Interkommunale Zusammenarbeit im Rahmen der (Teil-)Flächennutzungsplanung Windkraft: als Konsequenz der Änderung des baden-württembergischen Landesplanungsgesetzes
Von Tanja Huber
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Über dieses E-Book
Tanja Huber
Die Autorin ist in der Abteilung "Verwaltungsmodernisierung und Organisation" beim Haupt- und Personalamt der Stadt Freiburg tätig.
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Buchvorschau
Interkommunale Zusammenarbeit im Rahmen der (Teil-)Flächennutzungsplanung Windkraft - Tanja Huber
real
1. Einleitung
Die Reaktorkatastrophe am 11. März 2011 in Fukushima hat die Energiewende verstärkt in das Bewusstsein aller gerückt. Wenige Monate nach den Unfällen hat der Bundestag den Atomausstieg¹ bis 2022 in Deutschland beschlossen. Dadurch gewann die Nutzung erneuerbarer Energien erheblich an Bedeutung.²
Das Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung zu steigern, ist bundesgesetzlich im Erneuerbare-Energien-Gesetz verankert. Dieses sieht einen Ausbau der erneuerbaren Energien auf 35 % bis spätestens 2020 und 80 % bis 2050 vor. Insbesondere der Ausbau der Windenergie ist auch auf Landesebene zentrales Ziel der grün-roten Landesregierung in Baden-Württemberg.³ Aufgrund des vorhandenen Ausbaupotenzials soll bis 2020 10 % des Stromverbrauchs aus heimischer Windkraft gedeckt werden.⁴
2010 erreichte man mit den vorhandenen 368⁵ Windkraftanlagen in Baden-Württemberg einen Anteil von 0,69 %⁶ an der Bruttostromerzeugung, welcher bis zum Jahr 2012 auf etwa 1 %⁷ gesteigert werden konnte. Um das ehrgeizige Ziel der Landesregierung zu erreichen, sind jedoch bis 2020 etwa 1.200 Windkraftanlagen der aktuellen 3-MW-Klasse notwendig.⁸
Zur Unterstützung der Zielerreichung hat die Landesregierung im Koalitionsvertrag festgelegt, „frischen Wind" in das Landesplanungsgesetz zu bringen, was im Mai 2012 in die Tat umgesetzt wurde. Mit der Änderung des Landesplanungsgesetzes wurde die Zuständigkeit für die Flächennutzungsplanung für Windkraftanlagen vom Regionalverband auf die kommunalen Planungsträger verlagert, welchen dadurch eine erhebliche Steuerungsmöglichkeit zukommt.⁹ Seither sind alle Städte und Gemeinden angehalten, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen und mittels Flächennutzungsplan Flächen für Windenergieanlagen auszuweisen und damit alle verbleibenden Flächen von der Windkraft auszuschließen, oder den ungelenkten Bau von Anlagen zu akzeptieren.¹⁰
Dass sich die Auswirkungen von Windkraftanlagen jedoch nicht nur auf die Gemarkungsgrenzen des Anlagenstandorts beschränken, zeigt sich bei einem Blick über die Gemarkungsgrenzen hinaus. Kooperationen zwischen den Planungsträgern können hier neue Lösungsansätze schaffen, denn auch die Gemeindenachbarn stehen vor ähnlichen Herausforderungen.¹¹ Deshalb soll diese Arbeit Formen interkommunaler Zusammenarbeit in Bezug auf die (Teil-)Flächennutzungsplanung Windkraft aufzeigen.
In der Arbeit wird zunächst die Änderung des Landesplanungsgesetzes mit deren Folgen näher beleuchtet. Anschließend werden die Kooperationsmöglichkeiten der Planungsträger aufgezeigt und bewertet. Um den Praxisbezug herzustellen, sollen Umfrageergebnisse zeigen, welche Kooperationsformen im Regierungsbezirk Freiburg bei den aktuellen Windkraftplanungen gewählt werden. Die nachfolgenden Interviewergebnisse von Planungsträgern und beauftragten Planungsbüros sollen die Erkenntnisse aus praktischer Sicht ergänzen.
¹ Siehe 13. Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes vom 31.07.2011 (BGBl. I, 2011, S. 1704 f.).
² Stoermer, (2013), S. 85.
³ Nonnenmacher I, (2012), S. 256.
⁴ Koalitionsvertrag, S. 33.
⁵ Lt-Drucks. 15/44, S. 3.
⁶ Ebenda.
⁷ Ministerium erneuerbare Energien Abschätzung, S. 4.
⁸ Lt-Drucks. 15/44, S. 3.
⁹ Schlarmann/Conrad, (2013), S. 164.
¹⁰ Nonnenmacher I, (2012), S. 256.
¹¹ Schwarz, (2012), S. 83.
2. Die Novelle des Landesplanungsgesetzes
Mithilfe des Landesplanungsgesetzes und der raumordnerischen Bestimmungen des Bundes im Raumordnungsgesetz wird die überörtliche Regionalplanung unter Berücksichtigung der Vorgaben aus dem Landesentwicklungsplan Baden-Württemberg durch Regionalverbände festgelegt. Die Regionalplanung dient der Abstimmung raumbedeutsamer Maßnahmen und Planungen und stellt die anzustrebende räumliche Entwicklung und Ordnung als übergeordneten Rahmen für die kommunalen Planungen durch Flächennutzungsplan und Bebauungsplan im Regionalplan dar.¹²
2.1 Bisherige Rechtslage
Bis zur Novelle vom 22. Mai 2012 regelte das Landesplanungsgesetz alter Fassung, dass für regionalbedeutsame¹³ Windkraftanlagen in den Regionalplänen Vorranggebiete und die übrigen Gebiete der Region als Ausschlussgebiete, in denen regionalbedeutsame Windkraftanlagen nicht zulässig sind, festgelegt werden (§ 11 Abs. 3 Nr. 11 und Abs. 7 S. 1 Hs. 2 LplG).¹⁴
In Vorranggebieten sind generell bestimmte, raumbedeutsame Funktionen oder Nutzungen vorgesehen, wie etwa die Windenergienutzung.¹⁵ In Ausschlussgebieten sind bestimmte raumbedeutsame Nutzungen, für die zugleich Vorranggebiete festgelegt sind, ausgeschlossen.¹⁶ Dieses Vorgehen nennt man eine sogenannte „Schwarz-Weiß-Planung".¹⁷
Da die Kommunen verpflichtet sind, ihre Bauleitpläne (Flächennutzungs- und Bebauungspläne) den Zielen der Raumordnung anzupassen, war es den Planungsträgern aufgrund der regionalplanerischen Festlegungen von Vorrang- und Ausschlussgebieten bisher nur möglich, eine Feinsteuerung innerhalb dieser Vorgaben vorzunehmen. Eine über die in der Regionalplanung festgelegten Flächen hinausgehende Ausweisung bzw. ein darüber hinausgehender Ausschluss von Flächen war nicht möglich. Den Kommunen kam somit keine direkte Steuerungsmöglichkeit zu.¹⁸
2.2 Neue Rechtslage
Es wurde festgestellt, dass die im Regionalplan festgelegten Vorrangund Ausschlussgebiete nicht ausreichen, um das Ausbauziel der Landesregierung zu erreichen. Deshalb wurde eine Änderung angestrebt und die Windkraftsteuerung rekommunalisiert.¹⁹
Seit der Novelle des Landesplanungsgesetzes können Standorte für regionalbedeutsame Windkraftanlagen nur noch als Vorranggebiete im Regionalplan festgelegt werden.²⁰ Eine Ausschlusswirkung kann auf Höhe der Regionalplanung nicht mehr erreicht werden. Diese neue Bestimmung und die Aufhebung der bisherigen Festsetzungen von Vorrang- und Ausschlussgebieten in der Regionalplanung traten zum 1. Januar 2013 in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt war