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"Er trat hinzu … und ging den Weg mit ihnen": Geistliche Begleitung in der Schule P. Kentenichs - Erfahrungen und Einsichten. Viele Farbbilder. Wertvoller Begleiter für alle, die andere begleiten oder selbst einen geistlichen Weg gehen möchten.
"Er trat hinzu … und ging den Weg mit ihnen": Geistliche Begleitung in der Schule P. Kentenichs - Erfahrungen und Einsichten. Viele Farbbilder. Wertvoller Begleiter für alle, die andere begleiten oder selbst einen geistlichen Weg gehen möchten.
"Er trat hinzu … und ging den Weg mit ihnen": Geistliche Begleitung in der Schule P. Kentenichs - Erfahrungen und Einsichten. Viele Farbbilder. Wertvoller Begleiter für alle, die andere begleiten oder selbst einen geistlichen Weg gehen möchten.
eBook377 Seiten3 Stunden

"Er trat hinzu … und ging den Weg mit ihnen": Geistliche Begleitung in der Schule P. Kentenichs - Erfahrungen und Einsichten. Viele Farbbilder. Wertvoller Begleiter für alle, die andere begleiten oder selbst einen geistlichen Weg gehen möchten.

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Über dieses E-Book

Wie gehen persönliche Lebenserfahrungen aus Vergangenheit und Gegenwart zusammen mit Glaube und spirituellem Leben? Das reich bebilderte Buch geht dieser Frage nach unter psychologischen sowie spirituellen Aspekten. So wie Jesus sich den beiden Jüngern nach Emmaus zugesellte und ihnen den Sinn der schockierenden Erlebnisse von Verfolgung und Kreuzigung erschloss, so will das Buch helfen, Eigenart und Brüche im Leben zu deuten und auf den Glauben auszurichten. Das Buch - Ergebnis langjähriger Geistlicher Begleitung - ist geschrieben für Menschen, die andere begleiten und für solche, die einen vertieften Weg geistlichen Lebens suchen.
SpracheDeutsch
Herausgebertredition
Erscheinungsdatum25. Juni 2020
ISBN9783749790159
"Er trat hinzu … und ging den Weg mit ihnen": Geistliche Begleitung in der Schule P. Kentenichs - Erfahrungen und Einsichten. Viele Farbbilder. Wertvoller Begleiter für alle, die andere begleiten oder selbst einen geistlichen Weg gehen möchten.

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    Buchvorschau

    "Er trat hinzu … und ging den Weg mit ihnen" - Peter Locher

    Zu Person und Wirken von Pater Kentenich

    Pater Josef Kentenich (1885–1968) ist der Gründer der internationalen Schönstattfamilie, die sich inzwischen in über 30 Ländern ausgebreitet hat und Gliederungen von Männern, Frauen, Familien und Priestern einschließt. Das Anliegen Pater Kentenichs und die über Jahre entwickelte Spiritualität legt besonderen Akzent auf die Bildung eines Menschen, der in der heutigen pluralen und technisch entwickelten Welt seine Identität entfalten und ein geistliches Leben führen kann. Die Schönstattbewegung versteht sich deshalb als eine Erziehungsgemeinschaft in der Gefolgschaft des Gründers, der eine eigene Erziehungslehre entwickelte. Davon ist der Autor dieses Buches geprägt.

    Einführung

    Wir kennen die Geschichte aus dem Lukasevangelium, von der die Überschrift dieses Buches genommen ist (Lk 24,13 ff). Nach Kreuzigung, Tod und Begräbnis Jesu gehen zwei Jünger von Jerusalem weg. Sie kommentieren ganz traurig die Ereignisse.

    „Während sie redeten und ihre Gedanken austauschten, kam Jesus hinzu und ging mit ihnen."

    Vor lauter Trauer erkannten sie ihn nicht. Er aber geht den Weg mit, schafft Gemeinschaft und damit die Grundlage für jeden weiteren Prozess.

    Dann lässt er die Jünger reden. Zunächst müssen Sie selbst ins Wort bringen, was sie beschäftigt und plagt, ein wesentlicher und auch längerer Vorgang.

    Dann erst beginnt Jesus, den Sinn des Geschehens zu erschließen:

    „Wie schwer fällt es euch, alles zu glauben, was die Propheten gesagt haben. Musste nicht der Messias all das erleiden …"

    Jesus erschließt den Sinn der Ereignisse. Die konkreten geschichtlichen Fakten werden als Heilsgeschichte verstanden.

    „Brannte uns nicht das Herz in der Brust, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss?"

    Nun erkennen sie IHN als den in ihrer Mitte. Er bricht das Brot mit ihnen und verknüpft dadurch die aktuelle Erfahrung mit der Mahlgemeinschaft im Abendmahlssaal. Er führt zur Liturgie.

    Die beiden Jünger „müssen" aufbrechen um ihre Erfahrung zu künden. Sie werden zu Zeugen, zu Aposteln. Aus Begegnung wird Sendung.

    „Und sie brachen in derselben Stunde auf und kehrten nach Jerusalem zurück." (Lk 24,13-15)

    Die Geschichte illustriert, was Geistliche Begleitung meint: dass wir einen Weg mit jemand gehen und helfen, den Sinn der konkreten Erfahrungen als göttliche Führung zu verstehen und anzunehmen, um dadurch Gott selbst in unserer Mitte und auf unserem Lebensweg zu entdecken und mit ihm den Weg des Lebens zu gehen; ein Grundvorgang der Geistlichen Begleitung sowie des kirchlichen Vollzugs im allgemeinen.

    Der Vorgang eines solchen Begleitens und Erschließens ist von zwei Faktoren abhängig:

    » von der Qualität und inneren Einstellung des Geistlichen Begleiters.

    » von der Bereitschaft des Begleiteten, sich auf seelische Prozesse einzulassen um weiter zu wachsen und zu reifen.

    Entsprechend dieser Kriterien ist das Buch in zwei große Kapitel unterteilt, wobei das zweite Kapitel verständlicherweise einen größeren Raum einnimmt.

    Beim Geistlichen Begleiter stellt sich die Frage nach seinen Voraussetzungen, seiner Begabung, sich auf Prozesse einzulassen und auf einem spirituellen Weg – gewöhnlich länger – mitzugehen. Voraussetzung ist, dass die Verfasstheit des Begleiters so wenig wie möglich den Weg der zu begleitenden Person beeinflusst. Sehr entscheidend ist auch, dass der Begleiter hilft, aus der psychologischen Verfasstheit des Begleiteten – meist auch konfliktiv – einen geistlichen Weg zu finden (Kapitel 1). Dabei sei angemerkt, dass Geistliche Begleitung kein Privileg der Priester ist, wie früher oft gedacht. Geistlich begleiten – und viele tun es spontan und sind sich gar nicht bewusst, dass sie solches tun – kann jede Person, die die hier kurz zusammengefassten Voraussetzungen mitbringt.

    Auch bei der zu begleitenden Person müssen Voraussetzungen gegeben sein: die Willigkeit, sich seiner Eigenart und persönlichen Problematik zu stellen und das Streben, im geistlichen Leben zu wachsen (Kapitel 2).

    Erst dann ist nämlich der Zugang geschaffen, eventuelle Konflikte und Hindernisse anzugehen und sie im Lichte des Glaubens zu deuten (Kapitel 4 und Kapitel 5).

    Auf einer solchen Aufarbeitung aufbauend können dann Formen des geistlichen Lebens geistliches Wachstum fördern (Kapitel 6 und Kapitel 7; auch Kapitel 12).

    Dabei ist wiederum entscheidend, dass das geistliche Leben dauernd genährt wird von der menschlichen und individuellen Verfasstheit. Grundsätzliche anthropologische Fragen wären ebenso zu berücksichtigen wie Individualität und Originalität und dürfen ins Spiel kommen. Jedwede Individualität und gesamtmenschliche Ausprägung ist aber immer getragen von der Grundkraft der Liebe und ihres Wachstums im Menschen (Kapitel 9).

    In diese gesamtmenschliche Verfasstheit wären dann Fragen der Triebsteuerung ebenso wie die Besonderheit der Geschlechter einzuordnen (Kapitel 10).

    Zur Abrundung folgt ein Kapitel, das die Besonderheit der verschiedenen Wachstumsphasen des Menschen berücksichtigt und daraus auch Konsequenzen für die Geistliche Begleitung zieht. (Kapitel 11).

    Die Entstehung des Buches ist angeregt durch das Bedürfnis jüngerer Mitbrüder in meiner Gemeinschaft der Schönstattpatres, die sich eine Handreichung wünschen für ihre pastorale Tätigkeit, besonders in der Einzelseelsorge. Beim Schreiben des Buches ist bei mir dann immer mehr der Wunsch wach geworden, das im Leben Erworbene auch einem größeren Kreis Interessierter anzubieten. Ich bitte deshalb diejenigen, die die schönstättische Spiritualität nicht kennen, wohlwollende Leser zu sein und sich im Laufe der Lektüre in gebrauchte Fachausdrücke einführen zu lassen.

    Das Buch möchte Zeugnis geben von der Weisheit Pater Kentenichs im Bereich der Geistlichen Begleitung, bestätigt durch meine persönliche Arbeit und Erfahrungen über 50 Jahre in diesem Bereich. Es möchte seinen Akzent in die Landschaft der Geistlichen Begleitung einbringen. Es erhebt dabei nicht den Anspruch, eine übergreifende systematische Darlegung zu bieten, sondern möchte Anregung geben für die konkrete Arbeit in Geistlicher Begleitung mit entsprechenden theologischen, philosophischen und spirituellen Durchblicken.

    Wer in diesem Feld kundig ist, wird häufiger feststellen können, dass Pater Kentenich in seiner Praxis und Lehre mit der kirchlichen Tradition verwachsen ist und vieles von anderen Autoren wie selbstverständlich verwendet.

    Der Bezug zu anderen Autoren oder psychologischen Schulen wird aufgezeigt weniger unter dem Gesichtspunkt einer kritischen Auseinandersetzung, vielmehr um Verbindungslinien mit solchen Schulen aufzuzeigen und den Dialog anzuregen.

    Der Geistliche Begleiter

    1. Qualifikationen

    Nicht alle Menschen sind gleich geeignet für Geistliche Begleitung. Es mag deshalb hilfreich sein, sich zunächst zu fragen: Welche Veranlagungen und Qualifikationen, die jemand mitbringt, sind hilfreich und welche eventuell hinderlich? Wie gut eignet sich jemand für Geistliche Begleitung?

    1.1. Personale Einstellung

    Es ist notwendig, dass jemand sich relativ leicht tut, persönliche Kontakte zu knüpfen. Ein Begleiter sollte ein spontanes Interesse an anderen Personen haben: wie es ihnen geht, was sie denken, wie sie sind. Pater Kentenich nennt dies: „Freude an der Andersartigkeit einer Person". Der Geistliche Begleiter tritt hinzu und geht einen Weg mit jemand.

    Es gibt fantastische Fähigkeiten im Sachbereich. Jemand kann gut organisieren. Er weiß sehr schnell, wie man etwas repariert oder baut, was zu tun ist in Notfällen. Er ist schnell bei der Hand, einen Rat zu geben, eine Anweisung, eine praktische Handhabung. Er tut sich leicht in der Verwaltung und in finanziellen Dingen.

    Diese Fähigkeiten sind in der Geistlichen Begleitung nicht gefragt. Sie bergen die Gefahr, einen geistlich suchenden Menschen zu schnell zu bestimmen, ihn in Kategorien einzuordnen, vom persönlichen Problem abzulenken und unbemerkt zur Sachfrage überzugehen. Entscheidend ist aber, ob ein Begleiter mit seiner Aufmerksamkeit ganz bei der anderen Person bleiben kann. Dies setzt dann auch voraus, dass er seine eigene Problematik, sein eigenes Interesse, seine spontane Erinnerung zu ähnlichen Situationen zurückstellen kann.

    Jemand erzählt: „Letzte Woche lag ich mit einer kräftigen Erkältung darnieder. Wenn der Begleiter jetzt antwortet: „Ja ich kenne das. Ich hatte dasselbe vor zwei Wochen. Und ein Bekannter von mir ebenso. Oder: „Ein besonderer Virus geistert herum. Die Nachrichten haben es berichtet. Oder: „Nun, das wird schon wieder vorbei gehen. Bei allen diesen Reaktionen trägt der Begleiter das Problem von der betroffenen Person weg. Er versachlicht es und bezieht es gleich auf sich, jemand anderen oder eine allgemeine Situation.

    Für einen Begleiter ist es deshalb wichtig, dass er ganz bei der begleiteten Person bleiben kann.

    Zum Beispiel: „Das muss für dich sehr schwierig gewesen sein, da du gerade ja diese oder jene Arbeit zu tun hattest. Oder: „War die Erkältung so heftig, dass sie dich ins Bett geworfen hat? Oder: „Hattest du viele Schmerzen? Oder: „Das Ganze hat dich sehr beschäftigt.¹

    1.2. Einfühlung¹

    Wir reden also hier von der Fähigkeit, bei einer anderen Person zu spüren, was sie eigentlich sagen will, was sie meint, was sie nicht direkt sagen, sondern nur andeuten kann. Sprache teilt mit, sie kann aber auch verstecken. Und das, was sie versteckt, ist in der Geistlichen Begleitung meist wichtiger als das, was sie sagt. In einem Gespräch ist deshalb wichtig, dass der Begleiter die Fähigkeit hat, in dem Dreischritt zu kommunizieren, den Pater Kentenich so formuliert hat: Zuhören, Hinhören, Heraushören.

    Beispiel: „Ich habe überhaupt keine Schwierigkeiten, mit dieser Person zusammen zu arbeiten." Der Satz ist in sich unverfänglich, der Tonfall kann aber deutlich sagen, dass gerade hier ein Problem liegt und dass das Gegenüber gerne auf diese Schwierigkeit eingehen oder über die andere Person reden würde. Einfühlung wird den Unterschied erspüren.

    1.3. Sinn für Prozesse

    Einen Weg mit jemandem in der Geistlichen Begleitung zu gehen, bedingt von vorneherein, dass Leben über längere Strecken sich entwickeln darf, wachsen und reifen kann. Ein bestimmtes Problem, die Bearbeitung eines Lebensabschnitts, mag zu einem Abschluss kommen; seelisches Wachstum, wenn auch phasenweise verschieden, sollte immer weitergehen, schon allein, weil das Leben weitergeht und immer wieder neue Impulse und Herausforderungen anbietet, auch neue Gesichtspunkte erbringt, die Vergangenes anders sehen oder besser verstehen lassen. Der Geistliche Begleiter sollte also Freude haben, wenn seelische Prozesse sich verändern und weiterentwickeln, wenn sie ihre Dynamik nicht verlieren, wenn er auch nicht sieht, wohin der Weg im Einzelnen führt und welche eventuell überraschenden Kurven noch in der Zukunft liegen.

    Eine häufige Reaktion beim Begleiteten ist: „Damit müsste ich doch längst fertig sein! – „Warum kommt denn jetzt diese alte Geschichte wieder in mir hoch? Ich würde solchen Reaktionen wehren. Der Prozess soll offen bleiben, Aufarbeitung von Erlebnissen dürfen sich wiederholen – auf immer höhere Ebene, wenn es richtig geschieht; im Gegensatz zu den allerdings auch vorkommenden emotionalen Entladungen, die sich wie die Musik in der Rille in einer zerkratzten Schallplatte wiederholen, ohne eigentlich das Problem zu bearbeiten. Trotzdem darf dem Wirken des Geistes keine Grenze gesetzt werden bis ins höchste Alter hinein.

    Ein zentrales Leitbild für den Begleiter ist deshalb das eines Gärtners, nicht eines Managers und Planers, eines Architekten und Baumeisters. Der Gärtner wird zwar die möglichst besten Bedingungen schaffen. Er wird das Erdreich lockern, indem er Vertrauen schafft. Er wird Nährstoffe liefern, das Erdreich düngen durch spirituelle Anregungen, durch Geistpflege. Er wird für Bewässerung und für Sonnenlicht sorgen durch Atmosphäre und Ermutigung. Er wird aber der Pflanze ein Wachstum im eigenen Rhythmus und in origineller Entfaltung zugestehen. Er darf die Blume nicht am Kopf ziehen um Wachstum zu beschleunigen, wie Pater Kentenich sagt. Er wird das Ziel des Wachstums auch nicht nach seinem eigenen Denken bestimmen, sondern wird ehrfürchtig beobachten, wie sich das Gegenüber entfaltet und zu welcher Originalität es heranreift.

    1.4. Die psychologische Dimension

    Ich spreche ein kontroverses Thema an. Auf der einen Seite wird immer noch die Ansicht vertreten, dass Geistliche Begleitung eine Sache und Therapie eine andere Sache sei, dass man Therapie den Therapeuten überlassen und Geistliche Begleitung auf Geistliches beschränken soll.

    Auf der anderen Seite finden heute Kurse für Geistliche Begleitung statt, die nur noch die psychologische Problematik behandeln, also reine psychologische Ausbildung sind und deshalb keine hinführende Grundlage für Geistliche Begleitung im eigentlichen Sinne mehr sind.

    Die Wahrheit liegt in der Mitte. Während früher Geistliche Begleitung (nur) angeraten war für Menschen in geistlichen Berufen und sich überwiegend beschäftigen konnte mit den Wachstumsstufen des geistlichen Lebens bis hin zur Mystik, wird heute Geistliche Begleitung von Menschen aller Lebensstände gesucht, aber überwiegend, weil sie Probleme haben, und zwar Probleme auf der psychologischen Ebene.

    Die Seelsorge und im Besonderen die Geistliche Begleitung sind herausgefordert, darauf einzugehen. Pater Kentenich sagt unverblümt:

    „Umgekehrt stellt sich aber mehr und mehr heraus, dass nicht wenig seelisch Erkrankte, und deren Zahl ist heute Legion, den Beichtstuhl mit dem Sprechzimmer des Psychotherapeuten vertauschen, weil wir Priester innerseelische Zusammenhänge – vornehmlich solche des unter- und vorbewussten Seelenlebens – nicht mehr verstehen …"²

    Dabei kommt es beim religiösen Vollzug ja gerade darauf an, dass die psychologische und emotionale Schicht des Menschen erfasst, in den Glauben eingebunden und von ihm her verstanden wird. Jesus, der hinzutritt, die Jünger zum Reden bringt, sie versteht, aber gleichzeitig aufzeigt, was der tiefere Sinn des Geschehens ist, initiiert einen zutiefst therapeutischen Vorgang. Er heilt und führt dadurch zum Heil.

    Hier mag eine Ausweitung unseres Horizontes angebracht sein.

    Pater Kentenich macht häufig einen großräumigen Vergleich, der sich auf das ganze Spektrum der heilsgeschichtlichen Entwicklung der Kirche bezieht. Immer geht es dabei um das richtige Verhältnis zwischen Gott und Mensch, der richtigen Integration der menschlichen und geschöpflichen Gegebenheiten.

    Diese Frage hat nach den ersten Jahrhunderten des Christentums – wesentlich beeinflusst durch die Philosophie von Plato³ – auf der theologischen Ebene nach einer Antwort verlangt, vor allem in den Auseinandersetzungen mit den damaligen Häresien von Gnosis bis Manichäismus. Die Lösung des heiligen Augustinus bestand in der Erkenntnis, dass unsere Beziehung zu Gott bestimmt ist sowohl von Immanenz – der Gegenwart, Einwohnung Gottes in seiner Schöpfung – als auch von Transzendenz – dem Gott jenseits seiner Schöpfung. Diese Synthese wurde die Grundlage für christliches Denken bis ins Mittelalter, Grundlage für das christliche Abendland.

    Die Frage stellte sich erneut im Mittelalter durch den Einfluss von Aristoteles in muslimischer Interpretation, die sehr stark die Eigenwertigkeit der Dinge betonte, sodass die christliche Theologie glaubte, sich nur dadurch retten zu können, dass sie eine doppelte Wahrheit, die natürliche und die übernatürliche, behauptete. Die beiden Wahrheiten sind nicht vereinbar. Die eine ist der natürlichen Erkenntnis offen, die andere muss einfach blind geglaubt werden. Die Frage stellte sich nun auf der philosophischen Ebene. Es war der heilige Thomas von Aquin, der radikal an der Einheit und Verflochtenheit der beiden Ebenen festhielt und die Lösung fand in der Lehre von der „Analogia entis"⁴ und darin dem richtigen Verhältnis zwischen Erstursache und Zweitursache. Es ist deshalb bezeichnend, dass Thomas in seinem Hauptwerk, der Summa Theologiae, in jedem Traktat die darin enthaltene Wahrheit philosophisch begründet und erst am Ende aufzeigt, wie diese Begründung der Lehre der Hl. Schrift entspricht.

    Pater Kentenich macht nun darauf aufmerksam, dass dieselbe Fragestellung, nämlich die der richtigen Beziehung zwischen Gott und seiner Schöpfung sich heute auf der psychologischen Ebene stellt, eine Dimension der menschlichen Existenz, die an sich erst im vorletzten Jahrhundert voll ins Bewusstsein getreten ist und einen eigenen wissenschaftlichen Zweig entwickelte, nämlich die Psychologie, die unser Denken heute zentral prägt.

    Ein Beispiel: Während der großen christologischen Auseinandersetzungen in den ersten Jahrhunderten der Kirche haben die Theologen, um die wahre Menschwerdung Christi zu verteidigen, das Axiom formuliert: Nihil est redemptus quod non assumptus – Nichts wird erlöst, was nicht angenommen ist. Für das damalige Denken war dies eine rein theologisch dogmatische Aussage, die besagt, dass Jesus die menschliche Natur ganz und gar angenommen haben muss, um den Menschen erlösen zu können.

    Der heilige Papst Johannes Paul II hat dann darauf aufmerksam gemacht – ganz dem Denken Pater Kentenichs entsprechend -, dass dieses Axiom auch eine psychologische Gültigkeit habe: Verdrängungen, Abspaltungen in der Seele werden nicht geheilt, „erlöst", wenn sie nicht angenommen werden. Hier haben wir eine grundlegende Richtschnur für Geistliche Begleitung, ein Beispiel, wie theologische Wahrheiten eine psychologische Dimension enthalten, deren wir erst in der Neuzeit bewusst werden.

    Ein weiteres Beispiel: Das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis Mariens wurde im Jahre 1854, als Pius IX es offiziell verkündete, theologisch ausschließlich im Blick auf Christus und die Gottesmutterschaft Mariens begründet: da Maria den Sohn Gottes empfangen sollte, „geziemte" es sich, dass ihr Leib vor der Erbsünde bewahrt wurde.

    Pater Kentenich betonte immer schon, dass unsere Kultur von einem theozentrischem Weltbild zu einem anthropozentrischem Weltbild übergegangen ist. Der Mensch steht im Mittelpunkt unserer Aufmerksamkeit. Konsequenterweise eröffnet dieser Gesichtspunkt auch die Frage nach der anthropologischen Dimension des Dogmas. Mit Maria knüpft Gott wieder an am Paradies und schafft und stattet einen Menschen so aus, wie er sich ursprünglich die ganze Menschheit gedacht hat. Sie ist die zweite Eva und deshalb für uns Modell und Leitbild.

    Diese paradiesische Verfasstheit hat auch psychologische Auswirkungen. Wenn die Gottesmutter unbefleckt empfangen ist, dann muss sie eine Frau von „natürlicher und übernatürlicher Lebensfülle gewesen sein, wie Pater Kentenich sagt, eine selbstsichere und vitale Frau – nicht nur „un-befleckt, sondern „unverdorbenes Konzept" (Ida Friederike Görres) –, eine Frau mit ungestörter und vitaler Beziehungsfähigkeit: reiches Gemüt, starker Wille, klarer Verstand, reines Herz. Also ganz im Gegensatz zu vielen bildlichen und literarischen Darstellungen weder scheu noch einfältig oder gar untertänig.

    Dementsprechend müsste man eigentlich das Fest vom Unbefleckten Herzen Mariens – der Name betont wiederum nur den erbsündlichen Gesichtspunkt – umbenennen in das „Fest vom integrierten Herzen Mariens".

    Grundlage der schönstättischen Spiritualität ist das Liebesbündnis mit der Gottesmutter. Es wurzelt in der Offenbarung und richtet sich aus an der Theologie des Bundes. Durch die Wortwahl (Liebes–Bündnis) wie durch den Vorgang der Gründung selbst wird aber deutlich, dass es sich hier nicht nur um die Ausfaltung einer traditionellen Bundestheologie handelt, sondern dass der Vorgang wesentlich eine psychologische Dimension einschließt. Das Bündnis mit Gott schafft/soll schaffen eine ganzheitliche Bindung, die die ganze Person ergreift, die auch Zwischenglieder einschließt – deshalb Bündnis mit der Gottesmutter – und die sich ausweitet zu Bindungen an andere und selbst an geschaffene Dinge, wofür dann die Bindung an einen heiligen Ort Symbol ist. Aus einem solchen Bündnis soll ein ganzer „natürlicher und übernatürlicher Bindungsorganismus" entstehen.

    Zusammenfassend lehrt Pater Kentenich deshalb, dass die gesamte geschaffene Wirklichkeit „Ausdruck, Schutz und Mittel", Symbol also, für die übernatürliche Wirklichkeit ist und umgekehrt. Die Aussage knüpft an die Lehre des heiligen Thomas von der

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