Wald: Dein größtes Abenteuer
Von Naomi Walmsley und Dan Westall
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Buchvorschau
Wald - Naomi Walmsley
Vorwort
Der vorliegende Band bietet eine Fülle praktischer Ideen, um Kinder mit Spaß ins Freie zu locken. Er soll Ihnen wichtiger Begleiter sein, wenn Sie die Kinder dazu anhalten, in der Natur zu spielen, etwas mit den eigenen Händen zu schaffen, entsprechende Fertigkeiten zu erlernen und etwas über die Natur um uns herum zu erfahren: Wie man mit einem Stock Feuer macht, eine Schutzhütte baut, in der man sogar übernachten kann, Steinwerkzeuge aus Sandstein und Schiefer oder Naturleim aus dem Saft von Bäumen herstellt, Ton in der Natur findet und Gefäße daraus töpfert, aus Gartenunkräutern sowie Allerweltspflanzen leckeres und nahrhaftes „wildes" Essen bereitet sowie vieles mehr.
Als wir uns kennenlernten, wurde uns bewusst, dass wir eine Leidenschaft teilen, wodurch wir uns besonders zueinander hingezogen fühlen: die Liebe zur Natur sowie die Begeisterung, draußen zu leben und zu arbeiten. Als Kinder kamen wir oft spät nach Hause, noch dazu von oben bis unten dreckig vom vielen Budenbauen, Bäumeklettern und Höhlenerkunden. Und wir kommen immer noch spät nach Hause, sind von oben bis unten schmutzverkrustet, wenn wir eine Zeitlang in unserem Wald zugebracht haben. Schon seit vielen Jahren arbeiten und lehren wir draußen in der Natur, unser größtes Bildungserlebnis war jedoch ein Wildnisabenteuer in den Bergen und Zedernwäldern im Osten des USA-Bundesstaates Washington. Diese fünf Monate, in denen wir wie steinzeitliche Jäger und Sammler lebten, hat unser heutiges Leben und Lehren nachhaltig geprägt.
Wir kündigten unsere Jobs, sagten unserem alten Leben Lebewohl und machten uns auf eine im wahrsten Sinne wilde Reise. Wir mussten so manche Fertigkeit unserer steinzeitlichen Vorfahren neu lernen: jagen, Fische fangen und Häute der Jagdbeute so zurichten, dass wir aus dem Leder unsere Kleidung fertigen können. Wir sammelten Essbares, machten haltbar, trockneten und legten ein, bauten und werkelten mit bloßen Händen, übten Feuer zu machen und hauten sowie schnitzten Steine sowie Knochen zu Werkzeugen. Ohne Handy, Strom, Landkarten oder Navi, Schokolade oder Zucker – und ohne Zelt. Wir hatten einzig das zu essen, was wir sammeln, einzig das zum Anziehen, was wir selber herstellen konnten. Ob das hart war? Ja, na klar! Faszinierend? Und wie! Ob wir es wieder tun würden? Unbedingt!
Von dieser Reise kamen wir völlig erschöpft und gleichzeitig wie neu geboren zurück. Das Leben draußen in der Wildnis ohne jegliche moderne Ausrüstung eröffnete uns eine neue Sichtweise auf das Leben und beschenkte uns mit ein paar ganz besonderen Geschichten. Die Erfahrung des Steinzeitlebens kommt uns nun als Quelle der Inspiration von Erwachsenen und Kindern gleichermaßen zugute. Einige der Geschichten teilen wir mit den Lesern dieses Buches.
Es ist unser dringendes Anliegen, durch den Erwerb von Fertigkeiten sowie durch Spiel und Spaß eine Verbindung zwischen Menschen und ihrer Umwelt herzustellen. Wir sind der Auffassung, dass alle Kinder (und Erwachsene!) spätestens im Alter von 10 Jahren in der Lage sein sollten, ein Feuer (gefahrlos) anzumachen, wenigstens fünf heimische Pflanzen und Bäume sowie zehn Vogelarten zu benennen und außerdem mindestens zehn verschiedene Möglichkeiten aufzuzählen, was man mit Stöcken oder Steinen Sinnvolles anstellen kann. Dieses Buch soll alle dazu befähigen.
Es enthält eine Vielzahl leicht verständlicher Anleitungen, die Sie und die Kinder bei allerlei Aktivitäten lenken, leiten und begleiten sollen. Kleinere Kinder können die einfacheren Aufgaben gemeinsam mit ihren Eltern lösen. Größere werden Spaß daran haben, neue Fertigkeiten auf eigene Faust zu entdecken. Dieses Buch ist vieles in einem: Pflanzenbestimmungshilfe und Rezeptsammlung für leckere Wildnis-Snacks, aber auch Inspirationsquelle für Lehrer und Eltern, die junge Menschen dazu anhalten möchten, sich in der Natur zu betätigen und wohlzufühlen.
Spiel & Spaß in der Natur sind wichtig
Immer häufiger schaue ich zurück und vergleiche meine Kindheit mit den Gegebenheiten heute. Als ich klein war und meine Schwestern und ich uns langweilten, klagten wir, wir hätten „nichts zu tun. Wir hatten damals weder Smartphone noch Computer, aber unsere Eltern wussten, dass da draußen ein ganzer Fundus an Ideen, ja eine Schatztruhe voller Dinge lauerte, die man anstellen könnte. Also war ihre einfache Antwort meist: „Geht raus spielen.
Widerwillig schleppten wir uns nach draußen, und doch beschäftigten und vergnügten wir uns dort immer stundenlang. Wir sammelten Schnecken, bauten Rampen, Staudämme und Buden, gruben nach Schätzen. Als wir schließlich wieder ins Haus gingen, waren wir hungrig wie Wölfe, sprudelten über vor Geschichten, heckten Pläne für die Zukunft aus und waren voller Energie sowie Tatendrang. Dan berichtet von sich und seinen Geschwistern ganz Ähnliches. Er durfte die grünen Ecken in der Nähe des Elternhauses frei erkunden und durchstreifen, draußen bleiben, bis die Sonne unterging oder das Abendbrot fertig war.
Umfangreiche Forschungsergebnisse bestätigen, dass das Agieren in und das Interagieren mit der Natur die Kreativität von Kindern anregt, der Gesundheit zuträglich ist, den Vitaminspiegel hebt, die Problemlösekompetenz erhöht und Selbstvertrauen aufbaut. Ich kann dem nur beipflichten. Einerseits anhand eigener Erfahrungen bei der Arbeit mit Kindern in der Natur, andererseits, da es meine ältesten, intensivsten und lebhaftesten Kindheits-Erinnerungen sind. Nun beobachten Dan und ich, wie unsere eigenen Kinder und ihre Freunde gelegentlich gelangweilt, lustlos und träge im Haus herumhängen, dann aber, sobald man sie ins Freie schickt, neue Spielideen finden und sich davon begeistern lassen. Unsere sechsjährige Tochter sitzt still an ihrem Lieblingsplatz und beobachtet die Natur (siehe Seite 35), spürt Insekten auf und baut Buden, seit sie laufen kann. Voller Stolz benennt sie Pflanzen, macht Feuer und schnitzt. Wir sind überzeugt, dass unser Baby ihr bald nacheifern wird.
Die Natur kann beides sein: Spielplatz und Klassenzimmer, aber auch Lagerhaus mit Essbarem und Baumaterialien. Den Spaß beim Hopsen, Stampfen und Spritzen in einer Pfütze entdecken, Sandburgen bauen oder aus einer Pusteblume eine Wolke flaumiger Fallschirme in den Himmel schicken: Derartige Entdeckungen gehen einher mit wichtigen Lektionen, die man nie wieder vergisst: Was nämlich passiert, wenn die Schlammpfütze tiefer ist als die Gummistiefel hoch sind, oder man die Sandburg zu nahe der Brandung oder gar bei Ebbe gebaut hat und nun die Flut kommt.
Je älter Kinder werden, umso komplexer werden ihre Interaktionen mit der Natur und umso mehr Lern-Möglichkeiten bieten sich. Die Bekanntschaft mit einem Brombeerstrauch ermöglicht es ihnen, reife Früchte ebenso zu erfahren wie das Stechen der Dornen. Die Vierjährige, die sich einen Marienkäfer in einer Streichholzschachtel hält, mag untröstlich sein, wenn sie entdeckt, dass er gestorben ist, wird aber ein Gespür für Verlust, Trauer und natürliche Lebensräume entwickeln. Und wie segensreich es ist, wenn man Brennnesseln berührt und weiß, was zu tun ist, davon braucht man niemanden zu überzeugen.
Aus Angst sind manche Eltern unsicher und wollen ihre Kinder nicht allzu weit herumstreifen lassen. Jedoch bedeutet Natur nicht unbedingt immer nur große Wälder, ausgedehnte Parks und grüne Landschaften. Die Natur beginnt bereits im Garten. Wir müssen uns lediglich die Zeit nehmen, sie aufzuspüren und unserer Fantasie freien Lauf lassen. Möge unser Buch dabei ein Wegweiser sein.
Einige der positiven Effekte des Spielens in der freien Natur:
Es fördert das Wohlbefinden und eine gesunde körperliche Entwicklung.
Es stärkt die Muskeln und verbessert die Koordination.
Wir entwickeln mehr Selbstvertrauen und das kreative Denken bekommt einen Schub.
Wir verbrennen überschüssige Kalorien, was Fettleibigkeit vorzubeugen hilft.
Es fördert einen guten Schlaf und regt einen gesunden Appetit an.
Wir sind dem Sonnenlicht ausgesetzt, was uns auf natürliche Weise Auftrieb gibt und wodurch wir uns glücklicher fühlen.
Natur respektieren
Respekt, Schutz, Freude - diese drei Aspekte haben unser Verhalten in der Natur zu bestimmen. Wer gerne draußen aktiv ist, sollte dies immer beherzigen: Natur, Umwelt und Landschaft sind zu respektieren, zu schützen und zu genießen!
Respektiere andere. Nimm Rücksicht auf die Einheimischen sowie auf andere Menschen, die sich ebenfalls an der Natur erfreuen. Lass nichts zurück und nimm Deinen Müll wieder mit.
Lass Tore und Grundstücke so, wie Du sie vorgefunden hast. Mancher Bauer lässt seine Tore je nachdem, wie sein Viehbestand es erfordert, off en oder hält sie geschlossen.
Schütze Natur und Umwelt. Hilf sie zu bewahren, indem Du auf den Wegen bleibst, sofern kein Querfeldeinlaufen vorgesehen ist.
Halte Hunde an der Leine und lass sie nicht unkontrolliert herumstreunen. Denke an Schafe und Kühe. Auch wenn Dein Hund gut erzogen ist und auf’s Wort gehorcht, kann sich Vieh doch leicht erschrecken.
Genieße das Draußensein und erfreue Dich an der Natur. Plane im Voraus und bereite Dich gut vor. Befolge Ratschläge und beachte örtliche Hinweisschilder. Und denke immer daran: Nichts als Eindrücke und Fotos mitnehmen, nichts als Fußspuren hinterlassen.
Vorbereitung und Sicherheit
Wo notwendig, sind überall im Buch Sicherheitshinweise aufgeführt. Nicht vergessen: Mit der richtigen VORBEREITUNG beugt man Enttäuschungen vor.
V = Vorkehrungen
Präpariert den Ort im Voraus und sorgt dafür, dass entsprechende Sicherheitsmaßnahmen getroff en sind, also beispielsweise Wasser da ist, um ein Feuer zu löschen, oder eine geeignete Zange zur Hand ist, um Heißes aus dem Feuer oder vom Kocher zu nehmen.
O = Ordnung
Haltet Werkzeuge und Ausrüstung in Ordnung. Achtet darauf, dass Werkzeuge scharf sind. Stumpfe stellen eine Gefahrenquelle dar.
R = Ruhe
In der Ruhe liegt die Kraft. Vermeidet Fehler, indem Ihr nie in Hektik oder Eile verfallt. Nehmt Euch Zeit, habt Spaß und genießt es.
B = Bereitstellen
Stellt sicher, dass alles zur Hand ist, was Ihr braucht, ehe Ihr loslegt. Nur so könnt Ihr alles entspannt und fehlerfrei angehen.
E = Erwachsene
Stellt sicher, dass ein verantwortungsvoller Erwachsener dabei ist und ein Auge auf die Kinder hat, sobald mit Werkzeugen oder Feuer hantiert wird.
R = Respekt
Respektiert die Umwelt, befolgt die Regeln! Tut es auch, wenn Ihr in freier Natur umherstreift. Vorschriften dienen Eurer Sicherheit und sind dazu da, die Natur zu erhalten - auch für andere.
E = Erste Hilfe
Habt immer einen Verbandkasten oder eine Erste-Hilfe-Tasche dabei.
I = Information
Informiert Euch vorab, besonders wenn Ihr Essbares sammeln wollt, was Euch erwarten könnte. Naturführer und Bestimmungsbücher sind draußen in Wald und Flur eine große Hilfe. Neues zu Lernen, gehört dazu und ist Teil des Vergnügens.
T = Traut euch
Habt keine Angst. Entwickelt ein Gefühl für die Umgebung und lernt sie kennen. Nur weil Ihr draußen seid, heißt das zwar noch lange nicht, dass es da auch sicher ist, aber mit Umsicht und Aufmerksamkeit lässt sich die Situation einzuschätzen lernen. Schaut nach oben, nach unten und in alle Richtungen. Sicherheit ist oberstes Gebot.
U = Umsicht
Achtet immer auf andere in unmittelbarer Nähe, besonders wenn Ihr oder andere mit Werkzeugen hantieren.
N = Nicht im Dunkeln tappen
Stellt keine Mutmaßungen an. Solltet Ihr bei irgendetwas unsicher sein, fragt nach!
G = Genuss
Habt einfach ganz viel Freude an sowie Spaß in und mit der Natur. Genießt es!
Der Natur gegenüber aufgeschlossen sein
ENTWICKELT EINE BEZIEHUNG ZUR NATUR, INDEM IHR EURE SINNE SCHÄRFT. NEHMT NATUR GANZ BEWUSST WAHR. NEHMT WAHR, WIE DIE LUFT RIECHT, BEVOR EIN WOLKENBRUCH NIEDERGEHT. SETZT EUCH STILL UNTER EINEN BAUM UND BEOBACHTET, WIE ALLE NATUR UM EUCH HERUM EINER TÄGLICHEN ROUTINE FOLGT. KOSTET, WIE EINE FRISCH GEPFLÜCKTE, SAFTIGE BROMBEERE SCHMECKT. ERTASTET MIT BLOSSEN HÄNDEN, WIE SICH DIE RINDE EINER EICHE ANFÜHLT. ÖFFNET EUCH GEGENÜBER DER NATUR, UND SCHON WIRD SICH EINE GANZE ZAUBERWELT VOLLER ABENTEUER AUFTUN.
Naturbasteleien
Egal zu welcher Jahreszeit, die Natur hält immer ein ganzes Sammelsurium an Materialien bereit, aus denen sich etwas bauen, werkeln oder gestalten lässt. Unzählige Dinge sind da zu finden, die sich formen, zusammenstecken, drapieren oder zu wunderschönen kleinen Kunstwerken verarbeiten lassen. Die meisten handgefertigten Dinge, die aus, mit und in der Natur entstehen, beziehen ihre Schönheit aus dem Einfachen. Sie erfordern kaum Hilfsmittel oder Planung. Manche werden sogar der Erde zurückgegeben, indem sie einfach dort verbleiben, wo sie entstanden sind, und nach und nach verrotten. Vergesst also nicht, von derlei Werkstücken ein Foto zu machen, denn so, wie die Flut eine Sandburg fortträgt, tragen Wind und Regen ein Naturkunstwerk davon.
Vogelfutterknödel
Diese Bastelarbeit eignet sich wunderbar für die Wintermonate, wenn die Vögel kaum noch Futter finden. Wildvögel nehmen diese Unterstützung dankbar an, es hilft ihnen, die kalte Jahreszeit besser zu überstehen.
ALTER beliebig
ZEITAUFWAND 10+ Minuten
WERKZEUG Gartensack (falls vorhanden, aber nicht zwingend erforderlich), Schere
MATERIAL Schweineschmalz, Vogelfutter, Kiefernzapfen, Schnur, Schüssel. Schürze und Gummihandschuhe sind zu empfehlen.
Schritt 1
Sammelt so viele Kiefernzapfen, wie Ihr zu Meisenknödeln und Vogelfutterspendern verarbeiten wollt. In einer Schüssel vermischt und vermanscht Ihr mit den Händen die Vogelfutterkörnchen mit dem Schweinefett.
Schritt 2
Bindet eine Schnur so ans obere, spitze Ende des Kiefernzapfens, dass genügend Schnurlänge übrigbleibt, um den Zapfen an einen Baum oder ein Vogelhäuschen zu hängen.
Schritt 3
Manscht und drückt die Mischung rundherum in und an den Kiefernzapfen, achtet darauf, dass sie tief in die Ritzen und Winkel zwischen den einzelnen Schuppen des Zapfens eindringt.
Schritt 4
Bindet den Zapfen an einen Baum und wartet geduldig, bis die Vögel zu dem Geschenk, das Ihr ihnen gemacht habt, Vertrauen gefasst haben.
Tipp
Derlei Vogelfutterknödel lassen sich natürlich auch ohne Kiefernzapfen herstellen, aber mit einem Zapfen als Grundgerüst bleibt das Fett besser haften und der Knödel hält länger, ohne zu zerfallen.
Insektenhotel
Bei allen Tierarten, die es auf der Erde gibt, sind, so wird vermutet, neun von zehn Insekten. Manche können beißen, stechen oder sogar Krankheiten übertragen. Doch davon solltet Ihr Euch nicht abschrecken lassen – nur ganz wenige Insektenarten überhaupt sind gefährlich oder richten Schaden an. Im Gegenteil, die meisten gehören zu den Guten.