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Einstellungen gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen in der chinesischen Gesellschaft und deren potentielle Auswirkungen auf die Entwicklung eines inklusiven Schulsystems
Einstellungen gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen in der chinesischen Gesellschaft und deren potentielle Auswirkungen auf die Entwicklung eines inklusiven Schulsystems
Einstellungen gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen in der chinesischen Gesellschaft und deren potentielle Auswirkungen auf die Entwicklung eines inklusiven Schulsystems
eBook624 Seiten5 Stunden

Einstellungen gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen in der chinesischen Gesellschaft und deren potentielle Auswirkungen auf die Entwicklung eines inklusiven Schulsystems

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Über dieses E-Book

Zum 01.08.2008, eine Woche vor Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in Beijing, wurde die Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die VR China bei den Vereinten Nationen hinterlegt. Die vorliegende Arbeit ermöglicht einerseits historisierende, interdisziplinäre und vor allem interkulturelle und empirische Einblicke in die chinesischen Rahmensetzungen zur Umsetzung einer inklusiven Schule vor dem Hintergrund des Einstellungsgefüges der Beteiligten und zeigt andererseits auch konkrete Perspektiven für chinesische erziehungswissenschaftliche und bildungspolitische Diskurse auf.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum10. Sept. 2014
ISBN9783735749482
Einstellungen gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen in der chinesischen Gesellschaft und deren potentielle Auswirkungen auf die Entwicklung eines inklusiven Schulsystems
Autor

Yuexin Zhang

Frau Yuexin Zhang (geb. 1979 in Sichuan, VR China) hat an der Beijing Normal University Sonderpädagogik studiert (B.A./M.A.), als Lehrerin an der Beijinger Blinden- und Sehbehindertenschule gearbeitet und in mehreren Projekten der Entwicklungszusammenarbeit und Bildungskooperation (MISEREOR, DAAD, KAAD) mitgewirkt.

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    Buchvorschau

    Einstellungen gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen in der chinesischen Gesellschaft und deren potentielle Auswirkungen auf die Entwicklung eines inklusiven Schulsystems - Yuexin Zhang

    Danksagung und Widmung

    Mein größter Dank gebührt Univ.-Prof. Dr. Sven Degenhardt, dem Hauptbetreuer dieser Dissertation. Er hat mich bei der Durchführung der Arbeit stets unterstützt und ich konnte fachlich sehr viel von ihm lernen. Außerdem ist er ein toller Freund von mir und hat mir bei der Integration ins ausländische Leben viel geholfen.

    Weiter möchte ich auch Univ.-Prof. Dr. Joachim Schroeder und Prof. Dr. Wilfried Bos für die Übernahme meiner Dissertation als weitere Gutachter und für ihre fachlichen Anregungen danken.

    Besonderer Dank gilt KAAD, dem Stipendiengeber. Erst mit seiner freundlichen Unterstützung konnten diese Arbeit und auch mein ausländisches Leben ohne finanzielle Sorge zum Ende kommen.

    Ebenso möchte ich mich bei den teilnehmenden chinesischen Schulen, Lehrerinnen und Lehrern, Schülerinnen und Schülern sowie ihren Eltern für die freundliche Unterstützung und Mitarbeit bedanken. Dazu muss ich noch meinen herzlichen Dank dem MISEREOR gegenüber aussprechen, weil das Netzwerk in China, das zu der Durchführung der Fragebögen viel beigetragen hat, während des MISEREOR-Projektes aufgebaut wurde. Auch für die Unterstützung zur Veröffentlichung der Dissertation möchte ich MISEREOR danken.

    Dank gilt auch meiner Studienkollegin Susanne Peschke, die mir während der Promotion hilfreich zur Seite stand.

    Den liebevollsten Dank möchte ich meiner Familie aussprechen. Allen voran meinem Mann, weil er immer von ganzem Herzen hinter mir stand, mich zu ermutigen. Meinem Sohn, weil er meine ganze Promotion begleitet und meinem Leben viel Freude gebracht hat. Aber vor allem meinen Eltern und meiner Schwester, weil sie nie den Glauben an mich verloren haben.

    Für alle, die mich unterstützt haben …

    Abstrakt

    Nach der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist die Teilhabe behinderter Menschen ein Menschenrecht, kein Akt der Fürsorge oder Gnade. Im Sinne von Art. 24 der UN-BRK wird das Recht von Menschen mit Behinderung auf Bildung nicht nur anerkannt, sondern auch noch erweitert: „Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und (altersunabhängig) lebenslanges Lernen (Art. 24 Abs. 1) und stellen sicher, dass „Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben (Art. 24 Abs. 2 b)). Mit der vorbehaltlosen Ratifikation der Konvention am 26. Juni 2008 hat sich China gegenüber der Welt, aber auch gegenüber allen Chinesen verpflichtet, die Konvention einzuhalten und umzusetzen.

    Inklusive Bildung für Menschen mit Behinderungen in China hat schon von Anfang an ihren eigenen Namen, nämlich „sui ban jiu du (auf Englisch: learning in regular class). Eine „Kombination der Politik „sui ban jiu du von Popularisierung (Quantität) und Verbesserung (Qualität), wobei Popularisierung den Schwerpunkt darstellte (vgl. Staatsrat 1989, Art. 2; Nationaler Volkskongress 1990, Art. 20), hat zwar mehr behinderten Kindern Zugang zu Schulen ermöglicht, dennoch bleibt die Frage offen, ob die Qualität gleichzeitig garantiert ist. Heutzutage ist „sui ban jiu du leider noch nicht bedarfsgerecht und entwicklungsgemäß. Viele Probleme sind nach 20-jähriger Praxis immer auffälliger geworden. Die vorherrschenden negativen Einstellungen gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen können die grundlegende Barriere für Inklusion sein: „Overcoming negative attitudes presents an enormous challenge, but it is the key to providing inclusive education" (Save the Children 2002, S. 27).

    In dem theoretischen Teil der Arbeit wird die Frage, wie sich die Einstellungen der Gesellschaft gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen vor dem Hintergrund der tausendjährigen chinesischen Kultur, Politik und Ökonomie gewandelt haben, mit einer Literaturrecherche beantwortet.

    Bei dem empirischen Teil dieser Arbeit handelt es sich um zwei Fragebögen und narrative Interviews, durch die die Beantwortung folgender Forschungsfragen zu erwarten ist: Wie sieht das Spektrum der gegenwärtigen Einstellungen in der chinesischen Gesellschaft gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen aus? Sind Einstellungen in charakteristischer Weise von verschiedenen Faktoren, wie z. B. Bildungsniveau, Beruf, Geschlecht, Herkunft, Kontakt, Kultur, abhängig? Wie sind die Einstellungen der chinesischen Lehrer und Eltern gegenüber blinden und sehbehinderten Kindern sowie gegenüber der schulischen Inklusion bzw. „sui ban jiu du"? Welche Probleme und Herausforderungen gibt es zur Umsetzung von schulischer Inklusion und was sind die wirksamen Lösungen?

    Zusammenfassend kommen die Forschungen zu den Schlüssen, dass

    » die Einstellung der tausendjährigen chinesischen Gesellschaft gegenüber blinden bzw. behinderten Menschen unter dem kulturellen und historischen Hintergrund sehr widersprüchlich und kompliziert ist. „ren, „Barmherzigkeit und Vorurteile existierten und existieren weiter. Emotional wollen die Befragten keineswegs blinde Menschen selbst, also die Personen, negativ beschreiben, sondern eher positiv, aber wenn es sich auf eigenes Interesse oder auf soziale Leistungen bezieht, ändert sich die Haltung.

    » die Einstellungen von einigen Faktoren abhängen, und zwar vor allem vom Alter, von der fachlichen Ausbildung sowie vom Kontakt. Weiterhin unterscheiden sich die Einstellungen der Befragten in drei Bereichen: Fähigkeit in sozialer Interaktion, Nachteile der Blindheit und Sonderbegabung blinder Menschen.

    » der hochschätzende „Leistungsgedanke, der im Kern des chinesischen Bildungswesens steht und das Bildungssystem beeinflusst, der laut den Interviews eine grundlegende Barriere für gelungene „sui ban jiu du ist. Der Supremat der Schulleistung entscheidet sozusagen über das Ziel der Bildung und somit wird die Inklusion behinderter Kinder in die Regelschule als unmöglich oder als Störung für die anderen angesehen.

    » die Auswirkungen der sozialen Einstellungen hinsichtlich folgender Aspekte benannt werden können: die Vorteile und Nachteile von Sympathie; das Blinden-Vorurteil bezüglich Sonderbegabungen; hohe Zustimmung gegenüber dem Sonderschulsystem; Ablehnung in der Regelschule.

    » die Ideen für die Entwicklung inklusiver Beschulung blinder und sehbehinderter Kinder in China nach zwei Richtungen aufgestellt werden, nämlich die Einstellungsänderung und die politische Unterstützung. Zur Einstellungsänderung werden Maßnahmen in Bezug auf Regelschullehrer, Studenten, Kinder und Jugendliche sowie die Gesellschaft diskutiert. Als politische Unterstützung werden politische Richtlinien und Maßnahmen diskutiert. Außerdem wird auf eine Reihe von Bildungs- und Lehrreformen als Kern der Problemlösung vertieft eingegangen.

    Abstract

    According to the UN Convention on the Rights of Persons with Disabilities (UNCRPD), the participation of disabled persons in education is a human right, not an act of mercy or care. Within the meaning of article 24 of the UNCRPD, the right of persons with disabilities to education is not only recognized, but also expanded: „With a view to realizing this right without discrimination and on the basis of equal opportunity, States Parties shall ensure an inclusive education system at all levels and life long learning (Art. 24, paragraph 1), and ensure that „Persons with disabilities can access an inclusive, quality and free primary education and secondary education on an equal basis with others in the communities in which they live (Art. 24, paragraph 2 b)). With the unconditional ratification of the Convention on 26 June 2008, China has an obligation to respect and implement the Convention.

    Inclusive education for persons with disabilities in China has had from the beginning its own term „sui ban jiu du (in English: learning in regular class). The policy „sui ban jiu du is a combination of popularization (quantity) and improvement (quality), with focus mainly on popularization (cf. Council of State 1989, Article 2; National Congress 1990, Article 20). Although more and more disabled children benefit from the policy and are able to access regular schools, yet it is still an open question whether the education quality is guaranteed simultaneously. Many problems have been noticed after 20 years of practice. The prevailing negative attitudes towards blind and visually impaired people can be the fundamental barrier to inclusive education: „Overcoming negative attitudes of presents enormous challenge, but it is the key to providing inclusive education" (Save the Children 2002, p. 27).

    In the theoretical part of this thesis, the following question will be answered: How have the social attitudes towards blind and visually impaired people changed in the background of the Chinese culture, economics and politics?

    The empirical part of this thesis consists of two questionnaires and narrative interviews, through which the answers of the following research questions are expected: What are the current attitudes in Chinese society towards blind and visually impaired people? Are the attitudes dependent on conditions, for instance on the level of education, occupation, gender, contact, culture etc.? What are the attitudes of the Chinese teachers and parents towards blind and visually impaired children and the policy „sui ban jiu du"? What problems and challenges were encountered during the implementation of inclusive education and what are the effective solutions?

    In summary, the studies come to the following conclusions:

    » The attitudes of Chinese society towards blind and disabled people in the cultural and historical background are very contradictory and complicated. The traditional ideas of „ren, „mercy and prejudice existed and continue to exist.

    » The social attitudes towards blind and visually impaired people depend on several factors, for example age, professional knowledge, and contact with disabled persons. Furthermore, the respondents’ attitudes towards blind and visually impaired people differ in three areas particularly: skills in social interaction, disadvantages of blindness, and special talent of blind people.

    » According to the interviews, the highly estimated idea of „achievement is the core of the Chinese education system, which is also a fundamental barrier to successful conduction of „sui ban jiu du. The supremacy of school performance decides the purpose of education and thus the inclusion of children with disabilities into regular schools is considered to be impossible or a disturbance to other pupils.

    » The influences of social attitudes on blind and visually impaired people are found regarding the following aspects: the advantages and disadvantages of sympathy, the prejudice to special talents of blind people, high approval for a special education system, and rejection of the regular school.

    » The ideas for developing inclusive schooling of visually impaired children in China are aimed at two aspects: attitude changing and political support. Attitude changing depends on regular school teachers, students, and society. A number of educational and teaching reforms have been discussed as political support measures.

    Inhaltsverzeichnis

    Danksagung und Widmung

    Abstrakt

    Abstract

    1 Problemaufriss

    1.1 UN-Behindertenrechtskonvention

    1.2 UN-Behindertenrechtskonvention in China

    1.3 „Inklusive Bildung" in der UN-BRK

    1.3.1 Inhalt des Artikels 24

    1.3.2 Was ist „inklusive Bildung"?

    1.3.3 Entwicklungsprozess zur „Inklusion"

    1.4 Inklusive Bildung behinderter Kinder in China

    1.4.1 Prozess zur inklusiven Bildung vor der Unterzeichnung der UN-BRK

    1.4.2 Implementierung der inklusiven Bildung nach Unterzeichnung der UN-BRK

    1.4.3 „sui ban jiu du: eine andersartige „Inklusion Chinas

    1.4.4 Gegenwärtige Bildungssituation blinder und sehbehinderter Kinder in China

    1.5 Einstellung als Voraussetzung für gelungene Inklusion

    1.5.1 Was ist „Einstellung"?

    1.5.2 Einstellung als Voraussetzung für gelungene Inklusion?

    1.5.3 Forschungsstand der Einstellung gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen

    1.6 Fragestellung

    2 Methode

    2.1 Literaturrecherche

    2.2 Empirischer Teil

    2.2.1 Fragebogen 1

    2.2.2 Fragebogen 2

    2.2.3 Interviews

    2.3 Datenerhebung

    2.3.1 Datenerhebung der Befragungen

    2.3.2 Datenerhebung der Interviews

    3 Einstellungsdiskurs und -wandel gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen in der chinesischen Gesellschaft

    3.1 Die Bedeutung von „blind": Semantik

    3.2 Traditionelle Kultur bzw. Religion als eine Grundlage der sozialen Einstellung gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen

    3.2.1 Einfluss des Konfuzianismus auf die Einstellung gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen: aus dem ideengeschichtlichen Aspekt

    3.2.2 Einfluss des Daoismus auf die Einstellung gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen: aus dem ideengeschichtlichen Aspekt

    3.2.3 Einfluss des Buddhismus auf die Einstellung gegenüber blinden und sehbehinderten Menschen: aus dem ideengeschichtlichen Aspekt

    3.2.4 Zusammenfassung: Einstellung als ein Produkt vielfältiger Gedanken

    3.3 Lebenssituation der behinderten Menschen in der Geschichte

    3.3.1 In der alten Zeit (vor 1840)

    3.3.2 In der Neuzeit (1840 - 1949)

    3.3.3 Nach der Befreiung (nach 1949)

    3.4 Zusammenfassung

    4 Ergebnisse der Fragebögen

    4.1 Ergebnisse des Fragebogens 1

    4.1.1 Datenbeschreibung

    4.1.2 Ergebnisse des Polaritätsprofils

    4.1.3 Zusammenfassung der Ergebnisse des Fragebogens 1

    4.2 Ergebnisse des Fragebogens 2 vom Jahr 2010

    4.2.1 Datenbeschreibung

    4.2.2 Datenanalyse

    4.2.3 Vergleich nach Untersuchungsjahr (2007/2008 vs. 2010)

    4.2.4 Zusammenfassung der Ergebnisse des Fragebogens 2

    4.3 Zusammenfassung der Fragebögen

    5 Ergebnisse der narrativen Interviews

    5.1 Umgang mit blinden bzw. behinderten Kindern

    5.1.1 Eigene Erfahrung mit blinden bzw. behinderten Kindern

    5.1.2 Einstellung gegenüber blinden bzw. behinderten Kindern

    5.2 Umgang mit „sui ban jiu du" blinder bzw. behinderter Kinder

    5.2.1 Verständnis zum Begriff „sui ban jiu du"

    5.2.2 Einstellung gegenüber „sui ban jiu du" blinder bzw. behinderter Kinder

    5.2.3 Darstellung der Probleme und Herausforderungen von „sui ban jiu du"

    5.2.3 Idee zur Problemlösung

    5.3 Zusammenfassung der Interviews

    6 Potenzielle Auswirkungen der Einstellung der chinesischen Gesellschaft auf die Entwicklung eines inklusiven Schulsystems und die Ideen zur Problemlösung

    6.1 Positive und negative Auswirkungen

    6.1.1 Positive Auswirkungen

    6.1.2 Negative Auswirkungen

    6.2 Ideen für die Entwicklung inklusiver Beschulung blinder und sehbehinderter Kinder in China

    6.2.1 Ideen zur Einstellungsänderung

    6.2.2 Politische Unterstützung

    Anhang Glossar

    Anhang Fragebögen

    Anhang Interview

    Anhang Tabelle

    Deutsches und englisches Literaturverzeichnis

    Chinesisches Literaturverzeichnis

    1 Problemaufriss

    1.1 UN-Behindertenrechtskonvention

    Am 13. Dezember 2006 hat die Generalversammlung im Rahmen der Vereinten Nationen nach Abschluss der vier Jahre dauernden internationalen Vorbereitung das „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen („UN-Behindertenrechtskonvention, „UN-BRK) sowie das dazugehörige Zusatzprotokoll angenommen. Am 3. Mai 2008 ist die „UN-BRK in Kraft getreten. Seitdem Ecuador am 3. April 2008 als 20. Mitgliedsstaat die Ratifikationsurkunde in New York hinterlegt hat, ist sie für alle Mitgliedsstaaten, die bereits ratifiziert haben, völkerrechtlich wirksam. So haben sich bereits 155 Staaten an die Konvention gebunden, davon haben 130 Staaten die Konvention offiziell bestätigt oder ratifiziert (Stand: März 2013). Die Zahl der Vorbehalte bleibt erfreulich gering ¹.

    Dieses universelle Vertragsinstrument ist die erste rechtsverbindliche internationale Konvention für den Rechteschutz behinderter Menschen in der Geschichte der Menschheit und „steht zu Recht für einen Wechsel von einer Politik der Fürsorge hin zu einer Politik der Rechte (Aichele 2010, S. 13). Die „Fürsorgepolitik, die mit abwertendem Mitleid und wohlmeinender Bevormundung einhergeht und damit für Menschen mit Behinderung ausgrenzend sein kann, ist in der UN-Behindertenrechtskonvention nicht mehr leitgebend. Das heißt, behinderte Menschen werden nicht länger als Patientinnen und Patienten, als Objekte gesellschaftlicher Fürsorge wahrgenommen, sondern als Bürgerinnen und Bürger, als Subjekte mit Rechten wie jeder andere Mensch auch (vgl. Wernstedt & John-Ohnesorg 2010, S. 11 ff.).

    Die UN-BRK ist keine Spezialkonvention, die Sonderrechte oder Privilegien für Menschen mit Behinderungen formuliert. Es handelt sich bei den „Rechten von Menschen mit Behinderungen" gemäß der Konvention um dieselben Rechte, wie sie in allen menschenrechtlichen Übereinkommen seit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966 und dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte von 1966 fundiert sind (vgl. Aichele 2010, S. 14; Wernstedt & John-Ohnesorg 2010, S. 21).

    Die UN-BRK definiert keine neuen Rechte, sondern präzisiert und konkretisiert die bestehenden Menschenrechte explizit für die Lebenssituationen behinderter Menschen. „Es geht dabei zunächst nicht allein um schnelle und vordergründige Maßnahmen, sondern um ein neues Denken. Denn die Konvention verlangt nach grundsätzlichen und nachhaltigen Überlegungen", erklären Wernstedt und John-Ohnesorg (2010, S. 5) die Bedeutung der UN-BRK.

    Sie spielt eine wichtige Rolle für die Umsetzung der Rechte für Menschen mit Behinderungen und ist mehr als eine einfache Wiederholung der vorher dargestellten Menschenrechte. Insbesondere der Aktionsplan gibt konkrete Hinweise für die Implementierung der geforderten Rechte. Die Leistung und der Gewinn der UN-BRK sind darin zu erkennen, dass sie die universellen Rechte aus der Perspektive von Menschen mit Behinderungen präzisiert und im selben Zuge die staatlichen Verpflichtungen für ihren Schutz konkretisiert (vgl. Aichele 2008, S. 5).

    „Das Leitprinzip der Konvention ist die Menschenwürde. … Schlüsselbegriffe … sind Würde, Inklusion, Teilhabe, Selbstbestimmung, Empowerment, Chancengleichheit und Barrierefreiheit (Wernstedt & John-Ohnesorg 2010, S. 11). „Zweck dieses Übereinkommens ist es, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern (UN-BRK, Art. 1). Es wird deutlich, dass die UN-BRK die Menschenrechte für die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen mit dem Ziel konkretisiert, ihre Chancengleichheit in der Gesellschaft zu fördern, was einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Rechte von weltweit rund 650 Millionen behinderten Menschen darstellt.

    Die UN-BRK deckt das gesamte Spektrum menschenrechtlich geschützter Lebensbereiche ab und integriert bürgerliche, politische Rechte sowie wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte. Dazu gehören beispielsweise das Recht auf Leben (Art. 10), das Recht auf gleiche Anerkennung vor dem Recht und Schutz der Rechts- und Handlungsfähigkeit (Art. 12), das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art. 14), das Recht auf unabhängige Lebensführung und Einbeziehung in die Gesellschaft (Art. 19), das Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 21), das Recht auf Zugang zu Informationen (Art. 21), das Recht auf Bildung (Art. 24), auf Gesundheit (Art. 25) sowie auf Habilitation und Rehabilitation (Art. 26), das Recht auf Arbeit und Beschäftigung (Art. 27), das Recht auf einen angemessenen Lebensstandard (Art. 28), Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben (Art. 29), Teilhabe am kulturellen Leben sowie auf Erholung, Freizeit und Sport (Art. 30).

    Die UN-BRK zielt auf die volle Verwirklichung der Rechte von Menschen mit Behinderungen, dabei ist die UN-BRK selbst schon ein inklusives Dokument, da unter der Leitlinie „Nichts über uns ohne uns" weltweit viele behinderte Menschen und ihre Verbände, die ihre Erfahrungen und Perspektiven einbringen konnten, mitgearbeitet haben und deren aktive Mitwirkung zu diesem erfolgreichen Entstehungsprozess und der ganzheitlichen Fassung beigetragen hat (vgl. Bernstorff 2007, S. 1041 ff.; Wernstedt & John-Ohnesorg 2010, S. 21). Die universelle Beachtung der Rechte der behinderten Menschen ist damit gestärkt.

    Die UN-BRK ergänzt das UN-Konventionssystem für Menschenrechte und „erweitert das Menschenrechtsverständnis auf innovative Weise (Aichele 2010, S. 19), da sie rechtlich feststellt, dass „die Perspektiven und vielfältigen Lebenslagen von Menschen mit Behinderung systematisch im Menschenrechtsschutz berücksichtigt (ebd.) werden sollen. Sie reflektiert auch die Entwicklung unserer Gesellschaft.

    Die UN-BRK formuliert nicht nur die Menschenrechte für Menschen mit Behinderung, sondern schafft auch einen Rechtsrahmen, in dem die Ziele unter der Behindertenpolitik der Vertragsstaaten erreicht und die Menschenrechte gewährleistet werden können.

    1.2 UN-Behindertenrechtskonvention in China

    Erst am 7. November 2003 wurde die „Beijing Deklaration in der Sitzung zum Thema „Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen von „Economic and Social Commission for Asia and the Pacific (ESCAP)" ratifiziert. In der Deklaration haben China sowie über 20 weitere Staaten und Regionen ihren Zuspruch zur Entstehung der Konvention bekundet.

    Anders als alle weiteren UN-Konventionen über Menschenrechte hat China von Anfang an den Prozess zum Anstoß, zur Verhandlung sowie zur Entstehung der UN-BRK begleitet. Mit der Genehmigung des Staatsrates hat China als einer der ersten Staaten die UN-BRK am 30. März 2007 unterzeichnet. Am 26. Juni 2008 wurde sie von der 3. Sitzung des 11. Nationalen Volkskongresses ratifiziert und ist am 31. August im selben Jahr in Kraft getreten.

    Die Konvention bietet einen Rechtsrahmen für die Behindertenpolitik in China. In Bezug auf viele Politikbereiche werden in der UN-BRK konkrete Leitprinzipen aufgestellt, die für eine Umsetzung eine klare Handlungsorientierung bieten. Sie stärkt bereits vorhandene anerkannte Ziele der chinesischen Behindertenpolitik und leitet die Rechtsentwicklungen zu mehr Teilhabe und Selbstbestimmung ein.

    Mit der vorbehaltlosen Ratifikation der Konvention hat sich China gegenüber der Welt, aber auch gegenüber allen Chinesen verpflichtet, die Konvention einzuhalten und umzusetzen. Der Anspruch, „Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern" (UN-BRK, Art. 4), ist nun die Grundlage und der neue Maßstab für politisches Handeln in China. Damit bringt die chinesische Politik zum Ausdruck, dass die Rechte von Menschen mit Behinderungen und ihre Verwirklichung in allen Politikbereichen einen großen Wert darstellen und von der chinesischen Gemeinschaft eingeräumt werden sollen. Es ist jetzt schon erkennbar, dass die UN-BRK in vielen Politikbereichen in China neue Akzente gesetzt hat.

    Um den Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung zu verstärken, ist der „Staatsrat Arbeitskreis für Menschen mit Behinderungen" ² für die allgemeinen Angelegenheiten verantwortlich.

    Während der Verhandlung und Ausfertigung der UN-BRK hat die chinesische Regierung schon angefangen, das „Behindertenschutzgesetz" ³ zu revidieren. Das neue Gesetz ist am 1. Juli 2008 in Kraft getreten, in dem der neue Begriff „Verbot und Beseitigung der Diskriminierung aufgrund von Behinderung" nach UN-BRK erstmals auftaucht. Das revidierte Gesetz konkretisiert die Verantwortung und Verpflichtungen der Regierung und Gesellschaft gegenüber Menschen mit Behinderung, wie z. B. Schutz für Rehabilitation, für Frühförderung, für Bildung und Fortbildung, für Arbeit, für Teilhabe und Selbstbestimmung usw.

    2007 wurden „Arbeitsrechtliche Vorschriften für Menschen mit Behinderung" ⁴ und im März 2008 wurde die „Stellungnahme zur Entwicklung des Behindertenwesens" ⁵ vom Staatsrat des ZK der KP Chinas promulgiert. Dieses programmatische Dokument stellt umfassend die Bedeutung und die Leitgedanken zur Förderung und Entwicklung des Behindertenwesens dar und legt die aktuellen und zukünftigen Ziele, Aufgaben sowie wichtige Maßnahmen vor (vgl. CDPF 2010 (b); Duan 2011, S. 44 f.).

    Um ein periodisches Ziel zu setzen, wurde im April 2009 der „Nationale Menschenrecht-Aktionsplan Chinas (2009 - 2010)" ⁶ vom Staatsrat herausgegeben.

    Ein Jahr später, also im März 2010, wurde die Richtlinie „Leitansichten über Beschleunigung des Aufbaus sozialer Sicherheitssysteme und Servicesysteme für Menschen mit Behinderung" ⁷ vom Staatsrat verabschiedet. Unter der Richtlinie soll ein sozialer Sicherheits- und Servicesystemrahmen bis zum Jahr 2015 aufgebaut und bis zum Jahr 2020 beendet werden, damit die grundsätzlichen öffentlichen Serviceangebote, dies umfasst barrierefreie Lebensbedingungen, Krankenversicherungen, Rehabilitation für Menschen mit Behinderungen, vollständig erfüllt werden können. Weiterhin soll die Schulpflicht bis dahin für alle behinderten Kinder und Jugendlichen gelten. Das Bildungsniveau behinderter Menschen wird dann merklich erhöht und deren Teilhabe an der Gesellschaft ebenfalls erweitert (vgl. Staatsrat 2010).

    Das „Fünf-Jahres-Programm des chinesischen Behindertenwesens (2011 - 2015)" ⁸ ist unter der UN-BRK als eine nationale Strategie zur wirtschaftlichen Entwicklung und sozialen Koordinierung zu verstehen. Eine Reihe von Aufgaben, wie die Realisierung gleichberechtigter Teilhabe an der Gesellschaft, die Verbesserung der Lebensbedingungen sowie die Gestaltung der sozialen Umwelt, werden aufgestellt.

    Darüber hinaus werden aktuell noch weitere Gesetze und Richtlinien entwickelt, die dem Kern der UN-BRK entsprechen, beispielsweise das „Gesetz für mentale Gesundheit" ⁹, die „Barrierefreie-Umgebungs-Ordnung ¹⁰, „Vorschriften für Prävention von Behinderung und Rehabilitation der Behinderten ¹¹ usw. (vgl. CDPF 2010 (b)).

    Obwohl die Formulierung und Überarbeitung der relevanten Gesetze und Vorschriften in China den Geist des Übereinkommens aufmerksam reflektiert hat, ist jedoch die Verbesserung des Rechtssystems ein langer und komplexer Prozess, um sicherzustellen, dass alle Bestimmungen der einschlägigen Gesetze und Verordnungen im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen des Übereinkommens stehen (vgl. Duan 2011, S. 46). Beispielsweise sind nach He (2011) die Begriffe „universelles Design und „angemessene Vorkehrungen der UN-BRK im „Behindertenschutzgesetz" (2008) noch nicht aufgenommen worden. Darüber hinaus werden die Rechte von Frauen und Kindern mit Behinderung noch nicht stark genug gewährleistet (vgl. S. 247).

    Andererseits hängt die Lokalisierung des Übereinkommens in China weitgehend davon ab, ob und wie seine Ziele und Grundsätze mit den besonderen chinesischen Bedingungen, Traditionen sowie sozialen Kulturen kombiniert werden können. Denn der Begriff „Menschenrechte wurde in China erst vor 20 Jahren offiziell anerkannt und es ist eindeutig, dass viele Menschen noch keine klare Vorstellung von „Menschenrechten haben, geschweige denn ein tiefes Verständnis für „Menschenrechte von Menschen mit Behinderung".

    1.3 „Inklusive Bildung" in der UN-BRK

    In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (Art. 26) vom 10. Dezember 1948 ist das Recht auf Bildung für behinderte Menschen als Menschenrecht schon festgeschrieben. Und im Sinne eines kulturellen Menschenrechtes gemäß Art. 13 des UN-Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte von 1966 ist es anerkannt worden. Auch in der Kinderrechtskonvention von 1989 (KRK, Art. 28) wird Bezug auf dieses Menschenrecht genommen. Das Recht auf Bildung gilt als eigenständiges kulturelles Menschenrecht und thematisiert den menschlichen Anspruch auf freien Zugang zu Bildung, Chancengleichheit und das Schulrecht (vgl. Art. 13.1 des UN-Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte). In der UN-BRK wird es für die spezifische Gruppe von Menschen mit Behinderungen konkretisiert.

    Bei der Umsetzung des Paradigmenwechsels, also vom Fürsorgeprinzip hin zur Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, kommt der Bildung eine entscheidende Schlüsselstellung zu, weil Bildung die Voraussetzung für ihre gelungene berufliche und gesellschaftliche Teilhabe schafft und ihre Rechte auf Selbstbestimmung entwickeln kann.

    1.3.1 Inhalt des Artikels 24

    Nach der UN-BRK ist die Teilhabe behinderter Menschen ein Menschenrecht, kein Akt der Fürsorge oder Gnade. Im Sinne von Art. 24 der UN-BRK wird das Recht von Menschen mit Behinderung auf Bildung nicht nur anerkannt, sondern auch noch erweitert: „Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und (altersunabhängig) lebenslanges Lernen (Art. 24 Abs. 1) und stellen sicher, dass „Kinder mit Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschulunterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden (Art. 24 Abs. 2 a)); dass „Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben (Art. 24 Abs. 2 b)). Die englische Originalfassung von der deutschen Übersetzung „integratives Bildungssystem ist „inclusive education system. In der chinesischen Fassung wird es als „bao rong xing jiao yu zhi du (包容性教育制度) übersetzt. Diese Übersetzung „bao rong xing ist eine neue Bezeichnung bzw. eine inhaltliche Beschreibung über „Inklusion, weil es auch in der chinesischen Fachsprache die Integration-Inklusion-Übersetzungsunschärfe gibt und gemäß dem gegenwärtigen Bildungssystem Chinas weder richtige „Inklusion noch richtige „Integration, sondern eine andersartige Form der gemeinsamen Beschulung „sui ban jiu du (随班就读) in der Praxis ausgeführt wird. Daneben werden „Inklusion in der chinesischen Fachsprache als „quan na jiao yu (全纳教育) und „Integration als „rong he jiao yu (融合教育) anerkannt. Eine ausführliche Erklärung über diese chinesische Form eines inklusiven Bildungssystems „sui ban jiu du wird im Kapitel 1.4 vorgestellt.

    Unter diesem Grundsatz der Inklusion erweitert die UN-BRK das Recht auf Bildung zu dem Recht auf inklusive Bildung. Behinderte und nicht behinderte Menschen haben demnach ein Recht darauf, gemeinsam zu lernen. Kinder und Jugendliche mit Behinderungen haben das Recht auf einen diskriminierungsfreien Zugang zu einer wohnortnahen Regelschule (vgl. Aichele 2010, S. 16).

    Kurz gesagt enthält der Art. 24 der UN-BRK zwei Verpflichtungen für die Vertragsstaaten: „Provide education to children, youth and adults with disabilities on an equal basis with other children; and Provide that education within an inclusive system" (Inclusion International 2009, S. 129). Der zweite Aspekt wird dadurch begründet, dass das Recht auf qualitativ hochwertige Bildung nur in einem inklusiven Schulsystem gewährleistet werden kann (vgl. UN-BRK, Art. 24 Abs. 2; Art. 24 Abs. 1).

    1.3.2 Was ist „inklusive Bildung"?

    „Inclusion as we know it today has its origins in Special Education (UNESCO 2005, S. 9). „Inklusive Bildung bzw. „Inklusion" ist ein Konzept, das sich in verschiedenen Staaten, verschiedenen Regionen und Städten, sogar verschiedenen Schulen unterscheidet (vgl. Inclusion International 2009, S. 20). Es geht um die Gesellschaft und um die Menschen, die in ihr leben. Inklusion gilt für alle Menschen und bewirkt in der Gesellschaft eine Veränderung im Denken und Handeln.

    2006 beschreibt die UNESCO „inklusive Bildung" als

    „a process of addressing and responding to the diversity of needs of all learners through inclusive practices in learning, cultures and communities and reducing exclusion within and from education. It involves changes and modifications in content, approaches, structures and strategies, with a common vision which covers all children of the appropriate age range and a conviction that it is the responsibility of the regular system to educate all children" (UNESCO 2005, S.13).

    In „A Global Report (Inclusion International 2009, S. 20) wird „inklusive Bildung in zwei Punkten dargestellt:

    „The concept of a high level paradigm shift for education systems to include and serve all children effectively; and

    The specific mandate to have students with disabilities attend regular schools and classrooms with their nondisabled siblings and peers with the supports they require to succeed."

    Laut EENET (Enabling Education Network) (2012) wird „inklusive Bildung" ¹² als:

    » „acknowledges that all children can learn

    » acknowledges and respects differences (age, gender, ethnicity, language, disability, HIV status, etc)

    » enables education structures, systems and methodologies to meet the needs of all children

    » is part of a wider strategy to promote an inclusive society

    » is a dynamic process which is constantly evolving

    » need not be restricted by large class sizes or shortage of material resources"

    dargestellt.

    Obwohl es keine einheitliche Definition gibt, sollen in allen Definitionen gemäß den „Guidelines for Inclusion" folgende Punkte hervorgehoben werden (UNESCO 2005, S. 15):

    Inclusion is about: welcoming diversity; benefiting all learners, not only targeting the excluded; children in school who may feel excluded; providing equal access to education or making certain provisions for certain categories of children without excluding them.

    Inclusion is not about: reforms of special education alone, but reform of both the formal and non-formal education system; responding only to diversity, but also improving the quality of education for all learners; special schools but perhaps additional support to students within the regular school system; meeting the needs of children with disabilities only; meeting one child’s needs at the expense of another child.

    Was „inklusive Bildung" (nicht) ist, interpretiert EENET (2012) noch detaillierter:

    Tab. 1-1

    Kinder mit Behinderungen, als eine der meistdiskriminierten Gruppen, sollen unter „Inklusion nicht mehr ausgeschlossen werden. Es gibt keine Ausgrenzung in der Gesellschaft. Menschen mit Behinderung werden von Anfang an wahrgenommen, anerkannt und selbstverständlich angenommen. Um eine inklusive Schule zu sein, sollen die Regelschulen die Individualität ihrer Schülerinnen und Schüler respektieren und sie als Vielfalt und Bereicherung anerkennen, anstatt das vermeintliche „Anderssein zum Grund des Ausgrenzens und Aussonderns zu machen. Hier wird auch eine weitere Frage dargelegt, wie die Schulen strukturiert sein müssen, damit sie für jeden zugänglich sind und an die individuellen Belange angepasst werden können.

    1.3.3 Entwicklungsprozess zur „Inklusion"

    Die „Guidelines for Inclusion" der UNESCO veranschaulichen durch ein einfaches und sinnvolles Diagramm den Übergang der Bildung

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