Die Besiedlung des Mondes: Technisch machbar. Finanziell profitabel. Logisch sinnvoll
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Über dieses E-Book
Wie könnte eine Besiedlung ablaufen?
Was wird die Besiedlung kosten?
Wie könnte eine Finanzierung aussehen?
Eine Siedlung auf dem Mond. Mit Bergleuten, Ärzten und Ingenieuren, mit Familien und Kindern. Mit Gemüsegärten, Bienen und Hühnern. Mit Fabriken und Fertigungshallen, mit Produktionsanlagen für Raketentreibstoffe und Solaranlagen. Mit einem Weltraumbahnhof, an dem Raumschiffe auf ihrem Weg in die Tiefen des Weltalls aufgetankt und gewartet werden können. Was wie ferne Zukunftsmusik klingt, könnte bald Realität werden. Der Physiker Dr. Florian Nebel nimmt uns mit auf eine Reise zu den Sternen und zeigt Schritt für Schritt, wie eine Besiedlung des Mondes ablaufen könnte.
Am Ende steht die Erkenntnis: Technisch und finanziell ist die Menschheit dazu in der Lage, dieses Großprojekt zu stemmen.
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Buchvorschau
Die Besiedlung des Mondes - Dr. Florian M. Nebel
WARUM SOLLTEN WIR DEN MOND BESIEDELN?
BESIEDLUNG DES MONDES:
MOTIVATION UND ZIELE
Seit der Amerikaner Eugene Cernan am 11. Dezember 1972 den Mond verlassen hat, ist kein Mensch mehr dorthin zurückgekehrt. Seine Fußabdrücke, zusammen mit jenen seiner Vorgänger, sind neben ein paar Flaggen und Ausrüstungsgegenständen das Einzige, das vom „Rennen zum Mond" übrig geblieben ist. Wie bei jedem Wettlauf war nur ein Ziel wichtig: Erster sein. Ein nachhaltiges Ziel – zumindest auf dem Mond – hat das amerikanische Mondfahrtprogramm Apollo nicht erreicht.
Heute, verfügt keine Nation mehr über eine Trägerrakete von der Kapazität der für das Apollo-Programm verwendeten Saturn V. Mondlandefähren stehen nur noch im Museum, genau wie die Raumschiffe, die die Crews zum Mond brachten. Betrachtet man das Apollo-Programm unter dem Aspekt „Besiedlung des Mondes", war es ein Fehlschlag. Trotz der Kosten von auf heutige Dollar umgerechnet 150 Mrd. USD hat es nicht zu einer Besiedlung des Mondes gereicht.
Ziel dieses Buches ist es, ein nachhaltiges Besiedlungskonzept für zukünftige Mondreisen vorzustellen. Um Nachhaltigkeit zu erreichen, ist es wichtig, die Idee des Wettlaufs zu begraben. Aus dem Wettkampf zweier Supermächte muss eine gemeinsame Anstrengung aller interessierten Länder werden. Eine internationale Unternehmung nach dem Vorbild der Internationalen Raumstation (ISS).
Raumfahrt und die Besiedlung des Weltraums im Speziellen haben das Potenzial, die Menschen in zwei Lager zu spalten: Enthusiasten und Realisten. Ein Enthusiast benötigt keine besonderen Gründe. Allein der Gedanke, die Wiege der Menschheit zu verlassen, hinauszugehen ins Universum und eine neue Welt zu entdecken, ist Grund genug es auch zu tun. Genau wie dem Entdecker früherer Tage reichen einem Enthusiasten das Abenteuer und die Belohnung, der Erste zu sein, der etwas Neues, etwas Wunderbares, sieht.
Einem Realisten fehlt dieser Abenteuergeist. Was zählt, steht unter dem Strich. Für ihn steht die Frage nach dem wirtschaftlichen Nutzen im Mittelpunkt. Bei der Raumfahrt liegt der Hauptnutzen in der Entwicklung neuer Technologien, dem Voranbringen von Wissenschaft und Technik. Wer nach „Spin off"-Technologien des Apollo-Programms sucht, der wird schnell fündig: Feuerfeste Kleidung oder Wasserfilter sind nur zwei Beispiele, bei denen ursprünglich für die Raumfahrt entwickelte Produkte mit großem Erfolg für den irdischen Alltag genutzt werden. Einige der Spin-Offs werden später im Kapitel näher vorgestellt.
Niemand weiß genau, wie viel Umsatz heute mit diesen Technologien erwirtschaftet wird. Es gilt aber als sicher, dass die Umsätze die Kosten des Apollo-Programms von 150 Mrd. USD bei Weitem übertreffen.
Wer wissen will, was unter dem Strich steht, muss unter viele Striche blicken. Unstrittig ist, dass eine Besiedlung des Mondes kurzfristig Kosten verursacht, die in ihrer Summe gesehen immens sind. Verteilt auf verschiedene Länder werden die Kosten jedoch überschaubar und tragbar, auf verschiedene Jahre aufgeteilt schließlich sogar klein. Versteht man Investitionen für die Raumfahrt als Subventionen für eine zukunftsträchtige Hightech-Industrie oder einfach nur als Investitionen in Bildung und Forschung, dann relativieren sich die Zahlen ganz schnell. Pro Jahr investiert alleine Deutschland über 150 Mrd. Euro in verschiedene Subventionen. Ausgaben in Bildung und Forschung übersteigen sogar die 200-Mrd.-Euro-Marke deutlich. Dagegen sind die Kosten des Apollo-Programms mit umgerechnet 115 Mrd. Euro geradezu gering. Bedenkt man die Laufzeit des Apollo-Programms von 12 Jahren (1961 bis 1972), so lagen die jährlichen Kosten nur bei 9,6 Mrd. Euro – nur etwa 6 % der Deutschen Subventionsausgaben. Geht man davon aus, dass sich Deutschland mit etwa 10 % an einer Mondmission von den Dimensionen des Apollo-Programms beteiligen würde, wären das gerade einmal 960 Mio. Euro bzw. 0,6 % der Ausgaben, die heute in Subventionen fließen.
Eugene Cernan 1972 auf dem Mond.
Zum Vergleich: Deutschland ließ sich das Betreuungsgeld – bis zu seinem Verbot auf Bundesebene – pro Jahr 680 Mio. Euro kosten, die Mehrwertsteuersenkung im Hotelgewerbe sogar etwa 1 Mrd. Euro. Nur mit diesen beiden, bei der Bevölkerung sehr unbeliebten Subventionen ließen sich 18 % der jährlichen Kosten eines Mondprogramms von den Dimensionen des Apollo-Programms tragen.
APOLLO WAR NICHT TEUER
Ausgaben in Deutschland pro Jahr für:
Deutsche Ausgaben im Vergleich zu den Kosten des Raumfahrt-Programms.
Die Zahlen sprechen für sich: Geld für ein Großprojekt wie die Besiedlung des Mondes ist genug da. Es wird nur gerade anders verwendet. Die Frage, die wir uns also stellen müssen, ist: Wo ist das Geld am besten angelegt? Mittelfristig muss es das Ziel einer Mondkolonie sein, von irdischer Unterstützung unabhängig zu werden, um selbst einen Beitrag zur Besiedlung des Weltraums leisten zu können. Im Folgenden werden einige Ideen erklärt, was eine Mondkolonie leisten kann.
ENTWICKLUNG DER MENSCHHEIT
Für den Enthusiasten der treibende Aspekt ist die Entwicklung der Menschheit hin zu einer idealen utopischen Gesellschaft. Eine Mondsiedlung wird dieses Ziel sicherlich nicht in einem Schritt erreichen, nähert sich diesem Ziel jedoch an.
EXTRATERRESTRISCHE ARCHE
Eine Mondsiedlung, wie klein auch immer, stellt einen Überlebensraum für die Menschheit außerhalb der Erde dar. Abhängig von der Größe der Siedlung kann mehr und mehr irdischen Lebensformen auf dem Mond eine Chance gegeben werden, eine irdische Katastrophe von globalem Ausmaß zu überstehen. Die Notwendigkeit für einen sicheren Überlebensraum wird schon länger gesehen, so hat z. B. die norwegische Regierung auf Spitzbergen den Svalbard Global Seed Vault errichten lassen, um Saatgut vor einer globalen Katastrophe zu beschützen. Mögliche Ursachen für eine globale Katastrophe gibt es viele. Meteoriteneinschläge haben bereits in der Vergangenheit der Erde ihr Potenzial gezeigt, die vorherrschende Weltordnung zu zerstören. Ein ähnliches Ausmaß an Zerstörung wird vom Ausbruch eines der sieben bekannten Supervulkane erwartet, deren bekannteste Vertreter im Yellowstone Nationalpark (USA), bei Neapel (Italien) oder bei Taupo (Neuseeland) liegen. Jede dieser Katastrophen hat das Potenzial, eine weltweite Tragödie auszulösen. Angewiesen ist die Menschheit auf diese Hilfe allerdings nicht. Seit dem Kalten Krieg verfügen die Supermächte über ausreichend Zerstörungskraft, um jedes Leben auf der Erde mehrfach auszulöschen. Auch nach Jahren der Abrüstung ist die Gefahr eines Atomkriegs mit der weitgehenden Auslöschung der Menschheit nicht gebannt. Eine autonome Siedlung auf dem Mond bietet einer kleinen Gruppe Menschen die Chance, jede irdische Katastrophe unter Garantie zu überleben.
Ein Vulkanausbruch könnte eines Tages große Teile der Erde zerstören.
FÖRDERUNG DES WELTFRIEDENS
Neben der Möglichkeit der plötzlichen Zerstörung der Zivilisation schöpft die Menschheit schleichende Maßnahmen im großen Stil aus. Klimawandel, Überbevölkerung, Wassermangel und sich ausbreitende lokale Konflikte haben langfristig das Potenzial, das Leben auf der Erde verhältnismäßig unattraktiv zu machen. Eine internationale Mondsiedlung bietet die Chance, die Möglichkeiten einer Welt ohne Grenzen und politische Unterschiede aufzuzeigen.
Nach einer Besiedlung des Mondes teilt sich der menschliche Lebensraum nicht mehr in Deutschland, Frankreich und Italien, oder Amerika und Europa, sondern in Mond und Erde.
Eine internationale Mondsiedlung würde automatisch als „Der Mond oder „Mondbürger
wahrgenommen werden. Das sollte auch eine Veränderung in der Wahrnehmung der restlichen Menschheit bewirken: als Erdbürger. Sobald dieses Gefühl der Zusammengehörigkeit auch in das politische Denken eingesickert ist und beginnt, das politische Handeln zu prägen, kann auch die Erde ein besserer Ort, ein grenzenloser Ort, werden.
ERSTER SCHRITT IN DEN WELTRAUM
Jede große Reise beginnt mit einem ersten Schritt. Die Ausbreitung der menschlichen Zivilisation auf andere Himmelskörper sollte mit dem nächstgelegenen, dem Mond, beginnen. Eine Reise zum Mond dauert nur wenige Tage. Zeitlich gesehen liegt der Mond für die ersten Pioniere näher an der Erde als Amerika an Europa. Trotzdem ist es Europäern gelungen, Amerika zu besiedeln. Eine Besiedlung des Mondes kann genauso gut gelingen.
FORSCHUNG UND WISSENSCHAFT
Als vermutlich primär von Wissenschaftsbudgets finanziertes Projekt werden Forscher und Wissenschaftler auf der ganzen Welt auch die ersten Nutznießer der Mondbasis sein.
EXTRATERRESTRISCHER STATIONSBAU UND BETRIEB
Bau und Betrieb eines Außenpostens auf einem lebensfeindlichen Himmelskörper wie dem Mond wird ein herausragendes Testfeld für alle involvierten Ingenieurswissenschaften. Der Bau einer Mondstation wird wertvolle Erkenntnisse für zukünftige Basen auf anderen Himmelskörpern – beispielsweise dem Mars – liefern, bietet aber immer noch die Sicherheit, in relativ geringer Zeit zur Erde evakuieren zu können oder neues Material nachzuschicken, um Planungsfehler zu korrigieren. Auf weiter entfernten Himmelskörpern wäre dies nur mit großer zeitlicher Verzögerung denkbar.
Zweifellos ist es möglich, eine Vielzahl dieser Erfahrungen auch auf der Erde zu sammeln. Alle Aspekte einer extraterrestrischen Siedlung können, für sich alleine, auf der Erde nachgebildet werden. Als Vorbereitung für den Basisbau sind diese Tests unerlässlich. Die Kombination von ausgedehnter Vakuumumgebung, starken Temperaturunterschieden, Strahlenbelastung und niedriger Gravitation gibt es allerdings nur auf dem Mond. Der Basisbau auf dem Mond wird Ergebnisse liefern, die in irdischen Tests nicht aufgetreten sind. Neue Erkenntnisse sollten sich im Bereich Bergbau, extraterrestrischer Landwirtschaft, Leichtbau und Biosphärenforschung ergeben, ebenso wie in der Erforschung der Auswirkung von geringer Gravitation auf den Menschen.
TEILCHENBESCHLEUNIGER
Die größte Maschine der Welt ist der Large Hadron Collider, kurz LHC, am CERN (Europäische Organisation für Kernforschung) bei Genf. In einem 26,7 km langen Tunnel unter dem Grenzgebiet zwischen der Schweiz und Frankreich beschleunigt ein Synchrotron Protonen bzw. Bleikerne aufeinander, um in den folgenden Reaktionen Rückschlüsse auf die Physik der Elementarteilchen zu ziehen. Mit großem Aufwand werden hierfür Vakuum erzeugt und Magnete gekühlt. Auf dem Mond gibt es das erforderliche Vakuum gratis. Im Schatten sind auch Tieftemperaturen kein Problem. Bau und Betrieb eines Teilchenbeschleunigers wären auf dem Mond erheblich einfacher. Vor allem Linearbeschleuniger – die keine Magneten zur Umlenkung erfordern, dafür aber eine lange gerade Strecke – könnten von einer Mondsiedlung betrieben werden.
Der Teilchenbeschleuniger am CERN.
TELESKOPE
In der Nähe der Pole gibt es auf dem Mond Orte, die in ewiger Dunkelheit liegen. Astronomen spekulieren seit Langem darauf, dort optische oder Radioteleskope zu betreiben, die vollkommen frei sind von jeglicher atmosphärischen Störung und irdischem Einfluss. An Orten ewiger Dunkelheit kann das Teleskop zudem immer zur Weltraumbeobachtung verwendet werden. Im Vergleich zum Niedrigen Erdorbit (LEO) könnten hier größere Teleskope errichtet, einfacher gewartet und ausgebaut werden. Die Nähe vom Mond zur Erde würde immer noch eine Auswertung und Fernsteuerung der Teleskope von der Erde aus ermöglichen. Ist einmal ein routinemäßiger Materialtransport zum Mond etabliert, kann es kosteneffizienter sein, ein Teleskop auf dem Mond zu errichten als auf der Erde. Ein auf dem Mauna Kea (Hawaii) geplantes Teleskop mit einem 30 m durchmessenden Spiegel wird auf etwa 1,3 Mrd. USD nur für den Bau veranschlagt. Das seit 1990 im LEO betriebene Hubble-Weltraumteleskop hat bis heute 2,5 Mrd. USD für Bau und Betrieb gekostet.
Auf dem Mond wird es nicht viel teurer werden. Aufgrund der ewigen Dunkelheit kann das Teleskop dort jedoch dreimal so lange genutzt werden wie eines auf Hawaii.
Da keine technischen Maßnahmen zur Korrektur der Atmosphärischen Störungen erfolgen müssen, wird das Teleskop insgesamt einfacher und damit in der Herstellung – abgesehen vom Standort – günstiger. Bei einem Bau auf dem Mond ist es vorstellbar, dass anders als im LEO zumindest das Gebäude für das Teleskop und eventuell Teile der Grobmechanik aus lokalen Baustoffen gefertigt werden können. Auf mögliche industrielle Beiträge des Mondes wird in späteren Kapiteln noch ausführlicher eingegangen.
ANDERE WISSENSCHAFTLICHE EXPERIMENTE
Mit fortschreitendem Kenntnisstand der Menschheit werden die zu untersuchenden Phänomene immer unscheinbarer und von anderen Effekten leicht überlagert. Der Mond besitzt viele dieser störenden Faktoren nicht. Als seismisch toter Himmelskörper gibt es quasi keine Erdbeben, womit erschütterungsempfindliche Experimente einfacher zu betreiben sind. Neben der Atmosphäre fehlt es dem Mond auch am Magnetfeld. Ohne diese Störgröße ist es vergleichsweise simpel zu überprüfen, ob die Gravitation auf Elektronen und ihre Anti-Teilchen, die Positronen, unterschiedlich wirkt. Eine Mondsiedlung wird viele Experimente ermöglichen, die heute eingeengt durch irdische Beschränkungen noch gar nicht erdacht worden sind.
WIRTSCHAFT UND FINANZEN
Wo eine neue Region erschlossen wird, sind auch Geschäftsleute nicht weit. Ob Mondtourismus für zahlungskräftige Kunden, Abbau teurer Rohstoffe oder profitable Finanzgeschäfte – der ein oder andere Unternehmer hat mit Sicherheit bereits ein Konzept für das Geschäft mit dem Mond in der Schublade.
TOURISMUS
Die zweite Branche nach Forschung und Wissenschaft, die von einer Mondbasis profitieren wird, ist der Tourismus. Ambitionierte Firmen haben bereits jetzt Mond und Mars als Ziel für touristische Unternehmungen im Auge, ohne dass es die Infrastruktur gibt, dorthin zu gelangen. Mehr noch als der Erdorbit bietet der Mond attraktive touristische Aktivitäten: Besuch der Apollo-Landestellen, sportliche Aktivitäten wie Mondgolf, Mondauto fahren oder Berge besteigen, die noch niemand bestiegen hat. Stärker noch als der Orbittourismus wird der Mondtourismus unter den hohen Anreisekosten leiden. Vorstellbar sind daher längere Aufenthalte bis hin zur Übersiedelung. Abgesehen von der unstrittigen Pioniererfahrung, die man auf dem Mond machen kann, wird sich die niedrigere Anziehungskraft positiv auf manche gesundheitliche Leiden
