Elektronik in der Fahrzeugtechnik: Hardware, Software, Systeme und Projektmanagement
Von Kai Borgeest
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Buchvorschau
Elektronik in der Fahrzeugtechnik - Kai Borgeest
Book cover of Elektronik in der Fahrzeugtechnik
ATZ/MTZ-Fachbuch
In der Reihe ATZ/MTZ-Fachbuch vermitteln Fachleute, Forscher und Entwickler aus Hochschule und Industrie Grundlagen, Theorien und Anwendungen der Fahrzeug- und Verkehrstechnik. Die komplexe Technik, die moderner Mobilität zugrunde liegt, bedarf eines immer größer werdenden Fundus an Informationen, um die Funktion und Arbeitsweise von Komponenten sowie Systemen zu verstehen. Fahrzeuge aller Verkehrsträger sind ebenso Teil der Reihe, wie Fragen zu Energieversorgung und Infrastruktur.
Das ATZ/MTZ-Fachbuch wendet sich an Ingenieure aller Mobilitätsfelder, an Studierende, Dozenten und Professoren. Die Reihe wendet sich auch an Praktiker aus der Fahrzeug- und Zulieferindustrie, an Gutachter und Sachverständige, aber auch an interessierte Laien, die anhand fundierter Informationen einen tiefen Einblick in die Fachgebiete der Mobilität bekommen wollen.
Kai Borgeest
Elektronik in der Fahrzeugtechnik
Hardware, Software, Systeme und Projektmanagement
4., akt. und verb. Aufl. 2021
../images/290731_4_De_BookFrontmatter_Figa_HTML.pngLogo of the publisher
Prof. Dr.-Ing.Kai Borgeest
Zentrum für Kfz-Elektronik und Verbrennungsmotoren, Technische Hochschule Aschaffenburg, Aschaffenburg, Deutschland
ATZ/MTZ-Fachbuch
ISBN 978-3-658-23663-2e-ISBN 978-3-658-23664-9
https://doi.org/10.1007/978-3-658-23664-9
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Vorwort zur 4. Auflage
Über sieben Jahre sind seit der letzten Auflage vergangen. In dieser Zeit ist viel geschehen. Die Öffentlichkeit dürfte interessieren, dass die Anzahl der Todesfälle durch Verkehrsunfälle im deutschen Straßenverkehr trotz leicht steigender Unfallzahlen weiter gesunken ist auf 3046, dazu trägt sicher auch der Fortschritt in der passiven Sicherheit bei und damit die Elektronik im Fahrzeug. Das wichtigste Ereignis aus Sicht der Öffentlichkeit ist aber, dass der Abgasskandal 2015 aufgedeckt wurde. Nachdem ich 2017 ein Buch zu diesem Thema verfasst habe, erübrigt sich eine detaillierte Behandlung in diesem Buch, trotzdem enthält es viele Themen, die mit dem Abgasskandal in Zusammenhang stehen und die in dieser Auflage ausgebaut wurden, insbesondere die Abgasnachbehandlung und weitere Aufgaben der Steuergeräte.
Weniger spektakulär, aber dennoch zumindest in einigen Bereichen für den Autokäufer auch erkennbar ist die weiter zunehmende Digitalisierung des Fahrzeugs. Immer mehr Daten werden im Fahrzeug verarbeitet, der Öffentlichkeit wird dies auch dann bewusst, wenn ein Fahrzeug ohne Schlüssel mit Hilfe eines Smartphones entwendet wird oder Hacker während der Fahrt über Funk die Bremse manipulieren. So ist es notwendig, das Thema Datensicherheit in die Auflage mit aufzunehmen.
Die Elektromobilität gewinnt in vielen Ländern an Fahrt; während sich Lithium‐Ionen‐Akkumulatoren inzwischen etabliert haben, wird bereits an zukünftigen Batteriegenerationen gearbeitet, auch diese sollte der Leser kennen.
Die Industrie erforscht autonome Fahrzeuge. Viele Assistenzsysteme, die in diesem Buch vorgestellt werden, verschmelzen damit zu einem System, die Kommunikation zwischen Steuergeräten nimmt zu. Neue Multimedia‐Funktionen führen ebenfalls zu einer Zunahme der Kommunikation. CAN FD und Ethernet wurden in der letzten Auflage nur knapp erwähnt, diese Themen wurden erweitert. Mit dem CAN XL steht bereits eine Weiterentwicklung des CAN FD vor der Türe.
Daneben gibt es viele kleinere Entwicklungen, die in dieser Auflage aufgegriffen werden. Das Buch enthält ein umfangreiches Normenverzeichnis, auch dieses bedurfte nach sieben Jahren einer umfassenden Aktualisierung. Die meisten Aktualisierungen waren zu den Themen EMV und Diagnose erforderlich.
Kai Borgeest
Aschaffenburg
im Oktober 2020
Vorwort zur 3. Auflage
Vorab die erfreulichste Änderung gegenüber den vorigen Auflagen: Die Anzahl der Unfalltoten in Deutschland ist 2012 weiter gesunken auf 3606. Natürlich wurden nicht nur Zahlen aktualisiert, die neue Auflage beinhaltet viele weitere Aktualisierungen und Änderungen. Erweitert wurde das Buch, wo es zugunsten der Aktualität nötig war, insbesondere bei Hybridantrieben, der funktionalen Sicherheit und bei den Anwendungen der Kfz‐Elektronik. Die grundlegende Zielsetzung, dem Leser nicht einfach nur viele Beispiele aufzuzählen, sondern Brücken zwischen Grundlagen und Anwendungen zu bauen, zu erläutern, wie Kfz‐Elektronik entwickelt wird und auch einen kritischen Blick hinter die Kulissen zu werfen, wo dies für den Leser interessant ist, wurde beibehalten. Einige Formulierungen wurden optimiert. Sehr hilfreich sind Rückmeldungen von Lesern, insbesondere von Studenten. Auch diese sind hier zu einem großen Teil eingeflossen. Ganz besonders freut mich die zunehmende internationale Bekanntheit des Buchs, so liegen bereits erste Anfragen aus dem Ausland für lizenzierte Übersetzungen vor.
Kai Borgeest
Aschaffenburg
im März 2013
Vorwort zur 2. Auflage
Seit der 1. Auflage gab es zahlreiche Veränderungen, die in die 2. Auflage eingearbeitet wurden, die erfreulichste: In der Einleitung der 1. Auflage war noch von den ca. 5000 Toten im deutschen Straßenverkehr die Rede, im Jahr 2008 waren es nur noch 4467, nach ersten Schätzungen im Jahr 2009 noch weniger. Zusätzlich gab es seit der 1. Auflage kleinere und größere Weiterentwicklungen sowie neue gesetzliche Vorgaben und Normen.
Die Anregung von Lesern, die Themen Elektro‑/Hybridfahrzeuge sowie EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit) auszubauen, habe ich gerne aufgegriffen, zumal ich auf letzterem Gebiet tätig war, bevor ich in die Autoindustrie ging.
Aufgrund der Aktualität wurde auch das Thema Abgasnachbehandlung aus Sicht der Elektronik ausgebaut.
Neben diesen Kernpunkten gibt es viele kleinere Erweiterungen. Als alles geschrieben war, betrug der Umfang zeitweilig über 420 Seiten, damit begann die Phase der Layout‐Tricks, um möglichst viele neue Inhalte unterzubringen, ohne den Umfang zu sehr zu erweitern.
Zunächst möchte ich Frau Fromm (Fromm MediaDesign) für ihre Unterstützung danken, nach der Ablieferung der 1. Auflage und der 2. Auflage eine Druckvorlage zu bereiten. Für die 2. Auflage danke ich auch Herrn Prof. Dr.‐Ing. Johannes Teigelkötter, der als Experte für elektrische Maschinen das neue Kapitel durchsah und sein Elektrofahrzeug fotogen bereitstellte. Herrn Prof. Dr.‐Ing. U. Bochtler möchte ich für die Fototour in sein EMV‐Labor danken, auch wenn aus Platzgründen nicht alle Fotos untergebracht werden konnten.
Kai Borgeest
Aschaffenburg
im Januar 2010
Vorwort
Im Sommersemester 2005 hielt ich an der Hochschule Aschaffenburg erstmalig die Vorlesung „Kfz‐Elektronik" für Studenten der Mechatronik und der Elektrotechnik, beide im achten Semester. Das Ziel sollte sein, die Teilnehmer, die bereits Kenntnisse in Elektronik und Informatik mitbringen, zu befähigen, erfolgreich die vielen interessanten Aufgaben bei einem Automobilzulieferer oder einem Autohersteller zu meistern. Aber welche Kenntnisse sind das?
Man könnte nun jedes einzelne elektronische System im Fahrzeug detailliert vorstellen. Das mag sogar ganz interessant erscheinen (deswegen werden wir das auch im Buch tun, aber kurz und bündig), es hilft dem Ingenieur aber nicht unbedingt weiter, zuverlässige Produkte unter den Anforderungen der Automobilbranche zu entwickeln. Oft arbeitet er lange Zeit nur an einem Teilsystem im Fahrzeug, muss dieses Teilsystem aber in all seinen Facetten (Hardware, Software, Gesamtsystem) kennen. Er muss wissen, wie ein Elektronikmodul aufzubauen ist, das mal mit der Temperatur des heißen Motorraums arbeiten muss und mal mit klirrendem Frost. Neben den Temperaturen gibt es noch weitere Anforderungen, die aus anderen Anwendungsfeldern der Elektronik nicht so bekannt sind. Eine ganz besonders wichtige Anforderung ist der Preis. Noch größer sind die Unterschiede bei der Software. Wer sich mit PC gut auskennt, wird schnell bemerken, dass Steuergeräte im Auto im Vergleich zum PC recht eigenartige Rechner sind. Ein Entwicklungsingenieur im Automobilbereich sollte auch einige grundlegende Kenntnisse zum Thema Zuverlässigkeit mitbringen.
Wenn es bei der Entwicklung von Kfz‐Elektronik zu Problemen kommt, sind dies aber meist gar keine technischen Probleme. Entwickelt wird nicht alleine in der Dachkammer, sondern in einem Team, dabei arbeiten Zulieferer und Fahrzeughersteller sehr eng zusammen. Ein Entwicklungsingenieur bei einem Zulieferer kann durchaus täglichen Kundenkontakt haben, ein Entwicklungsingenieur bei einem Fahrzeughersteller hingegen hat keinen Kontakt zu seinen Kunden, den späteren Käufern. Neben der reinen Technik spielen Entwicklungsabläufe eine große Rolle. Und ein enormer Zeitdruck. Der Ingenieur muss auch verstehen, „wie" richtig entwickelt wird.
Damit ist das Programm einer Vorlesung mit 4 Semesterwochenstunden dann auch mehr als gefüllt. Nun fehlt nur noch ein passendes Buch zur Vorlesung. Es gibt einige gute Bücher zu Teilaspekten, es gab aber keines, das unmittelbar zur Vorlesung passte. So entstand dieses Buch. Es ist etwas dicker geworden, an einigen Stellen geht es über die Vorlesung hinaus, es dürfte nun aber alles drin stehen, was man benötigt, um Kfz‐Elektronik zu entwickeln.
Kein Buch entsteht allein dadurch, dass man es einfach schreibt. So möchte ich vor allem Herrn Dapper vom Vieweg Verlag für die gute Zusammenarbeit danken.
Wenn im Buch die Bedeutung des Testens für die technischen Systeme im Fahrzeug betont wird, gilt das auch für das Buch selbst. „Testen" bedeutet hier vor allem, das Buch noch einmal gründlich nach Fehlern und Verbesserungsmöglichkeiten zu durchsuchen. Daher möchte ich auch allen danken, die kleinere oder auch größere Teile noch einmal aus einem anderen Blickwinkel gelesen haben, nämlich den Herren Prof. Dr.‐Ing. Jörg Abke, Dipl.‐Ing. Björn Arnold, Dipl.‐Ing. Marian‐Peter Bawol, Dipl.‐Ing. Harald Wojtkowiak und Frau Dr.‐Ing. Mingli Bai.
Danken möchte ich auch Herrn Schreier (Akkumulatorenfabrik Moll), Frau Dangel und Herrn Dietsche (Robert Bosch GmbH), Herrn Schäfer (Sharp Electronics GmbH) und Herrn Thurau (VTI Technologies Oy) für die Unterstützung beim Bildmaterial.
Kai Borgeest
Aschaffenburg
im November 2007
Abkürzungen
Symbole
A
Querschnittsfläche
A
Systemmatrix (Zustandsraum)
A
FMEA: Auftreten(swahrscheinlichkeit) eines Fehlers auf einer Ordinalskala von 1 bis 10
a
Beschleunigung
a y
Querbeschleunigung
B
FMEA: Bedeutung eines Fehlers auf einer Ordinalskala von 1 bis 10
B
magnetische Flussdichte
B
Steuermatrix (Zustandsraum)
b
Steuervektor (Zustandsraum)
C
Kapazität
C th
Wärmekapazität
C′
Kapazitätsbelag einer Leitung
c
Federkonstante
C
Beobachtungsmatrix (Zustandsraum)
c T
transponierter Beobachtungsvektor (Zustandsraum)
D
FMEA: Wahrscheinlichkeit, einen Fehler nicht zu erkennen, auf einer Ordinalskala von 1…10
D
Durchgangsmatrix (Zustandsraum)
d
Abstand, Dicke
d
Durchgang (Zustandsraum)
d
Dämpfung
df
relative Abweichung der Oszillatorfrequenz
E
FMEA: Entdeckungsfähigkeit eines Fehlers auf einer Ordinalskala von 1 bis 10
E
elektrische Feldstärke (als Vektor unterstrichen)
e
Emissionsgrad
e(t)
Regelabweichung
F
Kraft
f
Frequenz
g
Erdbeschleunigung (9,81 m/s²)
H
magnetische Feldstärke (als Vektor unterstrichen)
I
Strom (präzisiert ggf. durch Indizes zur Angabe eines Schaltungszweigs, z. B. I C),
I aus
Ausgangsstrom
I D
Drainstrom
i
Zählindex
K D, $$ K^{\prime}_{D}$$
Differentialbeiwert
K I
Integralbeiwert
K P
Proportionalbeiwert
k
Zählindex
L
Induktivität (einfacher Index: Selbstinduktivität, Doppelindex: Gegeninduktivität)
L′
Induktivitätsbelag einer Leitung
L
Rückkopplungsmatrix im Beobachter
l
Länge
M
Vorfilter (Zustandsregler)
M
Drehmoment
m
Masse
m(t)
Stellgröße
n
Anzahl
n
Drehzahl
n
Ladungsträgerdichte
n 0
Synchrondrehzahl
P
FMEA: Auftrittswahrscheinlichkeit eines Fehlers auf einer Ordinalskala von 1…10
P
Leistung
P V
Verlustleistung
p( )
Wahrscheinlichkeit des in Klammern angegebenen Ereignisses
Q
Wärme (durch Punkt gekennzeichnete 1. Ableitung nach der Zeit: Wärmestrom)
q
Elementarladung (1,602 · 10−19 As)
R
Rückführmatrix (Zustandsregler)
R
Widerstand
R on
Einschaltwiderstand
R th
Wärmewiderstand
R′
Widerstandsbelag einer Leitung
R S
Serienwiderstand
RPZ
FMEA: Risikoprioritätszahl
r
Datenrate
r
Radius
t
Zeit
S
FMEA: Schwere eines Fehlers auf einer Ordinalskala von 1 bis 10
S
Stromdichte (fett: als Vektor)
S
Poynting‐Vektor
s
Weg
s
Schlupf einer Induktionsmaschine
T
Periodendauer
T
absolute Temperatur (in Kelvin)
T amb
Umgebungstemperatur
T aus
Ausschaltzeit
T bit
Dauer eines Bits
T N
Nachstellzeit
T Phase_Seg1
Dauer des Phasensegments 1 beim CAN‐Bus
T Phase_Seg2
Dauer des Phasensegments 2 beim CAN‐Bus
T q
Zeitquantum beim CAN‐Bus
T SJW
Synchronisationssprungweite beim CAN‐Bus
T V
Vorhaltezeit
t
Zeit
t d
Impulsdauer bei genormten Testpulsen
U
elektrische Spannung
U a
Spannungseinbruch bei simuliertem Start
U aus
Spannungsamplitude
U B
Batteriespannung, Betriebsspannung
U DS
Spannung zwischen Drain und Source eines FET
U ind
induzierte Spannung
U ref
Referenzspannung eines AD‐Wandlers
U s
Spannungseinbruch bei simuliertem Start
U Sensor
Sensorspannung
u i
Eingangsgrößen (im Zustandsraum)
$$ v$$Geschwindigkeit
$$ v_T$$Tastverhältnis
W
Energie
$$ w(t)$$Führungsgröße eines Reglers
x(t)
Regelgröße
x′(t)
Messgröße
x″(t)
korrigierte Messgröße
x i
Zustandsgrößen (im Zustandsraum)
y(t)
Stellgröße eines Reglers
y D(t)
Differentialanteil der Stellgröße eines Reglers
y I(t)
Integralanteil der Stellgröße eines Reglers
y i
Ausgangsgrößen (im Zustandsraum)
y P(t)
Proportionalanteil der Stellgröße eines Reglers
Z
Wellenwiderstand
z(t)
Störgröße
α
Wärmeübergangskoeffizient
∆
(vor einem anderen Symbol, um eine Differenz auszudrücken)
δ
Lenkwinkel
ε
Permittivität (= ε 0 · ε r)
ε 0
elektrische Feldkonstante (Dielektrizitätskonstante): 8,85419 · 10−12 As/Vm
ε r
relative Permittivität (1,0 für Vakuum und Luft)
λ
Luftzahl
λ
Wärmeleitfähigkeit
λ
Ausfallrate
λ
Schlupf
μ
Permeabilität (= μ 0 · μ r)
μ 0
magnetische Feldkonstante: 4π · 10−7 Vs/Am
μ r
relative Permeabilität
ω Rad
Raddrehzahl
ρ
spezifischer Widerstand, spezifischer Wärmewiderstand
ρ
Ladungsdichte
σ
Stefan‐Boltzmann‐Konstante (10−8 W/m²K⁴)
τ
Zeit als Integrationsvariable
τ ι
Verzögerung
φ
Winkel (allgemein) oder Winkel der Kurbelwelle
Ψ
Gierwinkel (Abweichung zwischen Fahrzeuglängsachse und Bewegungsrichtung)
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung 1
2 Bordelektrik 3
2.1 Bordnetz 3
2.1.1 Leitungen und Kabelbäume 4
2.1.2 Verdrahtungspläne 6
2.1.3 Steckverbinder 8
2.1.4 Sicherungen 10
2.2 Mehrspannungs‐Bordnetz 10
2.3 Energiemanagement 12
3 Energiespeicher 15
3.1 Blei‐Akkumulatoren 18
3.2 Blei‐Kohlenstoff‐Akkumulatoren 19
3.3 Nickel‐Cadmium‐Akkumulatoren 20
3.4 Nickel‐Metallhydrid‐Akkumulatoren 20
3.5 Li‐Ionen‐Akkumulatoren 21
3.6 Natrium‐Schwefel‐Akkumulatoren 24
3.7 Lithium‐Schwefel‐Akkumulatoren 24
3.8 Lithium‐Luft‐Akkumulatoren 25
3.9 Natrium‐Nickelchlorid‐Akkumulatoren 25
3.10 Natrium‐Ionen‐Akkumulatoren 26
3.11 Natrium‐Luft‐Akkumulatoren 26
3.12 Kondensatoren als Energiespeicher 27
3.13 Brennstoffzellen 28
3.14 Weitere Energiespeicher 30
4 Hybridantriebe und elektrische Antriebe 33
4.1 Elektrische Maschinen 33
4.1.1 Gleichstrommaschinen 35
4.1.2 Synchronmaschinen 36
4.1.3 Asynchronmaschinen 38
4.1.4 Umrichter 39
4.2 Lichtmaschine 40
4.3 Starter 43
4.4 Starter‐Generatoren 45
4.5 Hybridfahrzeuge 46
4.5.1 Serienhybride 47
4.5.2 Parallelhybride 48
4.5.3 Leistungsverzweigte Hybride 49
4.6 Elektrofahrzeuge 50
4.6.1 Brennstoffzellen‐Fahrzeuge 53
4.6.2 Fahrzeuge mit Aufladung am öffentlichen Netz 53
4.6.3 Solarfahrzeuge 55
5 Beispiel Elektronische Dieselsteuerung (EDC) 57
5.1 Aufgaben 58
5.2 Einspritzung 59
5.2.1 Winkeluhr 59
5.2.2 Berechnung der Einspritzmenge 63
5.2.3 Berechnung des Spritzbeginns 65
5.2.4 Ansteuerung des Einspritzsystems 66
5.2.5 Ansteuerung der Injektoren 67
5.2.6 Regelung des Raildrucks 73
5.3 Drehzahlregelung 75
5.4 Regelung des Luftsystems 76
5.4.1 Abgasrückführung 77
5.4.2 Aufladung 82
5.5 Abgasnachbehandlung 85
5.5.1 Partikelfilter 87
5.5.2 Stickoxid‐Filter 89
5.5.3 Abgas‐Sensorik 94
5.6 Der Abgasskandal 98
5.7 Thermomanagement 99
6 Datenkommunikation im Fahrzeug 105
6.1 Zuordnung von Funktionen zu Geräten 105
6.2 Kfz‐Elektronik als LAN 107
6.3 CAN‐Bus 110
6.3.1 Physikalische Schicht des CAN 112
6.3.2 Sicherungsschicht des CAN 125
6.3.3 Beispiele für aufgesetzte Protokollschichten 133
6.3.4 CAN FD und CAN XL 135
6.4 Weitere Bussysteme 138
6.4.1 LIN 138
6.4.2 Zeitgesteuerte Busse (Byteflight, TTCAN, TTP, FlexRay) 140
6.4.3 Busse für Rückhaltesysteme 144
6.4.4 Einfache Sensorbusse 146
6.4.5 Busse für Multimedia‐Anwendungen 146
6.4.6 Ethernet 149
6.4.7 Drahtlose Netze 150
6.5 Praktisches Vorgehen 151
7 Hardware 157
7.1 Steuergeräteschaltungen 157
7.1.1 Rechnerkern 157
7.1.2 Sensorik 169
7.1.3 Auswertung von Sensorsignalen 175
7.1.4 Ansteuerung der Aktoren 183
7.1.5 Spannungswandler 194
7.2 Elektromagnetische Verträglichkeit 197
7.2.1 Störquellen und Störsenken 198
7.2.2 Kopplungsmechanismen 199
7.2.3 EMV‐Normen und Gesetzgebung 203
7.2.4 Maßnahmen zur Sicherstellung der EMV 215
7.2.5 Simulation in der EMV 220
7.2.6 EMV‐Mess‐ und Prüftechnik 221
7.3 Mechanische Anforderungen 225
7.4 Thermische Anforderungen 226
7.5 Chemische Anforderungen und Dichtigkeit 232
7.6 Anforderungen an den Umweltschutz 234
7.7 Akustische Anforderungen 235
7.8 Aufbau‐ und Verbindungstechnik 236
8 Software 243
8.1 Architektur der Steuergeräte‐Software 243
8.2 Echtzeit‐Betriebssysteme 247
8.2.1 Aufgaben eines Echtzeit‐Betriebssystems 247
8.2.2 OSEK/VDX 250
8.2.3 AUTOSAR 254
8.3 Steuer‐ und regelungstechnische Funktionen der Software 259
8.3.1 Steuerungen 259
8.3.2 PI‐ und PID‐Regler 261
8.3.3 Modellbasierte Regler 266
8.4 Diagnosefunktionen der Software 273
8.4.1 Erkennung und Behandlung von Fehlern 274
8.4.2 Entprellung und Heilung von Fehlern 276
8.4.3 Fehlerspeicher‐Management 277
8.4.4 Kommunikation zwischen Steuergerät und Tester 278
8.4.5 On‐Board‐Diagnose (OBD) 286
8.4.6 Programmierung über die Diagnose‐Schnittstelle 290
8.4.7 ODX 291
8.4.8 OTX 292
8.5 Entwicklung der Anwendungs‐Software 294
8.5.1 Entwurf und Modellierung 294
8.5.2 Programmierung 295
8.5.3 Bypass 298
8.5.4 Datensatz und Applikation 299
8.5.5 Softwaretests 307
8.5.6 Flash‐Programmierung 316
9 Datensicherheit (Security) 323
9.1 Datensicherheit im Entwicklungsprozess 326
9.2 Verschlüsselung 327
9.3 Authentifikation 330
9.4 Validierung 332
9.5 Spezielle Angriffe 333
9.5.1 Schadsoftware 334
9.5.2 Nebenkanalangriffe 335
9.6 Tests 336
10 Sicherheit und Zuverlässigkeit 339
10.1 Die Norm ISO 26262 340
10.2 Ausfälle elektronischer Systeme 342
10.2.1 Alterung und Ausfall elektronischer Bauelemente 344
10.3 Ausfälle von Software 351
10.4 Methoden zur Analyse von Sicherheit und Zuverlässigkeit 352
10.4.1 FMEA 352
10.4.2 Fehlerbaumanalyse 355
10.4.3 Ereignisfolgenanalyse 357
10.5 Verbesserungsmaßnahmen 358
10.5.1 Qualifizierung von Bauelementen 358
10.5.2 Überwachung und Diagnose 359
10.5.3 Komplexität und Redundanz 360
11 Projekte, Prozesse und Produkte 365
11.1 Besonderheiten der Kfz‐Branche 365
11.2 Stufen der Elektronik‐Entwicklung 368
11.3 Projekte und Prozesse 370
11.4 Projekte in der Praxis 372
11.5 Projektphasen 373
11.5.1 Akquisitionsphase 374
11.5.2 Planungsphase 376
11.5.3 Entwicklungsphase 394
11.6 Management des Produktlebenszyklus 399
11.7 Architekturbasierte Entwicklung 400
11.8 Serienbetreuung 401
11.8.1 Serienbetreuung durch die Entwicklung 401
11.8.2 Produktion 401
11.8.3 Service 404
11.9 Qualität 405
11.9.1 Qualitätsmanagement 406
11.9.2 Qualitätsstandards 412
12 Anwendungen 421
12.1 Funktionsentwicklung am Beispiel Klimaregelung 421
12.1.1 Prinzip der Klimaregelung 421
12.1.2 Struktur der Klimaregelung (Beispiel) 423
12.1.3 Funktionsentwicklung im Klimasteuergerät (Beispiel) 424
12.2 Systeme im Antriebsstrang 426
12.2.1 Motorsteuergeräte (Otto) 426
12.2.2 Steuergeräte für variable Nockenwellen 431
12.2.3 Geregelte Kraftstoffpumpen 434
12.2.4 Geregelte Ölpumpen 434
12.2.5 Getriebesteuergeräte 435
12.2.6 Kupplungssteuergeräte 436
12.2.7 Elektronische Differenzialsperre 437
12.2.8 Motorlagerung 438
12.3 Systeme für die Fahrdynamik und die aktive Sicherheit 441
12.3.1 Längsdynamik und Bremsen 441
12.3.2 Querdynamik, Lenkung und ESP 448
12.3.3 Vertikaldynamik 452
12.3.4 Reifenüberwachung 454
12.4 Systeme für die passive Sicherheit 457
12.4.1 Pre‐Crash‐Systeme 458
12.4.2 Gurtstraffer 458
12.4.3 Airbag 459
12.4.4 Fußgängerschutz 461
12.4.5 Sicherheitssysteme im Sitz 462
12.4.6 Unfalldatenschreiber 462
12.5 Fahrerassistenz‐ und Informationssysteme 463
12.5.1 Spurhalte‐ und Spurwechselassistenten 463
12.5.2 Einparkhilfen 465
12.5.3 Navigationssysteme 466
12.5.4 Telematik 469
12.5.5 Autonomes Fahren 473
12.5.6 Scheibenreinigungssysteme 474
12.5.7 Außenbeleuchtung 475
12.5.8 Nachtsichtsysteme 479
12.5.9 Müdigkeitsassistent 480
12.5.10 Abblendspiegel 481
12.5.11 Seitenspiegel 481
12.6 Mensch‐Maschine‐Schnittstelle 482
12.7 Komfortsysteme 486
12.7.1 Sitzsysteme 486
12.7.2 Fensterheber und Schiebedach 487
12.7.3 Verdecksteuerung 488
12.7.4 Individualisierung 488
12.7.5 Innenbeleuchtung 488
12.8 Unterhaltungselektronik 489
12.9 Fahrzeugakustik 491
12.10 Diebstahlschutz 491
12.10.1 Zugang zum Fahrzeug 491
12.10.2 Wegfahrsperre 494
12.10.3 Lenkradverriegelung 496
12.10.4 Alarmanlagen 496
13 Selbstbau und Tuning 503
14 Zukunftstechnologien im Fahrzeug 507
14.1 Adaptronik 507
14.1.1 Beispiel Strukturversteifung mit Memory‐Metallen 508
14.2 Nanotechnologie 508
14.3 Photonik 509
14.4 Augmented Reality 510
14.5 Weitere Zukunftsentwicklungen 510
Normen 513
Stichwortverzeichnis 533
Fußnoten
1
Hier ist das in Großbritannien verbreitete „dependant" die übliche Schreibweise, obwohl auch „dependent" sprachlich korrekt ist.
2
Hier ist das in den USA verbreitete „dependent" die übliche Schreibweise, obwohl auch „dependant" sprachlich korrekt ist.
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K. BorgeestElektronik in der FahrzeugtechnikATZ/MTZ-Fachbuchhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-23664-9_1
1. Einleitung
Kai Borgeest¹
(1)
Zentrum für Kfz-Elektronik und Verbrennungsmotoren, Technische Hochschule Aschaffenburg, Aschaffenburg, Deutschland
Kai Borgeest
Email: kai.borgeest@th-ab.de
Der Ruf des Autos war vor 30 Jahren geprägt durch die hohe Umweltbelastung, durch zahlreiche Verkehrstote und durch wenig komfortables Reisen auf langen Strecken. Zwar belastet der Straßenverkehr auch heute noch die Umwelt, sind auch heute laut statistischem Bundesamt 3046 Verkehrstote jährlich 3046 zu viel und eine weite Reise ist, wenn man nicht die inzwischen gut ausgebauten Hochgeschwindigkeitsnetze der Bahn oder das inzwischen erschwingliche Flugzeug nutzt, immer noch beschwerlich. Trotzdem hat es in diesen 30 Jahren massive Verbesserungen beim Umweltschutz, bei der Sicherheit und beim Komfort gegeben. Während die Verbesserung der passiven Sicherheit maßgeblich auf konstruktive Verbesserungen der Karosserie und des Interieurs zurückzuführen ist, gehen beim Umweltschutz (Motormanagement, Abgasnachbehandlung), bei der aktiven Sicherheit (ABS, ESP) und beim Komfort diese Verbesserungen überwiegend auf das Konto der Elektronik. Und selbst bei den Fortschritten in der passiven Sicherheit durch den Airbag war die Elektronik nicht ganz unbeteiligt.
Diese Entwicklungen sind keinesfalls abgeschlossen, sondern stellen auch zukünftig Ingenieure vor reizvolle Aufgaben. So kommen z. B. immer mehr PKW mit Hybridantrieben auf den Markt und 2012 siegte erstmalig ein Hybridfahrzeug in Le Mans. Viele Fortschritte, die bei PKW bereits gemacht wurden, werden bei Nutzfahrzeugen und Zweirädern folgen. Während bei der passiven Sicherheit bereits ein hoher Stand erreicht ist, bieten die aktive Sicherheit und vor allem die Kombination aktiver und passiver Sicherheit neue Möglichkeiten. Da immer mehr ältere Menschen Auto fahren, werden Fahrerassistenzsysteme, die den Fahrer informieren, warnen und ggf. auch eingreifen, an Bedeutung gewinnen. Wenn Ingenieure neben ihrer Liebe zum technischen Detail auch permanent den Kundennutzen im Auge behalten, wird es sicher auch noch weitere sinnvolle Verbesserungen im Bereich Komfort und Unterhaltung geben.
Daneben gibt es weitere Fortschritte, so ermöglichen inzwischen auch die traditionell eher mit Traktoren assoziierten Dieselmotoren eine sportliche Fahrweise, 2006 siegte zum ersten Mal ein Dieselfahrzeug in Le Mans. Auch wenn dies dem gewöhnlichen Autofahrer nichts nützt, so erfährt auch dieser in immer mehr Fahrzeugen, dass ein Dieselmotor durchaus Spaß machen kann. Daneben entstehen neuartige Verbrennungsmotoren, die in vielerlei Hinsicht zwischen heutigen Diesel‐ und Ottomotoren angesiedelt sein werden, zurzeit aber noch den Status von Forschungsprojekten haben. Auch diese lassen sich nur mit Hilfe präziser elektronischer Regelungen realisieren.
Durch elektronische Diagnosesysteme kann eine aufwändige Fehlersuche theoretisch erheblich vereinfacht werden, in der Praxis trifft dies allerdings nicht immer zu.
Weitere Fortschritte, die sich erst anbahnen, liegen in der Vernetzung der Fahrzeuge untereinander und in der Kommunikation zur Infrastruktur. Damit wachsen Fahrzeuge und die Straßen langfristig zu einem aufeinander abgestimmten System zusammen. Insbesondere im Nutzfahrzeugbereich wird das einzelne Fahrzeug ein integraler Bestandteil von logistischen Konzepten.
Ein nützlicher Nebeneffekt der Weiterentwicklungen ist die Sicherung von Arbeitsplätzen, vor allem, wenn die deutsche Automobilindustrie auch zukünftige Entwicklungen anführt und nicht Entwicklungen verschläft.
Bei aller Freude über die Verbesserungen dürfen jedoch auch die Kehrseiten nicht geleugnet werden.
Ein wesentlicher Nachteil ist die hohe Komplexität. Wo Zuverlässigkeit gefordert ist, gilt nach wie vor der klassische Grundsatz, ein System so einfach wie möglich zu halten. Genau dies geschieht durch den massiven Elektronikeinsatz im Fahrzeug nicht mehr. Wer einmal in einer kalten Winternacht aufgrund eines Softwarefehlers mit seinem Fahrzeug liegen blieb, wird die bisherige Marke vermutlich meiden und seine Erfahrungen auch Freunden und Verwandten mitteilen. Wenn ein elektronisches Lenksystem aufgrund eines Softwarebugs beschließt, den nächsten Baum anzusteuern, wäre dies noch weitaus schlimmer. Leider zeigt sich, dass insbesondere in der Oberklasse zunehmend negative Erfahrungen mit der Zuverlässigkeit gemacht wurden. Um auch komplexe Systeme mit hinreichender Zuverlässigkeit zu realisieren, genügt es nicht, nur das fertige Produkt zu betrachten. Vielmehr müssen die Prozesse und Abläufe zur Entwicklung eines Gerätes oder Systems selbst erst entwickelt werden. Der Ingenieur muss also nicht nur im Auge haben, was bei der Arbeit eines Entwicklungsteams am Ende herauskommen soll, sondern auch, auf welchem Wege er dieses Ziel unter schwierigen Randbedingungen (Zeitdruck, Kostendruck) sicher erreicht, ohne Abstriche bei der Qualität hinzunehmen.
Ebenfalls wenig Begeisterung löst der steigende Elektronikumfang bei Autofahrern aus, die bisher ihr Fahrzeug selbst gewartet, repariert oder umgebaut haben. Diese machen die Erfahrung, dass die elektronische Diagnose zwar hilfreich ist, dass sie aber viele Arbeiten nicht mehr selbst durchführen können, sondern zunehmend auf eine Werkstatt angewiesen sind. Dies ist manchmal sogar beabsichtigt, da der Service eine wichtige Einnahmequelle ist. Die Elektronik bietet so einen Vorteil für den Hersteller und evtl. einen Nachteil für den Kunden, da der Hersteller inzwischen relativ frei gestalten kann, welche Tätigkeiten er noch dem Halter oder freien Werkstätten zugesteht und für welche Tätigkeiten ein lukrativer Besuch in der Markenwerkstatt nötig ist.
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K. BorgeestElektronik in der FahrzeugtechnikATZ/MTZ-Fachbuchhttps://doi.org/10.1007/978-3-658-23664-9_2
2. Bordelektrik
Kai Borgeest¹
(1)
Zentrum für Kfz-Elektronik und Verbrennungsmotoren, Technische Hochschule Aschaffenburg, Aschaffenburg, Deutschland
Kai Borgeest
Email: kai.borgeest@th-ab.de
Lange bevor elektronische Steuergeräte Einzug in das Fahrzeug hielten, gab es einfache elektrische und elektromechanische Systeme wie die Beleuchtung oder die Zündung. Diese Systeme benötigten Energie, was geeignete Energiequellen und die Weiterleitung der Energie über Kabel erforderte. Der Begriff Bordelektrik wird als Sammelbegriff für klassische elektrische Anlagen und moderne elektronisch gesteuerten Systeme verstanden. Da die elektronischen Systeme später vertieft werden, sollen in diesem Kapitel zunächst nur das Bordnetz, Energiequellen und das Energiemanagement betrachtet werden. Während bei einem Fahrzeug mit Verbrennungsmotor der Generator die relevante Energiequelle ist, gewinnen für Hybrid‐ und Elektrofahrzeuge elektrochemische Energiespeicher an Bedeutung, diesen wurde deshalb mit dieser Auflage ein eigenes Kap. 3 gewidmet, die Hybrid‐ und Elektroantriebe folgen in Kap. 4. Da Zündanlagen heute elektronisch arbeiten, sind diese im Kap. 12 untergebracht.
2.1 Bordnetz
Unter dem Begriff Bordnetz sei hier das System von Leitungen verstanden, das zum einen Energie von den Energiequellen im Fahrzeug (Batterie/Generator) zu den Verbrauchern überträgt, zum anderen aber auch Signale und Informationen elektrisch und in Einzelfällen auch optisch überträgt (Abb. 2.1).
../images/290731_4_De_2_Chapter/290731_4_De_2_Fig1_HTML.pngAbb. 2.1
Überblick über das Bordnetz
Während sich an den Energieflüssen in den letzten Jahrzehnten bis auf die Zunahme zahlreicher Kleinverbraucher nicht viel geändert hat, ist der Informationsaustausch zwischen den immer mehr werdenden elektronischen Steuergeräten geradezu explodiert. Dies führte dazu, dass Informationen heute über digitale Bussysteme wie den CAN‐Bus übertragen werden, die in Kap. 6 näher vorgestellt werden. Eine weitere Stufe zur Beherrschung der zunehmenden Verkabelung wäre die drahtlose Signalübertragung. In der Praxis scheitert diese aber an den zahlreichen abschirmenden Metallstrukturen im Fahrzeug und an den zu erwartenden Problemen im Bereich der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV). Die teils hitzig geführte öffentliche Diskussion über eventuelle Gesundheitsrisiken elektromagnetischer Wellen in bestimmten Frequenzbereichen, häufig unter dem unscharfen Schlagwort „Elektrosmog" zusammen gefasst, könnte der Akzeptanz eines Modells mit drahtlosen Techniken schaden.
2.1.1 Leitungen und Kabelbäume
Die häufigste Ursache für Fahrzeugbrände sind Kabelbrände, deshalb müssen alle Leitungen so ausgelegt sein, dass sie sich auch bei den teilweise sehr hohen Strömen nicht unzulässig erwärmen. Kurzschlüsse müssen durch Sicherungen verhindert werden.
Um eine unzulässige Erhitzung von Kabeln im normalen Betrieb zu verhindern, darf die zulässige Stromdichte S nicht überschritten werden. Aus dem Strom I und dem Leitungsquerschnitt A definiert sie sich zu
$$ S = \frac{I}{A}\;. $$(2.1)
Die zulässige Stromdichte hängt davon ab, ob es sich um einen Einzelleiter oder eine Litze handelt, vom Leitermaterial (meist Kupfer, selten Aluminium), außerdem von der Dicke und vom Material der Isolierung. Als grobe Richtwerte können zulässige Stromdichten von 5 A/mm² für den Dauerbetrieb und von 10 A/mm² für kurzzeitige Stromspitzen angenommen werden. Wird die zulässige Stromdichte überschritten, führt die Verlustleistung PV in der Leitung zu einer Überhitzung und damit zum Schmelzen, zur Zersetzung oder zum Brennen des Isoliermaterials oder angrenzender Strukturen, bei erheblicher Überlast auch zum Schmelzen des Leiters. Die Verlustleistung beim Strom I ergibt sich zu
$$ P_V = I^2R\;, $$(2.2)
mit
$$ R = \frac{\rho l}{A}\;. $$(2.3)
Darin ist l die Länge der Leitung, ρ der spezifische Widerstand des Leiters (bei Kupfer 0,0185 Ωmm²/m). Der Strom I kann aus der Leistung P des Verbrauchers (Beispiele in Tab. 2.1) und der anliegenden Spannung U bestimmt werden mit der Formel
$$ I = \frac{P}{U}\;. $$(2.4)
Tab. 2.1
Beispiele elektrischer Verbraucher [Bosch19]
Ein praktisches Vorgehen ist, nach Berechnung des Stromes den erforderlichen Querschnitt einer Tabelle für den entsprechenden Kabeltyp zu entnehmen. Diese enthalten eventuell auch gleich den zu wählenden Sicherungsnennwert. Solche Tabellen sind für die im Fahrzeug bis zu 60 V verwendeten Leitungstypen FLY und FLRY z. B. von den Kabelherstellern zu bekommen. Diese beiden Typen sind speziell für den Einsatz im Fahrzeug genormt [ISO6722, ISO19642].
Neben der Verlustleistung ist zu berücksichtigen, dass die ohmschen Widerstände der Leitungen keinen unzulässigen Spannungsabfall verursachen. Auch dieser kann nach dem ohmschen Gesetz berechnet oder aus Tabellen entnommen werden.
Kommt es zu einem Leitungsbrand, hängen das Brandverhalten, das Schmelz‐ und Tropfverhalten und die Freisetzung giftiger Brandgase vom Isoliermaterial ab. Besonders strenge Maßstäbe gelten für Leitungen im Aufenthaltsbereich von Personen, z. B. im Fahrgastraum von Bussen [R118].
[DIN72552] legt die zu verwendenden Farben der Leitungen fest, z. B. Braun für Masse. Häufig sind Kennzeichnungen zweifarbig.
Leitungen werden nur über kurze Strecken einzeln verlegt, über längere Strecken werden sie in Kabelbäumen gebündelt. Der Name beruht auf der verzweigten Struktur mit einem Hauptstrang, in dem viele Leitungen über lange Strecken parallel verlaufen, davon abzweigende kürzere Nebenstränge und daraus wiederum abzweigende Leitungen zu einzelnen Sensoren, Aktoren, Steuergeräten oder anderen elektrischen Einrichtungen. Gebündelt werden Kabelbäume oft in flexiblen Kunststoffschläuchen oder grobmaschigen Textilschläuchen. Heutige Fahrzeuge haben in der Regel mindestens einen Fahrzeugkabelbaum und einen Motorkabelbaum, oft besteht die Verkabelung des Gesamtfahrzeugs aus noch mehr Kabelbäumen. Die aufaddierte Länge der einzelnen Leiter in einem Fahrzeug erreicht heute mehrere Kilometer.
In Elektro‐ und Hybridfahrzeugen können Spannungen von mehreren 100 V auftreten. Ab 60 V (Spannungsklasse B nach [ISO6469-3]) hat sich der Begriff Hochvoltkabel durchgesetzt, da der Begriff Hochspannung bei Energieanlagen eine andere Bedeutung hat. Hochvoltkabel haben eine geerdete Abschirmung, sind mechanisch besonders stabil und durch ihre orange Farbgebung auffällig gekennzeichnet. Hochvoltkomponenten werden durch eine ringförmige Niederspannungsleitung verbunden (HVIL, High Voltage Interlock Loop), die auf Unterbrechungen überwacht wird. Wird eine Unterbrechung durch Trennung einer Leitung oder Öffnung eines Gehäuses erkannt, führt dies zur Abschaltung des Hochvoltsystems.
Da klassische Kabelbäume immer schwieriger im Fahrzeug unterzubringen sind, ist zu erwarten, dass die gewöhnlichen isolierten Rundleiter zukünftig durch flache Leiter mit rechteckigem Querschnitt, die auf einer flexiblen Kunststofffolie untergebracht sind, ersetzt werden. In einigen Bereichen, z. B. im Armaturenbrett, werden Flachleiter vereinzelt bereits heute eingesetzt, der Ersatz kompletter Fahrzeugkabelbäume ist in nächster Zukunft noch nicht zu erwarten. Eine höhere Bordnetzspannung käme diesem Ziel entgegen, dann könnten auch Leitungen zur Energieversorgung mit kleinerem Querschnitt ausgeführt werden.
2.1.2 Verdrahtungspläne
Dargestellt werden Verdrahtungspläne in standardisierter Form nach der Norm [DIN 72552]. Die Kennzeichnung von Betriebsmitteln (z. B. R für Widerstände, C für Kondensatoren) ist in [IEC81346] geregelt (vormals DIN 40719, dann DIN EN 61346)¹. Im oberen Teil sind wichtige Anschlüsse eingezeichnet, auf die alle Systeme im Fahrzeug zugreifen, dies ist v. a. die Spannungsversorgung mit den Klemmen 15, 30 und 31 (Abb. 2.2, Tab. 2.2). Die graue Färbung soll hier andeuten, dass es sich um die Zentralelektrik handelt, in der neben diesen Leitungen noch einzelne weitere Betriebsmittel vorhanden sind. Bei älteren Fahrzeugen ist die Zentralelektrik der in der Nähe des Armaturenbrettes, im Kofferraum oder im Motorraum untergebrachte Sicherungskasten, bei modernen Fahrzeugen kann diese Zentralelektrik ein eigenes, intelligentes Steuergerät mit Funktionen wie dem Energiemanagement sein, das evtl. durch einen weiteren Sicherungskasten ergänzt wird. Am unteren Bereich ist die Masse eingezeichnet, die teilweise durch die Karosserie realisiert wird und teilweise durch Massekabel. Im Beispiel sind unten zwei Massekabel zu sehen, die untere dritte „Leitung" ist hier die Karosserie. Zwischen den beiden durchlaufenden Rändern befinden sich an den von links nach rechts durchnummerierten Positionen die elektrischen Systeme. Zusätzlich sind Leitungsquerschnitte angegeben. Zur Identifikation der Leitungen im Fahrzeug können auch Hinweise auf die Farben gegeben werden, sofern der Plan nicht bereits farbig vorliegt. Aufgrund der ausgeprägten Standardisierung sind auch Pläne unterschiedlicher Fahrzeuge mit etwas Übung schnell zu verstehen. Bei elektronischen Steuergeräten, bei denen nicht immer aus dem Schaltplan ersichtlich ist, welchem Zweck eine Leitung dient, wäre eine zusätzliche Information über die Aufgabe einer Leitung hilfreich, diese fehlt oft oder es findet sich lediglich eine herstellerspezifische Abkürzung.
../images/290731_4_De_2_Chapter/290731_4_De_2_Fig2_HTML.pngAbb. 2.2
Ausschnitt aus einem Verdrahtungsplan mit Stromversorgung, Anlasser, Zündung (noch mit rotierendem Verteiler) und Kraftstoffanlage
Tab. 2.2
Klemmenbezeichnungen nach [DIN72552] (Auswahl)
[DIN72552] normt in Blatt 2 auch die Bezeichnung von Klemmen, die in nahezu jedem Fahrzeug vorkommen, ggf. mit ergänzenden Indizes. Die Tab. 2.2 zeigt eine kleine Auswahl. Die Begriffe treten oft auch in zusammengesetzter Form auf, z. B. K15 für Klemme 15.
Eine alternativ oder zusätzlich bei modernen Fahrzeugen verwendete Form stellt jedes Steuergerät als Rechteck mit seinen Sensoren, Aktoren und Versorgungsanschlüssen in einem eigenen Plan dar.
2.1.3 Steckverbinder
Die Verbindung von Teilkabelbäumen untereinander sowie zwischen einem Kabelbaum und den elektrischen Einrichtungen im Fahrzeug erfolgt lösbar über Steckverbinder (Abb. 2.3). Eine Ausnahme bilden wenige Verbindungen, die durch hohe Ströme belastet werden, z. B. an der Batterie, am Starter, z. T. auch an Generatoren, dort werden aufgeschraubte Kabelschuhe oder andere Schraubverbindungen bevorzugt.
../images/290731_4_De_2_Chapter/290731_4_De_2_Fig3_HTML.pngAbb. 2.3
Beispiel eines Steckers an einem Steuergerät. Der Stecker passt auf den Anschluss links unten. Man erkennt links am Stecker eine aufgezogene Öffnungshilfe. Der Stecker enthält kleine Signalkontakte und einige große Hochstromkontakte
Im Fahrzeug gelten besondere Anforderungen an Steckverbinder, die Vibrationen, widrigen Temperaturbedingungen und Feuchtigkeit ausgesetzt sind. Da Steckverbinder eine häufige Ursache von Störungen in der Elektrik sind, kommt diesen vernachlässigten Bauteilen eine wesentliche Bedeutung für die Zuverlässigkeit des Fahrzeugs zu.
Steckverbinder im Auto müssen hinreichend fest schließen, um sich nicht durch Vibrationen zu lösen. Wer schon einmal versucht hat, Steckverbinder im Fahrzeug zu lösen, weiß, dass dies mit Kraftaufwand und gelegentlich mit abgebrochenen Fingernägeln verbunden ist. Vielpolige Stecker an Steuergeräten besitzen deshalb integrierte Öffnungshilfen wie Hebel oder Zugkeile, die sich mit einem Schraubendreher aufhebeln lassen.
Der Schutz vor Feuchtigkeit wird durch Dichtungen und korrosionsfeste Kontakte sichergestellt. Ideal aber teuer sind Goldkontakte. Beide Kontaktpartner müssen aus dem gleichen Werkstoff bestehen, da andernfalls ein unbeabsichtigtes galvanisches Element entsteht. Außerhalb des Innenraumes muss mindestens Schutzklasse IP 67 erfüllt sein (Abschn. 7.5).
Wenn eine Verpolung zu Funktionsstörungen oder Schäden führen, kann, sollte der Steckverbinder z. B. mit Hilfe kleiner Kerben o. ä. asymmetrisch aufgebaut sein, um einen falschen Anschluss im Werk oder im Service