Selbstzeugnisse der Neuzeit
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Über diese Serie
Die Nachrichten der rund 70-jährigen Frau an ihre emigrierte Familie zeigen, wie das Leben der jüdischen Bevölkerung Wiens zunehmend abgeschnürt wurde; sie zeigen aber auch den Mut und die Lebensbejahung, mit der sich die Schreiberin gegen die immer hoffnungslosere Lage stemmt. Ihre Funktion als Drehscheibe von Auskünften, als Maklerin zwischen Emigrierten, denen, die auf dem Sprung waren, und jenen, die zurückblieben, war mehr als familiäre Fürsorge – es war der Versuch, Reste der materiellen Lebensgrundlage zu retten, Informationen zu vermitteln, Beziehungen zu aktivieren und soziale Kontakte zu erhalten. Die Welt, die sie beschreibt, geht weit über die Beziehung von Mutter und Tochter hinaus: Weil die Nationalsozialisten den Alltag politisierten, wurde das Alltägliche politisch. Familiäre Fürsorge und politisches Tun verschmolzen, mitunter bis zur Ununterscheidbarkeit.
Titel in dieser Serie (3)
- Selbstzeugnisse vom Rhein: Interdisziplinäre Zugänge zur Schreib- und Reisekultur in der Romantik
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Die Monografie erschließt erstmals Selbstzeugnisse für die Zusammenhänge zwischen Reiseverhalten und Schreibpraktiken am Rhein um 1800. Mithilfe interdisziplinärer Ansätze aus der Emotionsforschung, der Sinnesforschung, der historischen Raumforschung und der Umweltgeschichte werden die Vielschichtigkeit der verschriftlichten Reiseerfahrungen und die Darstellungsweisen der Rheinromantik verdeutlicht. Berücksichtigt werden die Handlungs- und Denkweisen der Akteure, die ein Bild vom Rhein und von sich selbst entwarfen und ihre Reisebeschreibungen in die eigene Biografie integrierten. Anhand dieser persönlichen Geschichten wird die Romantik ganzheitlich nachvollzieh- und erlebbar und zeigt, dass der Rhein in den Selbstzeugnissen durch dessen Überformung als mythologische und nationalpolitische Stimmungskulisse, als Erinnerungslandschaft und eine eigene Semantik und Programmatik zu einem romantischen Sehnsuchtsort konstruiert wurde.
- Schreiben ins Exil: Briefe der Wiener Jüdin Ella Wenger 1938-1942
Die hier als Edition vorgelegten Briefe Ella Wengers offenbaren praktisch alle Facetten, die das Leben jüdischer Bürger:innen in Wien unter den Bedingungen des Nationalsozialismus in den Jahren zwischen Anschluss (1938) und dem Beginn der 'Endlösung' 1942 ausgemacht haben: Ausgrenzung und Drangsalierung, Diskriminierung und Entrechtung, den Verlust von Arbeit, Eigentum und Wohnung, das Zusammendrängen auf immer weniger Wohnraum, Verzweiflung und Suizid, schließlich die Deportationen; aber auch die Bemühungen um Selbstbehauptung und Flucht. Die Nachrichten der rund 70-jährigen Frau an ihre emigrierte Familie zeigen, wie das Leben der jüdischen Bevölkerung Wiens zunehmend abgeschnürt wurde; sie zeigen aber auch den Mut und die Lebensbejahung, mit der sich die Schreiberin gegen die immer hoffnungslosere Lage stemmt. Ihre Funktion als Drehscheibe von Auskünften, als Maklerin zwischen Emigrierten, denen, die auf dem Sprung waren, und jenen, die zurückblieben, war mehr als familiäre Fürsorge – es war der Versuch, Reste der materiellen Lebensgrundlage zu retten, Informationen zu vermitteln, Beziehungen zu aktivieren und soziale Kontakte zu erhalten. Die Welt, die sie beschreibt, geht weit über die Beziehung von Mutter und Tochter hinaus: Weil die Nationalsozialisten den Alltag politisierten, wurde das Alltägliche politisch. Familiäre Fürsorge und politisches Tun verschmolzen, mitunter bis zur Ununterscheidbarkeit.
Elisabeth Dietrich
Elisabeth Dietrich studierte Geschichte, Volkskunde und Kulturgeschichte in Jena und Jyväskylä (Finnland) und wurde 2019 promoviert. Seit 2020 arbeitet sie als Bibliothekarin im DFG-Projekt „Werktitel als Wissensraum“ an der Herzogin Anna Amalia Bibliothek Weimar und studiert in Berlin Bibliotheks- und Informationswissenschaft.
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