Realität, und plötzlich ist alles, was aus ihrem Mund kommt, Gold wert. Die Geschichte wird als Hagiographie umgeschrieben. Wer sie noch von früher kennt und etwas über die Person weiß, die sie damals waren, der wird für sie entweder zu einem Gewinn (Wahrheitsverkünder) oder zu einer Bedrohung (Wahrheitsverkünder).

    Trotzdem hoffte ich, dass auch sie gewisse Grenzen kennen würden und dass es einen Weg gäbe, das Treffen als eine Chance zu begreifen, als Möglichkeit, seine Meinung zu äußern. Denen, die mich zurückriefen, riet ich, vor dem Treffen eine öffentliche gemeinsame Erklärung zu den wichtigsten Werten und Themen abzugeben, die für die Tech-Branche und ihre Mitarbeiter wichtig waren.

    „Ist das nicht der Sinn der Demokratie?, ermahnte ich einen CEO. „Erklären Sie der Öffentlichkeit, dass Sie nicht in den Trump Tower gehen, um vor einem König auf die Knie zu fallen, sondern um sich gegen einen Tyrannen zu wehren. Sie können sich gegen Trumps Haltung zu Einwanderern wehren, denn es waren Einwanderer, die Amerika aufgebaut haben, ganz zu schweigen von der Technologiebranche. Sie können die Wissenschaft verteidigen, denn der Klimawandel ist eine große Bedrohung, und die Technik kann einen entscheidenden Beitrag zur Lösung dieses Problems leisten. Sie können darauf bestehen, dass wir in kritische Technologien investieren, die den Weg zu einer Revolution in Bereichen wie Gesundheit und Verkehr weisen, anstatt sich in Politik zu verzetteln.

    Zugegeben, ich habe einen Monolog gehalten. Neben meinem eigentlichen Beruf als Reporterin hatte ich mich zu einer Analytikerin und manchmal auch zu einer Fürsprecherin entwickelt. Zunehmend nutzte ich meine umfangreiche Kontaktliste, um meine ehrliche Meinung nicht nur den Leserinnen und Lesern, sondern auch den zunehmend clownesken Milliardären kundzutun.

    Mein Rat wurde natürlich ignoriert. Die berühmten „Störenfriede nahmen Trumps Einladung ohne Bedingungen an. Sie gaben aus freien Stücken ihre Würde auf. Meg Whitman von Hewlett-Packard, mit der ich mich wegen ihrer Ablehnung der Homo-Ehe angelegt hatte, als sie als Gouverneurin kandidierte (eine Haltung, die sie später widerrief), war eine der raren Ausnahmen und nahm deshalb nicht an dem Treffen teil. Obwohl sie überzeugte Republikanerin ist, hatte sie Trump im August vor der Wahl treffend als „unehrlichen Demagogen bezeichnet und war ins Lager der Clinton-Unterstützer gewechselt.

    Der Investor Chris Sacca, der ebenfalls nicht zu dem Treffen eingeladen war, begriff offenbar auch, was da vor sich ging, und brachte es auf den Punkt: „Schon komisch, bei allen Tech-Geschäften, die ich je gemacht habe, kommt der Fototermin erst, nachdem die Papiere unterschrieben sind, sagte er zu mir. „Erst wenn sich Trump öffentlich dazu bekennen würde, dass er die Wissenschaft unterstützt, nicht mehr mit der Zensur des Internets droht, Fake News ablehnt und den Hass gegen unsere queeren Mitarbeiter anprangert, erst dann würde es für die Führungskräfte der Technologiebranche Sinn machen, ihn im Trump Tower zu besuchen. Ansonsten wird er sie dafür benutzen, dass sie einen Faschisten legitimieren.

    Hat Sacca einen Sinneswandel bewirkt, was mir nicht gelungen war? Nein. Am 14. Dezember schlüpften die Menschen, die die Zukunft mit erfunden hatten – oder besser gesagt „die Schäfchen", wie ich sie in der Zeitung nannte –, durch den Hintereingang des Trump Tower, um einen Faschisten zu legitimieren. Obwohl der designierte Präsident Amazon und Apple öffentlich angegriffen hatte, traten Jeff Bezos und Tim Cook zusammen mit vielen anderen in dieser nicht im Fernsehen übertragenen Folge von The Apprentice: Nerd Edition auf.

    Was keiner dieser CEOs zugeben wollte, waren die wahren Gründe, weshalb sie in die goldene Höhle des Wolfes strömten: Es stand ein Haufen Geld auf dem Spiel und sie wollten den massiven Schaden abwenden, den die neue Trump-Regierung dem Technologiesektor zufügen konnte. So sehr sich die Tech-Führungskräfte Visa wünschten, so sehr wünschten sie sich auch Verträge mit der neuen Regierung, nicht zuletzt mit dem Militär. Sie wollten, dass die Gewinne aus dem Ausland, wo sie ihr Geld gebunkert hatten, in die USA zurückflossen. Vor allem aber wollten sie vor der Regulierung sicher sein, der sie bisher geschickt entgangen waren.

    Normalerweise ist es in der Unternehmenswelt nichts Neues, sich bei der Macht einzuschleimen. Im Silicon Valley sollte das aber anders sein. Im Jahr 2000 nahm Google das Motto „Don’t be evil in seinen Verhaltenskodex auf. Bei Tesla bestand Musk darauf, dass ihn seine Hingabe an die Menschheit dazu geführt hatte, coole Elektroautos für den Massenmarkt zu bauen und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Facebook sollte ein Werkzeug sein, um „stärkere Beziehungen zu den Menschen, die du liebst, zu schaffen, eine stärkere Wirtschaft mit mehr Möglichkeiten und eine stärkere Gesellschaft, die alle unsere Werte widerspiegelt.

    Alle diese Unternehmen sind mit dem schwammigen Credo angetreten, die Welt zu verändern. Und das haben sie in der Tat getan, nur auf eine Art und Weise, die sie sich zu Beginn nicht vorstellen konnten, mit zunehmend beunruhigenden Folgen, von einer Flut an Fehlinformationen bis hin zu einer Gesellschaft, die sich isoliert und die süchtig nach ihren Gadgets wird. Diese Sucht gab es auch bei mir und sie war so schlimm, dass ich meine Reden immer mit dem Witz schloss: „Ich überlasse Sie jetzt Ihren Geräten … Ja, denn Ihr Telefon ist die beste Beziehung, die Sie haben, das Erste, was Sie morgens in die Hand nehmen, und das Letzte, was Sie abends anfassen."

    Das war immer ein großer Lacher. Aber nach der Hälfte von Trumps Amtszeit war es nicht mehr ganz so lustig und es war völlig klar, dass ich unterschätzt hatte, wie sehr sich die Tech-Unternehmen kompromittieren lassen würden.

    „Facebook, Twitter, Google, YouTube und Co sind zu den digitalen Waffenhändlern der Neuzeit geworden", schrieb ich in einer meiner ersten Kolumnen, nachdem ich 2018 als Kolumnistin bei der New York Times angefangen hatte. „Sie haben die menschliche Kommunikation so sehr verändert, dass es bei der Verbindung zwischen den Menschen viel zu oft darum geht, sie gegeneinander auszuspielen, und diese Zwietracht haben sie in einem noch nie dagewesenen schädlichen Ausmaß verstärkt. Sie haben den ersten Verfassungszusatz zur Waffe gemacht. Sie haben den gesellschaftlichen Diskurs zur Waffe gemacht. Und vor allen Dingen haben sie die Politik zur Waffe gemacht."

    Die Tech-Titanen würden dagegen argumentieren, dass sie nicht schlimmer seien als Kabelsender wie Fox News (was zwar stimmt, aber eine sehr niedrige Messlatte ist) und dass man kaum würde nachweisen können, dass sie die Bevölkerung polarisierten (was tatsächlich fast unmöglich zu messen ist). Vor allem aber taten sie oft jede Bewaffnung als „unbeabsichtigte Folge" ab.

    Unbeabsichtigt vielleicht, aber nicht unvorstellbar. Von dem französischen Philosophen Paul Virilio stammt ein Zitat, über das ich oft nachdenke: „Mit dem Schiff hat man den Schiffbruch erfunden, mit dem Flugzeug den Flugzeugabsturz und wer die Elektrizität erfindet, erfindet damit auch den Stromschlag … Jede Technologie bringt ihre eigene Negation mit sich, die zur selben Zeit erfunden wird wie der technische Fortschritt."

    Um es klar zu sagen: Hitler brauchte kein Instagram. Mussolini kein Twitter. Mörderische Autokraten hatten es nicht nötig, per Snapchat Berühmtheit zu erlangen. Aber stellen Sie sich vor, sie hätten diese megastarken Werkzeuge besessen. Trump hatte sie und er hat die Wahl gewonnen, was er zum großen Teil den sozialen Medien verdankte. Das war vielleicht nicht der einzige Grund, aber es lässt sich leicht eine direkte Linie ziehen von FDR, der das Radio beherrschte, über JFK, der das Fernsehen beherrschte, bis hin zu DJT, der die sozialen Medien beherrschte. Und Trump war dabei nicht auf sich allein gestellt. Ausländische und einheimische Propagandisten sahen darin eine Gelegenheit, Lügen und Fehlinformationen zu verbreiten. Nach wie vor nutzen böswillige Akteure die Plattformen aus und es ist immer noch keine Lösung in Sicht, weil diese mächtigen Plattformen genau das tun, wofür sie geschaffen wurden.

    Zurück in den 25. Stock des Trump Tower. Den Fototermin konnten die Tech-Führer zwar verhindern, nicht aber den Videotermin. In den vier Minuten, die veröffentlicht worden sind, sehen wir einen grinsenden Donald Trump, flankiert vom designierten Vizepräsidenten Mike Pence und von Thiel, dem Trump tollpatschig die Hand tätschelt und den er als „einen ganz besonderen Menschen" lobt.

    Die Reporter wurden zu Beginn des Treffens schnell hinausgescheucht. Danach bezeichnete Bezos das Treffen als „sehr produktiv" und Safra Catz, die Geschäftsführerin von Oracle und Mitglied von Trumps Übergangsteam, zeigte ihren erhobenen Daumen in die Kameras. Die meisten anderen Teilnehmer verließen das Treffen auf demselben Weg, auf dem sie hineingeschlichen waren.

    Mich überraschte nicht, dass die Teilnehmer des Technologiegipfels keine Erklärung abgaben, weder als Gruppe noch einzeln. Aber was glauben Sie, wer das tat? Trump. Sein Team ging mit einer Liste von 13 Diskussionsthemen an die Öffentlichkeit, in der von Einwanderung keine Rede war, wohingegen ich herumtelefoniert und erfahren hatte, dass Microsofts Nadella speziell nach H-1B-Visa gefragt hatte, die oft als „Genie-Visa bezeichnet werden. Berichten zufolge antwortete Trump: „Das gehen wir an. Was kann ich tun, um es besser zu machen? Seine Regierung machte die Situation aber nur noch schlimmer und verkündete schließlich, H-1B-Visumsinhabern die Einreise zu verweigern. Das Ganze konnte erst durch eine Klage gestoppt werden.

    Es war eine große Blamage für eine Branche, die versprochen hatte, alles besser zu machen als zuvor.

    Im November 2018 interviewte ich Musk für meinen Podcast Recode Decode. Ich erinnerte ihn daran, dass ich ihn vor diesem Tech-Gipfel angerufen und ihn vor Trump gewarnt hatte.

    „Ich habe zu dir gesagt, geh da nicht hin, der haut dich nur übers Ohr. Erinnerst du dich?, fragte ich ihn. „Wir hatten eine ganze …

    „Du hast recht", unterbrach mich Musk.

    „Danke, Elon, ich weiß, dass ich recht habe", antwortete ich.

    Ich mag es, recht zu haben, aber diesmal hatte ich keine Freude daran. Der Trump-Tech-Gipfel war für mich ein wichtiger Wendepunkt dafür, wie ich die Branche sehe, über die ich seit den frühen 1990er-Jahren berichtet habe. Der Mangel an Menschlichkeit war eklatant. Am College hatte ich als Nebenfach Holocaust-Studien belegt. Ich habe Propaganda studiert und ich konnte sehen, dass Trump ein Experte darin war. Ich wusste genau, wohin das Ganze führen würde. Deshalb endete meine ursprüngliche Kolumne, die die Geschichte publik machte, mit diesen Worten:

    „Herzlich willkommen in der schönen neuen Welt, die weder schön noch neu ist. Aber es ist jetzt die Welt, in der wir leben, in der Trump der Spalter ist und die Technologien die Gespaltenen. Ja, das können Sie laut sagen: Fuckfuckfuck."

    Vielleicht war „Fuckfuckfuck" nicht der professionellste Satz, den ich je geschrieben hatte, aber es war der Versuch, meine tiefe Enttäuschung auszudrücken. Ich liebe Technologie, ich atme Technologie. Und ich glaube an Technologie. Aber damit sie ihr Versprechen einlösen kann, müssen die Gründer und Führungskräfte, die sie kreieren, mehr Sicherheitsvorkehrungen treffen. Sie müssen die Konsequenzen besser vorhersehen. Oder sie überhaupt vorhersehen. Sie müssen anerkennen, dass die Wut im Netz auf immer beängstigendere Weise in die reale Welt übergreift.

    Stattdessen waren viel zu viele von diesen Gründern und Innovatoren leichtsinnig, eine Haltung, die am besten durch das Ethos auf den ersten Postern in den Facebook-Büros zusammengefasst wird: „Schnell handeln und alles kaputt machen. Ich weiß, dass es sich dabei um einen Software-Slogan handelt, der später geändert wurde (der CEO und Mitbegründer von Facebook Mark Zuckerberg änderte ihn im Jahr 2014 scherzhaft in „Schnell handeln mit stabiler Infra, also Infrastruktur), aber ich denke, dass sich hier immer noch eine tief verwurzelte Kinderei widerspiegelt. Kinder lieben es, Dinge kaputt zu machen. Ursprünglich hätte ich „Schnell handeln und alles verändern vorgezogen. Oder, noch erwachsener: „Schnell handeln und alles reparieren.

    Aber Facebook entschied sich, mit „Zerstörung" zu beginnen, und diese Leichtsinnigkeit hat zu Schäden auf der ganzen Welt geführt, die mir wiederum halfen zu verstehen, was mit unserem eigenen Land geschieht. Im August 2016 übermittelte die Enthüllungsjournalistin Maria Ressa Facebook alarmierende Daten über Menschen auf den Philippinen, die wegen ihrer Kritik am Drogenkrieg von Präsident Rodrigo Duterte im Internet von Trollarmeen beschimpft und eingeschüchtert wurden. Facebook löschte die Seiten erst zwei Jahre nach ihrem Bericht.

    2017 kontaktierte mich Maria und fragte, ob ich ihr helfen könnte, Facebook von der aufkeimenden Bedrohung zu überzeugen. „Wir sind der Kanarienvogel in der Kohlemine und euch droht das auch, warnte die Frau, die später für ihre Bemühungen um die Aufklärung der mörderischen Realität in ihrem Land den Friedensnobelpreis erhalten sollte. „Können Sie mir helfen, sie aufzuhalten?

    Wie sich herausstellte, konnte ich sie nicht aufhalten, so sehr ich mich auch bemühte, Alarm zu schlagen.

    Seitdem haben uns die Tech-Unternehmen jedes Jahr größere und krassere Schweinereien beschert. Twitter, das idiotischerweise in X umbenannt wurde, ist zu einer Plattform mutiert, auf der der reichste Mann der Welt rassistische, sexistische und homophobe Verschwörungen mit seinen Retweets unterstützt. Die tiefgreifenden Fälschungen und Fehlinformationen der künstlichen Intelligenz öffnen eine virtuelle Büchse der Pandora, die das Potenzial hat, Probleme zu entfesseln, die die Menschheit schneller plagen als jede Seuche. Das in chinesischem Besitz befindliche TikTok gibt Eltern ein besseres Gefühl, indem es Sicherheitsfunktionen für Jugendliche anbietet, während die Website den Überwachungsstaat der Kommunistischen Partei auf den gesamten Globus ausdehnen kann, wie mir immer mehr Regierungsbeamte auf der ganzen Welt berichten.

    Im Laufe der Zeit habe ich mich auf die Theorie festgelegt, dass sich Tech-Leute eine von zwei Popkultur-Visionen der Zukunft zu eigen machen. Die erste ist die „Star Wars"-Vision, in der die Kräfte des Guten gegen die dunkle Seite antreten. Und wie wir wissen, schlägt sich die dunkle Seite beunruhigend gut. Der Todesstern wird zwar zerstört, aber die Helden sterben, und dann wird er unweigerlich wieder aufgebaut. Das Böse neigt in der Tat dazu, sich durchzusetzen.

    Dann gibt es noch die „Star Trek"-Vision, bei der eine Mannschaft zusammenarbeitet, um wie in einer interstellaren Benetton-Werbung zu fernen Welten zu reisen, für Toleranz zu werben und Schurken davon zu überzeugen, keine Schurken mehr zu sein. Das funktioniert oft. Es ist keine Überraschung, dass ich ein Trekkie bin, und ich bin damit nicht allein. Auf einer AllThingsD-Konferenz im Jahr 2007, die der bekannte Tech-Kolumnist Walt Mossberg und ich veranstalteten, erschien Apple-Legende Steve Jobs auf der Bühne und sagte: „Ich mag Star Trek. Ich will Star Trek."

    Jetzt ist Jobs schon lange tot und die „Star Wars"-Version scheint gewonnen zu haben. Auch wenn es nie ihre Absicht war, wurden die Technologieunternehmen zu Hauptakteuren bei der Zerstörung unserer Gemeinschaft und der Lähmung unserer Politik, unserer Regierung, unseres sozialen Gefüges und vor allem unseres Geistes, indem sie Isolation, Empörung und Suchtverhalten säten. Unschuldige junge Könige, die die Welt verbessern wollten und am Ende als Darth Vader verkleidet auftraten, wirken wie Science-Fiction. Doch alles, was ich Ihnen jetzt erzähle, ist wirklich passiert.

    Ja, ich kann es nur wiederholen: Fuckfuckfuck.

    KAPITEL 1

    Babylon war einmal

    Wenn Sie gestern hingefallen sind, stehen Sie heute wieder auf.

    –H. G. WELLS

    Ich weiß, dass Sie dieses Buch wegen der Geschichten über die Tech-Milliardäre gekauft haben, über Elon und Mark und Sheryl und Peter und Jeff und Steve und Tim.

    Keine Sorge – Sie werden sie alle kennenlernen, so wie ich diese Mogule im Laufe meiner 30 Jahre währenden Karriere kennengelernt habe. Aber in diesem Buch geht es vor allem um mich und meine Beziehung zur Technologie, eine Beziehung, die als nette Liebesgeschichte begann und deren Liebe im Laufe der Zeit enttäuscht wurde. Seien Sie versichert, dieses Buch handelt hauptsächlich von diesen Männern – und um es klar zu sagen, es sind hauptsächlich Männer. Aber um meine Beziehung zur Technologie wirklich zu verstehen, müssen Sie auch etwas über mich wissen. Ich werde versuchen, mich kurzzufassen (wie ich auch im echten Leben nicht die Längste bin mit meinen 1,58 m).

    Das Internet und ich wurden beide im Jahr 1962 geboren. In jenem Jahr schlug ein Wissenschaftler des MIT vor, Computer miteinander zu verbinden, um ein Advanced Research Projects Agency Network (ARPAnet) zu schaffen, das die technologische Grundlage des Internets wurde. Es gibt zwar widersprüchliche Erklärungen für die Wurzel der Idee – um ein gesichertes Kommunikationssystem für den Fall eines nuklearen Angriffs zu schaffen, um Forschern den Zugang zu einer begrenzten Anzahl leistungsfähiger Supercomputer auf der ganzen Welt zu ermöglichen oder weil es einfach eine lang erträumte technologische Herausforderung war –, aber der Anstoß zum Aufbau eines Kommunikationsnetzes entsprang dem fruchtbaren Gehirn von J.C.R. Licklider. Der berühmte Informatiker skizzierte die Idee in einem Memo von 1963, in dem er ein „Intergalaktisches Computernetzwerk" beschrieb. Ich habe dieses Konzept immer geliebt, da es sowohl hochfliegend als auch ein klein wenig albern war. Licklider sprach auch von der Einheit der Menschheit, die durch die Wunder der Technik zustande komme. Viele andere folgten seinem Beispiel, alle mit der grundlegenden Absicht, die Menschheit für höhere Zwecke zusammenzubringen.

    Meine Herkunft war deutlich unspektakulärer. Ich wuchs in Roslyn Harbor, New York, im nördlichen Teil von Long Island auf, als zweites von drei Kindern. Als ich fünf Jahre alt war, starb mein geliebter Vater. Zu sagen, dass sich mein Leben in dem Moment veränderte, als er ohne Vorwarnung eine Hirnblutung erlitt, wäre eine Untertreibung.

    „Stellen Sie sich vor, die Hälfte Ihrer Freunde würde sterben", sagte ich viele Jahre später zu einem Interviewer und bezog mich dabei auf ein Buch mit dem Titel The Loss That Is Forever (Ein ewiger Verlust), in dem es um Kinder geht, deren Eltern in jungen Jahren sterben. „Wenn du fünf Jahre alt bist, sind deine Eltern so ziemlich deine ganze Welt. Wenn die Hälfte deiner Freunde plötzlich sterben würde, wäre das schockierend und niederschmetternd und ich denke, es gibt dir auch ein Gefühl für die Launenhaftigkeit des Lebens: dass sich das Leben schlagartig ändern kann, dass schlimme Dinge passieren und dass man sie gut übersteht. Man macht einfach weiter."

    Meine Erinnerungen verblassten schnell und alles, was mir blieb, waren analoge Fotos. Auf jedem einzelnen Bild sieht mein Vater heiter und hoffnungsvoll aus, während er in die Kamera strahlt. Es ist klar, dass er das Leben liebte, das er sich, aus einem bescheidenen Elternhaus in West Virginia stammend, aufgebaut hatte. Durch seine Zeit bei der Navy hatte er sich das College und das Medizinstudium finanziert und nachdem er zum Kapitänleutnant aufgestiegen war, nahm er seine erste große Stelle als Leiter der Anästhesieabteilung im Brooklyn Jewish Hospital an. Er nutzte den Geldsegen, um für seine wachsende Familie ein Haus zu kaufen. Dann starb er, bevor er überhaupt eingezogen war. Kann ich einen solchen Verlust in Worte fassen? Kaum. Wie kann man erklären, was man nie hatte? Man kann es nicht. Ich habe 1989 darüber geschrieben, nachdem ich den Leichnam meines Vaters exhumieren und auf Geheiß meiner Großmutter in seinen Heimatstaat zurückbringen ließ. In dem Text denke ich darüber nach, was wir verlieren und was wir zurücklassen. Ironischerweise steht dies im Gegensatz zu dem digitalen Medium, über das ich bald sprechen würde: das Internet, in dem im Grunde alles unauslöschlich ist.

    Allerdings nicht für mich, wie ich in der Washington Post schrieb:

    Ich erinnere mich an kein lebendiges Gesicht, sondern nur noch an das Gesicht, das ich auf Schnappschüssen eingefroren sehe. Ich vermute, dass es einen Moment gab, in dem ich das letzte Mal mit ihm gesprochen habe und er mir wie immer in seinem trägen Tonfall geantwortet hat: „Gute Nacht, gute Nacht, gute Nacht. Dann löschte er das Licht. Ich erinnere mich an viele Abende wie diesen, aber nicht an den letzten. Manchmal versuche ich es, versuche meine Erinnerungen auszuquetschen, aber damals hätte ich es beinahe für immer aufgegeben. Jetzt, als ich den Friedhof anrufe, um alles zu arrangieren, scheint es, als würde ich es noch einmal versuchen, trotz des Schmerzes, der, wie alle meine Freunde sagen, zweifellos vom „Ausgraben der Vergangenheit herrührt – ja, das ist das Wort, das einer von ihnen benutzt hat –, als würde ich versuchen, zu bewahren, was verloren ist.

    Er wurde nur 34 Jahre alt. Dr. Louis Bush Swisher starb an den Komplikationen eines Hirnaneurysmas, das ohne Vorwarnung an einem sonnigen Sonntagmorgen vor inzwischen mehr als 20 Jahren geplatzt war. Mein Zimmer war so dunkel, dass mich, als ich auf den Flur ging, um ihn zum Frühstück zu wecken, die Helligkeit zurück in den schattigen Türrahmen trieb. Von dort aus beobachtete ich, wie mein Bruder zielstrebig an die Tür des Schlafzimmers meiner Eltern klopfte, um meinen Vater zu wecken. Die Tür war verschlossen, Jeffrey drehte den Knauf hin und her und drückte mit der Hüfte gegen die Tür. Er gab einfach nicht auf, obwohl sich die Tür niemals öffnen würde, so feste er auch drückte, so dachte ich damals. Typisch ich, die Pragmatikerin, die schon die kindliche Einsicht gewonnen hatte, dass sich manche Dinge einfach nicht bewegen lassen.

    Wir dachten beide, mein Vater sei dort beim Schreiben einer Rede, die er am nächsten Tag halten sollte, eingeschlafen. Mein älterer Bruder Jeff trat also immer wieder gegen die Tür, klopfte dagegen und machte einen solchen Lärm, dass meine Mutter schließlich hochkam, ungeduldig klopfte und sagte: „Bush, Bush, mach sofort die Tür auf. Du machst Jeff wütend." Aber er wachte nicht auf.

    Danach ging alles ganz schnell: die Feuerwehrleute, die mit der Axt die Tür zersplittern, der Krankenwagen und die Trage mit allen möglichen Anhängseln. Und die außergewöhnliche Stille, als es vorbei war. Lange bevor sie meinen Vater herausgetragen hatten, ging ich zurück in mein Zimmer, meinen Kokon, und stellte mir nur noch die Trage vor, auf der er lag, das

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