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Eine leichte Brise: Mein bewegtes Leben
Eine leichte Brise: Mein bewegtes Leben
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eBook246 Seiten

Eine leichte Brise: Mein bewegtes Leben

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Über dieses E-Book

Ausgestattet mit einem hohen Intelligenzquotienten und durch Sport erworbenen Leistungsbereitschaft und Stehvermögen studierte der Autor erfolgreich Maschinenbau/Konstruktion. Eine plötzliche Krankheit beendete abrupt diese positive Entwicklung. Nach einer Reha-Zeit wollte er ins Studium und Arbeitsleben zurückkehren. Dieser Prozess wurde jedoch mit allen Mitteln durch ein zweifelhaftes Gutachten und schließlich ein Gerichtsurteil langfristig behindert und bekämpft.

Gegengutachten, eigene Argumente und erbrachte Leistungen wurden nicht zur Kenntnis genommen. Man war nicht bereit, minimale Fördermittel bereitzustellen, bezahlte lieber eine lebenslange Rente. Ungeachtet der Einschränkung schloss der Autor dennoch die strittigen und anderen Qualifizierungen ab und konnte schließlich auch das Maschinenbaustudium erfolgreich fortsetzen und abschließen. Mit diesem Buch soll auch ein Stück Auflehnung gegen staatliche Unbeweglichkeit und Rechthaberei voran gebracht werden.
SpracheDeutsch
HerausgeberKLECKS-VERLAG
Erscheinungsdatum31. Juli 2017
ISBN9783956834745
Eine leichte Brise: Mein bewegtes Leben
Autor

Robert Göhring

1972 in Ost-Berlin geboren, wuchs der Autor in einem bürgerlichen Umfeld auf. Schon in früher Jugend wurde er durch intensive sportliche Betätigung, Leistung und Beharrlichkeit gefördert, dabei hat er auch zwei Jahre eine Kinder- und Jugendsportschule besucht. Nach dem Hauptschulabschluss 1988 machte er eine Ausbildung zum Werkzeugmacher mit Abitur. Das anschließende Maschinenbaustudium musste er aufgrund einer spontanen Hirnblutung, in deren Folge er eine Mehrfachbehinderung erlitt, abbrechen. Nach Reha-Maßnahmen besuchte er verschiedene Ausbildungen und Praktika. 2002 nahm er dann das vor der Krankheit begonnene Studium wieder auf und schloss es mit gutem Erfolg ab. Die Erwerbsfähigkeit wurde ihm per Gericht dennoch dauerhaft abgesprochen. ›Eine leichte Brise‹ ist Göhrings erste Veröffentlichung, ein Buch, das Mut macht, aber auch zeigt, dass es trotz aller Maßnahmen zur Behinderungsförderung immer noch Auffassungen gibt, die dieser entgegenwirken.

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    Buchvorschau

    Eine leichte Brise - Robert Göhring

    Vorhaben

    Robert Göhring

    Eine leichte Brise

    Mein bewegtes Leben

    EINER FOLGT MIR

    Mit dem Schreiben und Veröffentlichen dieses Buches strebe ich das Errichten einer weiteren Säule für ein barrierefreies gesellschaftliches Leben an. Es handelt sich bei dem Werk um einen kurzen Meinungsbeitrag zur Verbesserung sozialer Beziehungen. Wenn Sie mich auf den Abschnitten durch meine Lebensgeschichte begleiten wollen, dann sind Sie herzlich eingeladen. Mit diesen Einblicken wird ein Aspekt des Gerechtigkeitsbanners offenbart.

    Ich war stets auf der Suche nach dem Glück und dessen Gunst, denn ich bin überzeugt davon, dass ein jeder nach dem Sinn des Lebens suchen und nach dessen Erfüllung streben sollte. Durch meine lebhafte Fantasie werden meine Gedanken in den folgenden Zeilen manchmal abschweifen. Wie an dieser Stelle. Nun aber lege ich mir meine Worte zurecht. In Ordnung: Als mein wichtigstes Motiv in diesem Buch gilt die Darlegung von Formen menschlicher Gemeinschaften für die Leser.

    Irgendwie hinterlassen ja alle Ereignisse positive und negative Spuren an Leib und Seele. In der Entstehungsphase des Buches stärkte ich mich zunächst einmal gedanklich zum Schreiben. Dazu beschloss ich, eine kleine Auszeit zu nehmen und keinerlei Verpflichtungen einzugehen. Schweißtreibend wollte ich mir das erste Buch spendieren. Es ist kontrovers. Ich wusste, das fällt mir nicht einfach so vor die Füße.

    Die Gesamtspanne meiner Wenigkeit beträgt ein Meter einundneunzig. Ich spreche mit der dunklen Stimme. Das Leben verlief stilvoll mit Ästhetik im Alltag und nur einer Spur von Aufgeregtheit. Daraus entstand eine tiefe Ruhe in mir. Die Dinge und deren Bedeutung versuchte ich nun, in Worte zu kleiden und es fiel mir schwer, von der eigenen Schmach und Erfolgen zu erzählen.

    Der Reichtum und die Macht innerhalb einer Gesellschaft beeinflussen die alltäglichen Dinge im Leben jedes Einzelnen. Durch diesen Grundgedanken kam ich schnell auf den Motor meines eigenen Lebensantriebs. Diese Tatsachen brachten mich auf erstaunliche neue Erkenntnisse, die ich in diesem Buch als entscheidenden Teil des bisherigen Verlaufs meines Lebens darstelle. Die Story zeigt, dass ich nicht um jeden Preis ein festes Dogma verfolgt habe, sondern mir immer wieder neue Wege und Möglichkeiten suchte. Jedoch, wie soll man einen Gedanken aus dem Kopf bekommen, wenn man die emotionale Situation immer noch verspürt? Bei solchen Erinnerungen richtete ich meine geröteten Augen auf die Landschaft, um mich abzulenken. Oft fragte ich dann auch nach dem Sinn und Zweck des Lebens, aber nur wenige Augenblicke später bekam ich ein klares Bild. Die positiven Veränderungen galt es, bei der Beschreibung von Ereignissen ans Licht zu bringen. Spaß am Leben, häufig zu lachen und Freuden nicht verschmähen, das gehört zu den guten Tugenden. Mit einer überzeugenden Begründung legte ich meine Fähigkeiten, die sich bei den Herausforderungen zeigen, dar.

    Beim Schreiben der schicksalhaften Ereignisse ging manchmal auf Gedeih und Verderb gar nichts mehr. Wenn ich nicht mehr weiterkam, schloss ich meine Augen, verschränkte meine Arme und ging ein paar Schritte im Kreis.

    In den 1960er-Jahren kam in der BRD eine Opposition auf, die sich zur 68er-Bewegung entwickelte. Im Zentrum standen die Studentenbewegung und die Kommune I, in der Rudi Dutschke und auch Fritz Teufel, den ich Jahre später persönlich kennenlernte, führende Personen waren. Diese Bewegung gab dem Denken in beiden deutschen Staaten eine neue Richtung.

    Auch wenn diese Entwicklung vielfach geächtet und von der Springer-Presse gar als ›Horror-Kommunarden‹ bezeichnet wurde, hat sie in mir trotz alledem Hoffnung und Achtung geweckt.

    Während einer Demonstration am 2. Juni 1967, dem Todestag des Studenten Benno Ohnesorg, wurde Fritz Teufel verhaftet. Viele Studenten und auch er selbst sind daraufhin in einen Hungerstreik getreten. Die Studenten forderten:

    »Freiheit für Fritz Teufel!«

    Er wurde im Dezember 1967 wieder entlassen.

    Diese Ereignisse stellen einen Teil der Entwicklung meines Lebensziels dar. Diese fremde ›Geschichte des Teufels‹ erweckte in mir das Gefühl der Solidarität zu Menschen am Rand der Gesellschaft. Aber auch die Erkenntnis, dass der eigene Wille von der Öffentlichkeit anerkannt werden muss.

    Meine Laufbahn war mir in der DDR gewissermaßen schon in die Wiege gelegt worden. So gefiel mir schon immer Sport. Hm ... Bei allen Veränderungen in meinem Leben sind mir die Eigenschaften, die mit diesem verbunden sind, nicht abhandengekommen. Sport ist Leistung, Wettbewerb und Konkurrenz, nur mit Ausdauer, einem festen Willen und Energie können hier Erfolge erzielt werden. Selbst in hoffnungslosen Situationen muss man sich seine Würde bewahren, muss man sich eine Aufgabe stellen, um die Selbstverantwortung zu behalten. Natürlich besteht eine gewisse Brisanz darin, zu seinen Schwächen zu stehen, es bringt aber eigentlich Stärke zum Ausdruck. Ständig geht es im Leben um Ziele, die man braucht, um nicht im vollen Umfang an den Rand gedrängt zu werden und sich selbst zu ruinieren.

    Ich selbst habe aber auch erkannt: Nur weil man glaubt, ein Ziel erreicht zu haben, ist man noch lange nicht angekommen.

    Viele persönliche Ziele hatte ich erreicht, jedoch blieb ich allein – die Gesellschaft kümmerte sich nicht um mich. Oft dachte ich, es sei das Beste, einen neuen Start hinzulegen. Nur so hätte ich weiterrennen können, jedoch war mir auch klar, dass das Konsequenzen für mich haben könnte. Ich bin Invalide. In meinem Gemüt war alles vorbereitet, manchmal fehlte mir aber der äußere Anreiz.

    Vielleicht war es ein Satz in der berühmten Rede von Martin Luther King, der mich weiterbrachte.

    »I have a dream.«¹

    Sehr wenige Menschen haben das Glück, ihre Träume wahrmachen zu können, aber ich versuchte es und setzte meinen Traum um. Genau dies war der Grund, warum ich anfing, über mein Leben nachzudenken. Nach einer vorübergehenden Verwirrung sollte sich eines Tages ein Sinn ergeben. Damit nahm ich die Ideen in meinem Kopf auf, die zu deuten, zu lernen und zu erfahren sich lohnt. Eine Selbstbeschreibung ist natürlich sehr anstrengend, weil hier Schwächen und Stärken zum Thema werden. Meine Erinnerungen stammen aus Episoden, die sich in Form von Gefühlen früherer Erlebnisse, Erfahrungen und Lebensumständen in meinem Kopf festgesetzt hatten, das betrifft besonders die letzten dreiundzwanzig Jahre.

    Ich war beeindruckt von einer neuen Macht, die mir auf einmal gegenüberstand und irgendwie mein spannendes Schicksal bestimmte. Dabei blickte ich die erwachsenen Fremden an und konnte zunächst nichts gegen ihre Entscheidungen tun, obwohl es im Spiel verschiedene Wege gab. Jedem steht frei, jemandem sein Vertrauen zu schenken, aber ich sollte auf einmal Menschen vertrauen, die ich gar nicht kannte. Selbst als ich zur Ruhe kam, stellte sich keine Einsicht ein. Ich prüfte mein Gewissen, suchte in diesem immer wieder neue Zuflucht. Oft fragte ich mich, wieso ich diese Dinge tue. Mir war es bewusst! Eine bewusste Freude am Leben entsteht mit jeder Aufgabe zu einer gewissen Zeit.

    Ich träumte davon, die Harmonie in meinem Leben zu erweitern. Also brauchte ich wieder einen neuen Ansporn, denn nicht nur Opposition ist Mist, sondern nichts tun noch mehr ... Könnte ich ein Buch schreiben? Es handelte sich dabei zunächst nur um eine Idee.

    Bisher war in meinem Kopf ein großes Durcheinander. Ich suchte einen Ausweg aus dieser Misere. Zur Lösung des Problems versuchte ich, alles zu sortieren und letztlich wieder gedanklich Oberwasser zu gewinnen.

    Ich werde mich als ›verdeckter‹ vierundvierzigjähriger Optimist bezeichnen lassen, und tatsächlich verstand ich dies als Versprechen und wollte das hiermit beginnen. Allerdings gehöre ich nicht zu den eingefleischten Schriftstellern, ich bin Neuling und stehe zu meiner Unvollkommenheit. Im Zweifelsfall muss man aber sich selbst vertrauen, dann entscheidet man sich. Manchmal fühlte ich mich wie auf einer Gaußschen Verteilungskurve, denn immerhin war im Lauf der Zeit meine Sprache kurzzeitig verloren gegangen.

    Was Recht und Gewissheit ausmacht, wurde mir manchmal deutlicher. Ich fragte mich: Wofür lohnt es sich zu leben? Das Vorhaben stärkte meine Willenskraft und ich fühlte mich wohler. Ich kniete mich auf den Boden, um die Sachen zu bedecken. Dann hob ich meinen Blick und mein Entschluss stand fest. Mit einem Auf zum fröhlichen Jagen bekam der Alltag seinen eigenen Stil.

    Der Stress des Grübelns baute sich ab, durch die dünnen Fäden kam neuer Schwung in meine Gedanken. Wie es sich nach altem Brauch gehört, wünschte ich mir die Kraft, meine Ideen ohne lange verwirrende Sätze aufs Papier bringen zu können. Es wurde mein größtes Vergnügen, von meinen damaligen gedanklichen Habseligkeiten den Lesern etwas abzugeben. Hört mal rein, wie ich mich geschlagen habe. Meinen Stil entwarf ich mir selbst und den schrieb ich mir im Sinne des Wortes hinter die Löffel. Die Ausdrucksweise ging dabei manchmal an den Baum. Die Feinheiten der Mimik und Gestik, die alles verständlicher machen, kann man ja beim Schreiben nicht verwenden. Egal, nun wird ein Buch entstehen.

    Sofern alles klappt, entwickelt sich Schritt für Schritt mein Ding. Schon bei den ersten Worten entglitten mir aber die Gesichtszüge. Mit jeder Frage bekam ich ein schlechtes Gefühl, ich setzte mich dann auf einen Pezziball.

    Ich begann damit, mit einzelnen zerstreuten Gedanken von meinem verrückten Leben zu erzählen und stellte dabei fest, dass ich ein Skript zum Inhalt brauchte. Jeder Neuling wird an Grenzen stoßen, so wie ich beim Schreiben auch, doch diese Nuss wollte ich knacken. An Schwierigkeiten zu stoßen, wie es bei Wissbegierigen immer ist, reicht manchmal nicht. Obwohl ich als kleiner Autor aus der Norm falle, stützte ich mich auf meine Fähigkeiten. Oft saß ich einfach nur da und grübelte: Was ist die optimale Mischung an Inhalten, Zitaten und Fragen für meinen Zweck? Eingebettet in die Episoden aus meinem Leben wollte ich nun, ohne viel zu überlegen, vor allem meine Gefühle niederschreiben.

    Wenn ich ein geschriebenes Werkstück sichtbar erzeugt hatte, so wusste ich, würde ich mich freier fühlen. Und mit jeder geschriebenen Zeile begann ich tatsächlich, mich zu entspannen. Eine Aussage zu tätigen, regte mich schon an, über die nächste nachzudenken. Auf dieser Jagd boten sich mir einzigartige, seltene und auch brisante Begebenheiten aus meinem Leben an. Durch eine innere Getriebenheit gelangte ich auf irgendeine Art und Weise auf eine Bewusstseinsreise! Das Bestreben zu schreiben, empfand ich als meine Zuflucht.

    In meinem Buch ›Eine leichte Brise‹ wollte ich beim Leser keine Lethargie (oder Hoffnungslosigkeit) aufkommen lassen. Bei jeder Entscheidung konnte ich mich nach meinem Gefühl richten. Meine Aufmerksamkeit richtete sich weniger auf akute äußere Reize, sondern vielmehr auf meinen inneren Antrieb. Wenn ich bezüglich einer Episode ein gutes Gefühl hatte, formten sich die Ideen schnell zu ersten Sätzen. Bald stellte ich aber fest, dass ich täglich einen Ausgleich brauchte, also habe ich in meinen neuen Tagesablauf den Sport integriert.

    Ein großer Pluspunkt waren für mich die neuen technischen Möglichkeiten – wie Rechner, Smartphone und nicht zuletzt mein Tolino –, die meine Arbeit bereicherten und erleichterten.

    Gut Ding will Weile haben! Doch auf einmal kam mit dem letzten Schritt alles zustande ...

    SOZIALISMUS

    Irgendwie traue ich mich nun und erzähle Ihnen von meiner Vergangenheit. Um zu leben, war ich sicherlich gewillt, hier war mein Augenblick des Aufwachens. Geboren war ich im Polizeikrankenhaus Berlin-Mitte Scharnhorststraße. Heute gehört dieses Gebäude zum medizinischen Lazarette des Bundeswehrkrankenhauses. Die nächtliche Geburt war gut verlaufen. Bald wurde ich, mit den Ärzten abgestimmt, in unsere Wohnung in der Wühlischstraße in Friedrichshain gebracht. Im Grunde schlug ich mich wie ein Milchbubi durch. Ich war ein Bauchlieger, entwickelte mich Schritt für Schritt weiter und schrie wenig. Eigen ist eigen, hm ... Die Toilette in der genannten Wohnung lag einen halben Stock tiefer. Die Eltern wünschten sich ein richtiges Haus. Knapp ein Jahr lebten wir unter diesen Umständen. Die regulative Idee aber war entstanden. Es wird ein realer Kern des Seins, eine reale Möglichkeit.

    Einen Haken gab’s aber: Mein Vater sollte zur NVA zum Militärdienst im sozialistischen Land eingezogen werden. Doch er hatte einen Motorradunfall. Die darauffolgende schwierige Operation überstand er. Das Motorrad Ceczetta war Schrott. Die Nationale Volkarmee stellte die Wehrpflicht erst einmal zurück. Vater entschied, ein altes Haus in der Figarostraße in Heinersdorf zu kaufen. Ursprünglich wurden keine großen Mängel oder Probleme festgestellt. Die junge Familie zog in das neue Zuhause nach Berlin Kille, Kille Pankow um. Doch die Einberufung zur NVA drohte weiterhin. Wenn es um meinen Vater ging, brauchte die NVA diesen Mann nicht mehr. Nur in der Kampfgruppe des Proletariats sollte er in der DDR dienen.

    Viele alte Häuser damals mussten saniert werden. So auch unseres. Dazu ergatterte mein Vater den ersten Neuwagen, einen Moskwitsch – liebevoll auch ›Mossi‹ genannt. Gut für uns! So konnte unser Vorhaben, das Haus zu verschönern, leichter umgesetzt werden. Alle Besorgungen brauchten länger im Osten. Aber was soll’s. Das Mauerwerk war kein Problem, aber der Putz, die Heizung, die Garage, die Türen und die Fenster waren dran. Nun hatte ich mich in gewisser Weise auf die Arbeiten gefreut.

    Meine Kindheitserinnerung in Pankow-Heinersdorf schreibe ich ohne inneren Druck, ohne seelische Belastung auf. Damals war ich ein kleiner Junge mit Schnoddernase, ein rechter Steppke. In Ostberlin wuchs ich auf, mit meiner kleinen Schwester und bei meinen Eltern. Es gab keine Probleme, während wir ein Haus besaßen. Ich war gut drauf, hatte einen Igelschnitt und eine Hosenschlaufe mit Schlüsselkarabiner. Aus vielerlei Gründen gab es in unserer Familie wenig Streit. Natürlich waren die Eltern für die Kindererziehung verantwortlich, und sie legten in mir meine Wurzeln: So wuchs ich als Ossi auf. Davon abhängig musste ja auf jeden Fall ein zielgerichteter Weg bestritten werden.

    Es gab wirklich einen Weg hinaus! Meine Frage war: Schleckermäulchen oder Dreckspatz? Hm … Ab und zu schlemmte ich was Süßes und hatte das Glück, durch meine kreativen Ideen mir immer wieder schöne Momente zu basteln. Ich war also beides! Aber im Teenageralter fiel ich als Raufbold auf. In seltenen Intervallen hatte ich trotzdem, weil ich was ausgefressen hatte, kalte Füße bekommen. Mein Gewissen sagte mir oft, dass ich etwas aus der Welt schaffen oder gleich geraderücken wollte. Doch die Pubertät war damals noch fern. In diesen frühen Zeiten hatte ich daher kein schlechtes Gewissen. Davon hatte ich als Kind keine Vorstellung. Außerdem spürte ich eigentlich nichts Schlechtes in meinem Verhalten und durch dessen Auswirkungen.

    Der Rundfunkempfang von Westsendern war in Pankow in Ordnung. Bei den Jugendlichen waren die Sendungen von Rias 2 sehr beliebt. Das Westfernsehen schaute ich, ohne dass die Stasi es wusste.

    Doch auch Ostsendungen konnten mich begeistern. So zum Beispiel ›Spejbl und Hurvínek‹. Die zwei berühmtesten Marionetten boten Dialoge zwischen Vater Spejbl und Sohn Hurvínek; dabei zeichnete sich der Vater durch Selbstsicherheit aus, der Sohn stellte entsprechende Fragen. Ein Ausspruch des Vaters gegenüber seinem Sohn war (natürlich mit Akzent gesprochen): »Nun kannst du gleich liegen bleiben.« Ich war begeistert von diesem Humor und der Alltagssatire. Die Stücke der Prager Puppenspieler waren in Ostdeutschland sehr beliebt.

    Mein Cousin Arvid wohnte in der Nähe in der Frithjofstraße. Arvid und ich sind gleichaltrig und wir waren Freunde. Zum ersten Mal fuhr ich als Vierjähriger allein mit einem Dreirad zu Arvid durch die Roman-Roland-Straße. Nur wusste von meiner Tour niemand. Als ich die kleine Person Arvids in der Ferne erkennen konnte, war ich stolz, die Strecke alleine geschafft zu haben. Schließlich klingelte ich am Gartentor und Arvid drehte sich um. Hier musste ich nun feststellen, dass bereits eine hektische Suchaktion gestartet worden war. Doch nun war ich ja hier und die Ordnung wieder hergestellt. Arvids Mutter rief meine Mutter an! Zu diesem Zeitpunkt war mir aber am wichtigsten, dass ich mein verwegenes Ziel erreicht hatte.

    Ich erinnere mich, dass ich im Winter im Park an der Kreuzung der Tram-Endhaltestelle und der Roman-Roland-Straße gespielt hatte. Ich empfand gleichzeitig Spaß und Mühe. Dieses Vergnügen hatte ich die ersten Male beim Hörnerschlittenfahren mit den Eltern. Ein ehemaliger Bunker diente als Abfahrtshügel. Vermutlich war das für die Kinder ein Risiko, inzwischen ist der Bunker weggeräumt worden.

    Ein einschneidendes Erlebnis war Folgendes für mich: Über das Grundstück lief neben den großen Birnenbäumen vor dem Haus eine Maus. Der Nachbar Herr R. hielt Kaninchen und von dort kam nun die Maus. Meine Mutter sah die Maus. Das kleine Tier wollte vorbeiflitzen, solange es noch möglich war. Ich sah das Malheur und das Abenteuer fing an. Eine Weile guckte die Mutter wie eine Mulle-Katze die kleine Maus an. Dann tötete sie mit ihrer Fußsohle die Maus. Blutverschmiert lag die tote Maus da und ich schaute tatsächlich richtig doof. Darauf zuckte ich nur mit meinen Schultern, doch Wasser lief aus meinen Augen. Meine Emotionen waren tief verknüpft mit inneren Bildern. Mein Weinen prägte sich tatsächlich ins kindliche Gemüt ein.

    Selbst unter Aufbringen meiner ganzen Vorstellungskraft gelang es mir nur in Bruchteilen, die große Welt zu erkennen. Die Erziehung war geprägt vom atheistischen Umfeld der DDR. Meine Kindheit verlief normal, ohne Trunkenheit und ohne eine entsprechende Versuchung. Dazu fühlte ich mich auch nicht als Mauerkind. In der Wahrnehmung war meine Heimat die Dschungelstadt Berlin. Alle Kinder wurden in die Polytechnische Oberschule (POS) eingeschult, ich selbst lernte in der 13. POS Martin Andersen Nexö seit dem Jahre 1978. Zum Einschulungstag bekam ich traditionell meine Schultüte voller Süßigkeiten. Aus irgendeinem Grunde hörte ich das erste Mal die Klassenglocke und wandte meine Schritte in Richtung unseres Hauses. Übrigens wurde ich Jungpionier. Am Ende eines jeden Fahnenappells hieß es: »Für Frieden und Sozialismus! Seid bereit!«, und die Klassenkameraden antworten: »Immer bereit

    Im Pankower Ortsteil Heinersdorf kam ich in die Grundschule am Wasserturm, früher auch ›Russenturm‹ genannt. Meine Klassenlehrerin war Frau G. bis zur Klasse 4b. Ursprünglich saß ich von da an in der zweiten Reihe im Klassenzimmer. Ich wollte den neuen Lernstoff schnell begreifen, vor allen Dingen liebte ich die Zahlen. Vor allem hier waren

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