Rio de Janeiro um die Jahrtausendwende
Von Ingo Latotzki und Carl H. Klaus
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Buchvorschau
Rio de Janeiro um die Jahrtausendwende - Ingo Latotzki
Als die Glücksritter kamen...
Rio de Janeiro - von einem Portugiesen entdeckt
Es war der Neujahrsmorgen 1502, als ein gewisser Amerigo Vespucci sich gewaltig irrte. Diesem Irrtum aber verdankt Rio de Janeiro seinen Namen. Vespucci erreichte damals mit seiner portugiesischen Forschungsexpedition Südamerika. Er hielt die Guanabara-Bucht für eine Flußmündung und taufte die Gegend deshalb auf den Namen Rio de Janeiro: „Fluß des Januar".
Zwei Jahre vorher hatte Vespuccis Landsmann Pedro Alves Cabral Brasilien entdeckt und so erhob Portugal Anspruch auf Rio. Die Südwest-Europäer konzentrierten sich aber wegen der Zuckerplantagen zunächst auf den Nordosten des Landes. Zu dieser Zeit interessierten sich die Portugiesen kaum noch für Rio – und sahen zu, wie Franzosen die Stadt in Beschlag nahmen.
1556 wurde Rio dann offiziell gegründet – und zwar wieder von den Portugiesen, die im Laufe der Zeit an der Küstenstadt doch Gefallen fanden und sich einige Kämpfe mit ihren europäischen Nachbarn lieferten.
Die Entwicklung Rios verlief freilich schleppend. Zwar gab es einen Hafen, aber mit ihm war nicht viel Staat zu machen. Mehr warfen da schon die Zuckerrohrprovinzen im Norden ab. Erst als Ende des 17. Jahrhunderts der große Goldrausch einsetzte, erlebte Rio einen Aufschwung. Das kostbare Edelmetall war in der Nachbarprovinz Minas Gerais gefunden worden. Tausende Goldsucher kamen, viele aus Portugal, und bald wurde eine Straße von Rio in die Goldfelder gebaut. Im Hafen kamen täglich neue Glücksritter an. Gold wurde zum wichtigsten Exportartikel der Kolonie. Alles Gold lief über den Hafen von Rio nach Portugal, das sich in seinem Reichtum sonnte. So wurde Rio wirtschaftliches Zentrum Brasiliens.
Für eine Zeit wurde es gar zum Regierungssitz des Mutterlandes, nachdem der portugiesische König Dom Joao VI. im Jahr 1808 in Begleitung von mehr als 15.000 Adligen nach Südamerika geflüchtet war. Rio entwickelte sich rasend schnell. Es gab Schulen, Banken, Parks und Zeitungen – Rio sah zunehmend europäisch aus.
1. Die Ankunft P.A. Cabrals am 22. April 1500. Oscar Pereira da Silva, Museum für Landesgeschichte, Rio de Janeiro
2. Die Jagd auf Gold
3. Karte Brasiliens aus dem Jahr 1519
4. Die Herstellung von Kaffee
5. Die Herstellung von Rohrzucker
Wichtiger jedoch war die Entscheidung des Königs, die Stadt für den Handel zu öffnen, der bis dahin nur auf Portugal konzentriert war. Es kam zu einem enormen Wirtschaftsaufschwung, Rio wurde ein wichtiges Zentrum des Welthandels. 1821 verließ Dom Joao Rio wieder. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Stadt über 100.000 Einwohner und damit drei Mal so viel wie bei seiner Ankunft 13 Jahre zuvor. Seinen Sohn ließ er als Regenten zurück. Doch Dom Pedro konnte nicht lange die Oberhand behalten und geriet unter den Einfluß von Nationalisten. Schon 1822 wurde Brasilien unabhängig und Rio die Hauptstadt der unabhängigen Nation. Die Entwicklung ging weiter: 1854 wurde die Stadt mit Gaslaternen beleuchtet und 1874 per Telegraph mit London verbunden.
Doch die Glanzzeiten waren bald vorüber. Wohlhabende Landbesitzer ergriffen die Macht, handelten das politische Tagesgeschäft unter sich aus und bestimmten auch den Präsidenten. Ihre Autorität wankte erst, als 1930 Getulio Vargas durch einen Putsch an
