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Karrieren in der Wissenschaft: Die Spielregeln im akademischen Berufsfeld
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eBook480 Seiten4 Stunden

Karrieren in der Wissenschaft: Die Spielregeln im akademischen Berufsfeld

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Über dieses E-Book

Wissenschaft als soziales Feld, mit seinen Besonderheiten als Qualifizierungs-, Arbeits-, Lern- und Wissensfeld, wird von spezifischen Spielregeln determiniert, deren Kenntnisse über individuelle Karrieren entscheiden. Dazu gehören widersprüchliche Anforderungen und Erwartungen, die oft nicht erkenn- und schwer erlernbar sind. Die in dieser Publikation versammelten Beiträge diskutieren auf unterschiedlichen Ebenen intersektionale Zusammenhänge zwischen Wissenschaft als spezifischem Berufsfeld, Diversitätskriterien sowie aktuellen Entwicklungen, wie Digitalisierung und Ausdifferenzierung von Karrierewegen. Berücksichtigung findet dabei nicht nur die Beschreibung der Beharrlichkeit der Regeln im Feld, sondern es werden ebenso Veränderungs- und Anpassungsprozesse in den Blick genommen. Der Band richtet sich an WissenschaftlerInnen in unterschiedlichen Qualifizierungsphasen, PersonalentwicklerInnen in Hochschulen, Coaches im Wissenschaftsfeld, welche sich mit den besonderen Spielregeln in der Wissenschaft kritisch auseinandersetzen möchten.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum22. Feb. 2023
ISBN9783170395701
Karrieren in der Wissenschaft: Die Spielregeln im akademischen Berufsfeld

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    Buchvorschau

    Karrieren in der Wissenschaft - Franziska Wächter

    Inhalt

    Cover

    Titelei

    Games we play – Eine Einführung ins Thema

    Literatur

    I Wissenschaftsfeld und Wissenschaftsspiele

    Eine Karriere wie jede andere? Wissenschaftliche Karrieren vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen im Feld der Universitäten

    1 Einleitung

    2 Feldtheoretische Betrachtungen: Karrierefeld und Universitätsfeld

    3 Karriereanforderungen und Karrierelogiken im heutigen Wissenschaftsfeld

    3.1 Weite Außengrenzen des Feldes

    3.2 Organisations- und Ländergrenzen überschreitendes Zusammenspiel von Kooperation und Konkurrenz

    3.3 Strategische Ausrichtung der Universitäten und Professionalisierung des Universitätsmanagements

    3.4 Forschung als (schein-)‌objektiviertes symbolisches Kapital

    3.5 Lehre als Dienstleistung zur Sicherung von Employability

    3.6 Third Mission und Community Service

    4 Schlussbemerkung

    Literatur

    Szenische Elemente des wissenschaftlichen Auftritts als Kondensationspunkte sozialer Herabsetzbarkeit in den heutigen Geistes- und Sozialwissenschaften

    1 Vom Wert des Namens im Feld der Wissenschaft

    2 Hoch Stapeln und tief Fallen im Ringen um Reputation

    3 Auftreten und Urteilen

    4 Wabuwabu auf dem Wissenschaftstheater

    5 Aufbegehren und Unterwerfen

    6 Nachbesprechung der Wissenschaftsinszenierung

    Literatur

    Ehre, wem Ehre gebührt – Autorschaftskonzepte und Praktiken in der Wissenschaft

    1 Einleitung – Wissenschaftliche Autorschaft

    2 Kooperation und Kollaboration in der Forschung

    2.1 Arbeitsteilung

    2.2 Gastautorschaft

    2.3 Ghost Writer

    3 Eine bunte Praxis vis-à-vis Normen und Standards

    3.1 Vielfältige Praxis – Die Mühen der Ebene

    3.2. Konventionen der Autor*innen-Reihung

    4 Reaktionen und Normen

    4.1 Funktion von Autorschaftspolicies

    4.2 Beitragsklassifikationen – die Contributor Roles Taxonomy (CREdiT)

    4.3 Die Rolle des Schreibens

    5 Rahmenbedingungen

    6 Resümee

    Literatur

    Zitierte Policies, Guidelines und Klassifikationen:

    II Vielfältigkeit der Mitspieler*innen

    Sich wandelnde Spielregeln auf dem Weg zur Professur

    1 Einleitung

    2 Kriterien für die Besetzung von Professuren

    3 Ausdifferenzierung der Typen von Professuren

    4 Herausforderungen für das Hochschulmanagement

    5 Herausforderungen für Nachwuchswissenschaftler*innen

    6 Spielregeln für Bewerber*innen und Hochschulen

    Literatur

    Mitspieler*innen zweiter Klasse? Innenansichten auf die Spiele der Wissenschaft

    1 Aufwärmen

    2 Wissenschaft – ein Spiel mit (der) Klasse?

    3 Vor dem Spiel – Taktische und methodische Vorüberlegungen

    4 Das Spiel beginnt – Analytische Überlegungen aus der Binnenperspektive

    4.1 Akademische Sprachspiele

    4.2 Trainer*innen, Mitspieler*innen und Hochstapler*innen

    4.3 Finanzielles Glücksspiel auf der Zielgeraden

    5 Ein Spiel mit ungleichen Chancen

    Literatur

    Gatekeeping und soziale Selektivität in den Sozialwissenschaften

    1 Soziale Selektivität in der Wissenschaft

    2 Theoretischer Rahmen

    3 Studiendesign

    4 Ergebnisse

    4.1 Habituelle Passung, Leistung und Diversität

    4.2 Feldlogiken, wissenschaftliche Praxis und akademische Habitus

    4.3 Gatekeeping und soziale Schließungsmomente in den Sozialwissenschaften

    5 Ausblick

    Literatur

    »Ich soll an meine Rolle als Frau denken, und ich soll nicht die Karriere an erste Stelle setzen« – Zur Attraktivität einer wissenschaftlichen Karriere in Österreich

    1 Einleitung

    2 Frauen im österreichischen universitären Wissenschaftssystem

    3 Das Forschungsdesgin

    3.1 Wie angehende Wissenschaftlerinnen ihre Vorgängerinnen sehen

    3.2 Der Preis des Erfolgs heißt Konformität

    3.3 Frauennetzwerke – Wissenschaft ist Bündnispolitik

    3.4 Motivation für eine Karriere in der universitären Wissenschaft

    3.5 Realitycheck – Romantisieren wir die Wissenschaftskarriere?

    4 Resümee

    Literatur

    III Neue Spielregeln und veränderte Spiele

    Lose gekoppelte Transformation. Eine organisationssensible Betrachtung hochschulweiter Digitalisierungsprozesse

    1 Einleitung

    2 Hochschulweite Digitalisierungserwartungen

    3 Die Strukturmerkmale der Hochschule als lose gekoppeltes System

    4 Die hochschulweite Digitalisierung als lose gekoppelte Transformation

    5 Fazit: Eine organisationssensible Einordnung der digitalen Transformation in Hochschulen

    Literatur

    Reifeprüfung zwischen Fertigkeit und Berufsfeld. Wissenschaftsmanagement als Integrations-Konzept zur Führung und Gestaltung von Expertenorganisationen

    1 Wissenschaftsmanagement

    1.1 Institutionelle und individuelle Interessen

    1.2 Definition

    2 Organisationsform Wissenschaftssystem

    2.1 Zielentwicklung und Zieldurchsetzung

    3 Exemplarische Herausforderung

    3.1 CASE-Beispiel Wissenschaftsmanagement und Wissens- und Technologietransfer

    3.2 Europäische Tendenzen in der Technologiepolitik

    3.3 Innovationspolitischer Themenrahmen in Deutschland: Referenz des Wissenschaftsmanagements

    3.4 Vom Entrepreneurial State zur Mission Economy

    3.5 Eckpunkte des Modells: Deep Technology

    4 Ergebnis

    Literatur

    IV Karrieren im Wissenschaftssystem – Aktuelle Trends, Herausforderungen und Handlungsimplikationen

    »Man muss ein Stück weit neugierig sein«

    Wissenschaftsfeld, Spielregeln und Mitspieler*innen

    Karrierelogiken und Konsequenzen für die individuelle Karriere

    Aktuellen Diskurse und Entwicklungen

    Autor*innenverzeichnis

    Die Autorinnen und Autoren

    empty

    Die Herausgeberinnen

    Anett Hermann, Dr., ist Sozial- und Wirtschaftswissenschaftlerin sowie stellvertretende Leiterin des Institutes für Gender und Diversität in Organisationen an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU).

    Franziska Wächter, Dr., Soziologin, ist Professorin für Methoden empirischer Sozialforschung an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin.

    Franziska Wächter, Anett Hermann (Hrsg.)

    Karrieren in der Wissenschaft

    Die Spielregeln im akademischen Berufsfeld

    Verlag W. Kohlhammer

    Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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    1. Auflage 2023

    Alle Rechte vorbehalten

    © W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

    Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

    Print:

    ISBN 978-3-17-039568-8

    E-Book-Formate:

    pdf: ISBN 978-3-17-039569-5

    epub: ISBN 978-3-17-039570-1

    Games we play – Eine Einführung ins Thema

    Franziska Wächter & Anett Hermann

    »Das Wissenschaftsleben ist ausgesprochen hart. Forscher werden von vielen Nöten geplagt und erfinden dann eine Reihe individueller Strategien, um dieses Leiden zu lindern. Kollektive Reflexion würde es stattdessen erlauben, diese Fragen frontal anzugehen« (Bourdieu, 1998, 63).

    Der Trend zu einer akademischen Ausbildung und folgend einer weiterführenden Karriere in der Wissenschaft ist in Deutschland ungebrochen. So stieg mit der Anzahl an Hochschulen und einer damit verbundenen weiteren (auch organisationalen) Ausdifferenzierung auch das Fächerspektrum, das Angebot an Studiengängen bei nun etwa gleichbleibenden Übergangs- und Eintrittsquoten in ein Studium (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2022). Auch der Anteil an Promotionen lag im Jahr 2020 bei etwa 13 Prozent als ein möglicher Folgeabschluss (ebd., 216). Das heißt, ein nicht unerheblicher Teil der Akademiker*innen (mit Erstabschlüssen) verbleibt, zumindest zunächst, längerfristig im Hochschulsystem. Damit bewegen sich immer mehr junge Menschen in einem Qualifizierungs- und Tätigkeitsbereich, der als »soziales Feld« geprägt ist durch die ihm eigenen Strukturen, Glaubenssätze, Machtkonstellationen und Konflikte – sowie spezifischen »Spielregeln«.

    Dieses Buch konzentriert sich auf die Frage, welche Spielregeln in der Wissenschaft gelten. Damit versammeln sich Beiträge von Autorinnen und Autoren, die die Prozesse der Definition, der Wirksamkeit bzw. Wirkmächtigkeit, der Vermittlung, der »Erlernbarkeit«, der Umsetzung sowie der Persistenz und der Modifikation dieser feldspezifischen Regeln beleuchten. Die Relevanz der Kenntnis der Regeln des Spiels kann nicht hoch genug geschätzt werden, ist sie doch entscheidend, um »im Spiel« bestehen, es erfolgreich mitspielen zu können oder auch, um die Regeln zu verändern.

    Die hier vorgelegten Beiträge beziehen sich zu weiten Teilen auf Pierre Bourdieus Sozialtheorie, ist es doch »(...) Bourdieu zu verdanken, einen theoretischen Rahmen entwickelt zu haben, dem es gleichermaßen gelingt, die spezifischen Strukturen des wissenschaftlichen Betriebes zu erfassen, wie auch die individuellen Rationalitäten und inkorporierten habituellen Dispositionen der beteiligten Akteure mit Blick auf ihre sinnstiftenden Lebensentwürfe und die inhaltliche Wissensproduktion zu rekonstruieren« (Lenger & Rhein, 2018, 74). Eine feldspezifische Beschreibung findet sich bei Merton (1985), der das Normgerüst des wissenschaftlichen Feldes als »institutionelle Imperative«¹, die das Handeln der Wissenschaftsgemeinschaft (unabhängig von spezifischen Professionen) prägen, formuliert:

    »Das Ethos der Wissenschaft ist jener affektiv getönte Komplex von Werten und Normen, der als für den Wissenschaftler als bindend betrachtet wird. (...) Diese durch Vorschrift und Beispiel vermittelten und durch Sanktionen bekräftigten Imperative werden von dem einzelnen Wissenschaftler in unterschiedlichem Maße internalisiert und bilden auf diese Weise sein wissenschaftliches Gewissen oder, wenn man den neueren Ausdruck vorzieht, sein Über-Ich« (Merton, 1985, 88).

    Damit verweist Merton bereits auf einen kollektiven Modus, der das wissenschaftliche Feld (wie andere soziale Felder auch) prägt. Die Regeln und Ziele werden beschrieben als von der Suche nach Wahrheit und Erkenntnis getrieben und zeichnen sich beispielsweise nach wie vor in den in der Wissenschaft geltenden Gütekriterien, wie Objektivität, Validität, Reliabilität ab. Zentral wird dieser Gedanke bei Bourdieu als illusio benannt, als ein »Glauben, daß es das wissenschaftliche Spiel (...) wert ist, gespielt zu werden« (Bourdieu, 1998, 27). »(...) eben das wissenschaftliche Interesse, ein Interesse, das in im Verhältnis zu den herkömmlichen Interessen des Alltags (und insbesondere denen des ökonomischen Feldes) als uneigennützig, unentgeltlich erscheint« (ebd.).

    Viele Normen und Erwartungen des wissenschaftlichen Feldes sind nicht kodifiziert, zeigen allerdings eine hoher Persistenz, wie sich auch in den Beiträgen dieses Bandes erweisen wird. Der »Mythos der Wissenschaft« wird von Macha (1992) beschrieben als »(...) die anspruchsvollste Tätigkeit, die man ausüben kann. (...) Der Wissenschaftler muss Genie besitzen (...) und fühlt sich dem Anspruch der Wahrheit verpflichtet. (...) Er ist dynamisch und stets im Dienst, Freizeit benötigt er nicht. Er kennt keinen Unterschied von Tag und Nacht, denn der Geist kennt keine Zeiteinteilung. Forschen ist meist eine einsame Tätigkeit und sie verlangt Opfer von der Familie, weil alles hinter den Erfordernissen der Forschung zurückstehen muss. Nur der Wissenschaftler wird sich durchsetzen, der diesem Bild entspricht. In ihm zeigt sich die Berufung, versagt er, so fehlt ihm diese« (ebd.: 198). Uneigennützigkeit, das Vergessen von Zeit und Raum, (familiale) Unabhängigkeit und eine »asketische Lebensführung« (Keil, 2021, 209) sind demnach einige der Regeln, die Akteure innerhalb des Wissenschaftssystems beherzigen sollten, um erfolgreich mitspielen zu können. Sie bilden die habituelle Grundlage und »(...) sind entscheidend beim Kampf um soziale Positionen im Feld, da sie den Grad der Vertrautheit mit den im Feld geltenden Spielregeln wiederspiegeln« (Lenger & Rhein, 2018, 87).

    Bourdieu (1998) beschreibt das wissenschaftliche Feld als eines, das geprägt ist durch Macht- und Konfliktverhältnisse. Macht- und Positionskämpfe innerhalb des Feldes schlagen sich damit auch in der Ausgestaltung und Akzeptanz von Regeln innerhalb des »Spielfeldes« nieder. »Die Regeln des Feldes sind somit nicht starr, sondern werden selbst zum Gegenstand strategischer Kämpfe« (Lenger & Rhein, 2018, 97). Und obwohl das wissenschaftliche Feld als »autonomer Raum«, als »Mikrokosmos« (Bourdieu, 1998, 18) gilt, ist er »(...) nicht gänzlich aus den Zwängen des sozialen Makrokosmos entlassen« (Barlösius, 2012, 126). Verschiedene soziale Felder einer Gesellschaft sind damit als relational zueinander zu bewerten. Das heißt auch, dass sich Dynamiken in anderen sozialen Feldern, inklusive Verschiebungen in Macht und Einfluss, auch auf die illusio und die Regeln des wissenschaftlichen Feldes auswirken.

    Engler (2001; 2004) stellt heraus, dass in der Welt der Wissenschaft stillschweigend vorausgesetzt wird, dass Wissenschaft von wissenschaftlichen Persönlichkeiten gemacht wird. Aber »(...) die wissenschaftliche Persönlichkeit ist dem Menschen nicht mehr in die Wiege gelegt, sondern muss in der modernen säkularisierten Welt selbst entworfen werden« (Engler, 2004, 161). Sie ist eine Folge von sozialen Praktiken, d. h. Akteure konstruieren ihr Selbstverständnis in Relation zu den Erfordernissen des sozialen Feldes. Auf der persönlichen Ebene ist bereits vor dem Eintritt der Habitus der Herkunftsgemeinschaft prägend und kann sich förderlich oder hinderlich auf den Zugang und das Einfinden in das wissenschaftliche Feld auswirken. So können sehr unterschiedliche normative Ansprüche zwischen sozialer Kultur und vorgefundener Hochschulkultur aufeinandertreffen (und zu Irritationen führen). Aus den (normativen) Bewertungs- und Bewährungsmaßstäben eines Feldes leiten sich die Kriterien für berufliches Gelingen und Scheitern ab. Diese normativen Maßstäbe sind durch den skizzierten Mythos festgelegt. Den Rahmen dafür bildet die (organisationale) Struktur des Feldes (und wirkt auch zurück) (Wächter, 2015), inklusive struktureller Machtverhältnisse, die die Ausgestaltung des sozialen Feldes und die Regeln bestimmen.

    Ein wesentlicher Fokus wird deshalb in diesem Band auf symbolisches Kapital, als Kapital des Erkennens und Anerkennens, u. a. über transformiertes wissenschaftliches Kapital, gelegt. Für die Akkumulation von wissenschaftlichem Kapital ist der Faktor Zeit relevant, als immanenter Karrieretreiber im wissenschaftlichen Feld. Der Aufbau und die Sicherung wissenschaftlichen Kapitals erfordert erhebliche Zeitinvestitionen. Gleichzeitig schreiben sich »wissenschaftliche Zeitnormen« (Lenger & Rhein, 2018, 93) in den Habitus ein, da (1) der »(...) Umgang mit Zeit ein zentraler Aspekt ist, an dem Kolleg*innen, Mentor*innen und die scientific community erkennen, mit welcher Ernsthaftigkeit eine Person Wissenschaft betreibt« (ebd., 93 f.); (2) wenn auf gesellschaftlicher Ebene u. a. das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG)² Vorgaben für eine zu erwartende wissenschaftliche Karriere inklusive Transitionen gibt und (3) der bis zum Erreichen einer Professur vorhandene Qualifikationsstatus (»Wissenschaftler*in in Ausbildung«) individuellen Druck erzeugt. Dieser (Karriere-)‌Druck auf unterschiedlichen Ebenen wird durch finanzielle Unsicherheiten verstärkt (#IchBinHanna³) und kollidiert mit der Phase der Familien-/Lebensplanung, vor allem bei Frauen. Der »Drop-out« von weiblichen Wissenschaftlerinnen im wissenschaftlichen Karrieresystem führt geradewegs dazu, dass Professorinnen nach wie vor einen »Sonderfall« an Hochschulen darstellen. Hammerl (2002) führt in diesem Zusammenhang die »Theorie der Selbstaufmerksamkeit« ins Feld, die besagt, »dass die Tatsache einer Minderheit anzugehören, Prozesse selbstkonzentrierter Aufmerksamkeit fördert« (Hammerl, 2002, 224). »Diese sind allerdings nicht unbedingt angenehm, sondern fördern eher als aversiv erlebte Diskrepanzen zu Tage« (ebd.). So treten erlebte Abweichungen vom idealtypischen Selbstbild – oder der Sicht anderer auf uns – stärker in den Vordergrund und erzeugen ein emotionales Unbehagen, verbunden mit Selbstzweifeln und Unterlegenheitsgefühlen (Wächter, 2015). Während Frauen in der Wissenschaft zunehmend im Fokus der Forschung stehen, werden weitere Diversitätsdimensionen eher ausgeblendet. Nur wenige Studien beschäftigen sich mit Intersektionalitätsprozessen, die Diversität, beispielsweise bei Themen wie Behinderung, Migrationshintergrund, Hautfarbe oder Religion im Wissenschaftsfeld betrachten. Dieser Band gibt auch in diese Richtung Anstöße. Die zukünftige verstärkte Einbindung von Intersektionalitätsprozessen in den Bereich der Hochschulforschung macht strukturelle Benachteiligung sichtbar und ermöglicht das Aufbrechen starrer Strukturen und somit eine Veränderung der Spielregeln (Hermann, 2021).

    Zusammengenommen kann für die gesellschaftlich relevanten Dimensionen – in diesem Band vor allem (soziale) Herkunft und Geschlechtszugehörigkeit – konstatiert werden, dass für den Aufbau wissenschaftlichen Kapitals weder ausreichend gesicherter Zugang noch erforderliche Zeitressourcen und zudem geringere Wertschätzung erkennbar sind. Aufgrund individueller Leistung (und nicht qua Gruppen- und Standeszugehörigkeit) Anerkennung zu erfahren, ermöglicht es nach Honneth (2011) jedoch erst, sich selbst als ein für die Gesellschaft wertvolles Subjekt zu begreifen. Erst unter dieser Bedingung ist die Ausbildung eines Selbstwertgefühls möglich. Damit bleiben Mitspieler*innen »unter sich«, denn es fehlen bereits vor Studieneintritt wesentliche Voraussetzungen, anerkannte Mitspieler*innen im wissenschaftlichen Feld zu werden, ganz zu schweigen von der Möglichkeit einer grundlegenden Ermächtigung, die Regeln des (ausschließenden) Spiels zu ändern.

    »Sobald es also zu Missachtungsformen kommt, z. B. durch Ausschluss, Benachteiligung, Entwertung oder Entrechtung, besteht kein ausgewogenes reziprokes Verhältnis von Anerkennung und die Handlungsspielräume der Wissenschaftler*innen werden beschnitten. Wird die Grundlage der Anerkennung in den gesellschaftlichen Strukturen einer Wertgemeinschaft – hier dem Wissenschaftsbetrieb – entzogen, wird den Subjekten die Möglichkeit genommen, ihren eigenen Fähigkeiten einen sozialen Wert beizumessen« (Kondratjuk, 2020).

    Aus diesem Blickwinkel scheint das wissenschaftliche Feld ausgesprochen persistent und selbstreferentiell.

    Minssen titelt 2016 eine Publikation »Karriere in der Wissenschaft. Ohne Zuversicht geht es nicht« (ebd., 265) und arbeitet empirisch drei verschiedene Vertrauensbasen heraus: Vertrauen auf Glück, Vertrauen auf Betreuer*innen sowie Selbstvertrauen und Zuversicht und schließt: »Vertrauen ist für eine wissenschaftliche Karriere deswegen von Bedeutung, weil diese angesichts der unklaren Karrierebedingungen ein mehr oder minder ›blindes‹ Vertrauen erfordert, dass ›es schon irgendwie gut gehen wird‹« (ebd., 284).

    Wir möchten dem, mehr als zwanzig Jahre nach den Befunden von Krais (2000) zu Wissenschaftskultur und »verborgenen Mechanismen«, eine Beschreibung und Diskussion der geltenden Spielregeln im wissenschaftlichen Feld an die Seite stellen. Und mit den einzelnen Beiträgen ebenso einen Blick auf Persistenzen, Transformationen und Novitäten werfen.

    In den Beiträgen dieses Bandes wird es auch darum gehen, die Verwobenheiten mit anderen sozialen Feldern und daraus resultierenden Konsequenzen für das wissenschaftliche Feld, seine Strukturen, Regeln und letztlich seine Akteure zu beleuchten. Dabei sind wir uns durchaus der Begrenztheit des Blicks bewusst und zeigen lediglich Ausschnitte eines Feldes, das oft unübersichtlich und grenzenlos auf der einen Seite und eng bzw. in sich geschlossen auf der anderen Seite erscheint.

    Der Band orientiert sich an einer Dreiteilung. Der erste Teil zeigt eine Annäherung an das Wissenschaftsfeld als soziales Feld inklusive Erwartungen, Anforderungen und daraus resultierenden Karrieren. Wolfgang Mayrhofer und Michael Meyer fragen in ihrem Beitrag, ob die wissenschaftliche Karriere »Eine Karriere wie jede andere?« ist und diskutieren »Wissenschaftliche Karrieren vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen im Feld der Universitäten«. Der Beitrag zeigt aktuelle Herausforderungen, die die Beharrlichkeit der Regeln innerhalb der oft eng betrachteten wissenschaftlichen Organisation durch unterschiedliche Prozesse ins Wanken geraten lässt. Bereits Lenger und Rhein (2018, 103) postulieren »Inwiefern, so ist konkret zu fragen, ist das wissenschaftliche Feld in der Lage, wissenschaftsexterne Anforderungen und Zwänge politischer, ökonomischer oder ethisch-moralischer Form zu ›brechen‹ (...), d. h. in eine spezifische Form zu transformieren, die mit den Fragestellungen und Methoden des Wissenschaftsfeldes korrespondieren?« Mayrhofer und Meyer setzen sich kritisch mit externen Zwängen und Entwicklungen auseinander und analysieren Auswirkungen auf individuelle Karrieren.

    Julius Nordheim nähert sich mit »Szenische Elemente des wissenschaftlichen Auftritts als Kondensationspunkte sozialer Herabsetzbarkeit in den heutigen Geistes- und Sozialwissenschaften« den internen Logiken des Feldes. Inszenierung als Mittel verweist auf einen »praktischen Sinn für Selbstverortungen im sozialen Raum, den Bourdieu in Anlehnung an Goffman auch als sense of one's place umschreibt« (Zimmermann, 2000, 39). In diesem Zusammenhang greift Nordheim das Hochstapler*innen-Syndrom oder auch Hochstapler*innen-Selbstkonzept auf, das in den späten 1970er Jahren von Clance und Imes (1978) als »Impostor-Phenomenon« zuerst beschrieben wurde. So umreißt es aktuell beispielsweise Hark (2020) als »(e)‌in Gefühl, dass sie an jenen Orten, wo sie inzwischen mehr Zeit verbracht hatte, als irgendwo sonst auf der Welt, bis heute gelegentlich überfällt. Als müsste sie ihr Aufenthaltsrecht wieder und wieder unter Beweis stellen. Als könnte es widerrufen werden. Sie dabei ertappt werden, sich am falschen Ort aufzuhalten. Inside out« (ebd., 218).

    Status und Prestige wird im wissenschaftlichen Feld vor allem über (»wichtige«) Publikationen erlangt. Stefan Hornbostel, Cornelia Schendzielorz und Valeria Aman beschreiben in »Ehre, wem Ehre gebührt – Autorschaftskonzepte und Praktiken in der Wissenschaft«, welche unterschiedlichen Ausformungen die Notwendigkeit zur Veröffentlichung als Form des symbolischen Kapitals im Feld annimmt, welche Regelungen gelten (sollten) und welches Verständnis in unterschiedlichen Disziplinen vorherrscht.

    Im zweiten Teil des Bandes wird der Fokus auf die Mitspieler*innen gerichtet. Thorben Sembritzki und Monika Jungbauer-Gans zeigen am Beispiel der »Sich wandelnden Spielregeln auf dem Weg zur Professur« die Dynamik des Feldes und die daraus resultierende notwendige Flexibilität von Wissenschaftler*innen auf ihrem Weg zu einer Professur. Die Ergebnisse des Projektes »Binnendifferenzierung der Professur« am Leibniz Zentrum für Wissenschaft und Gesellschaft der Leibniz Universität Hannover verdeutlichen die Bedeutung des Kontextes, inklusive gesellschaftlicher Entwicklungen und hochschulinterner Erwartungen und spezifischer Ziele. Diese externen Rahmenbedingungen, einhergehend mit der Vielfältigkeit der Kriterien zur Besetzung einer Professur, wirken sich auf die Karriere von Wissenschaftler*innen aus. Fehlende klare Qualifikationsanforderungen erhöhen die Unsicherheit und heben die organisationale Bedeutung von Personalentwicklungskonzepten hervor.

    Julia Reuter und Markus Gamper präsentieren in ihrem Beitrag »Mitspieler*innen zweiter Klasse? Innenansichten auf die Spiele der Wissenschaft« autobiographische Selbstzeugnisse von ›Arbeiterkindern‹, die die Herausforderungen ihrer wissenschaftlichen Laufbahn auf dem Weg in eine akademische Spitzenposition reflektieren. Sie zeigen, dass, je geringer die Nähe des Herkunftsmilieus zum Wissenschaftsfeld ist, desto mehr Anpassungsleistungen müssen vom Einzelnen unternommen werden. Dies entspricht der aktuellen Bildungsberichterstattung (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2022), in welcher verdeutlicht wird, dass, trotz des aktuellen Trends zu einer Öffnung der Hochschulen für alle gesellschaftlichen Schichten, mehr Diversität und lebenslangem Lernen, deutlich weniger Kinder aus Nichtakademiker*innenfamilien ein Studium aufnehmen. Ebenso wie Reuter und Gamper beschreibt die Autor:innengruppe, dass sich diese Unterschiede im Einstieg in das akademische Feld nur zu einem eher geringeren Anteil auf schulische Leistungen oder bildungsbiografische Unterschiede zurückführen lassen. Einen bedeutsamen Einfluss haben Einschätzungen und Befürchtungen der Eltern mit Blick auf (nicht nur finanzielle) Kosten einer Studienaufnahme sowie ein stärker ausgeprägter Wunsch von Akademiker*inneneltern nach Aufnahme eines Studiums ihres Kindes (Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung, 2022). Hier wirken einerseits gesamtgesellschaftliche Ungleichheitsstrukturen und zugleich werden die darüber angeregten »individuellen Dispositionen« sichtbar.

    Auch Maria Keil diskutiert in ihrem Beitrag »Gatekeeping und soziale Selektivität in den Sozialwissenschaften« den Zusammenhang von Hochschulbildung und sozialer Herkunft. Angefangen von einer ungleichen Verteilung der Studierenden – während der Anteil der Studierenden aus höheren Herkunftsgruppen wächst, nimmt dieser bei Studierenden aus niedrigen und mittleren Herkunftsgruppen tendenziell ab – zeigt sich die soziale Selektivität verstärkt bei Promovierenden und späteren wissenschaftlichen Positionen. Die Ergebnisse ihrer Studie verdeutlichen in drei Feldsegmenten nicht nur die Dynamik des Feldes hinsichtlich Selektionsprozesse, sondern auch, dass eine habituelle Passung sehr stark von den jeweiligen Leistungsanforderungen, abgeleitet aus den spezifischen organisationalen Kontexten, abhängt. So finden sich tradierte Einstellungen und Anforderungen in der »autonomen Grundlagenwissenschaft«, während im Segment »Wissenschaftliche Spezialisierung zwischen Heteronomie und Autonomie« das unternehmerische Selbst in den Fokus rückt. In der »Heteronomen Anwendungswissenschaft« werden Eigeninitiative, Kooperationen und Vernetzung sowie (internationale) Mobilität entscheidend. Bereits im Jahr 2000 schrieb Krais: »Ein bestimmter Typus von Akteuren, man denke an den Gelehrten oder auch an den Ordinarius (...), wird seltener oder verschwindet ganz, ein anderer Typus kommt neu hinzu, vielleicht der alerte Manager oder die Powerfrau: Die Gewichte im relationalen Gefüge verschieben sich, neue Konventionen bilden sich heraus, das ›Spiel‹ wird anders gespielt« (Krais, 2000, 40 f.).

    Dass sich dabei gesellschaftliche Bilder nur schwer ändern, zeigt Johanna Barbara Gruber in ihrem Beitrag »Ich soll an meine Rolle als Frau denken, und ich soll nicht die Karriere an erste Stelle setzen – Zur Attraktivität einer wissenschaftlichen Karriere in Österreich«. In der Studie wird das Überdauern gesellschaftlicher Rollenbilder verdeutlicht – bei »Einsteigerinnen« in die Wissenschaft –, die gleichzeitig zu einer Reproduktion des Wissenschaftssystems inklusive Vorstellung vom »idealtypischen Wissenschaftler« führen. Die vertikale Segregation als Ungleichheitsphänomen im wissenschaftlichen Feld, bezogen auf die soziale Geschlechtszugehörigkeit, ist seit langem im Fokus der Forschung (Krais, 2000; Engler, 2001). »Von der Ebene der Studierenden bis zur Professur sinkt der Anteil der Frauen eklatant. Je höher das Prestige und je größer die Verfügung über Ressourcen, desto weniger Frauen« (Paulitz, 2012, 167). Wenig wird dabei auf die Attraktivität des Feldes geschaut und welche Faktoren letztendlich entscheidend für das »Bleiben oder Gehen« sind.

    Im dritten Teil des Bandes werden Herausforderungen im Wissenschaftsfeld beschrieben sowie Ansätze und Ideen für ›neue Spielregeln‹ und ›veränderte Spiele‹ vorgestellt. Marcel Graf-Schlattmann stellt mit seinem Beitrag »Lose gekoppelte Transformation – Eine organisationssensible Betrachtung hochschulweiter Digitalisierungsprozesse« vor. Er zeigt, dass digitale Veränderungen nicht nur allgemein organisationsinterne Verwaltungsprozesse, Lehre und Forschung betreffen, sondern ein genereller Wandel der Hochschulpraxis möglich wäre, beispielsweise über »Nanodegrees und Mikrozertifikate für einzelne Lerneinheiten an (..) Stelle der bestehenden Studiengänge«. Diese Entwicklung könnte die Organisation »Hochschule als Intermediär obsolet machen«.

    Markus Lemmens zeigt in »Reifeprüfung zwischen Fertigkeit und Berufsfeld – Wissenschaftsmanagement als Integrations-Konzept zur Führung und Gestaltung von Expertenorganisationen« die zunehmende Bedeutung des Wissenschaftsmanagements und sich daraus ergebende Chancen für Wissenschaftler*innen-Karrieren, Organisationen, aber auch Staaten und Staatenverbünde.

    Abschließend finden alle drei Teile – von der Beschreibung des Wissenschaftsfeldes als soziales Feld inklusive Grenzziehung über Erwartungen, Anforderungen und daraus resultierenden Karrieren, den Mitspieler*innen, bis hin zu ›neuen Spielregeln‹ sowie ›veränderten Spielen‹ – Eingang in das Gespräch mit Edeltraud Hanappi-Egger. Dabei werden ganz konkrete Instrumente vorgestellt sowie Ideen generiert, um strukturelle Machtmechanismen im Feld aufzubrechen. Aus organisationssoziologischer Perspektive werden Hochschulen als »unvollständige« bzw. »besondere« Organisationen beschrieben (Musselin, 2007a, 2007b; Kehm, 2012; Wilkesmann, 2012), als Institutionen mit einem mit normativer Geltung ausgestattetem Regelsystem, basierend auf einem »(...) gemeinsamen Wertesystem, sorgfältiger Auswahl neuer Mitglieder und einem rigorosen Sozialisationsprozess« und einem »(...) internen Monitoringprozess, der auf Reputation beruht« (Wilkesmann, 2012, 379). Im Zuge der Internationalisierung und Ökonomisierung entwickeln sich die Institutionen des Feldes jedoch mehr und mehr zu »unternehmerischen Hochschulen« (Weber, 2017). »The university is no longer a place welcoming and sheltering academic activities, but rather it has increasingly taken on the attributes of an employer« (Musselin, 2007a, 6). Das heißt, sie verlieren ihre »Sonderrolle«. Bereits Lenger und Rhein (2018) führen aus, »Je nachdem wie stark diese Bedingungen als Zwänge zum Tragen kommen, desto geringer ist ein Feld in der Lage, autonome Produktions- und Reproduktionsmechanismen einzusetzen (also nach der reinen Wahrheit zu suchen)« (ebd., 105). Diesen Anpassungsmechanismen stehen auf der »Mikroebene weiterhin die traditionellen Normen und Werte (gegenüber, die immer noch, Einfg. Hrsg.) Bestand haben und das Handeln der Akteure bestimmen« (Kehm, 2012, 23 f.). Es findet sich eine »Entkopplung von »talk« und »action«. Man kann also die Organisationswerdung der Universität theoretisch nicht hinreichend fassen, ohne deren Wirkungen auf die akademische Profession zu betrachten« (ebd.). Diesen Mechanismen und Prozessen im Gespräch nachgehend, wird auch die Frage nach der illusio, also der Überzeugung der Sinnhaftigkeit des Spiels diskutiert und letztendlich überlegt, dass es durchaus attraktiv sein kann, Wissenschaft zu »betreiben« im Sinne »Man muss ein Stück weit neugierig sein«.

    Literatur

    Autor:innengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.) (2022). Bildung in Deutschland 2022. Ein indikatorengestützter Bericht mit einer Analyse zum Bildungspersonal. Bielefeld: wbv Media.

    Barlösius, E. (2012). Wissenschaft als Feld. In: S. Maasen, M. Kaiser, M. Reinhart & B. Sutter (Hrsg.), Handbuch Wissenschaftssoziologie (126 – 135). Wiesbaden: Springer Fachmedien.

    Bourdieu, P. (1998). Vom Gebrauch der Wissenschaft. Für eine klinische Soziologie des wissenschaftlichen Feldes. Konstanz: UVK Universitätsverlag.

    Clance, P. R. & Imes, S. (1978). The Impostor Phenomenon in High Achieving Woman. Dynamics and Therapeutic Intervention. In: Psychotherapy, Theory, Research and Practice, 15, 241 – 247.

    Engler, S. (2001). »In Einsamkeit und Freiheit«? Zur Konstruktion der wissenschaftlichen Persönlichkeit auf dem Weg zur Professur. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft mbH.

    Engler, S. (2004). Von klugen Köpfen und Genies. Zum Selbstverständnis von Professoren. In: J. Ebrecht & F. Hillebrandt (Hrsg.), Bourdieus Theorie der Praxis (153 – 169). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Hammerl, M. (2002). Neu auf dem Lehrstuhl. Hochschullehrer/innen als Führungskräfte. In: Organisationsberatung – Supervision – Coaching, Heft 3/2002, 217 – 227.

    Hark, S. (2020). Von wo ich herkomme. In: J. Reuter, M. Gamper, C. Möller & F. Blome (Hrsg.), Vom Arbeiterkind zur Professur. Sozialer Aufstieg in der Wissenschaft (207

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