Künstler im Steuerrecht: Besteuerung ausländischer Künstler im Rahmen einer Filmproduktion im Inland: Der Quellensteuerabzug nach § 50a EStG
Von Ralph Homuth
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Im Medienbereich werden traditionell in großem Umfang freie Mitarbeiter beschäftigt. Die Abgrenzung von Arbeitnehmern und der selbständigen Tätigkeit der freiberuflichen Künstler stellt in Verbindung mit der Anwendung des deutschen Steuerrechts und ggf. einschlägiger Doppelbesteuerungsabkommen einen unübersichtlichen Dschungel dar. Dies birgt ein hohes Risiko für Fehler, aus denen Nachzahlungen bei Betriebsprüfungen resultieren können. Die verschiedenen Sachverhalte aus steuerrechtlicher Sicht korrekt zu erfassen, stellt die verantwortlichen Vergütungsschuldner regelmäßig vor große Herausforderungen. Fehleinschätzungen können zu folgenschweren Konsequenzen führen.
Mit dieser Arbeit gelingt es dem Autor aufzuzeigen, wie der Steuerabzug, exemplarisch für zwei österreichische Künstler, richtig ermittelt wird und durch eine gewissenhafte Vertragsgestaltung reduziert oder sogar vermieden werden kann. Er liefert insbesondere Informationen zu der differenzierten Besteuerung von darstellenden- und werkschaffenden Künstlern, sowie den Aufteilungsmaßstäben von Gesamthonoraren nach Arbeits- und Rechtevergütung. Zudem greift er typische Fragestellungen der Praxis zu der Abgrenzung von selbständiger und nichtselbständiger Arbeit auf. Ebenso liefert er Informationen zu der Anwendung der 183-Tage-Regel und der Behandlung von Zusatzleistungstagen.
Da beschränkt steuerpflichtige Künstler einen Einfluss auf die Gestaltung des Steuerabzugs, und damit ihrer individuellen Steuerlast haben, beinhaltet diese Arbeit zum Verständnis der Gesamtzusammenhänge abschließend die Darstellung ausgewählter Aspekte hinsichtlich der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger.
Dieses Werk hilft Künstlern, Produzenten und allen Personen, die mit Abrechnung von Künstlern betraut sind, die richtigen Entscheidungen im Hinblick auf den korrekten Steuerabzug zu treffen.
Ralph Homuth
Ralph Homuth, LL.M. ist Steuerberater mit eigener Kanzlei in Hamburg. Als Pionier befasst er sich mit den steuerlichen Aspekten rund um den Social-Media-Bereich. Hier sieht er zahlreiche Parallelen zur Filmbranche, in der er viele Jahre tätig war. Seine Spezialgebiete sind Medienunternehmen und das internationale Steuerrecht. Er gilt als Experte für Blogger, Influencer, Let´s Player, YouTuber & Co.
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Buchvorschau
Künstler im Steuerrecht - Ralph Homuth
1Einleitung
Die fortschreitende Globalisierung der Wirtschaft führt zunehmend zu einem Einsatz von Mitarbeitern deutscher Unternehmen im Ausland bzw. zu einer sich ständig ausweitenden Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer im Inland, die hier sowohl für deutsche, als auch für ausländische Unternehmen tätig werden¹.
Auch deutsche Filmproduktionen werden zunehmend in einem internationalen Kontext hergestellt. Neben Co-Produktionen mit ausländischen Produzenten existieren zunächst zwei Grundfälle: Ein inländisches Unternehmen verpflichtet ausländische Künstler für ein Filmprojekt im Inland (Inbound) oder es entsendet inländische Arbeitnehmer für eine Filmherstellung ins Ausland (Outbound). In beiden Fällen entstehen Fragen der Besteuerung, die sowohl nationales als auch unilaterales Steuerrecht betreffen. Diese Arbeit befasst sich mit dem Inbound-Fall.
Filme zu produzieren ist ein komplexer Prozess. Die verschiedenen Sachverhalte aus steuerrechtlicher Sicht korrekt zu erfassen, stellt Filmhersteller regelmäßig vor große Herausforderungen. Vergütungen, die von Filmherstellern, Theatern sowie allen übrigen Veranstaltern von Kunst- und Kulturveranstaltungen mittelbar oder unmittelbar an Künstler gezahlt werden, die im Ausland ansässig sind und im Inland tätig werden, unterliegen in der Bundesrepublik Deutschland dem besonderen Steuerabzug nach § 50a EStG. Sowohl das deutsche Steuerrecht als auch die von der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen bieten in diesem Zusammenhang zahlreiche Möglichkeiten, den Steuerabzug zu reduzieren oder ganz zu vermeiden².
Im Medienbereich werden traditionell in großem Umfang freie Mitarbeiter beschäftigt. Die Abgrenzung von Arbeitnehmern und der selbständigen Tätigkeit der freiberuflichen Künstler stellt in Verbindung mit der Anwendung des deutschen Steuerrechts und ggf. einschlägiger DBA einen unübersichtlichen Dschungel dar. Dies birgt ein hohes Risiko für Fehler, aus denen Nachzahlungen bei Betriebsprüfungen resultieren können. So wird beispielsweise häufig die sogenannte 183-Tage-Regelung zitiert, nach der die Einkünfte eines Arbeitnehmers in dessen Heimatland der Besteuerung unterliegen, sofern der Aufenthalt im Tätigkeitsstaat weniger als 183 Tage beträgt. Diese Fehleinschätzung kann zu folgenschweren Konsequenzen wie Steuerhinterziehung und Einreiseverboten führen³.
In der Praxis kommt es vor, dass beispielsweise Regisseure ebenfalls eine Rolle in ihrer eigenen Inszenierung spielen (z. B. Til Schweiger: u. a. Regie und Hauptrolle 2007 in „Keinohrhasen"). Trifft dies bei einem beschränkt steuerpflichtigen Künstler zu, ist zu beachten, dass nicht alle Einkünfte aus einer künstlerischen Tätigkeit dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG unterliegen. Hier kommt der Aufteilung der Vergütung eine besondere Bedeutung zu. Soweit kein Aufteilungsmaßstab erkennbar ist, sind Gesamtvergütungen daher im Einzelfall ggf. im Wege der Schätzung aufzuteilen⁴.
Die Schwierigkeit, Entscheidungen bezüglich der Vergütungsabrechnung von Künstlern zu treffen, resultiert aus dem Umstand, dass jedes Rechtsgebiet für sich unterschiedliche Definitionen verwendet. In dieser Arbeit wird das Verfahren zur Besteuerung ausländischer Künstler vorgestellt. Anmerkungen zu anderen Rechtsgebieten folgen hier daher nicht. Auf die notwendige Prüfung der Abgabenpflicht in der Sozialversicherung, der Künstlersozialversicherung und weiteren Steuerarten, wie z. B. der Umsatzsteuer (Reverse-Charge) sei daher hingewiesen.
Ziel dieser Arbeit ist es aufzuzeigen, wie der Steuerabzug in diesen Fällen richtig ermittelt wird und wie dieser durch eine gewissenhafte Vertragsgestaltung reduziert oder sogar vermieden werden kann.
Zur Einführung wird zunächst auf die Problematik der Doppelbesteuerung und den Zusammenhang zwischen dem nationalem Steuerrecht und dem Abkommensrecht eingegangen. Hieran folgt die Gegenüberstellung des Künstlerbegriffs auf beiden Ebenen. Anschließend werden der Schauspieler- und der Regie-Fall getrennt voneinander detaillierter vorgestellt, um zunächst auf die beschränkte Steuerpflicht nach inländischen Vorschriften einzugehen. Es folgen die Prüfung der abkommensrechtlichen Ebene und die Darstellung der Auswirkung durch die Anwendung des hier einschlägigen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (kurz: DBA Österreich). Da beschränkt steuerpflichtige Künstler einen Einfluss auf die Gestaltung des Steuerabzugs, und damit ihrer individuellen Steuerlast haben, erfolgt zum Verständnis der Gesamtzusammenhänge abschließend die Darstellung ausgewählter Aspekte hinsichtlich der Veranlagung beschränkt Steuerpflichtiger.
¹ Vgl. Niermann 2008: V.
² Vgl. Holthaus 2011: V.
³ Vgl. Hierl 2014: 650.
⁴ Vgl. Holthaus 2011: 11.
2Beschreibung des Inbound-Falls
Die MUSTERFILM GmbH (kurz: GmbH) produziert hochwertige Fernsehfilme für das Hauptabendprogramm des deutschen Fernsehens. Sitz des Unternehmens ist Hamburg. Das Unternehmen plant die Produktion eines Fernsehfilms. Bei dem Projekt handelt es sich um eine sogenannte echte Auftragsproduktion für einen öffentlich-rechtlichen Fernsehsender. Das bedeutet, dass der Auftragnehmer (Filmhersteller) das Vorhaben als selbständiger Unternehmer durchführt und der Auftraggeber (Fernsehsender) regelmäßig die zuvor budgetierten Kosten der Filmherstellung trägt und damit die Finanzierung sicherstellt⁵.
Für die Filmaufnahmen werden 23 Drehtage angesetzt. Die Dreharbeiten sollen im Zeitraum vom 01.07.02 bis 31.07.02 in Hamburg stattfinden. Neben zahlreichen inländischen Schauspielern und Teammitgliedern wird im Rahmen der Filmherstellung ein österreichischer Schauspieler für eine der Hauptrollen verpflichtet sowie ein Regisseur, ebenfalls aus Österreich.
Mit der vereinbarten Vergütung sind in beiden Fällen alle vertraglichen Leistungen im Rahmen der Produktion abgegolten. Ebenso abgegolten ist die Übertragung sämtlicher, bei den Vertragspartnern entstehenden Rechte. Diese werden von ihnen an die MUSTERFILM GmbH zur umfassenden Auswertung der Produktion in allen bekannten oder noch unbekannten Nutzungsarten übertragen. Die GmbH verpflichtet sich als Filmherstellerin zudem, sämtliche im Zusammenhang mit der Produktion entstehenden Reise- und Übernachtungskosten zu übernehmen.
Eine detailliertere Darstellung des Schauspieler-Falls erfolgt in Kapitel 5, die des Regie-Falls in Kapitel 6. Zuvor wird die Einführung in die Systematik zur Vermeidung von Doppelbesteuerung und die Definition des Künstlerbegriffs vorgenommen.
⁵ Vgl. Schwarz 2011: 368.
3Systematik zur Vermeidung von Doppelbesteuerung
3.1 Prinzipien der Besteuerung
Mit der Existenz und der Souveränität eines Staates sind völkerrechtliche Grundrechte verbunden. Diese sind auch für die Besteuerung von Bedeutung. So hat jeder Staat prinzipiell das Recht zur Steuererhebung. Hierzu kann er seine nationalen Steuergesetzte so gestalten, wie es ihm beliebt. Auf Grund seiner Gebietshoheit ist er berechtigt, alle auf seinem Territorium verwirklichten Tatbestände zum Anlass einer Besteuerung heranzuziehen (Territorial- oder Quellenprinzip⁶). Seiner Gebietshoheit unterliegen alle Personen, die sich innerhalb seiner Grenzen aufhalten, unabhängig davon, ob sie Angehörige dieses Staates sind oder nicht. Die Gebietshoheit eines Staates gilt somit auch für Ausländer⁷.
Aus dem Prinzip der Gebietshoheit wird abgeleitet, dass ein Staat grundsätzlich auch außerhalb seines Staatsgebietes verwirklichte Tatbestände der Besteuerung unterwerfen kann (Welteinkommens- oder Universalprinzip⁸). Das gilt nur solange der Anknüpfungspunkt der Besteuerung nicht außerhalb des eigenen Staatsgebiets Wirkungen entfaltet, die die Gebietshoheit eines anderen Staates tangieren⁹.
Für die Besteuerung des Einkommens und des Vermögens haben sich weltweit die Prinzipien der Wohnsitz-sowie die Quellenbesteuerung durchgesetzt. Die Wohnsitzbesteuerung umfasst die unbeschränkte, allumfassende Steuerpflicht und greift auf die auf seinem Staatsgebiet befindlichen Personen zu. Im Gegensatz dazu umfasst die Quellenbesteuerung die beschränkte Steuerpflicht mit den Territorialeinkünften, d. h. diese greift auf alle, auf einem Staatsgebiet befindlichen Einkommens- und Vermögensquellen zu.¹⁰
Hiernach sind Künstler beschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 4 EStG), wenn sie in Deutschland weder ihren Wohnsitz (§ 8 AO) noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§9 AO) haben, aber sog. inländische Einkünfte im Sinne von § 49 EStG bezieht.¹¹ In diesen Fällen erfolgt die Anwendung der Vorschrift zum Steuerabzug. In den Anwendungsbereich der Abzugsteuer nach § 50a Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG gehören die im Inland ausgeübte künstlerische, unterhaltende oder ähnliche Darbietung sowie deren Verwertung im Inland.
Abb. 1: Persönliche Steuerpflicht¹²
3.2 Die beschränkte Steuerpflicht nach nationalem Recht