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Elayne (Band 4): Rabenseele
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Elayne (Band 4): Rabenseele
eBook339 Seiten

Elayne (Band 4): Rabenseele

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Über dieses E-Book

Ein merkwürdiger Schauer überkam Elayne, kalt und voller Vorahnung.
Es war, wie König Artus gesagt hatte: Die Schnüre um Britannien zogen sich zu. Der Sturm, den sie schon vor Jahren gespürt hatte, gewann an Heftigkeit …

Ein tiefer Riss zieht sich durch die Tafelrunde, der sie zu zerbrechen droht. Lancelot scheint machtlos gegen die Saat des Verrats, die vor langer Zeit gepflanzt wurde.
In Zeiten, in denen Freunde zu Feinden werden, begibt sich Elayne zusammen mit ihrer Tochter Nimue auf die Suche nach dem lange verschollenen Druiden Merlin.
Ihr Sohn Galahad indes muss sich entscheiden zwischen seinem Erbe als Gralshüter und der Treue zu König Artus.
Wird sich das Schicksal des Rabenkindes schlussendlich erfüllen?
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Apr. 2022
ISBN9783038962427
Elayne (Band 4): Rabenseele

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    Buchvorschau

    Elayne (Band 4) - Jessica Bernett

    Inhaltsverzeichnis

    Titel

    Informationen zum Buch

    Impressum

    Widmung

    Kapitel 1 - Heroes iuvenes – Junge Helden

    Kapitel 2 - Hedyn – Samen

    Kapitel 3 - In culinam – In der Küche

    Kapitel 4 - Brawd taria – Schildbruder

    Kapitel 5 - Pater prodiugs – Der verlorene Vater

    Kapitel 6 - Tempestas – Der Sturm

    Kapitel 7 - Uisge beatha – Wasser des Lebens

    Kapitel 8 - Fy nghu – Mein Liebling

    Kapitel 9 - Yn gyfrinachol – Im Geheimen

    Kapitel 10 - Fallacia – Der Betrug

    Kapitel 11 - Din Eidyn

    Kapitel 12 - Chwaer ar y cof – Schwester des Herzens

    Kapitel 13 - Aremorica

    Kapitel 14 - Ar hyd y nos – Durch die ganze Nacht

    Kapitel 15 - Mynd allan o olau – Das Erlöschen des Lichts

    Kapitel 16 - Dolores – Schmerzen

    Kapitel 17 - Quaerere et invenire – Suchen und Finden

    Kapitel 18 - Designatio – Berufung

    Kapitel 19 - Pisgwydd – Die Linde

    Kapitel 20 - Umbra – Der Schatten

    Kapitel 21 - Spes – Die Hoffnung

    Kapitel 22 - Dru-wid – Baumwissender

    Kapitel 23 - Y blaidd – Der Wolf

    Kapitel 24 - Abona

    Kapitel 25 - Vinum et malus – Wein und Äpfel

    Kapitel 26 - Ultimo proelio – Die letzte Schlacht

    Kapitel 27 - Folium tiliae – Lindenblatt

    Kapitel 28 - Hwyl fawr – Abschied

    Kapitel 29 - Tempus fugit, amor manet – Die Zeit vergeht, doch die Liebe bleibt

    Epilog

    Anmerkungen und Dank

    Jessica Bernett

    Elayne

    Band 4: Rabenseele

    Historische Fantasy

    Elayne (Band 4): Rabenseele

    Ein merkwürdiger Schauer überkam Elayne, kalt und voller Vorahnung. Es war, wie König Artus gesagt hatte: Die Schnüre um Britannien zogen sich zu. Der Sturm, den sie schon vor Jahren gespürt hatte, gewann an Heftigkeit …

    Ein tiefer Riss zieht sich durch die Tafelrunde, der sie zu zerbrechen droht. Lancelot scheint machtlos gegen die Saat des Verrats, die vor langer Zeit gepflanzt wurde.

    In Zeiten, in denen Freunde zu Feinden werden, begibt sich Elayne zusammen mit ihrer Tochter Nimue auf die Suche nach dem lange verschollenen Druiden Merlin.

    Ihr Sohn Galahad indes muss sich entscheiden zwischen seinem Erbe als Gralshüter und der Treue zu König Artus.

    Wird sich das Schicksal des Rabenkindes schlussendlich erfüllen?

    Die Autorin

    Jessica Bernett wurde an einem sonnigen Herbsttag im Jahr 1978 als Enkelin eines Buchdruckers in Wiesbaden geboren. Am liebsten würde sie die ganze Welt bereisen und an jedem Ort einige Monate verbringen. Aktuell lebt sie mit ihrem Mann, ihren beiden Kindern und zwei Katzen in Mainz.

    Sie liebt starke Frauenfiguren, die sie in spannende Geschichten verwickelt, und tobt sich in allen Bereichen der Fantasy aus, von historischer Fantasy über Urban Fantasy bis hin zur Science Fantasy.

    Wenn sie nicht gerade mit ihren Kindern in Abenteuern versinkt, schreibt oder von neuen Geschichten träumt, tummelt sie sich mit Vorliebe auf Conventions, um sich mit Gleichgesinnten über Lieblingsserien, Filme und Bücher auszutauschen.

    www.sternensand-verlag.ch

    info@sternensand-verlag.ch

    1. Auflage, April 2022

    © Sternensand Verlag GmbH, Zürich 2022

    Umschlaggestaltung: Juliane Schneeweiss

    Lektorat/Korrektorat: Sternensand Verlag GmbH | Martina König

    Korrektorat Druckfahne: Sternensand Verlag GmbH | Jennifer Pa-pendick

    Satz: Sternensand Verlag GmbH

    ISBN (Taschenbuch): 978-3-03896-241-0

    ISBN (epub): 3-03896-242-7

    Alle Rechte, einschließlich dem des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

    Dies ist eine fiktive Geschichte. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

    Für die

    Hoffnung

    Kapitel 1 - Heroes iuvenes – Junge Helden

    »Waren wir auch einmal so jung?« Artus schüttelte nachdenklich den Kopf.

    Lancelot hob die Brauen und sah seinen besten Freund amüsiert an. »Wir waren sogar noch jünger.«

    »Es kommt mir vor, als lägen drei Leben dazwischen.«

    »In der Tat«, pflichtete Lancelot ihm bei.

    Galahad und Tristan betraten die große Halle, in der Camelots herrlichste Feste gefeiert wurden. Die jungen Männer waren in ihre besten Gewänder gekleidet. Galahad, dessen goldfarbenes Haar ihm heute offen auf die Schultern fiel, trug eine blaue Tunika, die zu seinen Augen passte. Veneva hatte Wochen daran gesessen, nachdem sie durch Umwege an den Stoff gekommen war. Um die Taille hatte er einen silberfarbenen Gürtel gebunden, den Elayne für ihn geflochten hatte. Tristan hingegen trug ein tiefes Rot, das gut mit seinen kurz geschnittenen dunklen Haaren harmonierte.

    Irgendwo unter den Anwesenden befand sich sein Onkel Marc, der Regent von Dumnonia, der sicher sehr stolz auf den jungen Mann war. Ebenso wie Lancelot selbst und Elayne.

    Lancelot ließ seinen Blick über die Gäste gleiten und fand seine Frau neben Gwenhwyfar stehend. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Sie fing seinen Blick auf und legte eine Hand auf ihr Herz.

    Die Trommeln und Flöten der Musiker erklangen und sämtliche Gäste der großen Halle verstummten. Lancelot wandte seine Aufmerksamkeit wieder den jungen Männern zu, die nun auf sie zukamen. Soeben hatten die beiden den Segen des christlichen Priesters im Gebetshaus erhalten. Nun war es an der Zeit, vor dem Volke Camelots den Eid der Bruderschaft zu leisten.

    Die Helden der Tafelrunde bildeten inmitten der großen Halle einen Kreis. Sie hatten sich alle eingefunden, jene zehn, die noch übrig waren, und Artus selbst, ihr Anführer, der sich jedoch niemals über sie stellte.

    Hector trat zur Seite, damit die jungen Helden den Kreis betreten konnten. Sie kamen in ihrer Mitte zum Stehen und knieten sich mit gesenkten Häuptern nieder.

    Gaheris war von den Waffenbrüdern auserkoren worden, den beiden heute den Eid abzunehmen, da er in den letzten Monden einen Großteil der Ausbildung übernommen hatte.

    Gawains jüngerer Bruder räusperte sich und erhob die Stimme. »Tristan von Dumnonia und Galahad von Corbenic, seid ihr heute bereit, den Schwur unserer Bruderschaft zu leisten?«

    Die Musiker hielten inne, sodass die Worte in der ganzen Halle zu hören waren.

    »Ja, das sind wir«, antworteten Tristan und Galahad gleichzeitig.

    »Dann lasst uns zunächst den Brüdern gedenken, die nicht mehr unter uns weilen.«

    Gaheris sah in die Runde und erntete zustimmendes Nicken.

    Es war der sechste Sommer nach Cais Dahinscheiden. Sein Tod hatte eine tiefe Lücke hinterlassen. Nicht nur inmitten der Tafelrunde, auch für ganz Camelot und natürlich in den Herzen seiner Brüder. Sie hatten es bisher nicht über sich gebracht, Cais Schild von den Wänden der Tafelrunde zu nehmen. Ebenso wenig wie das von Osrin, der vor einem Sommer an einer Krankheit gestorben war.

    Beide fehlten.

    Doch der Trauer war nun Genüge getan. Es gab neue Helden, die sich bewiesen hatten und die ihren Platz an der Tafelrunde verdient hatten.

    Es war an der Zeit, den Schwur zu sprechen.

    Einer nach dem anderen zogen die Helden ihr Schwert und richteten die Spitze auf die Jünglinge. Gaheris nickte in die Runde und wie aus einem Munde sprachen sie alle gemeinsam den Eid:

    »Wir geloben, unser Schwert allein zum Schutze Britanniens zu nutzen.

    Wir geloben, unser Leben dem Volk zu opfern.

    Wir geloben, die Bruderschaft der Tafelrunde zu ehren.

    Wir geloben, unsere Brüder gleichzubehandeln, denn keiner steht über dem anderen.

    Wir geloben, die Schwachen zu schützen und das Unrecht zu tilgen.

    Denn wir sind die Tafelrunde und unser Leben ist eins.«

    Die Worte hallten in Lancelots Innersten nach und eine Gänsehaut überkam ihn. Sein Blick traf den von Gawain, der tief durchatmete. Agravaine an seiner Seite musste sich räuspern und Percival hatte kurz die Augen geschlossen.

    Sie alle spürten die Bürde, die mit jedem Wort auf ihnen lastete.

    Und doch war es mehr als eine Bürde. Es war ein festes Band, das ihre Schicksale miteinander verwoben hatte.

    »Erhebt euch, Brüder«, sprach Gaheris feierlich.

    Lancelot konnte den Stolz nicht unterdrücken, den er verspürte, als sein Sohn sich aufrichtete und sich in der Runde umsah.

    Galahad war zum Mann gereift. Wahrlich. Ein stattlicher junger Mann, der in der Körpergröße an Lancelot selbst heranreichte und dessen schmale Gestalt im letzten Jahr durch das intensive Training mit Schwert und Schild noch kräftiger geworden war.

    »Galahad und Tristan, willkommen in der Tafelrunde«, sprach Gaheris und trat auf beide zu, um einen nach dem anderen zu umarmen.

    Die Krieger steckten ihre Schwerter in die Scheiden und gratulierten den neuen Waffenbrüdern. Gleichzeitig stimmte die Musik wieder an und die Bewohner Camelots, die sich in der großen Halle eingefunden hatten, jubelten und riefen Glückwünsche.

    Lancelot ging zunächst auf Tristan zu, der verlegen wirkte. »Willkommen, Waffenbruder. Es wird mir eine Ehre sein, an deiner Seite zu kämpfen.«

    Die Wangen des jungen Mannes färbten sich rötlich. »Es ist mir eine Ehre, Lancelot.«

    Galahad kämpfte sich zu ihnen durch und Lancelot klopfte seinem Sohn auf die Schulter. »Willkommen auch dir, Waffenbruder.«

    Sein Sohn gluckste amüsiert auf, wurde aber sofort wieder ernst und drückte ihm mit erstaunlicher Kraft die Hand. »Danke … Bruder.«

    Gawain kam von hinten auf die beiden zu und legte jedem einen Arm um die Schultern. »Nun, Brüder, dann lasst uns zunächst einmal tüchtig auf euch anstoßen.«

    »Nicht, bevor seine Mutter ihn nicht umarmt hat.«

    Elayne hatte sich ihnen genähert. An ihrer Seite befand sich der kleine Glyn, der verschüchtert in die Runde blickte. Der Junge war große Menschenansammlungen nicht gewohnt.

    Gawain löste sich von den neuen Mitgliedern der Tafelrunde, um seinem Sohn zärtlich über den Kopf zu streicheln. »Glyn, gefällt dir das Fest?«

    Der Junge mit dem silberblonden Haar schüttelte den Kopf und fasste nach Elaynes Hand.

    Sofort huschte ein dunkler Schatten über Gawains Antlitz.

    Elayne umarmte Galahad, der sich dazu mittlerweile zu ihr niederbeugen musste.

    »Es kommt mir wie gestern vor, dass Liam dir dein erstes Holzschwert in die von Honig verschmierten Hände drückte.«

    Galahad lachte auf. »Ich wünschte, er wäre heute hier.«

    Sie nickte. »Er ist sehr stolz auf dich.«

    Doch Liam war in Din Guarie geblieben, um ihr Zuhause zu beschützen.

    Gawains Sohn hielt sich noch immer an Elaynes Rock fest. Der Junge war nun elf Sommer alt, aber er war kein Abenteurer, so wie andere Kinder in dem Alter. Viele Dinge machten ihm Angst. Weil er sie nicht kannte.

    Galahad schien es ebenfalls zu bemerken und beugte sich zu ihm hinunter. »Ich habe gesehen, dass diese kleinen Beerenküchlein aufgetragen wurden. Hast du Hunger?«

    Zum ersten Mal erschien ein Lächeln auf dem bleichen Gesicht des Jungen. Galahad nahm ihn an der Hand, um ihn zu den Tischen zu bringen, die an der Wand aufgebaut worden waren, voll beladen mit dem Besten, was Camelots Küche zu bieten hatte. Auf Sitzmöglichkeiten hatte man verzichtet, damit mehr Platz zum Tanzen war.

    Gawain sah seinem Sohn bekümmert nach.

    »Lass ihm Zeit«, bat Elayne sanft. »Alles ist so neu für ihn … so ungewohnt.«

    »Ich brauche jetzt wirklich etwas zu trinken«, raunte er und wandte sich von ihnen ab. Tristan war nun von seinem Onkel Marc zu einer Gruppe anderer Männer gezogen worden.

    Die Spielleute wechselten zu schwungvoller Tanzmusik.

    Lancelot schmunzelte, als er sah, dass Elayne sich ein wenig im Takt der Musik bewegte. Galant beugte er das Haupt. »Darf ich um diesen Tanz bitten, edle Dame?«

    Sie machte einen Knicks und nickte.

    Lancelot griff nach Elaynes Hand, um seine Frau mit sich in die Mitte der Halle zu ziehen. Hier hatten die ersten Tänzer eine Reihe gebildet und er schloss sich mit Elayne zusammen an.

    Im Takt der Trommeln schlängelte sich die Reihe durch die Halle. Immer mehr Gäste gesellten sich hinzu.

    Am Ende des Liedes klatschten die Tanzenden und das nächste Stück spielte auf. Lancelot sah in Elaynes zauberhafte Augen und zog sie an sich, um einen Kuss auf ihre Schläfe zu hauchen. Sie lehnte sich an seine Schulter und kicherte.

    »Ich komme mir vor wie damals, als wir jung waren.«

    »Wir sind immer noch jung«, flüsterte er und grinste verschmitzt. »Erinnerst du dich daran, wie ich dir zeigte, wie wir in Camelot tanzen?«

    »Oh, das tue ich tatsächlich.« Sie umfasste mit einer Handbewegung die ganze Halle. »Und … welch angenehmer Zufall … wir sind inmitten von Camelot.«

    Er nah ihre Hände in seine. »Bist du bereit?«

    »Mehr als das.«

    Sie drehten sich gemeinsam im Kreis, bevor er ihre Taille umfasste und sie leicht in die Höhe hob, sodass Elayne vergnügt auflachte. Sodann ließ er sie herab, führte sie unter seinem Arm hindurch und ließ sie um sich selbst drehen. Elayne verbeugte sich und er schritt im Takt der Musik um sie herum, ehe er sie erneut um die Taille fasste.

    Die Welt um sie herum verschwamm. Es gab nur noch Lancelot und Elayne. Er versank in ihrem Lächeln und in ihrer Wärme.

    Selbst als die Musik schon verstummt war, blieben sie auf der Tanzfläche stehen und sahen einander an.

    »Was ist los mit euch?«, scherzte jemand in ihrer Nähe. »Wurdet ihr in Menhire verwandelt?«

    Lancelot blinzelte und erst dann wurde ihm bewusst, dass sie sich inmitten der großen Halle von Camelot befanden.

    Elayne lachte herzlich und zog ihn an der Hand zu der Tischreihe, auf dem Krüge mit Wein und Teller mit Brot, Schüsseln mit kandierten Äpfeln und Platten mit Bratenscheiben auf sie warteten. »Ich weiß gar nicht mehr, wann ich mich so gefühlt habe«, sagte sie und klang, als sei sie ein wenig außer Atem. Ihre Wangen waren leicht gerötet und ihre Augen leuchteten vor Vergnügen.

    Lancelot schenkte kühlen Apfelwein in zwei Becher und reichte seiner Gemahlin einen davon, ehe er selbst trank.

    Gawain kam in überraschender Begleitung zu ihnen, denn nicht nur Glyn war an seiner Seite, sondern auch eine zierliche Frau in einem mit Goldfäden bestickten braunen Gewand, deren braunes Haar zu einer kunstvollen Frisur geflochten war.

    Stirnrunzelnd überlegte Lancelot, woher er die edle Dame kannte.

    Sein Vetter lachte amüsiert. »Erinnerst du dich nicht mehr an unsere Lebensretterin?«

    Die Dame mit den grauen Augen schmunzelte und neigte das Haupt. »Es ist mir eine Freude, dir wiederzubegegnen, Lancelot vom See.«

    Rasch stellte er den Becher ab und neigte ebenfalls das Haupt. »Derwen von Gorres, es ist mir eine Ehre.«

    »Königin Derwen von Gorres«, berichtigte Gawain ihn und schenkte für sie einen Becher ein.

    »Derwen ist völlig ausreichend«, winkte sie ab, dann fiel ihr Blick auf Elayne.

    Lancelot besann sich und stellte die beiden einander vor. »Dies ist meine Gemahlin, Elayne von Corbenic. Elayne, das ist Derwen, die Gawain und mir in Gorres aus der Gefangenschaft half.«

    »Derwen, ich habe schon viel von dir gehört.« Elayne machte einen Knicks und lächelte warmherzig. »Es freut mich, dass wir uns endlich einmal begegnen, damit ich dir danken kann. Ohne dich wären Lancelot und Gawain wohl nie herausgekommen … und was mit der Königin passiert wäre …«

    Die Königin von Gorres schüttelte den Kopf. »Danke mir nicht. Wir haben gemeinsam das Volk von Gorres vor einer Schreckensherrschaft bewahrt. Ich bin es, die zu danken hat.« Sie sah nun verlegen zu Lancelot. »Zumal mir dein Gemahl vor vielen Jahren ebenfalls das Leben rettete … Erinnerst du dich nun an unsere Begegnung, Lancelot?«

    Zwischen Kampf und Flucht hatten sie in Gorres keine Gelegenheit gehabt, diesen Punkt weiter auszuführen. Er wusste nur, dass ihre erste Begegnung während der Spiele in Camelot stattgefunden hatte, in dem Jahr, in dem Elayne von Astolat gestorben war … und er seine Elayne heiratete.

    Lancelot legte den Kopf schief. Ein Bild kehrte in seine Erinnerung zurück. Ein junges zartes Mädchen zwischen den nervösen Pferden. Ein hämisch lachender Meleagant …

    »Du bist das Mädchen, das fast von Artus’ Hengst zertrampelt worden wäre.«

    Sie nickte. »Stimmt. Das junge dumme Ding, das meinte, es müsse seinem Bruder beweisen, dass es nicht minder mutig ist als er.«

    Lancelot sah in die Runde. »Es war kurz vor dem Beginn der Wettkämpfe … damals, als Galahad noch ein kleiner Junge war und Elayne nach Camelot gekommen ist. Ich wollte noch einmal nach den Pferden schauen, da Crixus an dem Tag unruhig war. Da entdeckte ich ein Mädchen zwischen den Schlachtrössern, so zart, dass der Tritt eines der Tiere ausgereicht hätte, es umzubringen. Artus’ Hengst tänzelte bereits und schnaubte, da sich das Mädchen anschickte, nach den Zügeln zu fassen. Und Crixus schob sich seitlich gegen sie, sodass sie fast zwischen den Pferden zerdrückt wurde. Meleagant stand in der Nähe und lachte über sie … stachelte sie an, dass sie sich doch nicht trauen würde, des Königs Pferd zu reiten.«

    »Es war eine dumme Wette zwischen Kindern, die mich fast das Leben gekostet hätte.« Sie lächelte zaghaft. »Aber Lancelot hat mich gerettet, und statt mich auszuschimpfen, erklärte er, dass ich es doch lieber mit den kleineren Pferden versuchen solle. Dann brachte er mich zu meinem Vater und sagte ihm, dass er eine sehr mutige Tochter habe …«

    »Stimmt. Dein Vater war verwirrt, schien aber zufrieden, dass seine Tochter wieder an seiner Seite war.«

    »Für mich warst du an jenem Tag der größte Held von Camelot.« Sie lächelte strahlend und sah dann wieder zu Elayne. »Jedes Mädchen in Camelot hat dich an jenem Tag beneidet, als verkündet wurde, dass Lancelot dein Gemahl werden würde.«

    Elayne sah kurz zu ihm und hiernach zur Königin von Gorres. »Die Kunde von deinem Mut eilt dir jedenfalls voraus, Derwen. Ich denke nicht, dass ich es geschafft hätte, die Wachen zu überwinden und die Männer zu befreien. Dein Volk kann sehr froh sein, dass eine Königin wie du über es wacht. «

    Gawain reichte Derwen einen Becher und trank seinen eigenen in einem Zug leer. Sein Sohn stand verloren daneben.

    »Glyn, weißt du, wo Gal ist? Ich würde ihn gern mit der Königin bekannt machen.«

    »Er wollte zu den Stallungen gehen, nach seinem Pferd sehen. Soll ich ihn holen?«

    »Schon in Ordnung, ich gehe selbst.«

    Lancelot hoffte, dass Glyn und Gawain noch mehr Zeit miteinander verbringen würden, um sich wieder aneinander zu gewöhnen. Außerdem würde ihm frische Luft guttun, denn er war noch immer erhitzt vom Tanzen und in der Halle war es stickig geworden.

    Die Sonne ging bereits unter und er atmete tief die frische Frühlingsluft ein, als er die Halle hinter sich ließ und über den altbekannten Weg zu den Stallungen Camelots schritt.

    Der Duft von frischem Heu, Pferd und das leise Schnauben der Tiere begrüßten ihn. Er wartete, bis sich seine Augen an das schummerige Licht gewöhnt hatten, und ging dann weiter hinein. Er wollte bereits nach seinem Sohn rufen, erblickte aber in diesem Moment die beiden jungen Menschen, die weiter hinten standen. Durch einen Spalt im Dach fiel der Rest des Sonnenlichts auf die blonden Häupter, sodass sie golden erstrahlen.

    Galahad hatte Annas Gesicht mit beiden Händen umfasst und sah ihr tief in die Augen. Er beugte sich zu ihr und hauchte einen Kuss auf ihre Lippen, den sie zaghaft erwiderte.

    Lancelot hielt inne und entschied, die beiden allein zu lassen.

    Unbemerkt verließ er den Stall und musste erneut durchatmen.

    Galahad und Anna.

    Der Junge hatte ihm nichts von seinen Gefühlen berichtet. Aber die Szene hatte so vertraut gewirkt, dass die beiden einander wohl schon länger zugetan waren.

    Lancelot musste über sich selbst lachen. Sein Sohn war wahrlich zum Mann geworden. Obwohl der Junge nun Schwert und Schild trug, ein vollwertiges Mitglied der Tafelrunde war, so hatte Lancelot ihn doch noch als seinen Jungen gesehen. Galahad aber traf längst seine eigenen Entscheidungen … ohne seine Eltern um Rat zu fragen.

    Während Lancelot zurück zur Halle ging, dachte er auch an Nimue, seine Tochter, die auf Avalon verweilte. Er hob den Blick gen Himmel. Der Mond zeigte sich in voller Pracht am dunkler werdenden Firmament.

    Vollmond, der fünfte nach der Wintersonnenwende. Heute war Beltane, und während man vor den Toren Camelots die Fruchtbarkeitsfeuer entfachte, würden auf Avalon die neuen Priesterinnen geweiht werden. Womöglich war seine Tochter in diesem Jahr unter Ihnen da sie das richtige Alter erreicht hatte.

    »Nimue«, flüsterte er und schloss die Augen. »Ein Teil meines Herzens ist heute Nacht bei dir.«

    Kapitel 2 - Hedyn – Samen

    Das Mädchen lag auf dem Boden und wand sich vor Schmerzen.

    Zwei Priesterinnen kümmerten sich um es. Die anderen flüsterten besorgte Worte.

    Vivienne sah in den Halbkreis der Novizinnen. Sie waren nur noch zu viert. »Eure Schwester hat die falschen Kräuter verwendet. Sie hat den Test nicht bestanden. Wählt weise, erinnert euch an das, was ihr gelernt habt … und vertraut auf eure innere Stimme. Nimue, du bist die Nächste.«

    Die junge Frau mit dem rabenschwarzen Haar trat vor.

    »Bist du bereit für den letzten Teil der Prüfung?«, fragte die Hohepriesterin.

    Nimue nickte. »Ja, das bin ich.«

    Sie atmete noch einmal tief durch, bevor sie in die heilige Höhle trat. Nur zu besonderen Ritualen gingen die Priesterinnen Avalons in die steinerne Kammer, deren Wände mit Bildern aus alten Zeiten bemalt waren.

    Die Grotte hatte zwei Zugänge. Der, durch den Nimue hineingekommen war, lag zur Siedlung der Priesterinnen gewandt. Der andere zeigte zum See.

    Talgkerzen flackerten im Zug und die Bilder an den Wänden wirkten so beinahe lebendig.

    Nimue erkannte den Baum des Lebens, dessen Wipfel das Reich der Lüfte berührte und dessen Wurzeln die Unterwelt. Seine Äste und Wurzeln bildeten zusammen einen Kreis: den Kreis des Lebens.

    Sie erkannte auch das Symbol der Triskele, der dreischenkligen Spirale, deren Windungen für den Weg des Lebens standen und daran erinnerten, dass jedes Ende auch einen Neuanfang birgt.

    Aber Nimue war nicht hier, um die Malereien der Vorfahren zu bewundern.

    Auf einem Altar, der von Honigkerzen erhellt wurde, befanden sich unterschiedliche Tiegel und Schalen. Daneben köchelte über einem kleinen Feuer ein Kessel mit Wasser, wie sie feststellte, nachdem sie einen Blick hineingeworfen hatte.

    Nimue nahm sich eines der leeren Gefäße und betrachtete jene, die gefüllt waren. Sie enthielten zerstoßene Kräuter, Pilze und Früchte.

    Ihre Aufgabe bestand darin, einen Sud herzustellen, der ihren Geist öffnete. Doch das war nicht einfach zu lösen. Einige der Pilze waren sehr giftig. Ein Hauch zu viel, und Nimue würde wie ihre Vorgängerin würgend auf dem Boden landen. Oder noch schlimmer: für immer einschlafen.

    Nimue nahm eine Schale zur Hand, die kleine braune Bröckchen enthielt. War es der Pilz, den sie suchte?

    Der Duft erinnerte sie an zu Hause. Ihre Mutter war so oft mit ihr im Wald gewesen, um Pilze zu sammeln.

    »Ein simpler Champignon«, murmelte Nimue und lächelte bei der Erinnerung an ihre Mutter. »Sehr schmackhaft, aber leider ohne Wirkung.«

    Sie stellte das Gefäß zurück und nahm das daneben, dessen Inhalt auf ganz ähnliche Größe zurechtgestampft war. Nimue schnupperte daran. Der Geruch kam ihr bekannt vor. Sicherheitshalber nahm sie ein Bröckchen und zerdrückte es zwischen den Fingern. »Rauhkopf«, flüsterte sie und stellte das Behältnis rasch zurück. Zu viel hiervon, und sich vor die Füße der anderen Priesterinnen zu übergeben, wäre ihre geringste Sorge.

    Die nächste Schale enthielt einen optisch ganz ähnlichen Inhalt. Doch der Geruch war anders, weniger scharf,

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