Über dieses E-Book
Kenny ist die Nummer eins bei Abenteuerspielen im Internet, bei denen niemand merkt, dass er nicht sprechen kann. Im wahren Leben geht der Schüler Konflikten aus dem Weg und findet keine Freunde. Alles ändert sich, als er auf den Zirkusaffen Adam trifft, der sich ihm in Gebärdensprache vorstellt. Als der Schimpanse im Zirkus bedroht wird, flieht er aus seinem Käfig. Kenny reißt daraufhin von zu Hause aus, um mit Adam den Wissenschaftler zu finden, der das "Geheimnis der Sprache" kennen soll. Für die beiden beginnt eine spannende Abenteuerreise, auf der sie über sich selbst hinauswachsen. Doch bald gerät Adam in Lebensgefahr - wird Kenny seiner inneren Stimme folgen und für seinen neuen Freund kämpfen?
Das E-Book enthält zusätzlich ein wissenschaftliches Nachwort über Große Menschenaffen, sowie drei Kurzgeschichten des Autors.
Wolfgang Wambach
Wolfgang Wambach hat 2014 mit "Der Zugvogel im Zoo" eine Sammlung moderner Fabeln veröffentlicht, die von den Kultusministerien Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bei Bildungsprojekten verwendet wird. "Adam der Affe" ist Wambachs erster Roman.
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Buchvorschau
Adam der Affe - Wolfgang Wambach
Adam der Affe
Es geht nicht weiter
Ein Zeichen der Hoffnung
Jeder lebt in seiner Welt
Kenny kann nicht abschalten
Adam muss sich entscheiden
In schwindelnder Höhe
Kenny weiß nicht, wohin
Die Reise beginnt
Adam muss Haare lassen
In der Stadt
Unter Beobachtung
Kenny schreibt seiner Mutter
Adam ist im Fernsehen
Alte Gewohnheiten
Keine Ruhe im Abteil
Die Verkleidung fliegt auf
Jeder sucht für sich
Verloren im Unterholz
Die Lichtung
Adam zeigt sein Können
Drei Hände lenken
Am großen Fluss
Professor Weißbart
Das Geheimnis der Sprache
Kenny kämpft für Adam
Die letzte Chance
Alte Spuren
Kenny ist der Größte
In den Sommerferien
NACHWORT – Über Große Menschenaffen
KURZGESCHICHTE – Die Brieftaube am Bahnhof
KURZGESCHICHTE – Der Goldfisch im Gemeindeteich
KURZGESCHICHTE – Der Zugvogel im Zoo
Buchtipps
Bildnachweise
Impressum
Es geht nicht weiter
»Tiere haben Gefühle – aber dafür hast du wohl kein Gefühl«, murmelte die alte Dame und beobachtete den Jungen auf der Bank.
Kenny Feldmann riss ein weiteres Stück Papier aus dem Buch ›Biologie 7. Klasse‹ und formte in seinem Mund ein nasses Kügelchen daraus. Dann setzte er den Kugelschreiber, aus dem er die Mine entfernt hatte, wieder an seine Lippen. Er holte tief Luft und schoss das Papierkügelchen auf eine der Tauben, die sich am Bahnsteig tummelten. Das Tier flatterte erschreckt hoch und verlor eine Feder. Volltreffer!, dachte Kenny und grinste in sich hinein.
Die Dame schüttelte den Kopf. Sie setzte sich neben Kenny. Dann griff sie in eine Papiertüte und machte ein paar Körner von einem Brötchen ab, die sie auf den Bahnsteig warf.
»Sind dir die Tiere gleichgültig?«, fragte die Frau.
Kenny versteckte hastig sein Blasrohr und schaute auf den Boden. Vielleicht nimmt sie es mir weg, dachte er. Die Vögel stürzten sich auf die Körner.
»Weißt du nicht, dass es der Taube weh tat, als du auf sie geschossen hast? Auch wenn sie dir das nicht sagen kann.«
Kenny erwiderte den Blick der Dame. Dann berührte er kurz mit den Fingern seine Lippen und drehte seine Handflächen nach oben.
»Du kannst nicht sprechen?«, fragte die Dame erstaunt.
Kenny nickte. Er machte mit seinen Händen Bewegungen, die »Ich bin stumm« bedeuteten. Ohne Worte sagen zu können, war Kenny auf die Welt gekommen. Deshalb hatte er von Anfang an eine Sprache gelernt, mit der sich Menschen durch ihre Hände und ihre Mimik ausdrücken können.
»Du beherrschst die Gebärdensprache ...«, sagte die Frau. »Ich nehme an, so sprichst du ... entschuldige bitte, so gebärdest du mit deiner Familie. Aber ich verstehe das leider nicht.«
In diesem Moment ertönte ein Knacksen über den Bahnhofslautsprecher. Kenny hörte genau hin. Eine Durchsage erschallte: »Wegen eines Unfalls in der Steinburger Vorstadt fällt die Linie 10 bis auf Weiteres aus.«
Kenny ließ die Schultern fallen und nahm seinen Schulranzen auf den Rücken. Notgedrungen beschloss er, den letzten Rest zu Fuß nach Hause zu gehen.
Am Ende des Bahnsteiges bauten sich etwa gleichaltrige Typen plötzlich bedrohlich vor ihm auf. Kenny war zwar bereits dreizehn Jahre alt, aber schon immer kleiner und schwächer als die anderen Jungs in seinem Alter gewesen. Die Jungen umzingelten ihn.
»Bist du bereit für deine tägliche Abreibung, Feldmann?«, fragte der Anführer.
Die Kerle schubsten ihn und machten sich über ihn lustig.
»Wieso sagst du denn nichts, Fischmann?«, verhöhnte ihn der Wortführer. »Ruf doch um Hilfe!«
Kenny verfluchte seine Stummheit. Einer schlug ihm in den Bauch und er ging zu Boden. Trotz der Schmerzen arbeitete sein Kopf unter Hochdruck, um einen Ausweg zu finden. Irgendetwas muss mir einfallen! Da entdeckte er in einiger Entfernung eine Notrufsäule. Mit letzter Kraft befreite er sich. So schnell ihn seine Beine trugen, rannte er auf die Notrufsäule zu. Die Jungen verfolgten ihn. An der Sprechanlage drückte er den Alarmknopf. Die Jungen hielten inne.
»Polizei Steinburg, was ist passiert?«, fragte eine Stimme aus der Notrufsäule.
»Weg hier, die Streife kommt«, riefen seine Verfolger und ergriffen die Flucht.
»Hallo? Wer ist denn da?«, wollte die Stimme wissen. »Hallo? Hallo?«
Kenny setzte seinen Heimweg mit hängendem Kopf fort. Wütend kickte er eine Taube in die Bahngleise.
Ein Zeichen der Hoffnung
Auf dem Heimweg nahm Kenny eine Abkürzung durch den Stadtpark. Als er über einen Hügel ging, sah er plötzlich ein Zelt, das vor ihm in die Höhe ragte. Ein Zirkus ist in der Stadt, dachte Kenny. Neben dem Zelt befanden sich Gehege mit Pferden, Ponys, Kamelen und Lamas. Einige kleine Kinder liefen mit ihren Eltern zwischen den Zäunen.
Kenny entdeckte einen Zirkuswagen, der etwas abseits stand. Interessiert ging er näher. Auf den Rädern des Wagens befand sich ein Käfig. Er hatte eiserne Gitterstäbe an drei Seiten. Die Rückwand war aus Holz. Hinter dem Gitter saß ein Affe. Er schien ein junger erwachsener Schimpanse zu sein. Er hatte ein helles, behaartes Gesicht. Sein Körper war bedeckt von dichtem, schwarzen Fell.
Der Affe schaute träge durch die Gitterstäbe. Über seinen orangefarbenen Augen hingen die Lider schwer. Wenn jedoch die kleinen Kinder ihn grüßten, winkte er freundlich zurück.
»Achtung, alle mal zur Seite! Adam geht jetzt zur Generalprobe«, sagte ein großer, schwerer Mann mit Doppelkinn. »Morgen ist die Premiere. Ihr seid alle eingeladen.«
Kenny dachte, der Mann müsse wohl der Zirkusdirektor sein,
