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Verbindungen im Stahl- und Verbundbau
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eBook692 Seiten4 Stunden

Verbindungen im Stahl- und Verbundbau

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Über dieses E-Book

Zentrale Themen des Buches sind geschweißte und geschraubte Verbindungen im Stahl- und Verbundbau. Darüber hinaus werden auch andere Verbindungstechniken bzw. Verbindungsmittel behandelt, wie z. B. Kontakt, Kopfbolzendübel, Setzbolzen, Niete, Augenstäbe, Bolzen, Hammerschrauben, Zuganker, Dübel und Ankerschienen.
Auf die Methoden und Vorgehensweisen zur Bemessung und konstruktiven Durchbildung der Verbindungen wird ausführlich eingegangen. Neben den allgemeingültigen Grundlagen werden die Regelungen der DIN 18800 und der Eurocodes behandelt und Erläuterungen zum Verständnis gegeben. Zahlreiche Konstruktions- und Berechnungsbeispiele zeigen die konkrete Anwendung und Durchführung der Tragsicherheitsnachweise.
SpracheDeutsch
HerausgeberWiley
Erscheinungsdatum24. Aug. 2011
ISBN9783433600993
Verbindungen im Stahl- und Verbundbau

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    Buchvorschau

    Verbindungen im Stahl- und Verbundbau - Rolf Kindmann

    1

    Übersicht

    1.1 Einleitung

    Tragwerke des Bauwesens werden in der Regel aus vielen einzelnen Bauteilen herge-stellt. Häufig bestehen auch die Bauteile aus mehreren Einzelteilen, sodass hinsichtlich Konstruktion und Bemessung zahlreiche unterschiedliche Aufgaben zu lösen sind. Die Verbindungstechnik hat daher im Bauwesen große Bedeutung.

    Zur Kennzeichnung der unterschiedlichen Aufgabenstellungen verwendet man die Begriffe:

    Verbindung, Stoß, Anschluss, Befestigung

    Der Begriff „Verbindung" dient zur allgemeinen Beschreibung. Er schließt StöBe, An-schlüsse und Befestigungen als Sonderfälle mit ein. Zur Erläuterung enthält Bild 1.1 vier Beispiele:

    Verbindung von Blechen zur Herstellung von Querschnitten

    Stumpfstoß eines Biegeträgers

    Anschluss eines Trägers an eine Stütze

    Befestigung eines Auflagerwinkels an eine Stütze

    Bild 1.1 Beispiele für verschiedene Verbindungsarten

    c01f001_fmt

    Die Verbindung von Blechen untereinander oder mit gewalzten Profilen dient zum Herstellen, Verstärken und Aussteifen von Bauteilen und Querschnitten. Stöße von Bauteilen können aus unterschiedlichen Gründen erforderlich sein:

    Bleche und Walzprofile sind nicht in den erforderlichen Abmessungen verfügbar

    Abstufung von Querschnitten

    Begrenzung der Abmessungen und Gewichte im Hinblick auf Transport und Montage

    Anschlüsse sind stets erforderlich, wenn einzelne Bauteile mit anderen Bauteilen verbunden werden müssen. Der Begriff „Befestigung" wird im Stahl- und Verbundbau selten verwendet. In der Regel soll damit gekennzeichnet werden, dass ein kleines Einzelteil an einem großen Bauteil befestigt wird. Teilweise wird auch der Begriff „Verankerung" verwendet. Damit wird u.a. ausgedrückt, dass Tragwerke mit Fundamenten verbunden oder Zugglieder an Konstruktionen angeschlossen werden.

    Verbindungen dienen zur Übertragung von Kräften, Schnittgrößen oder Spannungen, siehe auch Bild 1.2. Prinzipiell können folgende Verbindungstechniken unterschieden werden:

    Schweißen

    Schrauben

    Kontakt (nur Druck)

    Reibung (nur Schub)

    Nieten

    Dübeln

    Nageln (Holzbau)

    Kleben

    Die Zusammenstellung enthält im Sinne einer Übersicht die wichtigsten Verbindungs-techniken. Darüber hinaus gibt es weitere spezielle Techniken und Verbindungsmittel für besondere Anwendungsfälle, wie z. B. Bolzen oder Anker.

    Bild 1.2 Zur Verbindung von zwei Einzelteilen

    c01f002_fmt

    Im Stahl- und Verbundbau haben das Schweißen und Schrauben die bei weitem größ-te Bedeutung. Aus diesem Grunde werden diese Verbindungstechniken in dem vorliegenden Buch ausführlich behandelt. Neben Erläuterungen zur Wirkungsweise und zum Tragverhalten wird detailliert auf die entsprechenden Konstruktionsmethoden und Bemessungsverfahren eingegangen. Damit, und mit zahlreichen Beispielen, wird der Leser in die Lage versetzt, geschweißte und geschraubte Verbindungen sicher be-urteilen und auslegen zu können. Da die Prinzipien, Methoden und Verfahren in wesentlichen Teilen allgemeine Gültigkeit haben, ist die Übertragbarkeit auf andere Ver-bindungstechniken möglich, sodass breite Anwendungsbereiche abgedeckt werden. Neben der Kraftübertragung durch Schweißnähte und Schrauben werden im Stahlund Verbundbau auch Druckkräfte durch Kontakt und Schubkräfte durch Reibung übertragen. Dübel werden in der Regel zur Verbindung von Stahl- und Betonteilen eingesetzt. Sie kommen in verschiedenen Ausführungsformen, wie z. B. als Kopfbolzendübel oder Verbundanker, vor.

    Ein Beispiel für die Niettechnik ist in Bild 1.3 dargestellt, wobei die Niete verschiedene Funktionen haben. Einerseits wird der Stabquerschnitt des Obergurtes aus vier Winkeln und dem Stegblech hergestellt, andererseits werden das Knotenblech an den Obergurt und zwei Diagonalen an das Knotenblech angeschlossen. Nietverbindungen wie in Bild 1.3 sind heutzutage nicht mehr üblich. Sie wurden in den letzten Jahrzehnten durch geschweißte und geschraubte Verbindungen ersetzt. Aktuell ist dagegen nach wie vor die Verwendung von Blindnieten, die zur Verbindung von Stahltrapezprofilen eingesetzt werden (Verbindung der Profiltafeln untereinander).

    Bild 1.3 Beispiel für ein Konstruktionsdetail mit Halbrundnieten

    c01f003_fmt

    Die Anwendung der Klebetechnik im Bauwesen befindet sich zur Zeit noch in der Entwicklung. Erste Anwendungsgebiete, wie z. B. das Aufkleben von Stahllamellen auf Stahlbetonkonstruktionen (Verstärkung, Sanierung), sind bereits für die Baupraxis erschlossen worden.

    Voraussetzung für die Anwendung einer Verbindungstechnik im Bauwesen ist, dass

    sie den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht, d. h. in bauauf-sichtlich eingeführten DIN-Normen oder Richtlinien geregelt ist,

    eine allgemeine bauaufsichtliche bzw. europäische technische Zulassung vorliegt oder

    eine Zustimmung im Einzelfall durch die Oberste Baubehörde (Landesministerium) erteilt wird.

    1.2 Thematische Gliederung des Buches

    Die folgende Zusammenstellung soll dem Leser eine schnelle Orientierung bei der Verwendung des Buches ermöglichen. Dazu wird jeweils kurz der Inhalt der Kapitel angesprochen und Wissenswertes hervorgehoben.

    Kapitel 1 Übersicht

    In der Einleitung wird eine Übersicht über die verschiedenen Verbindungstechniken (Schweißen, Schrauben, Dübeln.....) und Aufgabenstellungen (Verbindung, Stoß, Anschluss, Befestigung) gegeben. Darüber hinaus werden die Gliederung des Buches erläutert und die Bezeichnungen angegeben.

    Kapitel 2 Ermittlung der Beanspruchungen in den Verbindungsmitteln

    In diesem Kapitel werden Prinzipien und allgemeine Vorgehensweisen zur Ermittlung von Beanspruchungen in Verbindungen und Verbindungsmitteln erläutert. Mit den Schnittgrößen als Ausgangspunkt wird auf die Verwendung der Gleichgewichtsbedin-gungen und der Spannungsverteilungen eingegangen sowie entsprechende Berech-nungsformeln für ausgewählte Anwendungsfälle bereitgestellt.

    Kapitel 3 Konstruktion und Bemessung von Bauteilen und Verbindungen

    Kapitel 3 bildet den Schwerpunkt des Buches. Es enthält zahlreiche Berechnungs-beispiele, wobei die Nachweise nach DIN 18800 und Eurocode 3 geführt werden. Jedem Themenschwerpunkt sind Konstruktionsbeispiele und Erläuterungen zu den Konstruktionsprinzipien und Berechnungsmethoden vorangestellt.

    Kapitel 4 Geschraubte Verbindungen

    Kapitel 4 enthält alles, was für geschraubte Verbindungen von Bedeutung ist. Schwer-punkte sind die Wirkungsweise, die Beanspruchung und die Beanspruchbarkeit von geschraubten Verbindungen. Dabei wird auf DIN 18800 und den Eurocode 3 eingegangen und Bemessungshilfen in Form von Tabellen und Diagrammen zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden die Grundlagen zur Berechnung von Kräften in Schrauben vermittelt.

    Kapitel 5 Geschweißte Verbindungen

    Die Konzeption von Kapitel 5 entspricht sinngemäß der von Kapitel 4 „Geschraubte Verbindungen".

    Kapitel 6 Weitere Verbindungsmittel und -techniken

    Während die Kapitel 4 und 5 ausführlich das Schrauben und Schweißen behandeln, werden in Kapitel 6 als Ergänzung weitere Verbindungsmittel und -techniken, wie z. B. Niete, Bolzen, Zuganker, Dübel, Verankerungsschienen usw., vorgestellt. Dabei wird insbesondere auf die Ausfuhrungen in den Kapiteln 2 und 4 zurückgegriffen.

    Kapitel 7 Konstruktionen mit nicht vorwiegend ruhenden Beanspruchungen

    In den Kapiteln 4 und 5 werden die geschraubten und geschweißten Verbindungen ausschließlich unter vorwiegend ruhender Belastung behandelt. Kapitel 7 enthält ent-sprechende Ergänzungen, wenn nicht vorwiegend ruhende Beanspruchungen auftreten, d.h. dort wird auf die Ermüdung und Betriebsfestigkeit eingegangen.

    1.3 Bezeichnungen

    Grundlage für die Bezeichnungen sind DIN 1080 und DIN 18800. Davon abweichende Bezeichnungen nach dem Eurocode 3 werden am rechten Rand angegeben.

    Koordinaten, Ordinaten und Bezugspunkte

    Verschiebungsgrößen

    Einwirkungen, Lastgrößen

    Schnittgrößen

    Spannungen

    Werkstoffkennwerte

    Teilsicherheitsbeiwerte

    Querschnittskennwerte

    Geschraubte Verbindungen

    Geschweißte Verbindungen

    1.4 Internetadressen für weitere Informationen

    Verbindungsmittel für den Stahl- und Verbundbau werden häufig von entsprechend spezialisierten Herstellern angeboten. In vielen Fällen stellen sie den Anwendern technische Informationen und Bemessungshilfen zur Verfügung. Als Hilfe für eine Kontaktaufnahme sind in Tabelle 1.1 einige Internetadressen zusammengestellt.

    Tabelle 1.1 Zusammenstellung von Internetadressen

    2

    Ermittlung von Beanspruchungen in Verbindungen

    2.1 Prinzipielle Vorgehensweise

    In Abschnitt 8.1 der DIN 18800 Teil 1 [15] werden allgemeine Regeln zur Ermittlung der Beanspruchungen und Beanspruchbarkeiten von Verbindungen angegeben. Gemäß Element 801 ist wie folgt vorzugehen:

    „Die Beanspruchung der Verbindung eines Querschnittsteils soll aus den Schnittgrößenanteilen dieses Querschnittsteils bestimmt werden."

    Ergänzend dazu sei auch aus Element 504 zitiert:

    „Stöße und Anschlüsse sollen gedrungen ausgebildet werden. Unmittelbare und symmetrische Stoßdeckung ist anzustreben. Die einzelnen Querschnittsteile sollen für sich angeschlossen oder gestoßen werden."

    Die genannten Regelungen bedeuten, dass die Teilschnittgrößen der einzelnen Querschnittsteile von den dort vorhandenen Verbindungsmitteln übertragen werden sollen. Diese Vorgehensweise ist sinnvoll, jedoch nicht in allen Fällen selbstverständlich und ohne weiteres eindeutig. Das Prinzip bedarf daher der Erläuterung und Ergänzung.

    Bild 2.1 Teilschnittgrößen im geschraubten Stoß eines I-Querschnitts

    c02f001_fmt

    Als Beispiel wird der Laschenstoß eines doppeltsymmetrischen Walzprofiles in Bild 2.1 betrachtet. Die Schnittgrößen N, M und V sind dort am positiven und negativen Schnittufer eingetragen, sie sollen aber genau im Stoß, also in der Mitte, wirken. Wie man sieht, werden die o. g. Prinzipien unmittelbar erfüllt:

    Die einzelnen Querschnittsteile, Gurte und Steg, werdenje für sich gestoßen.

    Für die Beanspruchung der drei Verbindungen werden die Teilschnittgrößen der Querschnittsteile zugrunde gelegt. Dabei wirken im Steg die Teilschnittgrößen Ns; Ms, und Vs, sowie in den beiden Gurten Nο bzw. Nu.

    Bei der Übertragung der Schnittgrößen wird der Stoß gedanklich in zwei Hälften aufgeteilt. Dabei werden die Teilschnittgrößen am positiven Schnittufer vom Walzprofil über die Schrauben in die Laschen eingeleitet (Bild 2.1 unten). Auf der linken Seite (hier nicht dargestellt) werden sie aus den Laschen in das Walzprofil übertragen und ergeben dann die Schnittgrößen am negativen Schnittufer.

    In jedem beliebigen Schnitt müssen natürlich die Gleichgewichtsbedingungen, siehe Bild 2.1 unten rechts, erfüllt sein. Wie man sieht, ist es eine Teilaufgabe, die Teilschnittgrößen aus den (Gesamt-) Schnittgrößen zu bestimmen. Darauf wird in Abschnitt 2.2 näher eingegangen. Hier soll ein zweites Beispiel betrachtet werden. Bild 2.2 zeigt einen zu Bild 2.1 ähnlichen Fall: Den Stoß eines Biegeträgers mit I-Querschnitt. Es wirkt jedoch nur ein Biegemoment M und er wird als Stimplattenstoß ausgebildet.

    Bild 2.2 Teilschnittgrößen im Stirnplattenstoß eines I-Querschnittes

    c02f002_fmt

    Zum Biegemoment M gehört die in Bild 2.2 unten dargestellte Spannungsverteilung. Daraus ergeben sich die Teilschnittgrößen Nο, Ms, und Nu. Es wird nun näherungsweise angenommen, dass die Schrauben am Obergurt keine Kräfte aufnehmen und in der Mitte des Obergurts eine Druckkraft D (Kontakt) entsteht. Zusätzlich wird von dicken Stirnplatten ausgegangen, sodass keine Abstützkräfte entstehen (siehe Abschnitt 4.4). Näherungsweise ist dann das Stegmoment Ms = O und das Biegemoment M wird nur durch Nο = D und Nu = Z übertragen. Das Beispiel soll zeigen, dass die Teilschnittgrößen in einer Verbindung vom Kraftfluss abhängen, wobei sich der Kraftfluss aus der gewählten konstruktiven Ausbildung der Verbindung ergibt.

    Dies ist im Beispiel in Bild 2.2 für die Schraubenzugkräfte eine selbstverständliche Folgerung. Für die Schweißnähte zwischen Walzprofil und Stirnplatte bedeutet es, dass die Teilschnittgrößen infolge Biegemoment M unter Berücksichtigung des tatsächlichen Krafteinflusses zu ermitteln sind, siehe auch Abschnitt 2.2.

    Ein weiteres Prinzip soll mit Hilfe von Bild 2.3 erläutert werden. Es soll verdeut-lichen, dass bei Stößen und Anschlüssen in der Regel zwei Grundaufgaben unterschieden werden:

    Kraftübertragung in Richtung der Verbindungsfuge

    Kraftübertragung senkrecht zur Verbindungsfuge

    Daran anschließend wird dann die gemeinsame Wirkung (Überlagerung) untersucht. Das hier beschriebene Grundprinzip wird nicht nur bei geschweißten und geschraubten Verbindungen, sondern allgemein verwendet.

    Bild 2.3 Prinzipskizze zur Beanspruchung von Verbindungen

    c02f003_fmt

    Aus den Kräften Fy, und Fz (s. Bild 2.3) sind häufig unmittelbar die Beanspruchungen der Verbindungsmittel erkennbar. Die prinzipiellen Zusammenhänge sind in Bild 2.4 für eine Zugkraft N und eine Querkraft V skizziert. Je nach Art der konstruktiven Ausbildung ergeben sich:

    Zug- oder Abscherbeanspruchungen in Schrauben

    Spannungen σ 22A5_fmt bzw. τ 22A5_fmt oder Schubspannungen τ 2016_fmt in Schweißnähten

    Die Pfeile in Bild 2.4 zeigen die Schraubenkräfte mit ihren tatsächlichen Wirkungsrichtungen und die Richtung der Schweißnahtspannungen in einer ausgewählten Verbindungsfuge.

    Bild 2.4 Zur prinzipiellen Beanspruchung von Schrauben und Schweißnähten

    c02f004_fmt

    2.2 Schnittgrößen und Spannungen in Stäben

    Bei den Verbindungen im Stahl- und Verbundbau geht es fast ausschließlich um die Übertragung von Schnittgrößen in Stäben. Bild 2.5 zeigt beispielhaft einen Stababschnitt mit C-förmigem Querschnitt.

    Bild 2.5 x-y-z-Koordinatensystem und Bezugspunkte S und M bei Stäben

    c02f005_fmt

    Zur Beschreibung der Stabgeometrie wird ein x-y-z-Koordinatensystem verwendet. Die x-Achse wird in Längsrichtung des Stabes angeordnet, sodass die Querschnitte in der y-z-Ebene liegen. Der Ursprung des y-z-Koordinatensytems ist der Flächenschwerpunkt S und die Achsen des Koordinatensystems kennzeichnen die sogenannten Hauptachsen des Querschnitts. Als ein weiterer Bezugspunkt für die Verschiebungen und Schnittgrößen wird der Schubmittelpunkt M benötigt. Seine Lage wird im allgemeinen Fall durch die Koordinaten ym und zM beschrieben. Für den einfachsymmetrischen Querschnitt in Bild 2.5 ist zM = 0. Die Bestimmung der Hauptachsen und Bezugspunkte wird u. a. in [133] ausführlich beschrieben.

    In Stabquerschnitten treten Normalspannungen σx und Schubspannungen τ auf, siehe Bild 2.6. Sie werden in Schnittgrößen, den „Spannungsresultierenden", zusammengefasst. Gemäß Bild 2.6b können 8 verschiedene Schnittgrößen auftreten, wobei N, My und Mz im Schwerpunkt und die übrigen Schnittgrößen im Schubmittelpunkt wirken. Darüber hinaus können die Schnittgrößen in zwei Kategorien eingeteilt werden:

    N, My, Mz und Mω, sind Resultierende von Normalspannungen σx

    Vy, Vz, Mxp und Mxs sind Resultierende von Schubspannungen τ

    Bild 2.6 Spannungen und Schnittgrößen am positiven Schnittufer eines Stabquerschnitts (Schnittfläche x = konst.) [133]

    c02f006_fmt

    Die Definitionen der Schnittgrößen als Resultierende der Spannungen sind in Tabelle 2.1 zusammengestellt. Da in der Regel die Spannungsverteilungen nicht bekannt sind, bilden üblicherweise die Schnittgrößen den Ausgangspunkt für die Bemessung. Daraus können dann, je nach Aufgabenstellung, Spannungen oder Teilschnittgrößen in Querschnittsteilen berechnet werden (siehe Abschnitte 2.3 und 2.4).

    Tabelle 2.1 Schnittgrößen als „Resultierende der Spannungen"

    2.3 Gleichgewicht zwischen Schnittgrößen und Teilschnittgrößen

    Gemäß Abschnitt 2.1 sollen die einzelnen Querschnittsteile je für sich angeschlossen oder gestoßen werden. Zur Ermittlung der Beanspruchungen der Verbindung werden daher die Teilschnittgrößen in den Einzelteilen benötigt. Sie können in einfachen Fällen allein mit den Gleichgewichtsbedingungen bestimmt werden. Allgemein können sie bei beliebigen Anwendungsfällen aus der Spannungsverteilung berechnet werden (siehe Abschnitt 2.4). Das Gleichgewicht zwischen Schnittgrößen und Teilschnittgrößen muss natürlich stets erfüllt sein.

    KindmannlFrickel gehen in [133] auf die Zusammenhänge zwischen Schnittgrößen und Teilschnittgrößen ausführlich ein. Als vorrangiges Ziel wird dort die Ermittlung der Grenztragfähigkeit von Querschnitten verfolgt. Die grundlegenden Gleichungen können für die Ermittlung der Beanspruchungen in Verbindungen übernommen werden. Da die Querschnitte im Stahlbau fast ausschließlich aus dünnwandigen Blechen bestehen, werden hier nur rechteckige Teilquerschnitte betrachtet.

    Bei einem rechteckigen Querschnitt treten im allgemeinen Fall gemäß Bild 2.7 insgesamt acht Schnittgrößen auf. Davon können bei dünnwandigen Rechteckquerschnitten mit h 226B_fmt t die Schnittgrößen Vy, Mz, Mxs und Mω) vernachlässigt werden. Die Restlichen vier Schnittgrößen sind in Bild 2.7 rechts eingetragen, wobei zwecks späterer Verallgemeinerung bei My und Vz auf die Indices verzichtet wird.

    Bild 2.7 Rechteckquerschnitt und Schnittgrößen, [133]

    c02f007_fmt

    Beim Übergang auf Querschnitte, die aus mehreren dünnwandigen Blechen bestehen, kann die in Bild 2.7 getroffene Festlegung auf jedes Einzelteil angewendet werden. Im Teilquerschnitt „i" werden daher die Teilschnittgrö ßen

    Ni, Mi, Vi und Mxp,i

    angesetzt, d. h. örtliche Normalkräfte, Biegemomente, Querkräfte und primäre Torsionsmomente. Die Skizze in Tabelle 2.2 zeigt dazu einen rechteckigen Teilquerschnitt in beliebiger Lage im Querschnitt. Darüber hinaus enthält Tabelle 2.2 die in [133] hergeleiteten Beziehungen zwischen Schnittgrößen und Teilschnittgrößen.

    Stabquerschnitte bestehen häufig aus zwei oder drei Blechen. Bild 2.8 zeigt dazu fünf ausgewählte Beispiele. Davon soll hier der einfachsymmetrische I-Querschnitt näher untersucht werden, da damit auch doppeltsymmetrische I- und T-Querschnitte erfasst werden können.

    Bild 2.8 Querschnitte aus zwei und drei Blechen

    c02f008_fmt

    Tabelle 2.2 Beziehungen zwischen Gesamtschnittgrößen und Teilschnittgrößen bei dünnwandigen, rechteckigen Teilflächen

    c02t002_fmt

    Die Bezeichnungen können ebenso wie Angaben zur Festlegung der Bezugspunkte S und M Bild 2.9 entnommen werden. Für doppeltsymmetrische I-Querschnitte gilt aS = aM = 0, sodass beide Punkte im Schnittpunkt der Symmetrielinien liegen. Die Idealisierung durch drei Bleche kann auch für doppeltsymmetrische Walzprofile verwendet werden. Dabei wird in der Regel zur näherungsweisen Erfassung der Ausrundungen der Steg bis zu den Gurtmittellinien geführt und daher hs = ag angenommen.

    Bild 2.9 Einfachsymmetrischer I-Querschnitt: Bezeichnungen und Lage von Schwerpunkt und Schubmittelpunkt

    c02f009_fmt

    Als erste Teilaufgabe werden in Bild 2.10 die Schnittgrößen Vy, Vz, Mxp und Mxs betrachtet und die Teilschnittgrößen vο, vs, vu, Mxp,s Mxp,u und Mxp,u ermittelt. Zur Bestimmung der örtlichen Querkräfte stehen drei Gleichgewichtsbedingungen zur Verfügung, sodass sie ohne zusätzliche Annahmen berechnet werden können. Die unmittelbare Berechnung von Vο, Vs und Vu unter Verwendung der Gleichgewichtsbedingungen 03A3_fmt Fy, = 0, 03A3_fmt Fz = 0 und 03A3_fmt Mxs = 0 ist bei beliebigen Querschnittsformen aus drei Blechen möglich und ist die einfachste Methode zur Bestimmung der Teilschnittgrößen.

    Bild 2.10 Teilschnittgrößen infolge Vy,.Vz,. Mxs und Mxp (τ-Schnittqrößen)

    c02f010_fmt

    Die Aufteilung des primären Torsionsmomentes Mxp in die drei Teilschnittgrößen hat für die Auslegung von Verbindungen geringe Bedeutung, da diese Beanspruchungsart selten vorkommt. Die in Bild 2.10 angegebenen Formeln basieren auf der bei Anwendung der Elastizitätstheorie üblichen Annahme, dass die Aufteilung im Verhältnis der St. Venantschen Torsionsträgheitsmomente erfolgt, weil dann alle drei Einzelteile die gleiche Verdrillung aufweisen.

    Bild 2.11 Teilschnittgrößen infolge N, My, Mz und Mω (σ-Schnittgrößen)

    c02f011_fmt

    Als zweite Teilaufgabe werden in Bild 2.11 die Schnittgrößen N, My, Mz, und Mω, (σ-Schnittgrößen) betrachtet. Zur Ermittlung der Teilschnittgrößen Nο, Mο, Ns, Ms. Nu und Mu, stehen vier Gleichgewichtsbedingungen zur Verfügung. Da zwei Bedingungen fehlen, ist eine eindeutige Bestimmung allein unter Verwendung der Gleichgewichtsbedingungen nicht möglich. Mo und Mu, hängen jedoch nur vom Biegemoment Mz, und vom Wölbbimoment Mω ab, sodass sie unmittelbar berechnet werden können. Für den häufig vorkommenden Sonderfall Mz = Mω = 0 gilt Mο = Mu = 0.

    Die Gurtnormalkräfte Nο und Nu, siehe Bild 2.11, hängen nicht nur vom Biegemoment My und der Normalkraft N, sondern auch von den Teilschnittgrößen N, und M, des Steges ab. Nimmt man näherungsweise an, dass die Schnittgrößen My und N nur durch die Gurte aufgenommen werden, so können Nο und Nu wegen Ms = Ns = 0 direkt bestimmt werden. Für eine genauere Ermittlung kann die Spannungsverteilung nach der Elastizitätstheorie zugrunde gelegt werden. Auf diese Berechnungen wird in Abschnitt 2.4 näher eingegangen. Hier sollen jedoch vorab zur Vervollständigung der Teilschnittgrößenermittlung in Bild 2.11 die entsprechenden Formeln zur Ermittlung von Ns und Ms mitgeteilt werden:

    (2.1) c02e001_fmt

    (2.2) c02e002_fmt

    Darin sind:

    (2.3) c02e003_fmt

    (2.4) c02e004_fmt

    Mit den vorstehenden Angaben können für den einfachsymmetrischen Querschnitt in Bild 2.9 und die angesprochenen Varianten alle Teilschnittgrößen für beliebige Schnittgrößenkombinationen bestimmt werden. Ergänzend dazu wird in Bild 2.12 der häufig vorkommende Sonderfall des doppeltsymmetrischen I-Querschnitts für zwei Schnittgrößenkombinationen betrachtet. Für Fall a, d.h. für die Wirkung von My und N, erhält man:

    (2.5) c02e005_fmt

    (2.6) c02e006_fmt

    (2.7) c02e007_fmt

    (2.8) c02e008_fmt

    (2.9)

    c02e009_fmt

    Bild 2.12 Zum Gleichgewicht zwischen Schnittgrößen und Teilschnittgrößen beim doppeltsymmetrischen I-Querschnitt

    c02f012_fmt

    Fall b in Bild 2.12 ist statisch bestimmt, sodass die Teilschnittgrößen unmittelbar aus den drei Gleichgewichtsbedingungen berechnet werden können:

    (2.10) c02e010_fmt

    (2.11) c02e011_fmt

    (2.12) c02e012_fmt

    2.4 Ermittlung der Teilschnittgrößen mit der Spannungsverteilung

    Die Teilschnittgräßen in den Einzelteilen von Querschnitten können stets mit Hilfe der Spannungsverteilung ermittelt werden. Da die Querschnitte im Stahlbau sehr häufig aus Blechen bestehen oder in Bleche aufgeteilt werden können, wird in Bild 2.13 ein rechteckiger Teilquerschnitt betrachtet. Der Index „i" zur Kennzeichnung des Teilquerschnitts wird dort zur Wahrung der Übersichtlichkeit weggelassen.

    Bild 2.13 Zur Ermittlung von Teilschnittgrößen in dünnwandigen, rechteckigen Teilquerschnitten mit der Spannungsverteilung nach der Elastizitätstheorie

    c02f013_fmt

    Zu den vier Teilschnittgrößen in einem dünnwandigen Rechteckquerschnitt gemäß Bild 2.7 gehören drei verschiedene Spannungsverteilungen, siehe Bild 2.13 Mitte. Da die Normalspannung σx, nur linear veränderlich oder gleichbleibend verteilt sein kann, reichen die Spannungswerte an den Blechenden zur Ermittlung von Ni und Mi aus. Wegen der Dünnwandigkeit wird σx, über die Blechdicke konstant angenommen. Diese Annahme wird auch für die Schubspannungen infolge der örtlichen Querkraft Vi getroffen. Da sie über die Blechlänge parabelförmig verteilt sind, werden drei Ordinaten benötigt. Gewählt werden τa, τm und τe.

    Die dritte Spannungsverteilung gehört zum primären Torsionsmoment Mxp,i. Dafür ist jedoch die Verwendung der in Bild 2.13 angegebenen Formel in den meisten Anwendungsfällen unzweckmäßig, da man zur Berechnung von max τp das Torsionsmoment Mxp verwendet. Bei offenen Querschnitten kann unmittelbar mit

    (2.13) c02e013_fmt

    gerechnet werden, d.h. das primäre Torsionsmoment Mxp wird im Verhältnis der Torsionsträgheitsmomente auf die Einzelteile aufgeteilt. Bei geschlossenen oder gemischt offen-geschlossenen Querschnitten (mit Hohlzellen) werden die Torsionsträgheitsmomente der Bleche außerhalb der Hohlzellen i. d. R. vernachlässigt, sodass die Torsion nur auf die Teilquerschnitte wirkt, die die Hohlzellen bilden. In diesen wirken bei dünnwandigen Querschnitten über die Blechdicke konstante Schubspannungen, die zu örtlichen Querkräften Vi in den Teilquerschnitten führen (Mxp,i = 0).

    Für die in Bild 2.13 angegebenen Berechnungsformeln werden die Spannungs werte an den Blechenden bzw. in Blechmitte benötigt. Hier wird vorausgesetzt, dass die entsprechenden Methoden zur Spannungsermittlung bekannt sind. Sie werden in vielen Lehrbüchern behandelt, u. a. auch von Kindmann/Frickel in [133]. Neben den Berechnungsverfahren auf Grundlage der Elastizitätstheorie wird dort auch auf Spannungen und Teilschnittgrößen nach der Plastizitätstheorie vertieft eingegangen. Die folgende Zusammenstellung gibt eine Übersicht über die wichtigsten Berechnungsformeln auf Grundlage der Elastizitätstheorie:

    σx infolge N, My und Mz

    (2.14) c02e014_fmt

    τ infolge Vy und Vz

    (2.15)

    c02e015_fmt

    τ infolge Mx = Mxp + Mxs

    (2.16)

    c02e016_fmt

    (2.17)

    c02e017_fmt

    σx infolge Mω

    (2.18) c02e018_fmt

    Die Zusammenstellung zeigt, dass es bei einigen Schnittgrößen von Bedeutung ist, ob der Querschnitt Hohlzellen enthält. Die Durchführung der Berechnungen wird in Kapitel 3 anhand von zahlreichen Beispielen gezeigt.

    Bei hoch ausgenutzten Querschnitten kann es in einigen Anwendungsfällen zweckmäßig sein, die Beanspruchung der Verbindungen mit den Grenzschnittgrößen in den Einzelteilen zu bemessen, da damit die Berechnungen abgekürzt werden können. Bei jeweils alleiniger Wirkung einer Teilschnittgröße treten die in Bild 2.14 angegebenen Spannungsverteilungen und Grenzschnittgrößen auf. Die Unterscheidung in Elastizitätstheorie und Plastizitätstheorie verdeutlicht die Ausnutzung und Beanspruchbarkeit des rechteckigen Teilquerschnitts für die unterschiedlichen Teilschnittgrößen.

    Da in der Baupraxis sehr häufig doppeltsymmetrische I -Querschnitte vorkommen, die durch die Schnittgrößen N, My und Vz beansprucht werden, wird dieser Fall in Bild 2.15 betrachtet. Mit dem dargestellten Querschnitt können geschweißte und näherungsweise auch gewalzte Querschnitte erfasst werden. Als Ersatz für die Ausrundungen wird bei Walzprofilen in der Regel hs = ag angenommen. Bild 2.15 verdeutlicht die Ermittlung der Teilschnittgrößen infolge N und My mit der Spannungsverteilung nach der Elastizitätstheorie. Häufig wird von der vereinfachten Schnittgrößenverteilung Gebrauch gemacht, bei der N und My nur den Gurten zugewiesen wird. Diese Aufteilung wird in DIN 18800-1, Element 801, explizit für den Nachweis der Verbindungen von Biegeträgem zugelassen.

    Bild 2.14 Grenzschnittgrößen von dünnwandigen Rechteckquerschnitten nach der Elastizitäts- un Plastizitätstheorie

    c02f014_fmt

    Bild 2.15 Teilschnittgrößen bei doppeltsymmetrischen I-Querschnitten

    c02f015_fmt

    3

    Konstruktion und Bemessung von Bauteilen und Verbindungen

    3.1 Vorbemerkungen

    Kapitel 3 bildet sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich des Umfangs den Schwerpunkt des vorliegenden Buches. Für ausgewählte und die Baupraxis wichtige Aufgabenstellungen werden die konstruktive Durchbildung und die Bemessung ausführlich erläutert. Im Vordergrund stehen dabei stets Methoden, Vorgehensweisen und Konstruktionsprinzipien sowie die anschauliche Wissensvermittlung mit Hilfe von Konstruk- tions- und Berechnungsbeispielen.

    Da

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