Was Sie schon immer über Jazz wissen wollten
Geschrieben von Ernst Weber
Erzählt von Willi Resetarits
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Über diese Serie
Titel in dieser Serie (10)
- Was Sie schon immer über Jazz wissen wollten, Folge 2: Die Zentren des frühen Jazzstils
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New Orleans, um die Wende zum 20. Jahrhundert der Schmelztiegel unterschiedlicher Kulturen im Südosten der Vereinigten Staaten, gilt einigermaßen unbestritten als der Geburtsort eines neuartigen Musikstils, der sich später unter der Bezeichnung Jazz in den USA verbreitete und in seinen mannigfaltigen Formen die zivilisierte Welt eroberte. Man muss allerdings unterscheiden: zwischen dem Entstehungsort – der ist in weiten Teilen der Südstaaten anzusiedeln – und dem Geburtsort, wo die neue Musik zum ersten Mal an die Öffentlichkeit gelangte. In der unterhaltungsfreundlichen Atmosphäre der Stadt New Orleans verschmolzen die Musikstile der ehemaligen schwarzen Sklavenbevölkerung der Südstaaten mit der französisch-europäischen Musiktradition der Kreolen und wandelten sich in eine faszinierende Mischung aus Ragtime, Blues, Spiritual, Marschmusik und afro-amerikanischen Tanzrhythmen.
- Was Sie schon immer über Jazz wissen wollten, Folge 3: Vom Dixieland zur Big Band im Zentrum der Musikindustrie
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Am Anfang der zwanziger Jahre war der beste Jazz eindeutig in Chicago zu hören, und doch war New York bereits im Begriff, der “Toddling Town” den Rang abzulaufen. Was New York den Musikern zu bieten hatte, war nicht so sehr musikalischer, sondern eher organisatorischer Natur. Hier waren die großen Konzertagenturen zuhause, von hier aus starteten die Tourneen durch die Staaten und hierher kehrten sie zurück. Hier gab es jede Menge an Lokalen, Clubs, Bars, Ballsälen, Varietétheatern, Restaurants, Saloons, Cafés, After Hour-Clubs, Speakeasys – mit einem Wort: Auftritts- und damit Verdienstmöglichkeiten en masse, wie sie keine andere Stadt zu bieten hatte. Und hier hatten auch die großen Plattenfirmen ihren Sitz, später kamen noch die Rundfunkgesellschaften dazu. Der nördliche Teil von Manhattan war das Zentrum mit dem Lincoln Theatre, dem Apollo Theatre, und Harlem mit dem Cotton Club oder Connie’s Inn.
- Was Sie schon immer über Jazz wissen wollten, Folge 1: New Orleans und die Wurzeln des Jazz
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Jazz – für viele ein Zauberwort, für manche vielleicht eine Drohung. Ein vielfach missbrauchtes Wort, nicht nur in unseren Tagen. Ein Sammelbegriff, unter dem man sich sehr Verschiedenes vorstellen kann: rhythmische Tanzmusik, wilde Klänge aus den schwarzen Ghettos amerikanischer Großstädte, fröhlichen Sound an einem warmen Sommerabend, coole Atmosphäre an der Bar zu später Stunde, laszive Begleitmusik zu schwüler Erotik, ausgeflippten Sound für schräge Typen, aber auch hochkonzentrierte Kammermusik für intellektuelle Ansprüche. Wie viel auch immer darüber diskutiert werden kann – die Jazzfans werden sich nie darüber einig sein, wo der Jazz anfängt und wo er aufhört. In einem Punkt herrscht aber – fast – Einigkeit. Wenn man das breit aufgefächerte Spektrum der Jazzmusik auf die ersten Anfänge, auf die Wurzeln zu fokussieren versucht, so treffen sich die unterschiedlichsten Ansichten an einem geografischen Punkt, in New Orleans, der Crescent City an der Krümmung des Mississippi, knapp bevor sich dieser in den Fluten des Golfs von Mexiko verliert. Eine geografische Lage, die der Stadt durch die Launen der Natur in neuester Zeit zum Verhängnis geworden ist, die ihr aber vor etwas mehr als einem Jahrhundert zur Geburt eines Musikstils verholfen hat, der sich von ihr aus über weite Teile der USA, dann über Europa und inzwischen über die ganze Welt verbreitet hat. Wenn es einen Terminus „Weltmusik“ gibt, dann verdient sich ihn der Jazz, denn er liefert den Musikern fast aller Kulturländer eine gemeinsame musikalische Sprache, in der man sich spontan verständigen kann.
- Was Sie schon immer über Jazz wissen wollten, Folge 4: Der Big Band Swing der 30er Jahre
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New York war in den späten zwanziger Jahren der Sammelpunkt von Musikern, die nicht nur aus Chicago, sondern aus allen Teilen des amerikanischen Südens und des mittleren Westens gekommen waren und im reichen Musikleben der Stadt ihr Betätigungsfeld gefunden hatten. Genau betrachtet war es nur die Band von Fletcher Henderson, die hier im „Big Apple“ entstanden war und auch zeit ihres Bestehens hier tätig blieb. Alle anderen Bands hatten ihre Wurzeln anderswo, und man darf nicht übersehen, dass es auch in vielen anderen Städten eine lebhafte musikalische Unterhaltungsszene gab. Ob nun in St. Louis, Dallas, San Antonio, Cincinnati oder Kansas City – die Bands orientierten sich entweder an den Kollegen, die aus New Orleans flussaufwärts die neue Jazzmusik bekannt gemacht hatten, oder sie entwickelten ihren eigenen regionalen Stil. Nur in den seltensten Fällen hatten die lokalen Bands Gelegenheit zu Schallplattenaufnahmen, und daher wissen wir wenig über ihre musikalischen Qualitäten. In St. Louis spielte zum Beispiel Charles Creath mit seinen Jazz-O-Maniacs unter starkem Einfluss von King Oliver und Jelly Roll Morton, während die Missourians wiederum an die lokale Blasmusiktradition anknüpften.
- Was Sie schon immer über Jazz wissen wollten, Folge 5: Kleine Swing-Ensembles und ihre Solisten
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Wir hören das Wort “Swing” und verbinden es automatisch mit den Big Bands, die in den dreißiger Jahren die Szene beherrschten. Der Begriff „beherrschen“ stimmt dann, wenn wir unter Szene die Dance Halls und die Ballsäle der großen Städte verstehen und die breite Masse des Publikums, der es um das Tanzen und um die Unterhaltung ging. Daneben etablierte sich aber auch eine andere Szene: in den kleinen Clubs von New York, aber auch in anderen Städten. Dort spielten kleine Gruppen, vor einem Publikum, dem es mehr ums Zuhören ging. Meist waren die Musiker Mitglieder der großen Bands. Dort verdienten sie ihren Lebensunterhalt, wenn sie auch nur sporadisch Gelegenheit hatten, als Solisten ins Rampenlicht zu treten.
- Was Sie schon immer über Jazz wissen wollten, Folge 6: Traditionelles und Nostalgisches
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Die amerikanische Musikszene wurde in der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre eindeutig vom Swing-Stil beherrscht. Die Big Bands in den Tanzhallen und die kleinen Swing-Combos in den Clubs boten nicht nur stimmungsvolle Unterhaltungsmusik, dort wie da waren auch großartige Solisten am Werk. Die Arrangements in den großen Bands ließen immer wieder auch die Stars der Ensembles zu Wort kommen, und in den kleinen Gruppen stand ja überhaupt das solistische Spiel im Mittelpunkt. Im Publikum dominierten nicht nur die Tänzer. Es gab auch in zunehmendem Maße die anspruchsvollen Fans, die kamen, um zuzuhören, um das ausdrucksstarke Spiel ihrer Lieblinge zu bewundern. Und immer mehr wuchs auch das Interesse des Jazzpublikums an den Hintergründen der Musik, es entstand die erste Jazzfachliteratur. Man beschäftigte sich mit den historischen Fakten, mit den Biografien der Jazzpioniere. Und es erhob sich die Frage, was aus den Hauptakteuren der frühen Jazzstile geworden war.
- Was Sie schon immer über Jazz wissen wollten, Folge 7: Die Geburtsstunde des "Modern Jazz"
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Wir blenden zurück in die Zeit um 1940. Der Jazz ist für viele Amerikaner und auch für so manchen Europäer kein unbekannter Begriff mehr. Die Jazzmusiker haben sich einen festen Platz in der Unterhaltungsmusik erkämpft. „Swing“ heißt das neue Zauberwort, und es steht für eine rhythmisch aufregende, mitunter aber auch süßlich-sanfte Tanzmusik. Die Auftritte der Bands in den Dance Halls werden von den Radiostationen gesendet und machen die Swingnummern in ganz Amerika bekannt und populär. Die Chefs einiger groß besetzter Bands haben sich einen Namen gemacht – Benny Goodman gilt als der „King of Swing“, aber auch Glenn Miller, Tommy und Jimmy Dorsey oder Artie Shaw und Harry James kennt bald jeder. Die Schallplattenfirmen bringen jede Menge neuer Produktionen auf den Markt, in den US-Unterhaltungsfilmen sind die Musiker und Sänger in einzelnen Szenen zu sehen.
- Was Sie schon immer über Jazz wissen wollten, Folge 8: Mit dem Bebop in die Zukunft des Jazz
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“Things To Come” – so war eine Aufnahme des Trompeters Dizzy Gillespie mit seiner Big Band vom Juli 1946 benannt: “Die Dinge, die da kommen sollten”, das war nicht bloß ein beliebiger Titel, sondern eher schon eine programmatische Ansage. Der neue musikalische Stil, den man Bebop nannte, bedeutete den Aufbruch in eine neue Ära des Jazz. Dessen waren sich die namhaften Vertreter dieser Stilrichtung sehr wohl bewusst. Erstmals betrachteten sich Jazzmusiker nicht mehr nur als Unterhalter des Publikums, sie waren überzeugt, mit ihrer Musik etwas Besonderes in die Welt zu setzen. Mit einem Wort: sie empfanden sich als Künstler. Und so wie viele Künstler anderer Sparten befanden sie sich in einer Außenseiterrolle.
- Was Sie schon immer über Jazz wissen wollten, Folge 9: Relaxed und introvertiert
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Die Geschichte des Jazz war von ihren Anfängen im Süden der USA bis zur Hochblüte des Swing-Stils eng mit dem Begriff „hot“ verbunden, dem englischen Begriff für „heiß“ und auch „scharf“. Übersetzt in die musikalische Sprache bedeutete das: emotional, ungestüm, expressiv, und was die Tonbildung betrifft: rauh, unrein, mit viel Vibrato, der menschlichen Stimme angenähert. Auch der Bebop entsprach noch diesen Idealen, und dennoch begannen die Musiker dafür ein Adjektiv anzuwenden, das sprachlich scheinbar das genaue Gegenteil von „hot“ bedeutete: „cool“. So gab Charlie Parker bei seiner bemerkenswerten Schallplattensitzung vom 19. Februar 1947 einer der Nummern den Titel „Cool Blues“.
- Was Sie schon immer über Jazz wissen wollten, Folge 10: Die Episode des kalifornischen Jazz
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Es war Anfang der 1950er Jahre, als plötzlich die kalifornische Jazzszene ins Zentrum des Interesses der Jazzliebhaber in aller Welt rückte. Ein neues Zauberwort war geboren: „West Coast Jazz“, geprägt vom Jazzkritiker Stanley Dance. Die Fachleute sind sich heute noch nicht ganz einig, ob darunter ein eigener Jazzstil zu verstehen ist oder nur ein Ableger des „Cool Jazz“, aber das ist eine rein theoretische Frage, ein Produkt des sogenannten „Kastldenkens“, wenn man versucht, jedes Phänomen um jeden Preis irgendwo einzuordnen. Tatsache ist aus heutiger Sicht: Es gab eine spezifische Form des Modern Jazz, die etwas mehr als fünf Jahre lang die Gemüter der Jazzfans bewegte und dann wieder sehr rasch in den Hintergrund rückte. Manches davon ist zu Recht in Vergessenheit geraten, aber eine ganze Menge Aufnahmen von der amerikanischen Westküste haben das halbe Jahrhundert überdauert und sind auch heute noch mit größtem Vergnügen anzuhören.
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